Risiko Rente: die Angst der Jungen vor der Altersarmut

Die Generation Z ist knapp bei Kasse und fürchtet um ihre Rente. Trotzdem steht die Erwerbsarbeit nicht im Vordergrund.

Worum geht es? Knapp die Hälfte der 20- bis 30-Jährigen in der Schweiz macht sich Sorgen, nach der Pensionierung nicht genug Geld zu haben, so eine Untersuchung der Beratungs- und Prüfungsgesellschaft Deloitte. Das habe auch sein Gutes, meint der Studienautor Michael Grampp. Die Diskussionen um die Zukunft der Altersvorsorge und die Auseinandersetzung damit seien bei den Jungen angekommen.

Was sind die Ergebnisse der Befragung? Das Geld und die Frage, ob es reicht, sind ein ständiges Thema bei der Generation Z. Ein Drittel der Befragten hat Mühe, die monatlichen Ausgaben zu decken, und gut die Hälfte lebt gemäss eigenen Angaben mehr oder weniger von der Hand in den Mund – von Lohnzahlung zu Lohnzahlung. Diese Werte sind allerdings stabil geblieben. Ganz im Gegensatz zur Zahl jener jungen Leute, die sich um ihre finanzielle Absicherung im Alter sorgen. Hier zeigt sich für das Jahr 2025 ein signifikanter Anstieg bei den 20- bis 30-Jährigen. Ein substanzieller Teil der Befragten macht sich also Sorgen um ihre finanzielle Sicherheit. Trotzdem definieren sie sich nicht primär über ihre Erwerbsarbeit. Obschon diese dazu beitragen könnte, die finanzielle Situation zu verbessern.

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Warum sind die Befragungsergebnisse bemerkenswert? Sie zeigen ein Spannungsfeld, in dem sich viele junge Leute befinden: Die Erwerbsarbeit ist weniger wichtig, aber man merkt allmählich, dass das finanzielle Folgen haben könnte. Studienautor Michael Grampp beschreibt es so: «Während frühere Generationen den Beruf als zentrale Lebensaufgabe betrachteten, legen junge Menschen heute mehr Wert auf Work-Life-Balance. Diese Prioritätenverschiebung führt jedoch nicht selten zu ernsthaften finanziellen Engpässen.» Im Klartext: Wer von jung an immer Teilzeit arbeitet, hat jetzt weniger Einkommen und später eine kleinere Rente.

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Warum ist das ein Problem? In einer stark alternden Gesellschaft verschiebt sich das zahlenmässige Verhältnis von Jungen zu Alten. Umlagefinanzierte Rentensysteme wie die AHV kommen dadurch eher unter Druck als die 2. Säule, bei der jeder und jede eigentlich für sich selber spart. Hier sind dagegen Teilzeitpensen und/oder tiefe Löhne das Problem. Gemäss Studienautor Michael Grampp zeigt das Befragungsergebnis, dass diese Zusammenhänge den jungen Leuten langsam bewusst würden.

Wie sind die Resultate zu interpretieren? Wer noch 30 oder 40 Jahre von der Pensionierung entfernt ist, beschäftigt sich gemeinhin weniger mit der Frage, ob das Geld im Alter reicht. Dass sich dies allmählich zu ändern scheint, ist gemäss Grampp auch eine positive Nachricht. Eine mögliche Interpretation sei, dass die gesellschaftlich-politischen Diskussionen über die Tragfähigkeit unserer Altersvorsorge mittlerweile auch bei jungen Leuten angekommen seien und allmählich zu einem Problembewusstsein führten. Ökonom Grampp wünscht sich denn auch mehr Engagement von den jungen Leuten: Es sei gut und wichtig, dass sich die Generation Z fürs Klima und für mehr Nachhaltigkeit engagiere, «beim Wissen um eine nachhaltige Altersvorsorge und was es dafür braucht, könnten sie durchaus noch zulegen.»

Weiterlesen - ein Beitrag von Susanne Schmugge erschienen am 05.06.2025 auf srf.ch / SRF 4 News, 5.6.2025, 15 Uhr ;weds

Mehr unbezahlte Arbeit in der Schweiz – auf dem Rücken der Frauen

Der Anteil an unbezahlter Arbeit ist in den vergangenen 14 Jahren stetig gestiegen, nicht nur bei Frauen, sondern auch bei Männern. Doch das Missverhältnis zwischen den Geschlechtern bleibt gross. Frauen in der Schweiz leisten mehr unbezahlte Arbeit als Männer. Der Anteil unbezahlter Arbeit ist in den letzten 14 Jahren gestiegen, sowohl bei Frauen wie Männern. Frauen übernehmen hauptsächlich Hausarbeit wie Kochen und Putzen, während Männer mehr handwerkliche Aufgaben erledigen. In Haushalten mit Kindern leisten Frauen deutlich mehr unbezahlte Arbeit, insbesondere bei der Betreuung und Unterstützung der Kinder.

Das Bundesamt für Statistik (BfS) hat für 2024 die Arbeitssituation von Schweizerinnen und Schweizern genauer unter die Lupe genommen. Hauptaugenmerk lag dabei auf dem Verhältnis bezahlter sowie unbezahlter Arbeit und den Unterschieden zwischen Frauen und Männern. Berücksichtigt wurde die ständige Wohnbevölkerung zwischen 15 und 64 Jahren, die Stundenzahlen werden pro Woche angegeben.

Stand jetzt: Hauptbelastung liegt bei Frauen

Frauen sowie Männer in der Schweiz leisteten im Jahr 2024 so viel unbezahlte Arbeit wie in den letzten 14 Jahren nicht: Bei Frauen waren es durchschnittlich 34,9 Stunden, bei Männern 22,8 Stunden. Gleichzeitig hatten Frauen einen deutlich kleineren Anteil an bezahlter Arbeit als Männer (22,2 zu 31,5 Stunden). Frauen arbeiteten auch insgesamt mehr, nämlich circa 57,1 Stunden, Männer nur 54,3 Stunden. Im Durchschnitt verbringen Frauen 61 Prozent ihrer Arbeitszeit mit unbezahlter Arbeit. Der Anteil der unbezahlten Arbeit bei Männern beträgt 42 Prozent. 

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Stetig mehr unbezahlte Arbeit: So ist die Entwicklung der letzten 14 Jahre

Im Verlauf der vergangenen 14 Jahre leisteten Männer und Frauen in der Schweiz immer mehr unbezahlte Arbeit, vor allem im Zeitraum zwischen 2020 und 2024 gab es einen sprunghaften Anstieg: Während Frauen 2020 noch knapp 32 Stunden unbezahlt arbeiteten, waren es 2024 fast 35 Stunden. Bei Männern waren es 2020 20,7 Stunden, 2024 22,8 Stunden. Dies führt auch zu einer höheren Gesamtarbeitszeit (unbezahlt sowie bezahlt): Während Männer im Jahr 2010 circa 51 Stunden arbeiteten, waren es im Jahr 2024 rund 54 Stunden. Damit arbeiteten sie so viel wie die letzten 14 Jahre nicht. Auch bei den Frauen stieg die Gesamtarbeitszeit im Verlauf der Jahre: 2024 kamen sie auf 57 Stunden, 2010 waren es knapp 51 Stunden. 

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Frauen kochen und waschen mehr, Männer erledigen Handwerkliches

Die Hauptlast bei der Hausarbeit liegt gemäss der Umfrage fast ausschliesslich bei Frauen: Vor allem für die Essenszubereitung wenden sie wöchentlich über neun Stunden auf, bei Männern sind es 5,9 Stunden. Auch beim Putzen (5,2 zu 2,7 Stunden), Waschen (3 zu 1,3 Stunden) und der Versorgung von Haustieren und Pflanzen (2,3 zu 1,5 Stunden) leisten Frauen mehr unbezahlte Arbeit. Männer bringen sich hingegen handwerklich mehr ein (1,5 zu 0,8 Stunden), ebenso wie bei administrativen Tätigkeiten, wenn auch nur leicht (1,5 zu 1,3 Stunden). Auch bei Haushalten mit Kindern leisten Frauen mehr unbezahlte Arbeit: Beim Spielen, bei Hausaufgaben helfen (12,1 zu 8,8 Stunden) sowie dem Essen, Waschen, ins Bett bringen (9,6 zu 5,9 Stunden) wird dies besonders deutlich. Beim Kinder zu einem Ort bringen sind die Unterschiede hingegen weniger deutlich (2,8 zu 2,1).

Weiterlesen - ein Beitrag von Letizia Vecchio und Taddeo Cerletti erschienen am 04.06.2025 auf 20min.ch

Kinderarmut in der Schweiz - 50 Millionen Franken für Bücher, Klavierunterricht und Sportkurs

Kinder und Jugendliche, die von Sozialhilfe abhängig sind, sollen ein Instrument lernen oder im Sportclub sein dürfen. Die kantonalen Sozialdirektoren wollen mehr Geld in die Förderung stecken, um Armut im Erwachsenenalter zu verhindern.

Mehr tun für Kinder und Jugendliche: Die Konferenz der kantonalen Sozialdirektorinnen und Sozialdirektoren (SODK) hat die zweite Etappe der SKOS-Richtlinienrevision gutgeheissen. Demnach soll unter anderem die Förderung von Kindern und Jugendlichen explizit zu den Zielen der Sozialhilfe gehören. Die Behörde will das Kindeswohl stärken und armutsbetroffenen Kindern und Jugendlichen eine grössere Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ermöglichen.

Dafür gibt es mehr Geld: Familien, die Sozialhilfe beziehen, erhalten von den Kantonen mehr Geld. Vorgesehen ist, dass bei Familien für jedes Kind ein Zuschlag von 50 Franken gesprochen wird. Maximal beträgt der Zuschlag pro Familie 200 Franken. Dieser Zuschlag soll zum Beispiel für den Kauf von Büchern dienen. Weiter sollen «situationsbedingte Leistungen» konkretisiert werden. Sozialdienste können solche sprechen, um Kindern und Jugendlichen spezifische Bedürfnisse zu erfüllen. Das kann für Musikunterricht, für den Sportclub oder für Ausrüstung sein. Markus Kaufmann, Geschäftsführer der Schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe SKOS sagt: «Sportclubs sind eigentlich die grösste Integrationsmaschine in der Schweiz.» Es sei wichtig, dass Kinder bei ausserschulischen Aktivitäten nicht aussen vor seien. Gemäss Schätzungen der SODK werden diese zwei Fördermassnahmen schweizweit Kosten von rund 50 Millionen Franken verursachen.  

Das ist das Ziel: Kinder und Jugendliche, die von Armut betroffen sind, sollen mit den Zuschlägen gefördert werden. Laut den kantonalen Sozialdirektorinnen und Sozialdirektoren ist es ein Beitrag dazu, dass die Kinder später wirtschaftlich auf eigenen Beinen stehen und sich aus der Armut befreien können. Die Konferenz empfiehlt den Kantonen, die Änderungen ab 2027 umzusetzen.

Das Lob: Grundsätzlich positiv gestimmt ist beispielsweise der Schweizerische Gemeindeverband SGV. Er betont in einer Stellungnahme, dass Minderjährige in der Schweiz das grösste Sozialhilferisiko aufweisen würden. Kinder, die in der Sozialhilfe aufwachsen, seien in ihrer sozialen Integration und beim Zugang von Bildung oft benachteiligt. Das erschwert die Chancen auf eine gute Ausbildung, die helfen könnte, aus der Armut herauszukommen. «In Zukunft brauchen wir jede und jeden auf dem Arbeitsmarkt und darum ist die Unterstützung besonders wichtig», sagt Markus Kaufmann von der Konferenz für Sozialhilfe. Auch der Gemeindeverband begrüsst, dass in der Revision ein stärkerer Fokus auf die Förderung von Kindern und Jugendlichen gelegt wird.

Die Kritik: Kritisch reagiert die FDP Schweiz: Der Staat zahle neu den Boxverein und den Klavierunterricht. Doch gehöre das zum sozialen Auffangnetz, fragt die Partei. Sie kritisiert die «Sozialindustrie, die sich fleissig einen neuen ‹Klienten› sucht» und warnt vor einer Explosion der Kosten, zum Nachteil jener, die arbeiten gingen.

Kinder und Jugendliche sind in der Sozialhilfe übervertreten: Die Sozialhilfequote (Anteil der Sozialhilfebeziehenden an der ständigen Wohnbevölkerung) betrug 2019 3.2 Prozent. Im Jahr 2023 waren es noch 2.8 Prozent; das war gemäss Bundesamt für Statistik der tiefste gemessene Wert seit 2005. 2023 haben insgesamt fast 250'000 Menschen mindestens einmal eine Leistung der Sozialhilfe erhalten. Davon sind knapp ein Drittel oder rund 73'000 Personen Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren. Sie sind im Gegensatz zu allen anderen Altersgruppen in der Sozialhilfe übervertreten.

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Weiterlesen - HeuteMorgen, 3.6.2025, 6 Uhr; srf/baum;brut - ein Beitrag von M. Baumer publiziert auf srf.ch

Abschaffung der Heiratsstrafe - Individualbesteuerung zittert sich durchs Parlament – fürs Erste

Der Ständerat stimmt einem Kompromiss bei der Individualbesteuerung zu. Damit soll die sogenannte Heiratsstrafe abgeschafft werden. Der Entscheid in der kleinen Kammer fiel hauchdünn mit 23 zu 22 Stimmen. In der Schlussabstimmung im Parlament herrscht also Absturzgefahr. Damit sollen künftig alle steuerpflichtigen Personen unabhängig von ihrem Zivilstand besteuert werden.

    Die Heiratsstrafe abschaffen – aber wie? Diese Frage schwebt seit Jahren über dem Bundeshaus. Eine Allianz aus Linken und Liberalen will, dass Ehepaare künftig individuell besteuert werden. Mit der grössten Steuerreform der Schweizer Geschichte soll die Gleichstellung gefördert werden. Doch SVP und Mitte warnen: Die Individualbesteuerung schaffe neue Ungerechtigkeiten. Heute nun kam es im Ständerat zu einem wahren Krimi. Denn die progressive Allianz und die konservativen Gegner der Vorlage halten sich in der kleinen Kammer fast die Waage. Nun kam es zu einem Durchbruch: Der Ständerat unterstützt einen im Nationalrat ausgehandelten Kompromiss bei der Steuerreform. Mit hauchdünner Mehrheit von 23 zu 22 Stimmen bereinigte er die ausstehenden Differenzen zur Schwesterkammer.

    Links-liberale Allianz hält

    Umstritten war zum einen, wer bei der Bundessteuer den Kinderabzug geltend machen kann. Der Bundesrat will, dass beide Elternteile je die Hälfte der neu vorgeschlagenen 12'000 Franken abziehen können. Der Nationalrat wollte es ebenso halten, und der Ständerat folgte nun mit knappstem Mehr. Der Ständerat wollte bisher die Möglichkeit schaffen, Abzüge von einem Elternteil auf den anderen zu übertragen. Der Abzug sollte nicht verfallen, wenn eines der Einkommen zu tief ist, um ihn anzumelden. Die Befürworterinnen und Befürworter dieses Modells argumentierten mit Gerechtigkeit und der Freiheit, ein Familienmodell zu wählen. Die Kommissionsminderheit, die dem Nationalrat folgen wollte, argumentierte mit mehr Kosten und Aufwand. Was die Mehrheit wolle, widerspreche dem Ziel, Erwerbsanreize zu schaffen. Sie setzte sich schliesslich durch, mit Stichentscheid von Präsident Andrea Caroni (FDP/AR). Auch beim Steuertarif einigten sich die Kammern. Wieder mit Caronis Stichentscheid schloss sich der Ständerat dem Kompromiss des Nationalrats an. Dieser soll die Ausfälle bei den Steuereinnahmen auf 600 Millionen Franken senken. In der Version des Bundesrats wären es 870 Millionen Franken gewesen. Die Differenz müsse jemand bezahlen, und mehr Menschen hätten damit höhere Steuertarife, gab Erich Ettlin (Mitte/OW) zu bedenken. Doch auch Finanzministerin Karin Keller-Sutter warb für den Kompromissvorschlag. Die Hälfte der Steuerpflichtigen werde mit diesem Modell entlastet. Damit biegt die Individualbesteuerung auf die Zielgerade ein. Aufgrund der knappen Mehrheitsverhältnisse im Ständerat könnte die Vorlage bei der Schlussabstimmung am letzten Sessionstag vom 20. Juni aber noch abstürzen.

    Rückzug der Initiative?

    Das Gesetz ist der indirekte Gegenvorschlag zur Steuergerechtigkeits-Initiative der FDP Frauen. Das Gesetz setze das Anliegen weitgehend um, freute sich FDP-Nationalrätin Susanne Vincenz-Stauffacher (SG) – sie gehört dem Komitee an. Sie gehe davon aus, dass die Initiative zurückgezogen werde, wenn die Vorlage die Schlussabstimmungen überstehe und kein Referendum ergriffen werde. Komme es zur Abstimmung und ende diese mit einem Nein, sei die Initiative das Backup, sagte Vincenz-Stauffacher auf Anfrage. Die Initiative selbst empfiehlt das Parlament zur Annahme.

    Die Gewinner und Verlierer der Individualbesteuerung

    Die Gewinner:

    • Mit der Vorlage soll die Steuerlast gemäss Bundesrat für eine deutliche Mehrheit der Steuerzahlenden sinken. Die grösste Entlastung könnte es für Ehepaare geben, bei denen beide ähnlich viel verdienen. Das schliesst auch viele Rentnerpaare ein. Unverheiratete Personen ohne Kinder würden wegen der Absenkung des Steuertarifs ebenfalls entlastet.
    • Auch die Wirtschaft soll profitieren. Der Bundesrat und die Mehrheit im Parlament erhoffen sich von der Individualbesteuerung ein Mittel gegen den Fachkräftemangel. Es soll jene Personen zu einer Erwerbsarbeit oder einer Erhöhung des Arbeitspensums ermuntern, die bisher wegen der Heiratsstrafe darauf verzichtet haben.

    Die Verlierer:

    • Der radikale Umbau des Systems in der Ehepaarbesteuerung schaffe neue Ungerechtigkeiten, bemängeln Kritikerinnen und Kritiker. Traditionelle Einverdiener-Familien würden bestraft, Doppelverdiener entlastet.
    • Insbesondere Eltern mit nur einem Einkommen in der mittleren und höheren Klasse wären besonders betroffen von der Reform. Sie würde auch unverheiratete Paare mit Kindern steuerlich mehr belasten. Und die Staatskassen würden mit dem Wechsel jährlich schätzungsweise rund 600 Millionen Franken verlieren.
    Weiterlesen - ein Beitrag erschienen am 03.06. auf srf.ch/ Arena, 30.05.2025, 22:25 Uhr ; 

    Sommersession 2025: Empfehlungen von Pro Familia Schweiz

    Am 2. Juni hat die Sommersession in Bern gestartet. Hier lesen Sie die Empfehlungen von Pro Familia Schweiz zu den familienpolitischen Vorstössen.

    Nationalrat

    24.094 Geschäft des Bundesrates
    Landwirtschaftsgesetz (Entschädigung im Scheidungsfall). Änderung

    Die geplante Änderung stärkt die soziale Absicherung von mitarbeitenden Ehe- und eingetragenen Partner:innen in bäuerlichen Betrieben im Scheidungsfall. Pro Familia Schweiz begrüsst diese Verbesserung ausdrücklich, da sie zur sozialen Gerechtigkeit beiträgt und die oft unsichtbare Familienarbeit anerkennt.

    Unsere Empfehlung

    24.078 Geschäft des Bundesrates
    Änderung des Bundesgesetzes über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (Anpassung der Hinterlassenenrenten)
    Die Vorlage verfolgt das berechtigte Ziel, die Hinterlassenenleistungen an gesellschaftliche Entwicklungen anzupassen und Gleichbehandlung umzusetzen. Pro Familia Schweiz anerkennt dieses Anliegen, lehnt die konkrete Ausgestaltung jedoch ab. Die Reform führt zu neuen Ungleichheiten und schützt insbesondere armutsgefährdete verwitwete Personen und vielfältige Familienmodelle unzureichend. Aus Sicht von Pro Familia Schweiz erfüllt die Vorlage die Anforderungen an eine gerechte und zeitgemässe Familienpolitik nicht.

    Unsere Empfehlung

    24.301 Kt.Iv. GE
    Kantone sollen einen Elternurlaub einführen dürfen
    24.305 Kt.Iv. VS
    Einführung einer nationalen Elternzeit
    24.310 Kt.Iv. JU
    Elternzeit. Für eine Lösung auf Bundesebene
    24.311 Kt.Iv. TI
    Einführung eines schweizweiten Elternurlaubs
    Die Vorstösse tragen einem dringenden gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Bedürfnis Rechnung: Eltern sollen die ersten Lebensmonate gemeinsam verbringen können – ohne berufliche oder finanzielle Nachteile. Die Massnahmen fördern die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, stärken die frühe Bindung und unterstützen eine gleichberechtigte Verteilung von Care-Arbeit und Erwerbstätigkeit. Angesichts des Fachkräftemangels und moderner Familienrealitäten braucht es endlich zeitgemässe Rahmenbedingungen. Pro Familia Schweiz begrüsst kantonale und nationale Lösungen und unterstützt alle vier Initiativen.
     

    Unsere Empfehlung

    24.096 Geschäft des Bundesrates
    Bundesgesetz über die Allgemeinverbind-licherklärung von Gesamtarbeitsverträgen. Änderung (Allgemeinverbindlicherklärung von Mindestlöhnen, die unter kantonalen Mindestlöhnen liegen)
    Mindestlöhne unterhalb kantonaler Mindestlöhne allgemeinverbindlich zu erklären, untergräbt den sozialen Schutz und schwächt insbesondere die finanzielle Situation von Familien im Tieflohnbereich. Pro Familia setzt sich für existenzsichernde Einkommen und faire Arbeitsbedingungen ein und lehnt die Vorlage deshalb klar ab.

    Unsere Empfehlung

    25.3430 Mo. RK-N.
    Kein Verbot von internationalen Adoptionen
    Der Bundesrat wird beauftragt, umgehend auf seinen Grundsatzentscheid zurückzukommen, internationale Adoptionen zu verbieten, und für einen Rechtsrahmen zu sorgen, mit dem internationale Adoptionen in der Schweiz weiterhin möglich sind, die Kontrollmechanismen und die Transparenz aber gleichzeitig erhöht werden, um das Missbrauchsrisiko zu senken. Laufende Adoptionsverfahren sollen von dieser Reform nicht betroffen sein. Im Rahmen dieser Vernehmlassungsvorlage ist auch das Recht Adoptierter auf Kenntnis ihrer Abstammung und die Unterstützung bei der Herkunftssuche zu stärken. Pro Familia Schweiz begrüsst diese Vorlage, da sie den Schutz der Kinder und die Rechte aller Beteiligten verbessert und eine familienorientierte sowie rechtlich transparente Lösung ermöglicht.
     

    Unsere Empfehlung

    Ständerat

    24.026 Geschäft des Bundesrates
    Für eine zivilstandsunabhängige Individual- besteuerung (Steuergerechtigkeits-Initiative)». Volksinitiative und indirekter Gegenvorschlag (Bundesgesetz über die Individualbesteuerung)
    Mit dem Wechsel von der Ehepaarbesteuerung zur Individualbesteuerung könnten sowohl die Heirats­strafe abgeschafft als auch wichtige Anreize für eine gleichberechtigte Erwerbsarbeit und eine fairere Verteilung der Care-Arbeit zwischen den Partner*innen gesetzt werden. Pro Familia Schweiz empfiehlt die Volksinitiative zugunsten des indirekten Gegenvorschlags zur Ablehnung. Dieser sieht vor, alle Personen, unabhängig von ihrem Zivilstand, individuell zu besteuern. Die Einkünfte und Vermögens­wer­te von verheirateten Paaren werden dafür nach den zivilrechtlichen Verhältnissen aufgeteilt, wie es bereits heute bei unverheirateten Paaren erfolgt. Der Kinderabzug wird bei der direkten Bundessteuer von heute 6700 Franken auf neu 12 000 Franken erhöht und wird zur Hälfte zwischen den Eltern aufgeteilt.
     

    Unsere Empfehlung

    24.070 Geschäft des Bundesrates
    Bundesgesetz über die Ergänzungsleistungen zur AHV/IV (Leistungen für Hilfe und Betreuung zu Hause). Änderung
    Die Anpassung der Hinterlassenenrenten verbessert die finanzielle Absicherung von Kindern und hinterlassenen Partner:innen und schützt Familien in schwierigen Situationen besser vor Armut. Pro Familia Schweiz unterstützt die Vorlage, da sie gerechte, stabile Rahmenbedingungen schafft, die den vielfältigen Lebensrealitäten aller Familien gerecht werden. Die Reform fördert soziale Gerechtigkeit und ist ein wichtiger Schritt zu einer modernen, inklusiven Familienpolitik.

    Unsere Empfehlung

    23.4191 Mo. Funiciello Tamara
    Schutzkonzepte zur Prävention von Missbrauch bei Organisationen, die mit Kindern und Jugendlichen arbeiten
    23.4192 Mo. (Studer) Gugger
    Schutzkonzepte zur Prävention von Missbrauch bei Organisationen, die mit Kindern und Jugendlichen arbeiten
    23.4193 Mo. Gysin Greta
    Schutzkonzepte zur Prävention von Missbrauch bei Organisationen, die mit Kindern und Jugendlichen arbeiten
    23.4194 Mo. von Falkenstein Patricia
    Schutzkonzepte zur Prävention von Missbrauch bei Organisationen, die mit Kindern und Jugendlichen arbeiten
    23.4195 Mo. Wismer Priska
    Schutzkonzepte zur Prävention von Missbrauch bei Organisationen, die mit Kindern und Jugendlichen arbeiten
    23.4196 Mo. Bertschy Kathrin
    Schutzkonzepte zur Prävention von Missbrauch bei Organisationen, die mit Kindern und Jugendlichen arbeiten
    Der Schutz von Kindern und Jugendlichen vor Gewalt und Missbrauch ist eine zentrale gesellschaftliche Aufgabe. Schutzkonzepte in Organisationen, die mit Minderjährigen arbeiten, sind ein wirksames Instrument, um Risiken zu minimieren, Sensibilisierung zu fördern und klare Verfahren im Verdachtsfall sicherzustellen. Pro Familia Schweiz unterstützt die Forderung nach verbindlichen Schutzkonzepten ausdrücklich. Sie tragen entscheidend dazu bei, sichere Räume für Kinder zu schaffen und das Vertrauen von Familien in Institutionen zu stärken.

    Unsere Empfehlung

    25.3006 Ip. Müller Damian
    Leistungsvereinbarungen des Bundes. Kürzungen bei gleichbleibendem Leistungskatalog zulässig?

    Pro Familia Schweiz betont die Wichtigkeit transparenter und fairer Prozesse bei der Anpassung von Leistungs- vereinbarungen. Planungssicherheit ist für Organisationen mit sozialen und familienrelevanten Leistungen essenziell. Wir unterstützen klare Kriterien, frühzeitige Einbindung der Betroffenen und systematische Folgenabschätzungen. Kürzungen ohne Anpassung des Leistungskatalogs müssen nachvollziehbar und sozialverträglich sein.

    Unsere Empfehlung

    23.3366 Mo. Bulliard Christine
    Nationale Strategie für Betreuung und Wohnen im Alter und bei Behinderung

    Die Motion fördert eine bedarfsgerechte und integrative Versorgung im Alter und bei Behinderung. Dies entlastet Familien und stärkt die Selbstbestimmung der Betroffenen. Pro Familia Schweiz unterstützt die Motion als wichtigen Schritt zur Verbesserung der sozialen Rahmenbedingungen für Familien und betreuende Angehörige.

    Unsere Empfehlung

    23.3743 Mo. Nantermod Philippe
    StHG und DBG. Unterhaltsbeiträge an volljährige Kinder in Ausbildung vom Einkommen abziehen

    Die Motion entlastet Familien finanziell, indem sie ermöglicht, Unterhaltsbeiträge für volljährige Kinder in Ausbildung vom Einkommen abzuziehen. Dies unterstützt Eltern darin, die Ausbildung ihrer Kinder zu finanzieren und trägt so zur Chancengleichheit und Familienförderung bei. Pro Familia Schweiz begrüsst die Motion als wichtigen Schritt zur Stärkung der Familien und zur Förderung der Ausbildungsbeteiligung.

    Unsere Empfehlung

     

    So viel Elternzeit gibt es in anderen Ländern

    Die Familienzeit-Initiative fordert 36 Wochen Elternzeit für die Schweiz. Im europäischen Vergleich wäre sie damit Mittelmass, wie eine Blick-Übersicht zeigt. Schweiz hinkt bei Elternzeit hinterher. Volksinitiative fordert 18 Wochen pro Elternteil. Verschiedene europäische Länder bieten grosszügigere Elternzeit-Modelle als die Schweiz an. Schweden gewährt Eltern gemeinsam 16 Monate Elternzeit, die sie aufteilen können. Eine Volksinitiative fordert nun eine Familienzeit von 18 Wochen je Elternteil. Im Vergleich mit andern europäischen Ländern hinkt die Schweiz hinterher. Wie stark, zeigen folgende Beispiele.

    Deutschland

    Der Mutterschaftsurlaub beträgt 14 Wochen. Daneben gibt es eine Elternzeit von bis zu drei Jahren für beide Elternteile, in der ein Kündigungsschutz gilt und auch Teilzeit gearbeitet werden kann. Für maximal 14 Monate gibt es ein abgestuftes Elterngeld von bis zu 1800 Euro monatlich.

    Frankreich

    Der Mutterschaftsurlaub dauert 16 Wochen, ab dem dritten Kind sogar 26 Wochen. Der Vaterschaftsurlaub beträgt 28 Tage. Zudem können die Eltern einen einjährigen Erziehungsurlaub nehmen, der auf die beiden Elternteile aufgeteilt werden kann. Dieser kann zweimal verlängert werden. Abhängig vom Einkommen gibt es Unterstützungsbeiträge für ein Jahr beim ersten Kind, ab dem zweiten Kind für zwei Jahre.

    Österreich

    Der Mutterschaftsurlaub beträgt 16 Wochen. Väter können einen unbezahlten «Papamonat» beanspruchen. Möglich ist zudem eine Elternzeit bis zum zweiten Geburtstag des Kindes, die zwischen den Eltern aufgeteilt werden kann. In dieser besteht ein Anspruch auf ein Kinderbetreuungsgeld von maximal 41 Euro pro Tag.

    Italien

    Mütter erhalten 5 Monate Mutterschaftsurlaub, Vätern stehen 10 Tage zu. Hinzu kommt eine Elternzeit von maximal 6 Monaten je Elternteil, zusammen aber höchstens 9 Monate. Die Elternzeit wird finanziell anfangs zu 80 Prozent, später zu 30 Prozent ausgeglichen.

    Spanien

    Für Mütter als auch Väter gelten 16 Wochen Elternzeit mit vollem Lohn. Väter müssen die ersten sechs Wochen unmittelbar nach der Geburt beziehen, der Rest kann flexibel bezogen werden.

    Schweden

    In Schweden ist die Elternzeit bereits seit 1974 gesetzlich verankert. Eltern erhalten gemeinsam 16 Monate, die sie aufteilen können. Mindestens 90 Tage pro Elternteil müssen es aber sein, der Rest ist flexibel. Finanziell wird diese Zeit über ein Elterngeld abgedeckt, das sich nach dem Einkommen der Eltern richtet.

    Norwegen

    Ein Modell mit 49 Wochen Elternzeit bei vollem Gehalt oder 59 Wochen bei 80 Prozent Lohn kennt Norwegen. Die ersten zwei Wochen beziehen beide gemeinsam. 15 bis 19 Wochen sind fix für den Vater reserviert und können nicht auf die Mutter übertragen werden. 16 bis 18 Wochen können frei aufgeteilt werden.

    Finnland

    Der Mutterschaftsurlaub beträgt 105 Tage, der Vaterschaftsurlaub 54 Tage. Dazu kommt ein Anspruch auf je 160 Tage Elternzeit, wobei bis zu 63 Tage an den andern Elternteil abgegeben werden können. Der finanzielle Anspruch beträgt rund 80 Prozent des Gehalts, mit einer Obergrenze.

    Dänemark

    In Dänemark werden insgesamt 52 Wochen abgedeckt. 18 Wochen fix für die Mutter, 2 Wochen für den Vater. Die restlichen 32 Wochen können aufgeteilt werden.

    Weiterlesen - ein Beitrag von Ruedi Studer erschienen am 27.05.2025 auf blick.ch