Null Verständnis - Kritik an Partnerzwang bei Egg-Freezing

In der Schweiz dürfen eingefrorene Eizellen nur mit einem Partner verwendet werden, was viele Frauen kritisieren. Amanda Rakel (33) hat aufgrund dieser Regelung ihre Eizellen nicht in der Schweiz eingefroren, sondern sucht Hilfe in Dänemark. Frauen wie Amanda fordern mehr Entscheidungsfreiheit über ihre reproduktiven Möglichkeiten, unabhängig von ihrem Beziehungsstatus. Das Gesetz wird als einschränkend für alleinstehende Frauen empfunden.

Das Einfrieren unbefruchteter Eizellen gibt Frauen eine Möglichkeit, einen Kinderwunsch auch noch später im Leben zu erfüllen. Die Gründe für sogenanntes Social Freezing sind divers. Bei Amanda Rakel (33) war es eine Diagnose eines polyzystischen Ovarsyndroms (PCOS) im vergangenen Jahr. Danach begann sie, sich intensiv mit dem Thema auseinanderzusetzen. Als Singlefrau wollte sie sich absichern, für den Fall, dass ein späterer Kinderwunsch nicht auf natürlichem Weg erfüllt werden kann. Doch in einem Beratungsgespräch in einer Schweizer Fertilitätsklinik wurde ihr klargemacht: Ihre eingefrorenen Eizellen dürfte sie später nur nutzen, wenn sie in einer Partnerschaft lebe. «Dafür habe ich null Verständnis», sagt Amanda. «Wenn ich in naher Zukunft einen Partner habe, will ich mit ihm auf natürlichem Weg ein Kind bekommen. Der Grund für das Einfrieren war ja genau die Frage: Was, wenn das nicht passiert?» Für sie war sofort klar: «Solange sich an dieser Gesetzeslage nichts ändert, werde ich meine Eizellen sicher nicht in der Schweiz einfrieren», sagt sie gegenüber 20 Minuten.

«Frauen sollen überall entscheiden, was sie mit ihren Eizellen machen»

Ein Jahr später erzählt Amanda ihre Geschichte öffentlich – auf Tiktok. Ihr Video über die Schweizer Rechtslage wurde innerhalb von 24 Stunden über 20’000 Mal angeschaut und 200 Mal kommentiert – oftmals kritisch. «Viele Frauen glauben, sie könnten im Notfall einfach auf ihre Eizellen zurückgreifen», sagt sie. «Doch dass das in der Schweiz nur mit Partner erlaubt ist, erfährt man oft viel zu spät.» Die Informationslage sei dürftig, die gesetzlichen Grundlagen zu wenig transparent, findet sie. «Dabei ist es kein leichter Eingriff – körperlich wie emotional. Frauen müssen vorher ganz genau wissen, was sie dürfen und was nicht.» Heute steht Amanda in Kontakt mit einer Klinik in Kopenhagen. Und damit ist sie nicht alleine: In den Kommentaren unter ihrem Tiktok-Video schrieben mehrere Frauen, dass sie sich aufgrund der Partnerschaftsklausel an ausländische Kliniken gewandt hätten. In Amandas Heimat Dänemark sei der Zugang zu reproduktiven Verfahren für alleinstehende Frauen längst möglich, sagt sie. «Dort kann ich als Frau selbst entscheiden, was ich mit meinen Eizellen mache – und das sollte überall selbstverständlich sein.»

«Hat das Gesetz meinen Kinderwunsch zerstört?»

Das sieht auch B. (36) so. Mit 33 Jahren erhielt die Baslerin die Diagnose: BRCA2 – ein Gen, das mit einem stark erhöhten Risiko für Brust- und Eierstockkrebs einhergeht. Für sie ist schnell klar: Sie muss sich mit der Frage auseinandersetzen, wie sich eine mögliche Erkrankung auf ihren Kinderwunsch auswirken würde. Auf Empfehlung ihrer Frauenärztin entscheidet sie sich, ihre Eizellen vorsorglich einfrieren zu lassen. Im Beratungsgespräch erfuhr sie, dass sie als alleinstehende Frau kein Anrecht auf eine künstliche Befruchtung mit den eingefrorenen Eizellen hat. «Ich war schockiert», sagt sie. «Ich brauche einen Partner, am besten heirate ich ihn, sonst darf ich keine künstliche Befruchtung machen – obwohl es meine Eizellen sind. Das kann doch nicht sein.» Dennoch entschied sich die damals 33-Jährige für die Behandlung. Aufgrund ihrer genetischen Vorgeschichte übernimmt die Krankenkasse die Kosten. Heute ist sie 36 – und lebt mit einem neuen Blick auf ihren Kinderwunsch. «Ich sage oft: Ich habe 15 Kinder im Kühlschrank», erzählt sie mit einem Lächeln. Das entspanne die Gespräche, doch innerlich sei vieles in Bewegung geraten. «Ich frage mich oft: Will ich überhaupt noch Kinder? Oder hat das Gesetz diesen Wunsch zerstört?» Eine zweite Runde der Eizellenentnahme habe sie wegen des Partnerzwangs abgelehnt. Explizit störe sie sich besonders daran, dass der Staat ihrer Meinung nach zu viel Entscheidungsmacht habe. Auch eine Adoption sei für sie als Single kaum möglich. «Ich will selbst entscheiden – ob, wann und wie ich Mutter werde.»

Das ist Social Freezing

Mit dem Einfrieren unbefruchteter Eizellen kann die Fruchtbarkeit einer Frau für einen späteren Zeitpunkt erhalten bleiben. Mithilfe einer Hormontherapie wird in einer Stimulationsphase die Reifung mehrerer Eizellen angeregt. Ziel ist es, möglichst viele Eizellen zu gewinnen, um sie später bei minus 196 Grad einzufrieren und zu konservieren. In der Schweiz dürfen die Eizellen grundsätzlich fünf Jahre gelagert werden; eine Verlängerung um weitere fünf Jahre ist möglich, muss jedoch beantragt werden.

Weiterlesen - ein Beitrag von Lynn Sachs erschienen am 18.07.25 auf 20min.ch