Die Armut in der Schweiz hat weiter zugenommen. Im Jahr 2019 waren 8,7% der Bevölke­rung oder rund 735‘000 Personen* in der Schweiz von Einkommensarmut betroffen. Rund 600‘000 Personen lebten zudem direkt an der Armutsgrenze. Nach einer kurzen Pause im Vorjahr setzt sich damit der steigende Trend der letzten Jahre fort. 12,2% der in der Schweiz lebenden Menschen gaben an, dass sie Schwierigkeiten hatten, finanziell über die Runden zu kommen.

*Die Auswirkungen der Covid-19-Pandemie sind in diesen Daten noch nicht ent­halten. (Quelle: BFS, 18.02.2021)
Wann spricht man von Armut?

Armut ist auch in der «reichen Schweiz» Realität. Armutsbetroffene leben in Haushalten, deren Einkommen unter dem Existenzminimum liegt. Sie leben oft in zu kleinen, lärmbelas­teten Wohnungen, müssen mit gesundheitlichen Einschränkungen kämpfen, können keine berufliche Ausbildung absolvieren, haben keinen festen Arbeitsplatz, leiden immer wieder unter Spannungen in der Partnerschaft und Familie und ziehen sich aus dem gesellschaft­lichen Leben zurück. Weitere allgemeine Informationen zum Thema Armut finden Sie in der Übersicht Armut von A-Z von Caritas Schweiz.

Welche Personen / Familien sind in der Schweiz am stärksten von Armut betroffen?

In der Schweiz sind Einelternhaushalte, Grossfamilien, Personen mit Migrationshintergrund, Menschen ohne Arbeit sowie beruflich tiefqualifiziertere Personen / Familien von einem erhöhten Armutsrisiko betroffen. Darunter leiden nicht nur die Eltern, sondern auch die Kinder – nicht nur, weil deren Lebensstandard tiefer ist, sondern auch deren Entwicklungs- und Bildungschancen.

Was mache ich, wenn ich merke, dass das Geld knapp wird?

Das Wichtigste ist, dass Sie schnell – und ohne zu zögern – Hilfe holen. Viele Menschen glauben, sie hätten die Situation in ein paar Monaten wieder im Griff. In der Realität dauert es aber meist um Einiges länger. Tipps für Ihr persönliches Familienbudget:

  1. Überblick verschaffen: Verschaffen Sie sich einen Überblick über Ihre Aus­ga­ben, Ein­nahmen und ihre offenen Rechnungen. Nutzen Sie dafür z.B. eine Budget-App.
  2. Kosten streichen oder reduzieren: Streichen Sie unnötige Ausgaben. Bei den Kranken­kassenprämien, Alimenten oder der Miete sollten Sie jedoch nicht in Verzug geraten. Hier riskieren Sie z.B. die Kündigung der Wohnung. Bitten Sie Gläubiger, wie beispiels­weise das Steueramt, um einen Aufschub oder um Ratenzahlungen. Beachten Sie: Ein Gläubiger kann sie auch ohne mehrmaliges Mahnen betreiben. Das Gesetz verlangt nicht, dass der Gläubiger den Schuldner vorher mahnt oder ihm die Betreibung androht.
  3. Einnahmen erhöhen: Versuchen Sie, Ihre Einnahmen, z.B. durch einen Neben- oder Fe­rienjob, zu erhöhen. Passen Sie auf bei sogenannten Finanzdienstleistern, die Ihnen eine rasche Lösung Ihrer finanziellen Probleme versprechen.
  4. Sich beraten lassen: Wenn Sie Hilfe brauchen, wenden Sie sich an eine seriöse Sozial- und Schuldenfachstelle. Diese können z.B. prüfen, ob Sie Anspruch auf Sozialhilfe haben oder ob es einen anderen Weg gibt, wie sie aus dem finanziellen Engpass kommen.
  5. Ausgaben kontrollieren: Im Umgang mit Geld sind wir alle sehr verschieden. Was dem einen wichtig ist, ist dem anderen unwichtig. Tauschen Sie sich auch im Familien- und Freundeskreis über Geldtipps aus. Ein paar praktische Tipps, wie Sie Ihre Ausgaben kontrollieren und Ihr Geld im Alltag optimal einsetzen können, finden Sie auf der Webseite von Caritas: Tipps im Umgang mit Geld
Wo kann ich mich beraten lassen?

Beratungsstellen für Sozialhilfebeziehende
Die Schweizerische Konferenz für Sozialhilfe (SKOS) bietet selber keine Beratung für Sozial­hilfebeziehende und ihre Angehörigen an. Sie vermittelt aber Adressen von privaten und öf­fen­tlichen Beratungsstellen sowie von Ombudsstellen, die diese Aufgabe übernehmen. Eb­en­­falls zur Verfügung stehen die Adressen von Sozialdiensten der Gemeinden und Regio­nen, an die sich Betroffene wenden können. Mehr erfahren

Online-Schuldenberatung der Caritas
Über Geld spricht man nicht. Über Schulden noch weniger. Auf der Webseite der Caritas Schweiz finden Sie viele nützliche Informationen rund um die Themen Geld, Budget und Schulden. Die Onlineberatung der Caritas ist kostenfrei und anonym. Ihre Frage wird in der Regel werktags innerhalb von 24 Stunden von Fachleuten der Caritas Schuldenberatung und anderer Fachstellen beantwortet. Kontakt aufnehmen

Beratungsstellen für Finanzen und Schulden
Seriöse Beratungsstellen sind oft überlastet. Haben Sie Geduld und machen Sie mehrere An­läufe. Bereiten Sie sich auf eine Beratung vor: Gewinnen Sie einen Überblick über Ihre Schulden, Ihre Verträge, Rechnungen, Mahnungen etc.

An wen können sich armutsgefährdete oder -betroffene Familien für eine finanzielle Unterstützung wenden?

a) Kontaktieren Sie Ihre Wohngemeinde
Das Unterstützungsangebot ist je nach Wohngemeinde sehr unterschiedlich. In einem ersten Schritt sollten Sie sich daher an Ihre Wohngemeinde wenden und abklären, welche Unter­stützungsangebote vorhanden sind.

  • Alimentenbevorschussung
    Das Alimenteninkasso Ihrer Gemeinde hilft Ihnen bei der Geltendmachung Ihrer Alimente, falls Sie diese nicht erhalten. Bei Kinderalimenten kann die Gemeinde ausserdem darum ersucht werden, die Zahlung vorzuschiessen. Sie erhalten unter bestimmten Vorausset-zungen die Kinderalimente monatlich von der Gemeinde und nicht erst bei Zahlung durch die Alimentenschuldner. Für weitere Infos melden Sie sich direkt bei Ihrer Wohngemeinde oder Ihrem Wohnkanton.

  • Ergänzungsleistungen (EL) für AHV- und IV-Bezüger
    Die Ergänzungsleistungen zur AHV und IV helfen, falls die Renten und das Einkommen die minimalen Lebenskosten nicht decken. Wer sich in einer solchen Situation befindet, hat einen rechtlichen Anspruch auf Ergänzungsleistungen. Kontaktieren Sie die zustän­digen kantonalen Stellen für Ergänzungsleistungen – in der Regel sind dies die kantona­len Ausgleichskassen – oder deren Zweigstellen in Ihrer Wohngemeinde.

  • Sozialhilfe
    Sie haben Anrecht auf Sozialhilfe, falls Ihr Einkommen das sozialhilferechtliche Existenz­minimum nicht erreicht. Wenden Sie sich an das Sozialamt an Ihrem Wohnort, falls Ihnen das Geld für Ihren Lebensunterhalt nicht reicht, damit geklärt werden kann, ob Sie allenfalls Anspruch auf Sozialhilfe haben. Lesen Sie hierzu auch das Merkblatt von der Schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe (SKOS): Sozialhilfe erklärt in einfacher Sprache

  • Verbilligte Krankenkassenprämien
    Personen und Familien in bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen haben Anspruch auf Prämienverbilligung für die obligatorische Krankenversicherung. Erkundigen Sie sich auf Ihrer Wohngemeinde, bei welcher Stelle Sie den Antrag auf Prämienverbilligung einreichen können.

  • Vergünstigungen für die familien-/schulergänzende Kinderbetreuung:
    Zahlreiche Gemeinden beteiligen sich an den Kosten für die familien- und die schuler­gänzende Kinderbetreuung. Erkundigen Sie sich auf Ihrer Wohngemeinde nach Ver­günstigungen und Betreuungsgutscheinen.

b) Kontaktieren Sie Ihren Wohnkanton
Jeder Kanton verfügt über eine individuelle Leistungspalette und eigene kantonale Gesetz­gebungen zur Regelung seiner bedarfsabhängigen Sozialleistungen. Entsprechend gross sind die kantonalen Unterschiede. Das Bundesamt für Statistik (BFS) listet die unterschied­lichen kantonalen Bedarfsleistungen im Inventar der Sozialhilfe: BFS: Inventar der Sozial­hilfe. Wenden Sie sich an Ihren Wohnkanton, um abzuklären, welche Unter­stützungsange­bote vorhanden sind.

  • Ergänzungsleistungen (FamEL) für Familien
    Bis heute haben vier Kantone (TI, VD, GE, SO) kantonale Ergänzungsleistungen für Familien eingeführt. Diese bieten Familien (unter gewissen Voraussetzungen) finanzielle Hilfe.

  • Stipendien
    Falls Sie oder Ihr Kind eine Aus- oder Weiterbildung machen möchte/n, die finanziellen Verhältnisse dies jedoch nicht zulassen, können Sie ein Gesuch für Ausbildungsbeiträge (Stipendien oder Darlehen) einreichen. Ein Stipendiengesuch muss in der Regel beim Wohn­sitzkanton der Eltern eingereicht werden. Die kantonalen Stipendienstellen prüfen die Gesuche und entscheiden, wer Stipen­dien oder Darlehen erhält. Sie können auch Auskunft geben über andere Möglich­keiten der Studienfinanzierung.

c) Kontaktieren Sie Ihr regionales Arbeitsvermittlungszentrum (RAV) falls Sie arbeitslos sind oder demnächst werden

Personen, die arbeitslos sind, erhalten unter bestimmten Voraussetzungen eine Arbeits­losen­ent­schädigung. Falls Sie arbeitslos sind oder demnächst werden, kontaktieren Sie bitte (je nach Wohnkanton) ent­weder Ihre Wohngemeinde oder das zuständige regionale Arbeits­vermittlungs­zen­trum (RAV). Bitte melden Sie sich möglichst frühzeitig, jedoch spätestens am ersten Tag, für den Sie Leistungen der Arbeitslosenversicherung beanspruchen. Bei der Anmeldung wird Ihnen das weitere Vorgehen erläutert und Sie können Ihre Arbeitslosen­kasse frei wählen.

d) Kontaktieren Sie verschiedene Hilfswerke und Stiftungen

  • Caritas Schweiz
    In der Schweiz bestehen 16 regionale, unabhängige Caritas-Organisationen. Sie realisieren soziale Projekte vor Ort. Die Regionalen Caritas-Organisationen setzen sich für armutsbe­trof­fene Menschen in der Schweiz ein, unabhängig von Nationalität und Weltanschauung. Damit leisten sie einen wesentlichen Beitrag zur sozialen Integration. Kontakt aufnehmen

  • Winterhilfe Schweiz
    Die Winterhilfe lindert die Auswirkungen der Armut in der Schweiz, indem sie knappe Haus­halts­budgets entlastet und Notlagen durch gezielte Hilfe behebt. Die Winterhilfe gibt Betten, Kleider, Einkaufsgutscheine und Schultheks ab und zahlt dringende Rechnungen, z.B. für Arztkosten. Für die Teilnahme am sozialen Leben setzt sich die Winterhilfe ein, indem sie Familien gemeinsame Unternehmungen ermöglicht und die Finanzierung von Freizeitakti­vitäten für Kinder übernimmt. Kontakt aufnehmen

  • Solidaritätsfonds für Mutter und Kind
    Der Solidaritätsfonds für Mutter und Kind des Schweizerischen Katholischen Frauenbundes SKF leistet Nothilfe für Frauen, die in finanzielle Schwierigkeiten geraten sind, insbesondere im Zusammenhang mit Schwangerschaft, Geburt oder Kinderbetreuung. Finanzielle Hilfe wird gewährt an Mütter mit Kindern bis 10 Jahre, die in der Schweiz leben, unabhängig von Zivilstand, Religion, Staatsangehörigkeit und Aufenthaltsstatus. Der finanzielle Betrag dient der einmaligen Unterstützung zur Überbrückung einer Notsituation. Kontakt aufnehmen
Welche Vergünstigungen oder andere Unterstützungen gibt es im Alltag?
  • Günstiger einkaufen: Caritas-Märkte
    Im Caritas-Markt können Armutsbetroffene Lebensmittel und Produkte des täglichen Bedarfs zu Tiefstpreisen einkaufen. Ein Teil der Artikel wird durch Warenspenden und Unterstüt­zungs­beiträgen aus der Wirtschaft finanziert. Die Preisreduktion beträgt durchschnittlich 40 Prozent. Durch diese Einsparungen erhalten Armutsbetroffene mehr finanziellen Spielraum. Es gibt aktuell 21 Caritas-Märkte, die alle ein breites und konstantes Sortiment anbieten. Die Läden befinden sich in Baar, Basel, Bern, Biel, Chur, Genf, La Chaux-de-Fonds, Lausanne, Luzern, Neuenburg, Olten, Sursee, St. Gallen, Thun, Vevey, Wil, Winterthur, Yverdon und Zürich. Caritas-Markt in Ihrer Nähe finden

  • Günstiger einkaufen: Tischlein deck dich
    Tischlein deck dich rettet Lebensmittel vor der Vernichtung und verteilt sie armutsbetroffenen Menschen in der ganzen Schweiz und im Fürstentum Liechtenstein. Pro Woche werden an 138 Abgabestellen rund 21'000 Menschen in Not erreicht. Damit leistet Tischlein deck dich einen sozial sinn­vollen und ökologisch nachhaltigen Beitrag zum respektvollen Umgang mit Lebensmitteln. Wer an einer Tischlein-deck-dich-Abgabestelle Lebensmittel beziehen möch­te, benötigt eine Kundenkarte. Die Kundenkarte wird für Menschen, welche in einer Beratung von ausgewähl­ten Sozialfachstellen sind, ausgestellt. Mehr erfahren

  • Günstiger Freizeit, Kultur, Sport und Bildung geniessen: KulturLegi Schweiz
    Die KulturLegi ist ein persönlicher Ausweis für Menschen, die mit einem knappen Budget leben müssen. Etwa weil sie über ein tiefes Einkommen verfügen oder auf Sozialleistungen angewiesen sind. Mit der KulturLegi erhalten Sie Rabatte von bis zu 70 Prozent auf über 3'600 Angebote in der ganzen Schweiz. Mehr erfahren

  • Günstiger Ferien machen: Ferienhilfe für Familien
    Reka ermöglicht jedes Jahr 1000 Familien eine Ferienwoche für 200 Franken. Die Ferien finden in einem Reka-Feriendorf, einer Reka-Ferienwohnung oder einer Jugendherberge in der Schweiz statt. Reka übernimmt die Mietkosten sowie die Hin- und Rückreise mit den öffentlichen Verkehrsmitteln. In der Jugendherberge wird der Aufenthalt im Familienzimmer inklusive Halbpension übernommen. Mehr erfahren

  • Familienferien trotz kleinem Budget
    Mit dem Ferienfond ermöglicht Pro Juventute Familien, die am Existenzminium leben, unver­gessliche Tage im Hotel Chesa Spuondas in St. Moritz. Familien, die mit wenig Geld auskom­men müssen, haben auch Anrecht auf Erholung. Wenn Sie Sozialhilfe beziehen und sich schon lange eine Auszeit für Ihre Familie wünschen, können Sie Unterstützung beantragen. Der Ferienfonds ermöglicht Ihnen und Ihrer Familie eine Auszeit im Hotel Chesa Spuondas im Engadin. Mehr erfahren

News


Neues Factsheet: Armut in Familien in der Schweiz

Viele Familien in der Schweiz sind von Armut betroffen. Diese Situation wirkt sich auf verschiedene Aspekte des Lebens der Eltern sowie der Kinder aus. Unser neues Factsheet gibt einen Einblick in aktuelle Zahlen, in die Rolle des Bunds, der Kantone und Gemeinden und enthält Tipps, wo man als betroffene Familie Hilfe finden kann. Mehr erfahren

Newsletter


Abonnieren Sie unseren vierteljährlich erscheinenden Newsletter, um über Neuigkeiten, Initiativen und Veranstaltungen zur Familienpolitik und zu Instrumenten zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu erfahren.

Archiv

Mit dem Absenden des Formulars bestätige ich, dass ich die Bedingungen in den Privacy policy gelesen und akzeptiert habe.