Es gibt viele Gründe für einen Jobwechsel – und je nach Geschlecht stehen andere im Fokus, zeigt eine neue BFS-Studie: Während Männer den Fokus auf Karriere setzen, ist für Frauen die Vereinbarkeit von Job und Familie wichtig. Frauen wechseln häufiger den Job aus familiären Gründen, während Männer dies oft für die Karriere tun. Eine Studie zeigt, dass 35 Prozent der Männer den Job für einen beruflichen Aufstieg wechseln, bei Frauen sind es nur 22 Prozent. Die ungleiche Verteilung von Haus- und Carearbeit schränkt Frauen in ihrer Berufswahl ein. Gleichzeitig deuten die Ergebnisse auch darauf hin, dass Frauen etwas weniger bereit seien, Risiken für die Karriere einzugehen, so Soziologe Damian Schöbi.
Unzufriedenheit mit den Aufgaben, die Suche nach einer neuen Herausforderung oder einfach der Wunsch nach mehr Gehalt: Die Gründe für einen Jobwechsel sind vielfältig. In einer aktuellen Studie des Bundesamts für Statistik wird untersucht, warum Schweizer Hochschulabsolventinnen und -absolventen den Job wechseln – und was das für Folgen für sie hat. Auffällig sind dabei deutliche Unterschiede zwischen Frauen und Männern.
Männer: Aufstieg im Fokus
Der am häufigsten genannte Grund für einen Jobwechsel war bei beiden Geschlechtern der Wunsch nach einer neuen beruflichen Herausforderung. Dennoch war der Anteil der Männer mit 47,9 Prozent der Männer deutlich höher – bei Frauen nannten 41,7 Prozent diesen Grund. Noch krasser tritt der Unterschied bei den Karriereambitionen hervor: 35 Prozent der Männer gaben an, die Stelle wegen gewechselt zu haben, um beruflich aufzusteigen. Bei Frauen lag der Anteil mit 22 Prozent deutlich tiefer. Männer begründen den Wechsel auch häufiger mit einem besseren Jobangebot oder weil sie aktiv von einem anderen Arbeitgeber kontaktiert wurden.
Frauen: Familie und Vereinbarkeit wichtig
Wirft man einen Blick auf die Faktoren wie Familie, Kinder und Gesundheit, ergibt sich ein klares Bild: Frauen nannten diese deutlich häufiger als Grund für einen Jobwechsel als Männer: So wechselten 4,6 Prozent der Frauen den Job aufgrund von Kinderbetreuung – fast dreimal so viele wie Männer (1,6 Prozent). Allerdings spielten bei Frauen allgemeine familiäre Verpflichtungen (z. B. Pflege, private Belastungen) mit 3,5 Prozent eine etwas kleinere Rolle als bei Männern (3,7 Prozent). Frauen legen zudem spürbar mehr Wert auf Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben: Mangelnde Flexibilität bei Arbeitszeitmodelle, Arbeitsbelastung und Raum für das Familienleben wurden von ihnen häufiger als Quelle der Unzufriedenheit bei ihrem alten Job genannt: So beispielsweise der Raum für Privat- bzw. Familienleben. 23,7 Prozent der Frauen und lediglich 19,3 Prozent der Männer nannten diesen Grund. Eine ähnliche Tendenz zeigt sich auch beim Angebot flexibler Arbeitsformen, wobei der Unterschied dort eher gering ausfällt (13,7 Prozent der Frauen gegenüber 11,8 Prozent der Männer).
Sind Frauen weniger bereit, etwas für Karriere zu riskieren?
Den Arbeitsmarktexperten Rafael Lalive von der Uni Lausanne überraschen die Ergebnisse der Studie nicht: «Vor allem in der Schweiz sind Haus- und Carearbeit noch sehr ungleich verteilt. Dadurch, dass Frauen mehr Care-Arbeit leisten, sind sie in ihrer Jobwahl von vornherein eingeschränkter als Männer.» Selbst wenn Frauen ihr Job sehr wichtig sei, könnten sie aufgrund ihres hohen Pensums Zuhause einfach weniger stark auf die Karriere schauen. Damit sei die Karriereleiter bei Frauen automatisch weniger steil. Der Soziologe Dominik Schöbi von der Universität Freiburg sieht auch Risiken in der weniger ausgeprägten Karriereorientierung der Frauen. «Man kann die Ergebnisse so interpretieren, dass Frauen tendenziell etwas weniger bereit sind, für Aufstiegschancen etwas zu riskieren.» Gleichzeitig seien die Geschlechter mit unterschiedlichen Erwartungen konfrontiert. «Karriere hat für Männer einen höheren Stellenwert als Statussymbol, während Frauen eine starke berufliche Karriereorientierung teils zum Vorwurf gemacht wird.»
«Männer profitieren monetär, Frauen bei der Lebensqualität»
Für Martin Steppan, Psychologe und Betreiber der Karriereplatform meinBeruf.ch sei es schwer zu sagen, wer dabei die smartere Strategie fahre. «Männer profitieren strukturell stärker monetär, zahlen dafür aber oft mit Einbussen bei Lebensqualität, sozialen Beziehungen und Gesundheit, die sich im Alter kaum mehr zurückholen lassen. Frauen übernehmen mehr Care-Arbeit, haben dadurch oft ein niedrigeres Lebenseinkommen, streben dafür aber nach mehr Lebensqualität.» Dennoch will Schöbi die Ergebnisse nicht überbewerten: «Die Unterschiede in der Nennung von Care-Arbeit als Grund für einen Stellenwechsel sind zwar in der prozentualen Relation zwischen Mann und Frau deutlich, liegen in absoluten Zahlen aber in einem ziemlich geringen Bereich.»
Weitere Ergebnisse der Studie
Abseits davon zeigte die Studie noch ein weiteres, interessantes Muster: Je höher der Bildungsabschluss, desto häufiger wird der Job gewechselt. Besonders mobil sind Uni-Absolventen: Rund 72 Prozent der Master- und Doktoratsabsolventinnen haben innerhalb von fünf Jahren nach Abschluss mindestens einmal den Job gewechselt. Bei Personen mit Fachhochschul-Bachelor sind es 68 Prozent. Am stabilsten sind die Laufbahnen von Personen mit einem Lehrdiplom einer Pädagogischen Hochschule – hier wechselten nur 44 Prozent die Stelle.
Über die Studie
Bei der Studie wurden Hochschulabsolventen und -absolventinnen befragt, die 2018 ihren Abschluss gemacht haben – ein Jahr danach und nochmals fünf Jahre später. Thema waren Jobwechsel, Einkommen und Zufriedenheit. Neu ist dabei Extra-Modul, das erstmals auch die Unterschiede zwischen Frauen und Männern beim Stellenwechsel sichtbar macht.
Weiterlesen - ein Beitrag von Letizia Vecchio erschienen am 02.09.25 auf 20min.ch
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