Die besten Länder für berufstätige Frauen

Südkorea, Japan und Türkei – nur in diesen OECD-Ländern sind Frauen auf dem Arbeitsmarkt noch schlechter gestellt als in der Schweiz. Die besten Bedingungen haben Frauen, die in Schweden, Norwegen, Island oder Finnland arbeiten. Das sind die Gründe.

Jedes Jahr veröffentlicht das britische Wirtschaftsmagazin «The Economist» anlässlich des Internationalen Frauentags am 8. März den sogenannten Glass-Ceiling-Index. Dieser vergleicht die Arbeitsbedingungen für Frauen in 29 der 38 OECD-Länder anhand der folgenden 10 Kennzahlen:

Höhere Bildung
Absolvierte GMAT-Prüfungen von Frauen
Erwerbsquote der Frauen
Lohnunterschied Mann/Frau
Frauen in Management-Positionen
Frauen in Verwaltungsräten
Frauen im Parlament
Kosten für Kinderbetreuung
Bezahlter Mutterschaftsurlaub
Bezahlter Vaterschaftsurlaub

    Ziel ist es, die vielen unsichtbaren Barrieren, gegen die Frauen im Verlauf ihrer Karriere anstossen und die ihren Aufstieg bremsen oder verhindern, offen zu legen. Wer nun gedacht hat, die Schweiz belege in diesem Ranking einen Spitzenplatz, der irrt sich gewaltig. Rang 26 bedeutet, dass nur Japan, Südkorea und die Türkei noch schlechter dastehen. Ein Blick auf die Entwicklung seit 2016 zeigt zudem, dass sich in der Schweiz in Sachen Stellung der Frauen in der Arbeitswelt in den letzten neun Jahren nicht viel getan hat. Seit 2013 befinden wir uns auf besagtem 26. Rang. Doch warum ist die Schweiz so schlecht klassiert? Das hat vor allem mit der Kinderbetreuung zu tun: Die Nettokosten für Kinderbetreuung verschlingen gemäss «Economist» rund 49 Prozent des Durchschnittslohns. Ausserdem befinden wir uns mit durchschnittlichen 7,8 Wochen Mutterschafts- und 1,1 Wochen Vaterschaftsurlaub auch hier am untersten Ende im OECD-Ranking. Schlechter als der Durchschnitt präsentieren sich auch die Unterschiede zwischen Männer- und Frauenlöhnen. Das ebenfalls schlechte Abschneiden bei der höheren Bildung dürfte dagegen eine statistische Verzerrung darstellen, weil die Berufslehre mit den anschliessenden Möglichkeiten von Berufsmaturität und Fachhochschulen von den OECD-Statistikern nicht adäquat erfasst wird. In der oberen Hälfte der 29 OECD-Länder dagegen liegt die Schweiz bei der Beteiligung von Frauen im Arbeitsmarkt, bei der Frauenvertretung in den Parlamenten und auch beim Frauenanteil in Verwaltungsräten.

    Skandinavische Länder als Vorbild

    Auf den Spitzenplätzen liegen fast erwartungsgemäss die nordischen Länder, wobei Island, Schweden, Norwegen und Finnland immer wieder die Plätze tauschen. Momentan ist Schweden die Nummer 1. Alle skandinavischen Staaten zeichnen sich dadurch aus, dass sie Frauen leichter einen Hochschulabschluss ermöglichen, ihnen höhere Postionen im Arbeitsmarkt zugänglich machen und durch ein faires System des Elternurlaubs sowie flexiblen Arbeitszeiten die Vereinbarkeit von Beruf und Familie erleichtern. Dass Japan und Südkorea so schlecht abschneiden, ist der Tatsache geschuldet, dass hier Frauen immer noch einen meist finalen Entscheid zwischen Familie und Beruf zu fällen haben. Generell lässt sich anhand der Kennzahlen des «Economist» aber sagen, dass sich die Möglichkeiten für Frauen in der Arbeitswelt in die richtige Richtung entwickeln, wenn allerdings sehr langsam. Zwar erlitten Fortschritte bei der Lohngerechtigkeit zuletzt durch Corona einen kleinen Dämpfer, der Frauenanteil in Verwaltungsräten und in der höheren Bildung hat im Schnitt jedoch sichtbar zugenommen. Bleibt zu hoffen, dass der Rechtsrutsch in vielen Staaten diesen positiven Entwicklungen nicht wieder zunichtemacht.

    Weiterlesen - ein Beitrag von Philipp Reich publiziert am 06.03.25 auf watson.ch

    Debatte im Ständerat - Individualbesteuerung: Pro und Kontra halten sich fast die Waage

    Zur Einführung der Individualbesteuerung unabhängig vom Zivilstand halten sich im Parlament das Dafür und das Dawider annähernd die Waage. Der Ständerat ist zwar mit knappem Mehr auf die Vorlage des Bundesrates eingetreten, hat aber aus Zeitmangel noch nicht abschliessend über den fundamentalen Systemwechsel entschieden.

      Mit 23 zu 22 Stimmen trat der Ständerat auf das Gesetz über die Individualbesteuerung ein. Dafür stimmten Vertreterinnen und Vertreter von FDP, SP, Grünen und GLP, dagegen die Mitglieder von Mitte und SVP. Der knappe Entscheid war zu erwarten, denn die Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Ständerates (WAK-S) hatte die Vorlage nur mit hauchdünnem Mehr gutgeheissen, mit Stichentscheid ihres Präsidenten Hans Wicki (FDP/NW). Der Nationalrat hatte der Vorlage im September 2024 als Erstrat zugestimmt, ebenfalls relativ knapp. Das Gesetz über die Individualbesteuerung soll indirekter Gegenvorschlag sein zur Steuergerechtigkeits-Initiative der FDP Frauen. Der Ständerat konnte die Vorlage nicht zu Ende beraten. Die Debatte geht voraussichtlich am Montag weiter.

      Bundesgerichtsentscheid von 1984

      WAK-Präsident Wicki erinnerte an den Bundesgerichtsentscheid von 1984, wonach die Heiratsstrafe verfassungswidrig ist. «Nach über vier Jahrzehnten mit Initiativen, Vorstössen und Abklärungen haben wir jetzt die Möglichkeit, die Heiratsstrafe zu beseitigen.» Zudem setze die Vorlage Erwerbsanreize für Zweitverdiener. «Es kann doch nicht sein, dass das Steuersystem mir vorgibt, ob ich heiraten soll oder nicht», meinte Thierry Burkart (FDP/AG). Die von der Gegnerschaft geltend gemachte Wirtschaftsgemeinschaft gebe es nicht nur bei der Ehe, sondern auch beim Konkubinat oder beim gemeinschaftlichen Eigentum. Die Befürworterseite argumentierte auch mit den neuen Realitäten in der Gesellschaft und neuen Lebensmodellen. Den Kantonen, die die Vorlage in der Vernehmlassung ablehnten, wies Mathias Zopfi (Grüne/GL) eine Nebenrolle zu. Wolle man einen grundsätzlichen Systemwechsel, sei der Bund in der Hauptrolle. Auf der Gegnerseite verwiesen etliche Voten auf die Kantone, die die Heiratsstrafe abgeschafft oder gemildert hätten. Werner Salzmann (SVP/BE) sprach von «ungerechtfertigten Eingriffen in die Lebensformen von Familien». Auch die vom Bundesrat prognostizierten Beschäftigungseffekte stellte er in Frage.

      «Zu mehr Arbeit erziehen»

      Marianne Binder (Mitte/AG) warnte vor einem Steuermodell, das dazu erziehen wolle, mehr zu arbeiten. Hannes Germann (SVP/SH) forderte, es solle zuerst über die Initiative abgestimmt werden. Danach könne das Parlament gegebenenfalls handeln, anstatt nun einen indirekten Gegenvorschlag zu beraten. Die Vorlage begünstige Doppelverdiener und belaste Familien mit einem Einkommen massiv mehr, sagte Pirmin Bischof (Mitte/SO). «Reichlich absurd» sei, dass alle Kantone ihr Steuerrecht korrigiert hätten nach dem Bundesgerichtsurteil. Der Bund hingegen habe nichts getan und wolle nun die Kantone zu Umstellungen zwingen. Die Heiratsstrafe müsse weg, doch Vorschläge für Reformen hätten bisher keine Mehrheiten gefunden, stellte Finanzministerin Karin Keller-Sutter fest. Die Vorlage sei so gestaltet, dass eine Mehrheit der Steuerpflichtigen profitiere. Und: Es gehe nicht an, wegen des erwarteten Aufwandes auf die Umstellung zu verzichten.

      Erste Entscheide der Detailberatung

      Mit Rücksicht auf ungleiche Einkommen eines Elternpaares beschloss der Ständerat, dass kinderbezogene Abzüge von einem auf den andern Elternteil übertragbar sein sollen. Geschehen soll dies im Umfang des Betrages, den ein Elternteil von den Steuern nicht abziehen kann. Ob die Eltern verheiratet sind oder nicht, spielt keine Rolle. Um die Auswirkungen auf den Haushalt abzufedern, erhöhte der Ständerat den Kinderabzug weniger stark als dies Bundesrat und Nationalrat wollen. Von 6800 Franken soll er lediglich auf 10'700 statt auf 12'000 Franken angehoben werden. Eine Minderheit um Eva Herzog (SP/BS) wehrte sich vergeblich dagegen. Die Erwerbsanreize würden mit der Übertragung teilweise rückgängig gemacht und der Ist-Zustand zementiert, sagte sie. Nun hat der Nationalrat darüber zu entscheiden. Der Ständerat setzt die Detailberatung am kommenden Montag fort. Danach ist der Nationalrat wieder an der Reihe.

      Weiterlesen - SRF 4 News, 4.3.2025, 14 Uhr ; 

      Memes sind lustig – aber auch legal? Sogar Kinder können rechtlich belangt werden

      Ein Jugendlicher erstellt ein Meme mit dem offiziellen Schulporträt seiner Lehrperson. Ist das noch lustig oder schon illegal? Expertinnen und Experten über rechtliche und gesellschaftliche Konsequenzen, und die Verantwortung der Eltern.

      Selbst erstellte Memes und GIFs – also Bilder oder Videos, die aus dem ursprünglichen Zusammenhang gerissen und mit humoristischem Inhalt versehen wurden – haben in den vergangenen Jahren die Kommunikation grundlegend geprägt. Besonders die jüngere Generation verwendet sie gerne. Nach dem Motto «Ein Bild sagt mehr als tausend Worte» kommen sie in Chats und Kommentarspalten zum Einsatz – und ersetzen oft auf humorvolle Weise eine eloquente Stellungnahme.

      Ist das Erstellen von Memes illegal?

      Eine kreative Spielerei? Auf jeden Fall! Aber keine harmlose. Wer selbst Memes erstellt, riskiert, Rechtsverletzungen zu begehen und Mobbing zu fördern. Je nach Art und Verwendung tangiert dies das Urheberrecht, das Persönlichkeitsrecht oder den Datenschutz – etwa, wenn geschützte Inhalte wie Filmausschnitte oder Fotos von Personen ohne deren Zustimmung zum Einsatz kommen.

      Wem gehören Bilder aus dem Internet?

      Erstellen Jugendliche zum Beispiel Memes von ihren Lehrpersonen, greifen sie oft auf Bilder zurück, die auf der Schulhomepage sichtbar sind. Jedes Foto im Web lässt sich durch Herunterladen oder Screenshots einfach weiterverwenden. Doch auch wenn ein Bild bereits im Internet auffindbar ist, bedeutet das nicht, dass es frei verwendet werden darf. Hier greift der Persönlichkeitsschutz, erklärt Lulzana Musliu von Pro Juventute. «Jede Person hat das Recht am eigenen Bild, sowie das Recht auf Achtung der Würde und Schutz der Privatsphäre. Dies gilt auch für Kinder und Lehrpersonen.» Werden Bilder ohne Zustimmung der abgebildeten Personen verwendet oder verändert, können diese rechtlich dagegen vorgehen.

      Problematische Memes: nicht einfach ein Spass

      Grundsätzlich gelten Kinder in der Schweiz ab etwa zehn Jahren als urteilsfähig. Das bedeutet, dass sie ab diesem Alter für ihre Handlungen strafrechtlich zur Rechenschaft gezogen werden können. Spätestens dann sollten Eltern ihre Kinder darüber aufgeklärt haben, dass das Erstellen von Memes auch rechtliche Konsequenzen haben kann. Genauso wie das Weiterverbreiten solcher Inhalte. «Das ist nicht einfach ein Spass. Wer ein Meme teilt, das Rechte verletzt, kann sich strafbar machen», sagt Musliu.

      Wem gehört dieses Foto?

      Bei Fotos prallen verschiedene Rechte aufeinander. «Die Fotografin oder der Fotograf haben das Urheberrecht an einer Aufnahme. Ist darauf eine Person abgebildet, spielt auch das Persönlichkeitsrecht dieser Person hinein. Dann darf diese Person mitentscheiden, wie die Aufnahme verwendet wird», erklärt Sabrina Konrad, vom Eidgenössischen Institut für Geistiges Eigentum. «Da bei der Erstellung von Memes somit verschiedene Rechte betroffen sein können und unter Umständen verletzt werden, sollte man sehr vorsichtig sein.» Das IGE als Kompetenzzentrum des Bundes stellt online Infos bereit und bietet auf Anfrage auch Kurse an Schulen an. «Privatpersonen dürfen bei uns auch gerne anrufen und einfach nachfragen, wenn sie bezüglich der Verwendung von Bildmaterial nicht sicher sind. Wir helfen gerne.» Das Contact Center ist unter der Telefonnummer 031 377 77 77 erreichbar. Selbst wenn ein selbst erstelltes GIF oder Meme nur im privaten Kreis geteilt wird, bleibt es schwierig, da sich eine digitale Verbreitung unkontrolliert entwickeln kann. «Besonders problematisch ist es, wenn Personen oder Personengruppen in Memes oder GIFs abgewertet, blossgestellt oder beleidigt werden», warnt Lulzana Musliu. Solche Fälle haben nicht nur rechtliche Folgen, sondern führen auch zu schweren psychischen und sozialen Belastungen – ein klarer Fall von Cybermobbing, das auch auf gesellschaftlicher Ebene Spuren hinterlässt.

      Was Eltern tun können, damit es nicht so weit kommt

      Fabian Ilg, Geschäftsleiter der Schweizer Kriminalprävention, betont, dass die Hauptverantwortung für die Medienerziehung im Elternhaus liegt. Zwar behandeln Schulen in der Regel altersgerechte Inhalte im Unterricht, doch dem Elternhaus kommt eine Schlüsselrolle zu. «Es geht darum, die eigenen Kinder mit der sicheren Nutzung vertraut zu machen, damit Jugendliche die nötige Medienkompetenz entwickeln können», sagt Ilg. Dazu gehöre auch, regelmässig mit den Kindern über die Gefahren im Umgang mit dem Smartphone zu sprechen und die Nutzung allenfalls durch technische Schutzmöglichkeiten einzuschränken. Dem stimmt Luzlana Musliu zu. Eltern sollten ihre Kinder sensibilisieren, indem sie erklären, dass es grundsätzlich die Zustimmung der abgebildeten Person braucht, bevor ein Bild online gepostet oder weitergeleitet wird. «Wichtig ist auch, dass Eltern mit gutem Vorbild vorangehen und ebenfalls das Einverständnis des Kindes einholen, wenn sie ein Bild des Sohnes oder der Tochter verschicken oder posten möchten.»

      Weiterlesen - ein Beitrag von Sylvie Kempa (Service-Team) publiziert am 4. März 2025 auf schweizer-illustrierte.ch




      «Fertility Benefits» - Unternehmen mischen sich immer mehr bei Kinderwünschen ein

      Wann und wie Angestellte Kinder bekommen, wird in der Schweiz zunehmend auch Sache der Firmen. Mit finanziellen Angeboten versuchen sie mitzureden. Unternehmen in der Schweiz bieten zunehmend finanzielle Unterstützung für Fortpflanzungsmedizin an. Firmen wie Salesforce und Merck übernehmen Kosten für In-vitro-Fertilisation und Social Egg Freezing. diese Angebote sollen Mitarbeitende bei der Familienplanung unterstützen, stossen aber auch auf Kritik.

      Für diejenigen, die Kinder haben wollen, kann der Zeitpunkt entscheidend sein. Ob Karriere oder Lebensgestaltung, viele haben den Wunsch, erst später im Leben Kinder zu bekommen. Und immer mehr spielt dabei in der Schweiz auch der Arbeitgeber eine Rolle. In den USA ist dies bereits gang und gäbe. Dort bieten rund 40 Prozent der Firmen ihren Mitarbeitenden die Möglichkeit, die Kosten für In-vitro-Fertilisation oder Social Egg Freezing beim Unternehmen geltend zu machen. Zu den Firmen gehören etwa Meta und Apple, Google und McKinsey.

      Immer mehr Unternehmen steigen ein

      20 Minuten berichtete im Sommer 2023 bereits über das Thema. Zu diesem Zeitpunkt war die US-amerikanische Softwarefirma Salesforce hierzulande aber noch praktisch die einzige mit solchen Angeboten. Heute sieht das bereits anders. So startete etwa die deutsche Tech-Firma Merck im Oktober des gleichen Jahres ein ähnliches Angebot. Seitdem sind noch mehr dazu gekommen. «Kinderwunsch und Familienplanung sind sehr persönliche Themen, die jedoch immer stärker in den Fokus rücken», erklärt Dirk Wallmeier von der Kinderwunschklinik Cada. «Wir beobachten eine steigende Nachfrage nach assistierter Reproduktionsmedizin – und zugleich eine gesellschaftliche Entwicklung, die Unternehmen dazu bewegt, ihre Mitarbeitenden in dieser Lebensphase zu unterstützen.»

      Umstrittenes Thema

      Dass sich die Unternehmen in die Fortpflanzung ihrer Angestellten einmischen, löst gemischte Gefühle aus. Gegenüber 20 Minuten berichtete vor zwei Jahren etwa Gabriela (36) von positiven Erfahrungen. «Läuft meine biologische Uhr ab, habe ich ein Ass im Ärmel», meinte sie. Bezahlt hat das «Egg Freezing» ihr Arbeitgeber, die Salesforce Switzerland. Doch die Rolle der Unternehmen wird nicht nur positiv gesehen. Elisabeth Ehrensperger, Ethikerin und Geschäftsführerin von TA-SWISS, Stiftung für Technologiefolgen-Abschätzung, sagte etwa damals: «Es ist verlogen von Firmen, jungen Müttern ein Social Egg Freezing zu bezahlen, anstatt ihnen die Möglichkeit zu bieten, Karriere und Familienplanung miteinander zu vereinen.»

      Auch politisch in der Diskussion

      Das Thema Familienplanung wird aber nicht nur bei Unternehmen, sondern auch in der Politik offen behandelt: Familienmodelle, Werte und Ansprüche verändern sich. Erst Ende Januar erlaubte der Bundesrat die Eizellenspende und hat auch unverheirateten Paaren Zugang zur Fortpflanzungsmedizin ermöglicht. Gleichzeitig werde die medizinische Unterstützung bei unerfülltem Kinderwunsch immer wichtiger: Jedes fünfte Paar in der Schweiz hat Schwierigkeiten, ein Kind zu bekommen, sagt Wallmeier von Cada. «Das liegt unter anderem am steigenden Alter: Heute bekommt ein Drittel der Menschen ihr erstes Kind nach dem 35. Lebensjahr.»

      Das ist Egg Freezing

      Das Einfrieren der Eizellen verlängert die Fruchtbarkeit der Frau und ermöglicht eine Schwangerschaft im hohen Alter. Mittels einer Hormontherapie findet eine Stimulationsphase statt, in der die Eizellproduktion unter Einsatz spezifischer Medikamente angeregt wird. Das Ziel der Stimulationsphase ist die Gewinnung möglichst vieler Eizellen für die Einfrierung und Konservierung. Innert zehn Jahren kann die Eizelle aufgetaut, künstlich befruchtet und der Frau wieder implantiert werden.

      Weiterlesen - ein Beitrag von Jan Janssen erschienen am 03.03.2025 auf 20min.ch

      Aktionstag «Equal Care Day» - Wer pflegt, droht selbst daran zu zerbrechen

      Kaum etwas ist so systemrelevant und dennoch so unsichtbar wie Care-Arbeit. Rund 600'000 Menschen pflegen in der Schweiz ihre Nächsten. Wie ergeht es jemandem mit dieser Doppelbelastung?

      «Ich erschrak, als ich die ausgezehrten und erschöpften Gesichter anderer Angehöriger sah», erzählt Lisa Bachofen. «Warum sind diese Menschen so müde?», dachte sie sich. Das war, als sie sich an eine Selbsthilfegruppe wandte für Angehörige von Menschen mit psychischer Erkrankung. Heute ist sie Präsidentin dieses Vereins, VASK Bern. Lisa Bachofen hat jahrelang ihre psychisch erkrankte Tochter betreut. Heute coacht sie Angehörige.

      Was Lisa Bachofen leistet, ist Care-Arbeit. Fürsorgearbeit zu Deutsch. Ein sehr grosses Feld: Care-Arbeit kann die Tochter sein, die den demenzkranken Vater zu Hause pflegt. Der Vater, der das Mittagessen kocht. Die Kita-Betreuerin, die das Baby tröstet.

      Viel Verantwortung, wenig Wertschätzung

      Obwohl Care-Arbeit ein wichtiger Pfeiler unserer Gesellschaft ist, wird sie noch immer zu wenig wertgeschätzt, sagen die Initianten des Aktionstages «Equal Care Day». Der Protesttag wurde vor knapp zehn Jahren von einem deutschen Ehepaar ins Leben gerufen. Mittlerweile wird er von einem Verein organisiert. Der 29. Februar ist bewusst gewählt. Ein Tag, der oft übergangen wird – wie die Care-Arbeit. Unsichtbare Arbeit soll sichtbar gemacht werden. Und: Als Arbeit wahrgenommen werden.

      Care-Arbeit ist nach wie vor weiblich

      Dazu kommt, dass diese Arbeit noch immer nicht auf gleichen Schultern verteilt ist. In der Schweiz leisten Frauen mehr als 60 Prozent der unbezahlten Care-Arbeit. Um sich um pflegebedürftige Angehörige und Kinder zu kümmern, reduzieren viele das Pensum oder bleiben ganz zu Hause. Das führt zu Einbussen im Lohn, der Karriere und der Rente.

      Belastung im Doppelpack

      Private Pflege und Betreuung ist zermürbend. Neben dem Job, dem man auch noch nachzugehen hat. «Viele haben keine Zeit, sich mit ihren Bedürfnissen auseinanderzusetzen. Sie stellen ihr eigenes Leben hinten an», erzählt Bachofen. Niemand ist verpflichtet, den demenzkranken Vater zu pflegen, lautet ein gängiger Einwand. Die Realität sieht oft anders aus: Das Geld für die institutionelle Pflege fehlt, Heime sind überlastet. «Oder die Pflegebedürftigen lehnen externe Hilfe ab», ergänzt Lisa Bachofen. Übrig bleiben die engsten Familienmitglieder. Die privaten Betreuer und Pflegerinnen entlasten das Gesundheitssystem – auf Kosten von sich selbst. «Viele pflegende Angehörige erzählen, wie einsam und isoliert sie sich fühlen.» Im Umfeld können wenige die Doppelbelastung verstehen. Die grösste Gefahr? Dass Angehörige unter der Last selbst erkranken. Deshalb engagiert sich Lisa Bachofen in der Angehörigenarbeit. «Es kann nicht sein, dass wir wegen Erschöpfung selbst zu Patientinnen werden».

      Grund zur Hoffnung

      Auch Lisa Bachofen musste Massnahmen ergreifen. Sie hat ihren Job früher als geplant aufgegeben. «Meine Pension hatte ich mir anders vorgestellt.» Ihre Beziehung zu ihrer Tochter sei enger geworden, sagt Bachofen. Heute ist ihre Tochter zufrieden, relativ selbstständig. Dennoch wird sie vermutlich nie wieder einen Job ausüben können. Missstände gäbe es noch immer, aber auch Grund zur Hoffnung: «Menschen, die sich um pflegebedürftige Angehörige kümmern, sind zum Thema geworden.» Seit ein paar Jahren gibt es Möglichkeiten, dass pflegende Angehörige teilweise bezahlt werden. «Diese ersten Anstellungen sind ermutigend. Es ändert sich etwas», so Bachofen.

      Care-Arbeit: Wer putzt, kocht und pflegt?

      Care-Arbeit umfasst Kinderbetreuung, Alten- und Krankenpflege, Unterstützung von Menschen mit Behinderung, Arbeit in Familie und Haushalt. Sie lässt sie sich in zwei Bereiche unterteilen. Es gibt bezahlte Care-Arbeit: etwa in Berufen wie die der Krankenpflegerin oder Kleinkinderzieherin. Traditionell schlecht bezahlte Metiers. Die unbezahlte Care-Arbeit wird zu Hause – meist von Familienmitgliedern – verrichtet. In der Schweiz übernehmen Frauen mehr als 60 Prozent dieser unbezahlten Arbeit.Gemäss Bundesamt für Statistik entsprach die unbezahlte Care-Arbeit im Jahr 2020 einem Wert von mehr als 430 Millionen Franken.  

      Finanzielle Hilfe für pflegende Angehörige

      Seit einem Bundesgerichtsurteil (2019) ist es möglich, dass Angehörige für die Grundpflege ihrer Nächsten bezahlt werden. Sie können sich neu von einer Spitex-Organisation anstellen lassen und werden dort behandelt wie betriebseigene Angestellte und auch gleich entlöhnt. Sie haben damit auch administrative Pflichten, zum Beispiel das tägliche Ausfüllen eines Rapports, der den Verlauf dokumentiert. Abgerechnet werden können auch nur Leistungen der Grundpflege. Dazu gehören die Körperpflege, das Aufstehen oder Anziehen, die Hilfe beim Essen und Trinken.

      Weiterlesen - ein Beitrag von Mara Schwab - Radio SRF 4 News, Regionaljournal AG, 27.2.25 17:30 Uhr 

      Schweizer Angestellte fehlen immer öfter – das sind die Gründe

      Vier von zehn Unternehmen sind von Langzeitabwesenheiten betroffen. Das zeigt eine neue Studie, die CH Media vorliegt. In einer Branche ist das Problem besonders akut – und bei diesem Thema sind Angestellte im Vorteil.

      Kaum ein Begriff dominiert die Berichterstattung zu den Problemen von Unternehmen so stark wie der Fachkräftemangel. In den vergangenen zwölf Monaten wurde das Wort in Schweizer Medien über 13'000-mal verwendet, wie Zahlen der Mediendatenbank SMD belegen. Doch wie gross ist das Problem wirklich? Diese Frage beantwortet eine neue Studie des Instituts Sotomo im Auftrag von Swissstaffing, dem Verband der Schweizer Personaldienstleister.

      An der Umfrage beteiligten sich 509 Unternehmen. Laut dem Institut sind die Ergebnisse repräsentativ für Firmen mit mindestens fünf Beschäftigten. Der Personalbereich stellt demnach die grösste Herausforderung für Schweizer Firmen dar, noch vor den gestiegenen Preisen und der Konkurrenzsituation. Für 39 Prozent der Firmen ist der Zugang zu qualifizierten Fachkräften eine der grössten Herausforderungen, für 18 Prozent sind Personalausfälle ein bedeutendes Problem.

      In den vergangenen Jahren hätten 78 Prozent der Firmen teilweise Mühe bekundet, Stellen zu besetzen, weil sie nicht die richtigen Arbeitskräfte fanden. Dieser Mangel betraf laut den Aussagen der Firmen mehrheitlich Fachkräfte mit Berufserfahrung.

      Akutes Problem im Gesundheitswesen

      Zum Fachkräftemangel gesellen sich nun auch noch längere Absenzen des Personals hinzu, das schon beschäftigt ist. Vier von zehn Unternehmen sind laut der Sotomo-Studie stark oder eher stark von Langzeitabwesenheiten betroffen.

      Die Gründe für solche Absenzen sind vielfältig: 24 Prozent der Firmen geben an, stark von Ausfällen aufgrund von psychischen Erkrankungen betroffen zu sein, 22 Prozent haben Probleme wegen längerer Absenzen wegen physischen Erkrankungen oder Unfällen. Jedes fünfte Unternehmen gibt zudem an, dass es «stark» oder «eher stark» von längeren Absenzen aufgrund von Elternschaftsurlauben betroffen sei. Die Schweiz kennt zwar keinen Elternschaftsurlaub über das gesetzliche Minimum von 14 Wochen für Mütter und zwei Wochen für Väter hinaus, Angestellte scheinen aber auf eigene Kosten mehr Zeit investieren zu wollen.

      Besonders in Betrieben im Gesundheits- und Sozialwesen sind die Ausfälle auffällig. Diese geben überdurchschnittlich oft an, von längeren Absenzen wegen physischen und psychischen Erkrankungen sowie Unfällen betroffen zu sein. «Dies könnte darauf zurückzuführen sein, dass Berufe in diesen Bereichen oft sowohl psychisch belastend als auch im Vergleich zu anderen Dienstleistungsberufen körperlich anspruchsvoller sind, beispielsweise in der Krankenpflege», heisst es in der Studie.

      Über alle Branchen hinweg zeigt sich der vermehrte Wunsch von Angestellten, längere Pausen einzulegen. Vier von zehn Unternehmen geben laut der Umfrage an, dass ihre Mitarbeitenden höhere Ansprüche auf längere unbezahlte Urlaube hätten als noch vor ein paar Jahren.

      Gerade wegen des Fachkräftemangels könnten Angestellte Ansprüche auf Flexibilität besser geltend machen, weil sie in einer besseren Verhandlungsposition seien, heisst es in der Studie. Für sie ist die Situation also vorteilhaft. Für Unternehmen bedeute die Entwicklung jedoch eine «zusätzliche Herausforderung beim sowieso schon schwierigen Personalmanagement». (aargauerzeitung.ch)

      Weiterlesen - ein Beitrag von Stefan Ehrbar / ch media erschienen am 27.02.25 auf watson.ch