Die Ferienzeit naht. Für viele ist es der ideale Zeitpunkt, sich endlich wieder einmal in ein gutes Buch zu vertiefen – am Strand, in den Bergen oder zuhause im Garten. Wenn Du auf der Suche nach einem guten Sachbuch bist, dann kann ich Dir die Lektüre «Familienpolitik in der Schweiz» von Philippe Gnaegi und Co-Autorin Nadine Hoch wärmstens empfehlen. Warum lege ich Dir ein 400-seitiges Werk über das Konzept der Familien ans Herzen, das sich im Laufe der Zeit unter dem Einfluss der Gleichstellung der Geschlechter, den neuen Bedürfnissen des Arbeitsmarktes und der individuellen Selbstverwirklichung laufend verändert hat? Weil das Thema hochaktuell ist. Es geht um veränderte Familienmodelle, um Unterbrüche in Berufslaufbahnen, Fachkräfteknappheit und Anforderungen an den modernen Arbeitgeber. Das Buch hat mich inspiriert, viele Erkenntnisse aus meinem Alltag bestätigt, neue Aspekte beleuchtet und mich zum Nachdenken angeregt.
Gnaegi, Dozent an den Universitäten Freiburg und Neuenburg, und Hoch, Geschäftsleiterin der Eidgenössischen Kommission für Familienfragen, zeigen, wie sich bezüglich Familie sowie Gleichstellung von Mann und Frau über die vergangenen Jahrzehnte vieles entwickelt hat. Zentral war hierbei stets das Ineinandergreifen von Familie, Behörde und Arbeitgebern. Auch die Integration der Frauen am Arbeitsmarkt hat in diesem Zeitraum einen gewaltigen Sprung nach vorne gemacht. Es hat lange Zeit gedauert. Doch in den zurückliegenden Jahren sind auf dem Weg zu einer ausgewogeneren Geschlechterdurchmischung auch in den Führungsgremien grosse Fortschritte erzielt worden. Für Arbeitgeber ist es an der Zeit, einen weiteren Schritt nach vorne zu machen.
Arbeitgeber sind stark gefordert, was ich auch in meinem beruflichen Alltag spüre. Fachkräfte sind rar, und die Rekrutierung sowie das Halten von Toptalenten wird zusehends zu einer Herausforderung. Die Ansprüche an die Arbeitgeber haben zugenommen: Oftmals geht es dabei um die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Sie ist im 21. Jahrhundert längst nicht mehr nur ein legitimer Wunsch von Müttern. Auch Väter streben vermehrt danach, Familienpflichten wahrzunehmen. Und es ist nicht nur das Vor- und Grundschulalter, also eine vergleichsweise kurze Zeitspanne, während der Frauen und Männer auf flexible Arbeitsmodelle angewiesen sind. Auch vorher und nachher ist der Wunsch nach individualisierten Anstellungsbedingungen gross – sei es, weil eine Weiterbildung ansteht, man sich einen lange gehegten Traum erfüllen möchte und dafür mehr Freizeit benötigt oder die Eltern Pflege bedürfen.
Die heutige Familie besteht aus mehreren Generationen, manchmal vier oder mehr, schreiben die beiden Autoren. Betreuende Angehörige erbringen hierbei Pflege- und Betreuungsleistungen, die Milliarden von Franken kosten. Die Gesellschaft der Mehrgenerationen ist eine Herausforderung, der sich auch Unternehmen nicht entziehen können. Gefragt sind Rahmenbedingungen, die es unter anderem auch erleichtern, dass betreuende Angehörige Leistungen innerhalb der Familien erbringen.
Die Generallösung, «one size fits all», gibt es hierbei nicht. Die individuellen Vorstellungen, Bedürfnisse und betrieblichen Möglichkeiten gehen weit auseinander. Stichworte sind Teilzeit-Pensen, Elternzeit, Jobsharing, Home-Office, Sabbatical, flexible Jahresarbeitszeit oder Freitage zur Betreuung von Angehörigen. Eine Kosten-Nutzen-Analyse zeigt, dass betriebliche Massnahmen zugunsten von Beschäftigten mit oder auch ohne Familienpflichten vor allem den Arbeitgebern einen grossen Nutzen bringen. Sie sind zugleich unabdingbar, um für Arbeitskräfte attraktiv zu bleiben und im Wettkampf um Talente zu bestehen.
Gnaegi und Hoch haben ein Buch geschrieben, das mit seiner Aufarbeitung der Schweizer Familienpolitik, ein hochrelevantes Thema beleuchtet. Familie ist durch Familienvielfalt abgelöst worden, lautet hierbei ihre Konklusion. Aufgelöst hat sie sich jedoch nicht. Denn auch heute noch erfüllt die Familie eine wesentliche soziale und wirtschaftliche Funktion. Sie leiste einen grundlegenden Beitrag zur Absicherung jedes einzelnen Mitglieds, sind auch die Autoren überzeugt. Ähnlich bedeutsam und vielfältig sind auch die Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt: Ein Business-Titel, den ich Dir als Sommer-Lektüre ans Herz lege.
Ich wünsche erholsame Sommertage und eine inspirierende Lektüre,
Guido Schilling - Managing Partner schilling partners ag
Ab Freitag, 1. Juli, gibt es in der Schweiz die Ehe für alle. Auch homosexuelle Paare können nun heiraten – mit allen Rechten und Pflichten, die auch heterosexuelle Ehepaare haben. Blick zeigt die wichtigsten Änderungen.
Endlich! Für viele Schwule und Lesben beginnt am 1. Juli ein neuer Lebensabschnitt: Nun dürfen auch sie heiraten und gelten vor dem Gesetz als Eheleute. Bisher konnten sie nur eine eingetragene Partnerschaft eingehen. Die Ehe bedeutet auch zusätzliche Rechte und Pflichten. Das sind die wichtigsten Änderungen:
Unterschied bei
Eingetragene Partnerschaft
Ehe
Zivilstand
In eingetragener Partnerschaft
Verheiratet
Ordentl. Güterstand
Gütertrennung
Errungenschaftsbeteiligung
Gemeinsame Adoption
Verboten
Erlaubt
Co-Elternschaft ab Geburt
Nicht möglich
Für Mutter und Co-Mutter
Witwen-/Witwerrenten
nur Witwerrente
Für Frauen Witwenrente, für Männer Witwerrente
Einbürgerung
Ordentlich
Erleichtert
Zivilstand: Während bis jetzt im Pass «in eingetragener Partnerschaft» vermerkt wurde, steht nun «verheiratet». «Das kann insbesondere bei Reisen in weniger fortschrittliche Länder ein Vorteil sein», sagt Karin von Flüe (59). Die Rechtsanwältin arbeitet als Beraterin und Redaktorin beim «Beobachter» und hat gerade einen Leitfaden zur Ehe mit besonderer Berücksichtigung auf gleichgeschlechtliche Paare geschrieben. «Denn mit ‹eingetragene Partnerschaft› war auf den ersten Blick klar, dass man homosexuell ist.»
Güterstand: Bei eingetragenen Partnerschaften gilt Gütertrennung. Das heisst: Jeder hat sein Vermögen. Als Eheleute ist jetzt der normale Güterstand die Errungenschaftsbeteiligung. Was während der Dauer der Ehe aus Einkommen erspart wird, gehört beiden. «Bedeutsam wird das allerdings nur im Fall einer Scheidung», so von Flüe. «Dann wird aufgeteilt.» Sie rät: «Wer das nicht will, muss in einem Ehevertrag weiterhin die Gütertrennung festlegen.»
Adoption: Eheleute dürfen gemeinsam adoptieren – gelten dann also beide als Eltern. Bei eingetragenen Partnerschaften ist das nicht möglich. Für gleichgeschlechtliche Paare war bis anhin nur die Stiefkind-Adoption möglich.
Elternschaft: Bekommt das Ehepaar ein Kind, gelten lesbische Eheleute künftig beide als Eltern mit allen Rechten und Pflichten. Bei homosexuellen Männern ist das weiterhin nicht möglich, weil die Leihmutterschaft in der Schweiz verboten ist. Allerdings: Lässt ein Paar ein Kind im Ausland austragen, kann der nicht leibliche Vater dieses dann als Stiefkind adoptieren.
Witwenrente: Bislang erhielten Männer wie Frauen in eingetragener Partnerschaft nur eine Witwerrente, wenn der Partner oder die Partnerin verstarb. Auf diese hat nur Anspruch, wer Kinder unter 18 Jahren hat. Die Witwenrente hingegen erhalten heterosexuelle Ehefrauen, wenn sie Kinder – unabhängig vom Alter – haben oder älter als 45 Jahre und mindestens 5 Jahre verheiratet waren. Nun ändert sich das: Homosexuelle Ehepartnerinnen erhalten neu ebenfalls die grosszügigere Witwenrente. Schwule weiterhin nicht. «Hier besteht klar eine Diskriminierung von Männern – egal, welche sexuelle Orientierung sie haben», sagt von Flüe.
Einbürgerung: Wie bei heterosexuellen Ehepaaren kann sich der ausländische Lebenspartner jetzt erleichtert einbürgern lassen. Die erleichterte Einbürgerung ist in der Regel einfacher und günstiger als die ordentliche.
Die Ehe kostet 75 Franken
Und was, wenn ein Paar, das bisher in einer eingetragenen Partnerschaft lebt, nun die Ehe eingehen will? «Man kann die Partnerschaft einfach in eine Ehe umschreiben lassen», sagt von Flüe. Dazu muss man sich beim Zivilstandsamt melden. Die Kosten für die Umschreibung betragen 75 Franken. Als verheiratet gilt man dann ab dem Tag der Umschreibung. «Wer aber eine Hochzeitszeremonie will, kann die ebenfalls nachholen und ganz einfach einen Termin auf dem Zivilstandsamt machen», so die Expertin.
Weiterlesen - ein Beitrag erschienen am 01.07.2022 auf www.blick.ch
Gemäss einer neuen Studie befürworten auch immer mehr KMU die Viertagewoche. Was macht deren Beliebtheit aus?
Der Gastronomie fehlt das Personal, tausende von Stellen sind offen. Die Gäste wären da, doch die Restaurants können nicht das volle Angebot machen. Auch in anderen Branchen fehlen aktuell unzählige Fachkräfte. Als Massnahme gegen den Fachkräftemangel wird in verschiedenen Ländern vermehrt eine Viertagewoche eingeführt. Nun zeigt eine neue Studie der AXA, dass sich die Viertagewoche auch bei Schweizer-KMU immer grösserer Beliebtheit erfreut. 10 Prozent der KMU würden einer Einführung einer Viertagewoche stark zustimmen, 28 Prozent würden eher zustimmen. Insgesamt stehen also 38 Prozent der befragten KMU einer Viertagewoche positiv gegenüber, bei den grossen sind es sogar 43 Prozent. 236 KMU wurden befragt.
Ein Betrieb, welcher die Viertagewoche bereits umgesetzt hat, ist das Hotel Hirschen in Langnau. Das Team arbeitet 10.5 Stunden am Tag. Die Arbeitswoche dauert hier aber nur 4 Tage. Das Modell kommt gut an. «Bei mir ist es so aufgeteilt, dass ich Sonntag und Montag freihabe. Einen Tag in der Woche ist ebenfalls arbeitsfrei, da schaue ich für das Kind. Für mich passt es so», sagt Chefkoch Nuno Vaz. Die gleiche Arbeitszeit verteilt auf einen Tag weniger: Für den gelernten Koch und Geschäftsführer Kevin Weyermann ist die Viertagewoche immer schon ein Wunschmodell gewesen. «Wir wollten unseren Betrieb für die Arbeitnehmenden attraktiver machen. Zusammen sind wir dann auf die Viertagewoche gekommen.»
Frage der Vereinbarkeit?
Obwohl jetzt täglich 10.5 Stunden gearbeitet werden muss, scheint der Beruf attraktiver zu sein. «Wir haben eine Stelle gesucht, welche wir schnell wieder mit einer sehr guten Fachkraft besetzen konnten.» Die Viertagewoche ohne Arbeitszeitverkürzung beim Hotel geht auf, weil neuerdings die sogenannte Zimmerstunde am Nachmittag wegfällt. 3 Stunden, die für Vorbereitungsarbeiten genutzt werden können und sonst oft verlorene Zeit waren, wie Vaz erklärt. Dem Arbeitsmodell skeptisch gegenüber ist Johann Weichbrodt. Der Organisationspsychologe forscht seit 10 Jahren zu flexiblen Arbeitsmodellen. «Zum einen ist aus vielen Studien bekannt, dass ab der 9. Stunde Arbeitszeit pro Tag Fehler häufiger werden und mehr Unfälle produziert werden.» Ein zweites Problem sehe er bei der Frage der Vereinbarkeit: «Ein solches Modell funktioniert nur, wenn jemand anders zu Hause die Arbeit macht. Meistens ist es dann die Frau, welche daheim alles auffängt. Meine Befürchtung wäre, dass die klassische Rollenverteilung mit diesem Modell zementiert wird.»
Ebenfalls die Viertagewoche eingeführt, aber mit Arbeitszeitverkürzung, hat das 25hours-Hotels in Zürich. Bereits die Hälfte der 160 Angestellten arbeiten im neuen Modell. «Vorher hat man theoretisch 42 Stunden in der Woche gearbeitet, nun arbeiten wir 37.5», erklärt Senior Bartender Julian Ritter. Das Personal freut sich, und auch für den Hoteldirektor geht die Rechnung auf, obwohl die Personalkosten jetzt höher sind. Die Viertagewoche in der Hotelkette wurde aus der Not geboren, aus Personalnot. «Wir können nicht alle Zimmer verkaufen, uns geht Umsatz verloren. Als Arbeitgeber müssen wir attraktiver werden, darum haben wir die 4-Tage-Woche gewählt.»Der Branchenverband Gastrosuisse empfiehlt seinen Betrieben, neue Arbeitszeitmodelle zu prüfen. Es gebe aber keine Patentlösung. Im Landgasthof Hirschen jedenfalls scheint sich das Viertagewoche-Modell zu bewähren.
Weiterlesen - ein Beitrag von Benjamin Hostettler und Christian Rensch erschienen am 30.06.2022 auf www.srf.ch
Der Fachkräftemangel hat sich in der Schweiz im Zuge der Coronakrise zugespitzt. Das spüren die Arbeitgeber an vorderste Front. Sie wollen das inländische Arbeitskräftepotenzial künftig besser nutzen, etwa jenes der Frauen oder der älteren Arbeitnehmenden.
Am jährlichen Arbeitgebertag stand am Donnerstag in Bern der Mangel an gut ausgebildeten Arbeitskräften im Fokus. Dieses Problem werde sich noch verschärfen, warnte Roland Müller, Direktor des Schweizerischen Arbeitgeberverbands (SAV). Schliesslich sei aufgrund der demografischen Alterung bis 2050 mit einer Fachkräftelücke von gegen 1,3 Millionen Personen zu rechnen. Mit diesem Engpass vor Augen wollen die Arbeitgeber das Potenzial am Arbeitsmarkt künftig noch besser nutzen. Laut Müller richtet der Verband in seinen Bemühungen das Augenmerk auf die Frauen und da insbesondere auf die bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Es brauche unter anderem ein breiteres und finanziell attraktiveres Drittbetreuungsangebot sowie den Abbau von Fehlanreizen bei den Steuern.
Ein grosses Potenzial liege auch bei älteren Menschen, machte Müller klar. «Für ältere Arbeitnehmende ist es zentral, dass die Arbeitsmarktfähigkeit erhalten und gefördert wird.» Zu diesem Zweck habe der SAV das Arbeitgebernetzwerk «focus50plus» lanciert. «Die Coronakrise hat den Arbeitgebern viele Verbesserungsbereiche aufgezeigt. Diese Chance dürfen wir nicht ungenutzt lassen», sagte SAV-Präsident Valentin Vogt in seiner Rede zum Auftakt des Arbeitgebertags. Doch nun bremse mit dem Ukraine-Krieg eine neue, aus geopolitischer Sicht weit dramatischere Krise den wirtschaftlichen Aufschwung. Der Krieg sei für die Wirtschaft einschneidend, etwa im Welthandel oder in der Energieversorgung, sagte Vogt. Die von der Schweiz im Gleichschritt mit der EU ergriffenen Sanktionen gegen Russland sei das richtige Vorgehen in dieser Krise und lasse sich mit der Neutralität vereinbaren, ist er überzeugt.
Ein grosses Problem für die Menschen und die Firmen sei die stark anziehende Teuerung, auch wenn sie im Vergleich mit dem Ausland hierzulande moderater ausfalle. Die Schweizerische Nationalbank habe mit einem mutigen Schritt die Zinsen erhöht und damit den Kampf gegen die Inflation aufgenommen, lobte Vogt. Kritisch äusserte sich der SAV-Präsident dagegen zu den mit dem Inflationstrend aufgekommenen Lohnforderungen der Gewerkschaften. «Sie vergessen, dass die Nominallöhne in den letzten zehn Jahren stiegen, die Teuerung dagegen bei null oder über eine längere Phase sogar negativ war.» In seinem Tour d'Horizon zur politischen Lage in der Schweiz, forderte Vogt ausserdem einen neuen Anlauf in den Verhandlungen mit der EU, denn die steckten in einer Sackgasse. Es sei zu hoffen, dass der Bundesrat den bilateralen Weg mit der EU weiterentwickle und dies nicht auf nach den eidgenössischen Wahlen 2023 verschiebe. Bezüglich Altersvorsorge richtete Vogt einen Appell an das Schweizer Stimmvolk, der AHV-Reform am 25. September zuzustimmen. Nach der jahrzehntelangen politischen Blockade und mehreren gescheiterten Reformvorhaben sei die Abstimmung von grosser Wichtigkeit für die Stabilität des Vorsorgesystems, so Vogt. Die Reform beinhaltet die Angleichung des Frauenrentenalters an jenes der Männer auf 65 Jahre und höhere Mehrwertsteuerbeiträge. Die Erhöhung des Rentenalters stelle für die Frauen finanziell in praktisch allen Fällen eine Verbesserung dar, erklärte Vogt. Denn es erhöhten sich nicht nur die Beiträge an die AHV, sondern auch jene in die berufliche Vorsorge. Diesem Punkt werde zu wenig Beachtung geschenkt. Es brauche auch eine Flexibilisierung des Rentenalters. «Langfristig führt aber kein Weg an einer Diskussion über eine generelle Erhöhung des Rentenalters vorbei», ist Vogt überzeugt.
Weiterlesen - ein Beitrag von SDA erschienen am 03.06.2022 auf www.nau.ch
Eine gute Work-Life-Balance wird in Zeiten der Digitalisierung immer wichtiger. Welche Branchen einen guten Ausgleich ermöglichen.
Schweizerinnen und Schweizer legen immer mehr Wert darauf, ihr Berufs- und Privatleben in Einklang zu bringen. Der Wunsch nach einem besseren Gleichgewicht war in der Pandemie der häufigste Grund für einen Stellenwechsel. New Work, die Betreiberin der Arbeitgeberbewertungsplattform Kununu, geht in einer aktuellen Studie nun der Frage nach, in welchen Branchen sich Beruf und Privatleben am besten in Einklang bringen lassen. Für die Studie wurden Bewertungen ehemaliger und aktueller Arbeitnehmer auf Kununu ausgewertet. In der Schweiz gibt es laut Angaben des Unternehmens bereits 450'000 «authentische» Arbeitgeberbewertungen.
Diese Branchen sind überall Spitze
Das Resultat: Die Internet-, IT- und Beratungsbranchen stehen zuoberst auf der Liste. In diesen drei Branchen sollen Arbeitnehmer in der Schweiz den besten Ausgleich finden. «Sie drei belegen auch punkto Arbeitsatmosphäre sowie beim Lohn und den Sozialleistungen die Spitzenplätze», heisst es in der Mitteilung. Bei manchen Branchen mit hoher Work-Life-Balance müssen Arbeitnehmende Abstriche in anderen Bereichen in Kauf nehmen. So bietet die Bildungsbranche wohl ein gutes Gleichgewicht zwischen Beruf und Privatleben, schafft es aber punkto Gehalt und Sozialleistungen nicht in die vorderen Ränge. (nim)
Top-10 der Schweizer Branchen in Sachen Work-Life-Balance
Laut einer neuen Studie wird rund die Hälfte der Kinder in Deutschland von den Großeltern mitbetreut – obwohl es immer mehr Plätze in Ganztagsschulen und Kitas gibt. Die Familienpolitik muss endlich zeitgemäße Lösungen finden.
Ganztagsschulen und Kitas sollen Eltern bei der Betreuung und teilweise auch Erziehung ihrer Kinder entlasten. Das ist notwendig, denn klassische Familienstrukturen, in denen die Mutter sich zuhause um den Nachwuchs kümmert und der Vater arbeitet, sind längst überholt. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes arbeiten in Deutschland inzwischen über 74 Prozent der Mütter. Zunehmend emanzipieren sich Frauen in der Arbeitswelt, verfolgen eigene berufliche Ziele.
Gleichzeitig können es sich immer weniger Familien leisten, dass nur ein Elternteil arbeitet. Sie sind auf das zweite Gehalt angewiesen und damit auf eine funktionierende Betreuungsstruktur, die Müttern und Vätern den Rücken frei hält und Zeit für wirkliche Erziehungsleistungen erlaubt. Nur so können Eltern in Vollzeit arbeiten, ohne zusätzliche Unterstützung in Anspruch nehmen zu müssen. Auf die können je nach Familiensituation oder finanzieller Lage schließlich lange nicht alle Eltern bauen.
Doch für eine umfängliche Entlastung sorgen Kitas und Ganztagsschulen nach wie vor nicht ausreichend, wie eine aktuelle Studie des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung (BiB) und des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) zeigt. Demnach spielen die Großeltern in über der Hälfte der Familien in Deutschland noch immer eine wichtige Rolle bei der Kinderbetreuung. Familienpolitisch muss hier dringend nachgebessert werden. Wenn Eltern darauf angewiesen sind, dass Oma und Opa sich um die Kinder kümmern, entsteht ein bedenkliches Abhängigkeitsverhältnis.
Nicht in jeder Familie wohnen die Großeltern in der Nachbarschaft, nicht immer ist der Familienzusammenhalt so groß, dass die Eltern fest auf die dringend notwendige Unterstützung zählen können. Gleichzeitig kommt den Großeltern hier eine Rolle zu, die sie im Zweifel gar nicht ausfüllen können oder wollen. Beispielsweise wenn Oma und Opa selbst noch berufstätig sind, oder die Gesundheit es ihnen nicht erlaubt, die quirlige Enkelin zu betreuen. Andere möchten lieber ihren wohlverdienten Ruhestand genießen, anstelle ein zweites Berufsleben als Mini-Kita-Betreuer zu beginnen. Vor allem dann, wenn sie es eher als moralische Verpflichtung empfinden.
Selbstverständlich gibt es auch viele Großeltern, die gerne möglichst viel Zeit mit der Enkelin oder dem Enkel verbringen und Spaß daran haben, sich ausgiebig um den Nachwuchs zu kümmern. Das sorgt im Seniorenalltag für Abwechslung, hält jung und ermöglicht es, selbst Einfluss auf die Erziehung der Kinder zu nehmen.
Letzteres kann aber auch problematisch sein: Im Familiengefüge kommt den Großeltern eine andere Rolle zu, Mutter und Vater können sie nicht vollständig ersetzen. Wenn sie es trotzdem versuchen, können Reibereien zwischen den Beteiligten entstehen. Jeder hat seine eigene Vorstellung von guter Erziehung. Zudem droht einer der schönsten Aspekte der Kindheit verlorenzugehen: Der Besuch bei den Großeltern ist für viele Kinder etwas Besonderes. Hier werden sie nach Strich und Faden verwöhnt, dürfen Dinge tun, die zuhause eigentlich verboten sind. Diese Sonderrolle von Oma und Opa kommt abhanden, wenn die Großeltern tagtäglich die Betreuung übernehmen müssen.
Es muss sich deswegen einiges am gegenwärtigen Betreuungssystem in Deutschland ändern. Die Großeltern dürfen nicht länger zur letzten Rettung für Eltern werden, deren Alltag eine Vollzeiterziehung des Nachwuchses unmöglich macht. Unter anderem könnte ein schnellerer Ausbau von Kitaplätzen und Ganztagsschulangeboten hier für mehr Entlastung sorgen. Zwischen 2011 und 2021 wurden in Deutschland nach Angaben des Statistischen Bundesamtes 7016 neue Kitas in Deutschland gebaut, gleichzeitig fehlte es nach einer von der „Welt am Sonntag“ zitierten Studie des Instituts der Deutschen Wirtschaft alleine im Jahr 2020 an rund 342.000 Kita-Plätzen.
Auch die Arbeitswelt muss noch familienfreundlicher werden, Eltern mehr flexible Arbeitszeiten und die Möglichkeit zum Homeoffice unproblematisch anbieten. Nur so können sich Mütter und Väter, die sich tagtäglich im Spannungsfeld zwischen Familienleben und Job bewegen, beiden Seiten wirklich gerecht werden. Eine konsequentere Aufstockung des Kindergeldes würde zudem für mehr Chancengleichheit und weitere Entlastung sorgen. Gerade vor dem Hintergrund aktueller Krisen und der damit einhergehenden Steigerung der Lebenshaltungskosten führt daran kein Weg vorbei. Besonders Familien mit geringem Einkommen brauchen diese finanzielle Sicherheit, um dem Nachwuchs eine möglichst sorgenfreie Kindheit zu ermöglichen.