Lieber selbständig
Seit Juli arbeitet Petrikat selbständig und baut mit «Mamahanna» als sogenannte Doula ein Begleitangebot für Frauen nach der Geburt auf. «Die Selbständigkeit ist immer noch schwierig, aber ich muss mich nicht mehr ständig gegenüber Vorgesetzten erklären oder meine Kinder verstecken.» Ihr Mann Patrick (34) arbeitet ebenfalls 80 Prozent, rechtfertigen muss er sich nie. «Wir Mütter sollen hingegen arbeiten, als hätten wir keine Kinder, und Kinder grossziehen, als würden wir nicht arbeiten.» «Geht mein Partner am Samstag mit den Kindern einkaufen und entsorgt noch Glas, wird er gelobt. Wir Frauen machen alles Mögliche, und es ist selbstverständlich. Das ist für mich keine Gleichstellung», sagt auch Silvana Leasi.
Einsam mit Kind
Das Leben als berufstätige Frau benötigt viel Energie – die nicht immer vorhanden ist. Daniela Huwiler litt fast ein Jahr an einer postpartalen Depression. Ihre Tochter Elena kam mit einem verkürzten Bein zur Welt, die Geburt war schmerzhaft und mit viel Druck verbunden – eine einschneidende Erfahrung. In einer Therapie konnte die junge Mutter das Erlebte aufarbeiten und sich wieder fangen. «Alle fragten, wie es Elenas Beinchen geht, wenige fragten nach mir. Und mein Mann musste abends im Stall arbeiten.» Es ist diese Einsamkeit, von der viele Mütter berichten, die die ersten Monate allein mit den Kindern verbringen. Huwilers Therapeutin riet ihr, etwas nur für sich zu machen. «Ich wusste, dass ich unbedingt wieder arbeiten will. Zurück im Büro bin ich aufgegangen wie eine Blume. Das hat mir so viel gegeben.»
Kein Job bedeutet Verzicht
Heute arbeitet Huwiler in einem Teilzeitpensum bei einer lokalen Firma, die Whirlpools vertreibt. «Viele Mütter in meinem Umfeld opfern sich gänzlich auf, aber ich bin ausgeglichen eine bessere Mutter.» Zudem will sie ihrer Tochter vorleben, wie wichtig es ist, für sich zu schauen. «Andere gehen joggen, ich gehe ins Büro. Dort bin ich Daniela, nicht das Mami oder die Ehefrau.» Hinter ihrer Berufstätigkeit stecken auch finanzielle Motive: «Patricks Lohn allein würde zwar grundsätzlich reichen. Aber Ferien oder spontane Restaurantbesuche wären nicht möglich. Zudem wollen wir den Stall umbauen.» Hinzu kommt ein realistischer Blick in die Zukunft: «Unser Rentensystem ist instabil, und man kann nie darauf zählen, dass eine Beziehung hält. Ich will auf eigenen Beinen stehen können.»
Weiterlesen - ein Beitrag von Anne-Sophie Keller erschienen am 06.01.2023 im Migros Magazin
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