Arbeiten Mütter dank Kita-Subventionen mehr?

Der Nationalrat debattiert über Finanzhilfen an die familienergänzende Betreuung. Es geht um 770 Millionen Franken für die externe Kinderbetreuung. Damit sollen etwa Kita-Plätze günstiger werden. Das Ziel: Für Eltern soll es sich mehr lohnen, mehr zu arbeiten – insbesondere für die Mütter. Wirtschaftsprofessor Josef Zweimüller von der Universität Zürich ist dieser Frage in anderen Ländern nachgegangen. Er kommt zum Schluss: Mehr Kita-Subventionen führen nicht dazu, dass Mütter mehr arbeiten.

SRF News: Wie sieht die Erwerbssituation von Müttern und Vätern in der Schweiz aus?

Josef Zweimüller: Die Mutterschaft auf Dauer ist mit einer Schlechterstellung auf dem Arbeitsmarkt verbunden. Das wird oft als Child Penalty oder Einkommenseinbussen nach Mutterschaft bezeichnet. Familienpolitische Massnahmen konnten diese Child Penalty in der Vergangenheit vielleicht um ein, zwei Prozentpunkte reduzieren. Aber wir sind weit weg von einer Gleichstellung zwischen Vätern und Müttern auf dem Arbeitsmarkt.

Was sollte die Familienpolitik bewirken?

Wir sollten eine Familienpolitik machen, um näher an die Gleichstellung herankommen. Es sollte nicht nur das Erwerbspotenzial der Väter ausgeschöpft werden, sondern auch jenes der Mütter. Mit Mutterschaft kommt man im Durchschnitt auf ein Abstellgleis auf dem Arbeitsmarkt. Familienergänzende Betreuung kann sich auch anders lohnen. Beispielsweise kann für die Kinder ein grosser Vorteil herausschauen. Die Subventionierung von Kinderbetreuungsplätzen ist eine gute Idee. Es entlastet die Eltern in einer Zeit mit vielen Herausforderungen, auch finanziell. Das kann für die Entwicklung der Kinder einen positiven Effekt haben. Kinder in der Kita profitieren auch vom Kontakt mit anderen Kindern. Aber meine Einschätzung ist, dass diese Massnahme keinen substanziellen Effekt auf den Arbeitsmarkt oder die Pensen der Frauen hat. Studien zeigen, dass finanzielle Anreize häufig nicht die erwartete Wirkung erreichen.

Was hätte denn eine Wirkung?

In anderen Ländern ist es die Norm, dass sich Väter stärker an der Kinderbetreuung beteiligen. Es gibt familienfreundliche Arbeitsplätze, sodass sich auch Mütter stärker einbringen können. Das ist in der Schweiz oder generell in deutschsprachigen Ländern noch viel weniger stark verankert. Ich glaube, eine clevere familienpolitische Massnahme für mehr Gleichheit wäre ein Elternurlaub – ein längerer Urlaub für Väter. Damit es auch finanziell gut möglich ist, dass sich Väter an der Betreuung von Kleinkindern mitbeteiligen.

Was können Arbeitgeber tun?

Es ist wichtig, dass sich die Einstellung generell ändert. Arbeitgeber sollten familienfreundliche Arbeitsplätze zur Verfügung stellen. In der Personalpolitik der Firmen sollte klar sein, dass auch Mütter eine Chance haben, in der Hierarchie der Firma aufzusteigen – und dass nicht automatisch damit gerechnet wird, dass sie mit Kind eher Teilzeit arbeiten.

Kann die Erhöhung von Kita-Subventionen ein Stein des Anstosses für eine neue Familienpolitik sein?

Im Prinzip schon. Aber ich glaube, dass die Erwartungen zu hoch sind. Ich sehe keinen direkten Konnex, dass damit ein Umdenken in der Gesellschaft erreicht wird. Denn es müsste zur Norm werden, dass sich Männer und Frauen die Betreuungslasten und die Einbussen auf dem Arbeitsmarkt gleichmässig aufteilen. Denn jetzt verzichten wir auf dieses grosse Arbeitskräftepotenzial von Müttern. Und davon müssen wir wegkommen.

Das Gespräch führte Noëmi Ackermann. Weiterlesen

Psychische Probleme bei Jugendlichen nehmen zu – ein Betroffener erzählt von seinen Depressionen

Psychische Probleme bei Jugendlichen nehmen zu. Die Beratungen wegen Suizidgefährdung haben sich verdoppelt. Junge Menschen warten oft lange, bis sie Hilfe bekommen, weil es zu wenig Plätze gibt und Fachkräfte fehlen. Die Junge Mitte sieht dringenden Handlungsbedarf.

Mit 12 Jahren hat es angefangen. Erst waren es depressive Verstimmungen, später längere depressive Phasen. «Mir fehlte die Kraft für ganz alltägliche Dinge. Duschen war plötzlich anstrengend, fürs Zähneputzen fehlte die Motivation», erzählt der Zürcher Emil Helbling (19). Ein täglicher Kampf – auch emotional. In der Sekundarschule war es besonders schlimm. Helbling fehlte im Unterricht immer öfter: «Das belastet dich zusätzlich, weil du weisst: Jetzt müsstest du eigentlich in der Schule sein und etwas leisten. Aber du bist antriebslos zu Hause. Das macht ein sehr schlechtes Gewissen, weil du es nicht mal schaffst, dorthin zu gehen.» Ein Rattenschwanz, der alles verschlimmert. Emil Helbling ist nur einer von vielen. Psychische Probleme bei Jugendlichen in der Schweiz nehmen zu. Die Zahlen des Bundes für 2021 zur psychischen Gesundheit in der Schweizer Bevölkerung zeigen: Psychische Krankheiten waren erstmals die häufigsten Ursachen für Spitaleinweisungen bei 10- bis 24-Jährigen (19’532 Fälle). Der Anstieg beträgt 17 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Besonders betroffen sind junge Frauen (+26 Prozent), bei gleichaltrigen Männern betrug der Anstieg 6 Prozent.

Jede zweite IV-Rente auf psychische Ursachen zurückzuführen

Diese Bilanz deckt sich mit den neuesten Zahlen der Invalidenversicherung (IV): Allein im Jahr 2021 verzeichnete sie gemäss Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) fast 9000 Neurentnerinnen und Neurentner mit psychischen Erkrankungen. Das sind 16 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Jede zweite IV-Rente lässt sich mittlerweile auf psychische Ursachen zurückführen. Dramatisch ist die Zunahme bei den 18- bis 24-Jährigen. Dort erreicht der Anteil schon 70 Prozent. Er ist damit viermal so hoch wie noch vor 25 Jahren. Auch Pro Juventute schlägt Alarm. Das Jugendhilfswerk teilte mit, die Zahl der Beratungen für Kinder und Jugendliche bei der Hotline 147 wegen Suizidgedanken habe sich von täglich 3 bis 4 im Jahr 2019 auf 7 bis 8 im Jahr 2022 verdoppelt.

«Multikrise» als Auslöser

Markant zugenommen haben auch die Kriseninterventionen. Seien es 2019 wegen Suizidgefährdung noch deren 57 gewesen, habe sich die Zahl 2022 mit 161 Interventionen fast verdreifacht, teilt das Jugendhilfswerk mit. Als Auslöser für den markanten Anstieg sieht Pro Juventute die «Multikrise». «Corona-Pandemie, Klimakrise, Ukraine-Krieg, drohende Inflation, soziale Ungerechtigkeit – Krisen überlappen sich und treffen Kinder und Jugendliche in einer besonders verletzlichen Lebensphase», so Pro Juventute. Emil Helbling bestätigt das. Er sagt: «Diese Krisen lassen niemanden kalt. Wenn man jung und sich bewusst ist, dass es sich dabei um Dinge handelt, die ausserhalb der eigenen Kontrolle sind, dann ist das ein extremes Gefühl von Hilflosigkeit und Kontrollverlust. Das belastet einen total.»

Wartezeiten bis zu 18 Monate

Hinzu kommen bei Jugendlichen laut Experten Zukunfts- und Versagensängste. Verstärkt würden diese durch den Leistungsdruck in Schule und Job. Negativ auf die psychische Gesundheit können sich auch die sozialen Medien auswirken. Studien zeigen: Zu viel Zeit in den Online-Netzwerken kann gefährlich werden. Die Folge der steigenden Zahlen bei psychischen Erkrankungen von jungen Menschen: Platznot in Kinder- und Jugendpsychiatrien. Jugendliche und Kinder müssen im Kanton Zürich bis zu einem Jahr auf eine Abklärung durch einen Psychiater warten. Im Kanton Bern präsentieren sich die Zahlen noch dramatischer: Dort warten psychisch belastete Kinder und Jugendliche zum Teil bis zu 18 Monate auf eine Behandlung im Ambulatorium der Universitären Psychiatrischen Dienste (UPD).

Junge Mitte reicht Initiative ein

Emil Helbling weiss, was es heisst, auf Hilfe warten zu müssen. «Für die erste stationäre Behandlung musste ich acht Monate lang warten. Das ist – für den Zustand, in dem man sich befindet – eine viel zu lange Zeitspanne.» Eine unhaltbare Situation, weil Betroffene wie Helbling mit ihren Problemen alleingelassen werden. «Klar geht man dann in eine ambulante Therapie, aber je nach Zustand wird schnell klar, dass das nicht reichen wird. Darum brauchte ich einen stationären Platz in einer Klinik», erzählt er. Das sei ein enormer Schlag ins Gesicht. Denn: Es habe bereits sehr viel Überwindung gekostet, professionelle Hilfe überhaupt in Anspruch zu nehmen. «Und dann heisst es: ‹Schön, dass du dich darauf einlässt, aber du musst jetzt halt noch einmal warten.›» Die Junge Mitte fordert wegen genau solcher Vorfälle Massnahmen, die sicherstellen, dass psychisch erkrankte Kinder und Jugendliche innert vier Wochen durch Fachpersonen behandelt werden. Sie haben am Freitag im Kanton Zürich eine Initiative mit über 9000 Unterschriften eingereicht.

«Viele sind selbst betroffen oder kennen jemanden»

Der Co-Präsident der Jungen Mitte, Benedikt Schmid (21), sagt: «Bei keiner anderen Initiative war es so einfach, die Leute auf der Strasse zu überzeugen. Viele sind selbst betroffen oder kennen jemanden, der psychische Probleme hat.» Er selbst hat einen Suizid im näheren Umfeld erlebt, das habe ihm die Augen geöffnet, erzählt er. «Auf einmal verstand ich besser, was die Selbstverletzungen an den Armen um mich herum genau bedeuten.» Umso erschreckender sei es gewesen, wie wenig Hilfe die betroffenen Menschen erhalten hätten. «Eine Therapiestunde alle zwei Wochen war das Maximum. Je länger ich mich mit der Thematik befasste, umso hässiger wurde ich, dass so wenig Hilfe angeboten wird», erzählt Schmid. Und so sei ihm klar geworden, dass er politisch die Sache zum Besseren verändern wolle. Emil Helbling hat sich mittlerweile gefangen, dank einer regelmässigen Therapie. Die Initiative begrüsst er deshalb umso mehr. Er sagt: «Die Wartezeiten müssen kürzer werden. Ich finde es nicht haltbar, dass Menschen, die bereits in einer solchen Situation sind, denen es nicht gut geht, dann noch lange auf die Hilfe warten müssen, die sie dringend bräuchten. Es besteht darum auch politischer Handlungsbedarf.»

Weiterlesen - ein Beitrag von Sophie Reinhardt und Tobias Ochsenbein erschienen am 25.02.2023 auf www.blick.ch

Der Teilzeit arbeitende Mann, eine seltene Spezies

Männer haben fast immer Vollzeit-Pensen. Im Weg stehen ihnen die Gesellschaft, die Arbeitgeber – und sie selbst.

Die neusten Zahlen des Bundes vom 20. Februar bestätigen es wieder. 8 von 10 Männern in der Schweiz arbeiten Vollzeit. Unter den Frauen sind es 4 von 10. Zwar sind die Teilzeit arbeitenden Männer ein wenig mehr geworden (18.7 statt 18.2 Prozent) und die Teilzeit arbeitenden Frauen ein wenig weniger (57.9 statt 58.6 Prozent), doch die grosse Annäherung bleibt aus. Warum ist Teilzeit so viel selbstverständlicher bei Frauen? Und weshalb wird der Graben noch grösser, wenn Kinder ins Spiel kommen? Väter arbeiten noch seltener Teilzeit: Es ist dann nur noch etwas mehr als 1 Mann von 10. Hingegen arbeiten fast 8 von 10 Müttern Teilzeit. «Ich glaube, dass hierfür ganz unterschiedliche Faktoren eine Rolle spielen, die zu diesem Struktureffekt führen, der von niemandem ganz bewusst intendiert war», sagt Bianca Prietl, Professorin für Geschlechterforschung an der Universität Basel.

Kurz gesagt sind es mindestens folgende Faktoren:

  • Männer verdienen oftmals mehr, deshalb «lohnt» sich deren Arbeit mehr für ein Paar.
  • Das Selbstbild des Mannes als Versorger ist immer noch stark verankert.
  • Männer mit dem Wunsch nach Teilzeit-Arbeit haben geringere Chancen auf dem Arbeitsmarkt.

Zu den ersten beiden Punkten kann Oliver Hunziker viel sagen. Er ist Präsident des Vereins für elterliche Verantwortung. Zudem gehört er dem Vorstand von Pro Familia an. Und er hat das erste Männerhaus der Schweiz gegründet. In seinen Beratungen trifft er oft auf Männer mit folgendem Gedankengut: «Das Ziel des Lebens ist: Ich finde einen guten Job. Ich verdiene gut. Ich kann eine Familie ernähren.» Und weiter: «Sobald aus einem Paar eine Familie wird, stellt sich die Frage: Wer hat welches Einkommen, basierend auf welcher Ausbildung? Dann kommt es immer noch sehr häufig vor, dass schnell klar ist, dass der Mann weiterarbeitet. Und schon ist die Familie in einem traditionellen Modell, das sich unter Umständen nicht mehr so einfach auflösen lässt.»

Wenig Teilzeit unter Männern ist auch zum Nachteil der Frauen

Dabei zeigen Befragungen, dass eine Mehrheit der Männer eigentlich weniger arbeiten will. Wenn das nicht realisiert werden könne, sagt Bianca Prietl «dann können diese Männer schlichtweg einer Vorstellung nicht gerecht werden, die sie selbst von ihrem eigenen privaten Engagement haben.» Hinzu kommt, dass die wenige Teilzeit-Arbeit auch zum Nachteil der Frauen ist. Denn, so Prietl: «Oft sind Teilzeitjobs auch, bildlich gesprochen, berufliche Sackgassen. Sie gehen mit geringeren Möglichkeiten des Aufstiegs einher, mit geringeren Möglichkeiten der beruflichen Weiterentwicklung, sind seltener mit anspruchsvollen oder gar Führungspositionen verknüpft.»

Teilzeit suchende Männer werden seltener eingeladen

Dass Teilzeit-Arbeit mit beruflichen Nachteilen verknüpft ist, beweisen die Forschungen des Ökonomen Daniel Kopp. Er hat an der Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich am Beispiel des Stellenportals «Job Room» untersucht, welche Kandidaten Arbeitgeber anklicken; und auch, welche sie schliesslich zum Gespräch einladen. Er sagt: «Die Studie zeigt, dass Leute, die eine Teilzeitstelle suchen, grössere Schwierigkeiten haben, zu einem Interview eingeladen zu werden. Das gilt grundsätzlich für beide Geschlechter, aber die Benachteiligung von Teilzeitstellen Suchenden ist besonders ausgeprägt bei Männern.» Nur halb so oft kommen laut seiner Forschungen Männer für eine Teilzeitstelle in Betracht – im Vergleich zu Frauen. Teilzeit arbeitende Männer und Frauen leben beruflich in unterschiedlichen Welten, besonders wenn sie Eltern sind. Der 80 Prozent arbeitende Vater erhält Anerkennung für seinen «Papi-Tag», die Frau im 80-Prozent-Pensum erstaunte Blicke, dass sie «so viel» arbeitet. Dieselbe Mutter wird im Teilzeitjob ernster genommen, derselbe Vater muss sich Fragen stellen lassen, ob seine Ambitionen nicht gross genug seien. Das sind vielfach berichtete Erfahrungen bei der Recherche zu diesem Thema.

Fachkräftemangel hilft

Allerdings scheint in die Sache etwas Bewegung gekommen zu sein. Denn Daniel Kopp hat die Auswertung vor 1.5 Jahren abgeschlossen. Seitdem hat sich der Fachkräftemangel in vielen Branchen verschärft. Auf Nachfrage bestätigt Valentin Vogt, Präsident des Arbeitgeberverbands, dass sich Teilzeitarbeit mehr durchsetze. Es seien der «Zeitgeist und die schiere Not der Arbeitgeber», die dafür sorgten. Auch der Stellenvermittler Adecco schreibt: «Wir vermuten, dass der Fachkräftemangel den Trend zu mehr Teilzeitstellen bekräftigt, da Unternehmen sich gezwungen sehen, mehr auf die Bedürfnisse der Arbeitnehmer einzugehen.» Man beobachte, dass der Anteil an ausgeschriebenen Teilzeitstellen im Verlauf der Zeit kontinuierlich gestiegen sei.

Das Ideal der Vollzeitarbeit habe an Reiz eingebüsst, sagt Gender-Forscherin Bianca Prietl, und zwar bei beiden Geschlechtern. Es bestünden etwa grosse Sympathien für eine Vier-Tage-Woche.«Eine offene Frage ist derzeit aber noch: Was würde das aus Gleichstellungsperspektive bedeuten?», fragt sie. «Würde diese frei werdende Zeit in die Übernahme von privater Sorgearbeit, sei das jetzt für Kinder oder zu pflegende Angehörige, investiert werden? Oder wäre es die Zeit, um ein besonders aufwändiges Hobby zu pflegen? Dann würde die private Sorgearbeit nicht neu verteilt werden zwischen den Geschlechtern, sondern weiterhin in grossen Teilen Frauenarbeit bleiben.»Wie auch immer diese Frage beantwortet werden wird: Eigentlich stehen die Zeichen gut für mehr Teilzeit-Arbeit durch Männer – und dafür, dass die Geschlechter im Beruf einst gleich wahrgenommen werden. 10vor10, 20.2.23, 21.50 Uhr

Mehrheit ist für weniger Arbeit

Laut einer Umfrage des Instituts Sotomo von Ende 2022 sind 68 Prozent der Bevölkerung der Meinung, dass man in der Schweiz zu viel arbeite. Eine Vier-Tage-Woche würde von zwei Dritteln begrüsst. Unter den 18- bis 30-Jährigen liegt die Zustimmung bei über 80 Prozent.

Weiterlesen - ein Beitrag von erschienen am 22.02.2023 auf www.srf.ch

Familienpolitik aus den 50er Jahren

Der Bundesrat will keinen Beitrag an günstige Kita-Plätze liefern. Ein Faustschlag ins Gesicht all jener, die sich für Gleichstellung einsetzen.

Die Schweiz ist mental in der Nachkriegszeit stehen geblieben. Zumindest in der Familienpolitik. Das heutige System ist darauf angelegt, dass der Mann arbeitet und die Frau zu Hause nach den Kindern schaut. Mit der Realität hat das wenig zu tun. Gerade mal jedes fünfte Paar mit Kindern lebt heute nach diesem Modell. Heisst: Vier Fünftel teilen sich die Arbeit anders auf. Fakt ist aber auch: Bei jenen Paaren, bei denen beide arbeiten, ist die Erwerbsarbeit ungleich aufgeteilt. Meist arbeitet der Mann Vollzeit und die Frau Teilzeit. Das mag mit dem verbreiteten traditionellen Rollenbild zu tun haben. Doch es ist eben auch eine Folge des aktuellen Systems. Dieses setzt keinerlei Anreize, dass sich Mann und Frau zu gleichen Teilen um die Kinder kümmern.

Vielmehr wird steuerlich belohnt, wenn der Mann zu hundert Prozent und die Frau gar nicht oder in kleinem Pensum arbeitet. Auch Kitaplätze sind so teuer, dass sich bei zwei Kindern eine Erhöhung des Arbeitspensums oftmals gar nicht lohnt. Dabei sind Kitas heutzutage Teil der staatlichen Infrastruktur – so wie Schulen oder Strassen. Viele europäische Länder haben das erkannt. In der Schweiz hingegen torpediert der Bundesrat eine Vorlage, die eine Vergünstigung der teuren Kitaplätze zum Zweck hat. Argument: die «angespannte finanzielle Situation».

Das ist ein Faustschlag ins Gesicht all jener, die sich für die Gleichstellung der Frauen auf dem Arbeitsmarkt einsetzen. Denn so lange Arbeitnehmer damit rechnen müssen, dass Frauen nach der Geburt eines Kindes gar nicht oder mit Kleinstpensen zurückkehren – so lange haben sie keinen Anreiz, junge Frauen einzustellen oder gar zu fördern. Derselbe Bundesrat, der die Frauen aufruft, ihre Pensen zu erhöhen, sabotiert nun exakt diese Bemühungen. Die hohen Kitakosten sind nur ein Puzzleteil der fehlgeleiteten Schweizer Familienpolitik. Denn Kinder sind keine Privatsache, wie es von bürgerlicher Seite so gerne heisst. Sie sind, im heutigen System, Frauensache: Diese sind es, die sich um die Kinder kümmern und beruflich zurückstecken. Das zeigt sich exemplarisch am Fehlen einer Elternzeit.

Der Mutterschaftsurlaub bedeutet ja: Die Frau kümmert sich um das Kind, damit der Vater so schnell wie möglich zurück ins Büro kann. Doch der Mutter hält niemand den Rücken frei, wenn sie wieder arbeiten möchte. Die Konsequenz davon: Die Mutter bleibt zu Hause – und der Vater lernt nie, sich alleine um sein eigenes Kind zu kümmern. Dementsprechend wenige Paare sorgen gemeinsam für die gemeinsam gezeugten Kinder.

Weiterlesen - ein Beitrag von Camilla Alabor erschienen am 19.02.2023 auf www.blick.ch

Gerichtsurteil | Der Mann hat besser verhandelt? Die Frau soll trotzdem gleich viel verdienen

Ein Entscheid des deutschen Bundesarbeitsgerichts zu Equal Pay dürfte weitreichende Auswirkungen haben. Auch in der Schweiz gilt das Gleichstellungsgesetz vor Vertragsfreiheit. Eine Frau klagte gegen ihren Ex-Arbeitgeber. Die Firma zahlte ihrem Kollegen mit gleicher Qualifikation für dieselbe Arbeit mehr Lohn. Der Mann habe beim Lohn besser verhandelt. Das deutsche Bundesarbeitsgericht sprach der Frau Lohnnachzahlungen zu.

Frauen steht das gleiche Gehalt wie Männern zu, sie dürfen bei gleicher Leistung und gleicher Qualifikation lohnmässig nicht diskriminiert werden. Das ist gesetzlich und in der Verfassung so vorgeschrieben, nicht nur in der Schweiz, sondern auch in Deutschland. Nun hat das deutsche Bundesarbeitsgericht ein Grundsatzurteil für Equal Pay gefällt, wie deutsche Medien berichten. Eine Frau klagte gegen ihren Ex-Arbeitgeber, der einem Kollegen mit gleicher Qualifikation für dieselbe Arbeit 1000 Euro mehr bezahlte. Die Firma begründete dies mit der besseren Lohnverhandlung des Mannes und bezog sich auf den Grundsatz der Vertragsfreiheit. Doch das liess das Bundesarbeitsgericht nicht durchgehen und kippte die Entscheidungen zweier untergeordneter Gerichte, die dem Arbeitgeber recht gaben. Die unterschiedliche Bezahlung begründe die Vermutung der Diskriminierung wegen des Geschlechts, urteilte die Richterin.

«Männer und Frauen sind endlich gleichberechtigt»

Das Gericht sprach Klägerin Susanne Dumas 14’000 Euro entgangenen Lohn und 2000 Euro Entschädigung zu. «Seit 1949 steht es im Grundgesetz, heute ist es endlich in der Arbeitswelt angekommen: Männer und Frauen sind gleichberechtigt», sagte Dumas in einem Statement. Die Auswirkungen sind weitreichend. Denn wenn nun ein Arbeitnehmer mehr Lohn fordert, muss die Bezahlung von Arbeitnehmerinnen mit gleicher Qualifikation im selben Masse steigen. Ist das nicht der Fall, können sie ebenfalls vor Gericht ziehen und sich an diesem Urteil orientieren.

Verhandeln rechtfertigt auch in der Schweiz keine Lohnunterschiede zwischen Mann und Frau

In der Schweiz ist die Rechtslage vergleichbar, sagt Roger Rudolph, Experte für Arbeitsrecht und Professor an der Uni Zürich, zu 20 Minuten. «Mindestens auf längere Frist kann eine ungleiche Entlohnung von Frau und Mann nicht mit dem besseren Verhandeln eines Arbeitnehmers gerechtfertigt werden», so Rudolph. Nach einer begrenzten Zeit von etwa einem Jahr müsse die Lohndifferenz eingeebnet werden. Auch für Arbeitsrechtsspezialist und Rechtsanwalt Dr. Denis G. Humbert von der Arbeitsrechtskanzlei Humbert Heinzen Lerch ist die Lohnverhandlung keine Begründung für den höheren Lohn bei gleicher Voraussetzung. «Untersuchungen zeigen, dass Männer sich oft besser verkaufen können, aber ein höherer Lohn wäre bei gleicher Leistung und gleicher Qualifikation trotzdem klar diskriminierend», so Humbert. Dann könnte man auch in der Schweiz eine Klage wegen Lohndiskriminierung erheben, sagt Daniella Lützelschwab, Ressortleiterin Arbeitsmarkt und Arbeitsrecht beim Schweizerischen Arbeitgeberverband, zu 20 Minuten. «Nicht in jedem Betrieb gibt es aber für jede Frau einen Mann mit identischen lohnrelevanten Merkmalen zur Bestimmung des Vergleichslohns. Sei es, dass sie nicht gleich alt sind, nicht über die gleiche Anzahl von Dienstjahren verfügen oder sich bei den Arbeitspensen und den Funktionen unterscheiden», so Lützelschwab. Grundsätzlich sei es wichtig, dass man sich gut auf Bewerbungsgespräche vorbereite und auf die eigenen Stärken hinweise.

Weiterlesen - ein Beitrag von Fabian Pöschl erschienen am 18.02.2023 auf www.20min.ch

Er führt die beliebteste Firma der Schweiz

250 Firmen – aber eine schwingt obenaus. Welche das ist und wo deine Firma rangiert, erfährst du im grossen Ranking der besten Arbeitgeber.

Nicht nur gehören ihre Produkte zu den Lieblingen der Schweizerinnen und Schweizer, jetzt erhält sie erneut die Auszeichnung als beste Arbeitgeberin: die Firma Zweifel Pomy-Chips AG. «Wir freuen uns ausserordentlich, zum zweiten Mal in Folge die Auszeichnung zum besten Arbeitgeber entgegennehmen zu dürfen», so der CEO Christoph Zweifel. «Es macht mich persönlich enorm stolz, dieses Unternehmen führen zu dürfen.» Zweimal nacheinander zuoberst – das ist eine einmalige Leistung. Doch was braucht es, um es überhaupt unter die besten Arbeitgeber zu schaffen? Welche Firmenstrukturen überzeugen, und was gilt zwischenmenschlich?

Rang
 

Arbeitgeber

Score    


Rang
Vorjahr

Branche


1. Zweifel 8,96 1 Herstellung von Lebens- und Genussmitteln
2. Schindler 8,70 2 Maschinen- und Anlagebau
3. Rolex 8,63 4 Uhren/Schmuck
4. Breitling 8,56 5 Uhren/Schmuck
5. Microsoft Schweiz 8,41 7 Internet, Telekommunikation, IT
6. Schweizerische Südostbahnen 8,33 28 Verkehr und Logistik
7. EPFL Eidg. Technische Hochschule Lausanne   8,28 47 Bildung und Forschung
8. Geberit 8,27 13 Herstellung und Verarbeitung von Werk- und Baustoffen
9. Roche 8,25 40 Chemie und Pharma
10. Apple Schweiz 8,20 38 Einzelhandel

 

 

Die turbulenten Jahre der Pandemie hoben innert kürzester Zeit bestehende Prozesse aus ihren Fugen – schnelle Anpassungen und grosse Bereitschaft von allen Seiten war gefragt. Letztes Jahr galt es dann, das neue Miteinander zu definieren und wieder Ruhe ins Unternehmen zu bringen. Dabei scheint es, dass zeitweise das Miteinander litt.

Respekt ist grossgeschrieben

Aus den Gesprächen mit den besten Arbeitgebern kristallisierte sich heraus, dass sie alle noch mehr Wert auf die Kultur des Respekts legen. Der Hintergrund ist, dass die Arbeit vor dem Bildschirm die Kommunikation erschwert. Während Missverständnisse bei einem Besuch am Arbeitsplatz innert Minuten ausgeräumt werden, dauern Diskussionen per E-Mail zumeist länger. Eine Firma, die dieses Problem früh erkannte, ist Geberit. Sie geht schwierige Situationen denn auch pragmatisch an und hört erst mal beiden Seiten genau zu. Denn Probleme seien oft Folgen von zu wenig klaren Aussagen und entsprechend deeskalierend wirke ein persönliches Gespräch. Auch die in den Top Ten vertretene EPFL – das französischsprachige Pendant der ETH – ist stolz auf die familiäre Kultur und das Miteinander, das sie trotz der Vielzahl von Abteilungen und Internationalitäten aufweist. Das funktioniere aber nur, weil das gegenseitige Verständnis gefördert und aufgebaut wird.

Mitarbeitende im Zentrum

Auch Christoph Zweifel verortet in der Kultur einen Schlüssel zum erneuten Erfolg: «Im Zentrum unseres Erfolgs stehen unsere Mitarbeitenden. Sie alle sorgen für bleibende und genussvolle Erlebnisse, indem sie gemeinsam mit viel Freude und Begeisterung alles für die besten Chips und Snacks tun. Unsere gelebten Unternehmenswerte spielen dabei eine zentrale Rolle – sie bilden die Basis für unsere erfolgreiche Zusammenarbeit.» Was Zweifel Pomy-Chips zusätzlich besonders hoch attestiert wurde, ist das ausgewogene Verhältnis zwischen Belastung und Freiraum. Denn die Pandemie erinnerte viele daran, wie wichtig ihnen die Familie ist, und verstärkte den Wunsch nach einer ausgeglichenen Work-Life-Balance. Entsprechend gilt für alle Arbeitgeber: Fokus auf die Mitarbeitenden und deren persönliche Anliegen – denn am Schluss sind es sie, die die Firma tragen.

Weiterlesen - ein Beitrag von Tina Fischer («Handelszeitung») erschienen am 16.02.2023 auf www.blick.ch