«Wenn ich meinen Job verliere, steht meine Familie auf der Strasse»

Ein Bericht zur Lage der Schweizer Familien zeigt ein düsteres Bild: Viele haben Geldsorgen, müssen Abstriche machen bei den Ferien und beim Essen. Betroffene erzählen. Laut Pro Familia und der Vorsorgeversicherung Pax reicht bei fast der Hälfte der Familien das Einkommen nicht aus. Oft können kaum Bedürfnisse des täglichen Lebens erfüllt werden. Auch Mitglieder der 20-Minuten-Community erleben täglich Geldsorgen. Familien erzählen, wie ihr Alltag aussieht. 

Pro Familia und die Vorsorgeversicherung Pax haben das Schweizer Familienbarometer ins Leben gerufen. Mehr als 2000 Familien aus allen Landesteilen beantworteten vom 16. November bis zum 8. Dezember 2022 über ein Online-Panel 26 Fragen. Bei fast der Hälfte der Familien reicht das Einkommen kaum für die Bedürfnisse des täglichen Lebens aus.

Wie belastend dies für Familien sein kann, zeigt eine Umfrage in der 20-Minuten-Community. «Ende Monat sind wir im Minus», erzählt Sandra aus dem Kanton Thurgau. Die 39-Jährige arbeitet 50 Prozent, ihr Partner Vollzeit. «Für Ferien reicht es alle fünf Jahre, wenn keines unserer beiden Kinder etwas Spezielles wie eine Brille oder eine Zahnspange braucht.» Die Teuerung habe die Situation der Familie stark verschlechtert: «Früher konnten wir ab und zu am See ein Glace essen gehen, aber mittlerweile müssen wir jeden Rappen umdrehen.» Bei unerwarteten Ausgaben müsse Sandra ihren Bruder um Geld bitten: «Es ist traurig und frustrierend.»

«Mein Gehalt reicht von hinten und vorne nicht»

Neben der Teuerung machen der Familie von Patrick Lopez (53) aus dem Kanton Zürich insbesondere die Depressionen seiner Frau zu schaffen. «Sie kann deswegen nicht arbeiten und mein Brutto-Gehalt von 4600 Franken im Monat reicht von hinten und vorne nicht.» Seine zwölfjährige Tochter habe zudem eine Hörbehinderung, die Sonderkosten mit sich bringe. «Ich bin sehr gestresst, aber ich muss stark bleiben. Wenn ich meinen Job verliere, steht meine Familie auf der Strasse.»

«Wir kommen mit den Rechnungen nicht mehr nach»

Die Familie von D.G.* aus Brienz lebt am Existenzminimum. «Wir können uns weder einen Ausflug in den Zoo noch einen Restaurantbesuch leisten», sagt die 31-Jährige. Mehr als Teilzeit arbeiten könne sie nicht, da ein Kita-Platz ausserhalb der finanziellen Möglichkeiten liege. «Ich und mein Mann versuchen, unsere finanziellen Probleme von den Kindern zu verstecken. Wir wollen, dass sie so unbeschwert leben können wie möglich.» Die Familie U.* aus Schaffhausen hat vier Kinder unter zwölf Jahren. «Mir wurde vor kurzem gekündigt und wir kommen mit den Rechnungen nicht mehr nach», sagt Mutter D. U.* (31). Die Situation sei so schlimm, dass der Familie die Wohnung gekündigt wurde, weil sie die Miete nicht mehr bezahlen konnte. «Wir wissen nicht, wohin.» Sie fühle sich machtlos. «Dieses Jahr konnten wir unseren Kindern nicht mal Geburtstagsgeschenke machen.»

«Wir müssen durchhalten»

Auch die Familie von S.* (34) aus Basel muss genau auf ihre Ausgaben achten. «Ich habe viele Freunde verloren, weil ich mir soziale Anlässe wie Restaurant- und Kinobesuche nicht leisten kann.» Mit ihren Kindern rede sie offen über die finanzielle Lage. «Klar sind sie traurig, dass es nicht für einen Besuch im Europapark reicht, aber sie verstehen es.» Es sei schwierig, die ganze Woche funktionieren zu müssen: «Das Leben besteht nur aus Arbeit, aber wir müssen einfach durchhalten.»

Weiterlesen - ein Beitrag erschienen am 05.04.2023 auf www.20min.ch

 

Kinderfotos im Netz: Was gibt es zu beachten?

Bilder von Kindern in allen Lebenslagen finden sich im Netz – mit verschmiertem Gesicht oder nackt in der Badewanne. Meist geteilt von den Eltern. Kinderschutz-Organisationen warnen vor den Folgen. Bilder von Kindern in allen Lebenslagen finden sich im Netz – mit verschmiertem Gesicht oder nackt in der Badewanne. Meist geteilt von den Eltern. Kinderschutz-Organisationen warnen vor den Folgen.

Das Familienleben öffentlich machen

Manchmal landen Kinderfotos über Familien-, Papa- oder Mama-Blogs im Netz. Oder, wenn Eltern ihre Kinder zu Influencern machen. Doch auch abseits dieser Spezialfälle posten Eltern Bilder ihrer Kinder. In vielen Familien sei das Posten von Kinderfotos selbstverständlich, meint Christian Bochsler, Mediator und Mediencoach. Er berät Jugendliche sowie ihre Eltern im Umgang mit sozialen Medien: «Viele Eltern kennen heute gar keinen anderen Weg als Facebook oder Instagram, um schöne Familienmomente mit Bekannten zu teilen.» Die Risiken würden meist nicht bedacht.

Warnung von Kinderschutz-Organisationen

Unicef warnte in einem Bericht 2017 ausdrücklich vor den Gefahren durch Sharenting. Auch die Stiftung Kinderschutz Schweiz hat bereits Kampagnen durchgeführt, um auf die diversen Risiken aufmerksam zu machen. Zu diesen Risiken gehört, dass die Bilder dem Ansehen der Kinder schaden können bspw. bei der späteren Jobsuche. Sie können in falsche Hände geraten, bspw. von Pädophilen missbraucht werden. Denn grundsätzlich gilt: Ist das Foto im Netz, geht auch die Kontrolle über seine Verbreitung und Verwendung verloren. Und dann können die Bilder, speziell von peinlichen Situationen, Mobbing befeuern.

Checkliste für Eltern

Kinderschutz Schweiz hält eine Checkliste mit Fragen bereit, welche Eltern vor dem Posten eines Bildes durchspielen sollten:

  1. Habe ich das Recht oder Einverständnis, das Bild zu verwenden? Wenn Nein, sollte das Bild nicht geteilt werden. Bei kleineren Kindern müssen die Eltern abwägen, welches der richtige Entscheid im Sinne des Kindeswohls ist.
  2. Ist das Kind auf dem Bild erkennbar? Wenn Ja, sollte das Bild nicht geteilt werden.
  3. Bringe ich das Kind durch das Bild in Gefahr? (bspw. durch sichtbare persönliche Daten wie Wohnort) Wenn Ja, sollte das Bild nicht geteilt werden.
  4. Stelle ich das Kind mit dem Bild bloss? (bspw. in einer peinlichen Situation) Wenn Ja, sollte das Bild nicht geteilt werden.
  5. Zeige ich das Kind in einer intimen Situation, unbekleidet oder in verfänglicher Pose? (bspw. auf dem Klo, in Unterhose, etc.) Wenn Ja, sollte das Bild nicht geteilt werden.
  6. Würde ich dasselbe Bild von mir selbst in den sozialen Medien sehen wollen? Wenn Nein, sollte das Bild nicht geteilt werden.

Zuletzt nennt die Stiftung eine weitere Frage, welche sich Eltern vor dem Teilen von Kinderbildern gut überlegen sollten: Bringt es meinem Kind etwas, wenn ich dieses Bild teile? Oder geht es letztlich um mein eigenes Bedürfnis? Oftmals helfe auch der Vergleich mit der analogen Welt, ergänzt die auf Kindesschutz spezialisierte Juristin Rita Jedelhauser: «Eltern sollten sich fragen: Würde ich dieses Bild meines Kindes als Plakat am Zürcher Hauptbahnhof aufhängen? Und zwar für alle sichtbar, und nicht nur für ein paar Tage, sondern für immer.»

Die rechtliche Lage

Hinsichtlich Kinderfotos im Netz sind zwei rechtliche Bestimmungen relevant:

  • Recht auf Privatsphäre: Artikel 16 der UN-Kinderrechtskonvention garantiert Kindern schon ab Geburt, dass ihre Privatsphäre geschützt wird.
  • Recht am eigenen Bild: Das Recht daran, ob ein Bild geknipst oder weiterverbreitet wird, gehört einem Kind schon ab Geburt.

Die Eltern als Erziehungsberechtigte übernehmen in den ersten Jahren die Ausübung dieser Rechte, erklärt Juristin Rita Jedelhauser. Sie hat sich intensiv mit Sharenting und dessen gesetzlichen Rahmen auseinandergesetzt: «Beim Festhalten von Erinnerungen für die Familie ist das Fotografieren der Kinder wenig problematisch. Schwierig wird es, wenn ein Bild den Familienkreis verlässt.» Hier sind Eltern nicht mehr nur Schützende, sondern auch Verletzende der Rechte der Kinder. Ab einem gewissen Alter sollten Eltern ihre Kinder einbeziehen. Gesetzlich geregelt ist dieses Alter nicht. Untersuchungen lassen aber darauf schliessen, dass eine Mitsprache spätestens im Kindergartenalter wichtig wird. Jedelhauser sagt: «Ab dann haben Kinder eine neue soziale Sphäre. Und wissen selbst sehr genau, ob ihnen ein Bild von sich gefällt.»

Bleibt die Frage: Können Kinder ihre Eltern im Erwachsenenalter verklagen, wenn sie ihre Rechte verletzt sehen? Entsprechende Fälle aus der Schweiz sind Jedelhauser nicht bekannt. Sie rechnet damit, dass das Thema in den nächsten Jahren im Ausland aufkommen wird: «Ich könnte mir gut vorstellen, dass junge Erwachsene gegenüber Unternehmen wie Google das Recht auf Vergessen oder das Recht auf eine eigene Persönlichkeit im Netz einklagen.»

Weiterlesen - ein Beitrag von erschienen am 05.04.2023 auf www.srf.ch

So fühlen sich Familien in der Schweiz

Mehr als zwei Drittel der Familien in der Schweiz sehen der Zukunft pessimistisch entgegen. Sie erwarten, dass sich ihre Situation in den kommenden drei Jahren negativ entwickeln wird – vor allem mit Blick auf finanzielle Themen. Steigende Krankenkassenprämien beschäftigen die Familien am meisten, wie es im Bericht zur Umfrage «Familienbarometer 2023» heisst.

Mehr als drei Viertel (76 Prozent) der Familien in der Schweiz sind mit ihrem derzeitigen Familienleben zufrieden. Gleichzeitig rechnen aber mehr als zwei Drittel (68 Prozent) damit, dass sich die allgemeine Situation für Familien in der Schweiz über die kommenden drei Jahre verschlechtern wird. Hier einige Hauptfragen:

Finanzielle Situation: Bei vier von zehn Familien (41 Prozent) reicht das Haushaltseinkommen nur knapp für das gemeinsame Familienleben und 6 Prozent kommen mit ihrem Einkommen nicht über die Runden. Besonders hoch ist der Anteil von Familien mit knappen finanziellen Ressourcen jeweils in der italienischsprachigen Schweiz, bei Familien mit kleinen Kindern und bei Einelternfamilien.

Vereinbarkeit von Berufs- und Familienleben: Knapp zwei Drittel (64 Prozent) der Familien sind mit der Vereinbarkeit von Berufs- und Familienleben zufrieden. In der Romandie ist die Zufriedenheit etwas höher als in der übrigen Schweiz. Ebenfalls 64 Prozent der Familien sind zudem mit den von ihren Arbeitgebenden ergriffenen Massnahmen zur Förderung der Vereinbarkeit zufrieden.

Finanzielle Absicherung: In allen abgefragten Aspekten der finanziellen Absicherung und Vorsorge, von Invalidität über Arbeitsplatzverlust bis zur Pensionierung, gibt jeweils weniger als die Hälfte der Familien an, ausreichend abgesichert zu sein. Der Anteil von Familien, die sich unzureichend abgesichert fühlen, reicht je nach Thema von 34 Prozent bis 43 Prozent. Zwischen 18 und 25 Prozent der Familien wissen jeweils nicht, wie es um ihre eigene Absicherung und Vorsorge steht.

So wurden die Daten erfasst: Für das erste Schweizer Familienbarometer haben die Versicherungsgesellschaft Pax und die Organisation Pro Familia Schweiz im Zeitraum vom 16. November bis zum 8. Dezember 2022 insgesamt 2084 Familien in allen Landesteilen der Schweiz über ein Online-Panel befragt. Mit der Durchführung der Befragung wurde das Beratungs- und Forschungsunternehmen Empiricon AG in Bern beauftragt. Um der Vielfalt heutiger Familienformen Rechnung zu tragen, seien bei der Auswahl der Teilnehmenden keine Vorgaben oder Einschränkungen hinsichtlich Familienkonstellation gemacht worden, schreiben die Urheber der Studie

Weiterlesen - ein Beitrag erschienen am 04.04.2023 auf www.srf.ch

Darauf verzichten Schweizer Familien mit Geldsorgen zuerst

Das «Familienbarometer» gibt erstmals detaillierte Auskunft über die Gemütslage der Familien in der Schweiz. Noch sind sie relativ zufrieden – die Zukunft sehen sie aber düster. Mehr als 2000 Familien wurden im Rahmen des neuen Familienbarometers zu verschiedenen Themen befragt. Die Resultate zeigen ein düsteres Bild, was die Zukunft angeht: 68 Prozent der befragten Familien glauben, dass ihre Situation sich in den nächsten drei Jahren verschlechtern wird. Insbesondere Geldsorgen treiben die Familien um. Sie verzichten deshalb auf Ferien, Restaurantbesuche oder sogar medizinische Behandlungen. 

Wie geht es den Familien in der Schweiz? Dieser Frage ging erstmals das am Dienstag veröffentlichte Familienbarometer (siehe unten) nach. Noch sind drei Viertel der Familien zufrieden mit ihrer Situation. Ganze 68 Prozent der über 2000 befragten Familien gehen aber davon aus, dass sich die Situation für sie in den kommenden drei Jahren verschlechtern wird. Vor allem finanzielle Sorgen belasten die Familien: Die Gesundheit und die damit verbundenen Kosten, gefolgt von den Wohnkosten, dem Schulwesen und der Bildungspolitik und der Inflation führen die Liste der Themen an, die die Familien am stärksten beschäftigen.

Hälfte der Familien kommt kaum über die Runden

Bei fast der Hälfte der Familien reicht das Einkommen kaum für die Bedürfnisse des täglichen Lebens aus. Das führt dazu, dass die Eltern Einsparungen machen müssten. 40 Prozent geben an, aus Kostengründen auf Ferien verzichten zu müssen, gefolgt von Restaurantbesuchen (33 Prozent) und Freizeitaktivitäten wie Kino, Museum oder Ausflüge (27 Prozent). Auch auf zahnärztliche Behandlungen, Brillen oder Kontaktlinsen musste über ein Drittel der Familien (37 Prozent) aus Kostengründen schon verzichten. Mehr als die Hälfte der befragten Familien sagt, dass ihr Familienleben am meisten verbessert würde, wenn sie mehr finanzielle Ressourcen hätten. Konkret wünschen sie sich, dass die Politik für eine Kostenreduktion bei den Krankenkassenprämien sorgt und allgemein Familien finanziell unterstützt. 

Unzureichend abgesichert fürs Alter

Die finanziellen Sorgen erschweren auch das Sparen: 28 Prozent der Familien haben gar keine Möglichkeit, Geld zur Seite zu legen, bei weiteren 17 Prozent sind es maximal 500 Franken pro Monat. Der Blick auf die Altersvorsorge ist deshalb getrübt von hohen Anforderungen und tiefen Erwartungen. Für die Mehrheit der Familien ist es wichtig, ihren Kindern ein finanzielles Erbe hinterlassen zu können. Jedoch rechnet nur eine Minderheit (44 Prozent) mit einem Einkommen von 70 Prozent oder mehr des aktuellen Verdienstes nach der Pension. Zudem überwiegt mit 42 Prozent der Anteil an Familien, der sich betreffend Pensionierung unzureichend abgesichert fühlt. Gefragt wurde auch nach der Dauer von Vater- und Mutterschaftsurlaub. Hier sind die Meinungen klar gemacht: Jeweils rund zwei Drittel der befragten Familien sagen, dass der Mutter- und der Vaterschaftsurlaub zu kurz sind. 

Das Familienbarometer

Pro Familia und die Vorsorgeversicherung Pax haben das Schweizer Familienbarometer ins Leben gerufen. Mehr als 2000 Familien aus allen Landesteilen beantworteten vom 16. November bis 8. Dezember 2022 über ein Online-Panel 26 Fragen. In der Auswertung wurden jeweils Unterschiede bezüglich Anzahl Kinder, Alter der Kinder, Familientyp und Sprachregion berücksichtigt und analysiert. Die Befragung ist repräsentativ für die Familien in der Schweiz.  

Weiterlesen - ein Beitrag von Daniel Graf erschienen am 04.04.2023 auf www.20min.ch

Es geht um unsere Zukunft, wir müssen Familien jetzt finanziell entlasten

Der ehemalige Neuenburger FDP-Staatsrat Philippe Gnaegi ist heute Direktor von Pro Familia. Er fordert mehr Geld für Familien – und erklärt, wieso die Kosten dafür sich am Ende lohnen. Das neue «Familienbarometer» zeichnet ein düsteres Bild. Die grosse Mehrheit der Familien glaubt, dass sich ihre Zukunft insbesondere finanziell in den nächsten drei Jahren verschlechtern wird. Philippe Gnaegi ist Direktor von Pro Familia. Die Organisation hat die Studie gemeinsam mit der Vorsorgeversicherung Pax in Auftrag gegeben. Gnaegi warnt: «Wir müssen die Familien jetzt finanziell entlasten. Es geht um unsere Zukunft.» 

Sie sind seit sechs Jahren Direktor von Pro Familia, haben auch ein Buch über die Schweizer Familienpolitik geschrieben. Überraschen Sie die Resultate des Berichts?
Dass so viele Familien in der Schweiz aus Geldnot auf medizinische Behandlungen verzichten müssen, ist erschreckend. Ganz allgemein zeigt der Bericht sehr deutlich auf: Vielen Familien in der Schweiz fehlt es an finanziellen Ressourcen. Ich hätte nicht erwartet, dass so viele Familien pessimistisch in die Zukunft schauen.

Wieso ist der Blick in die Zukunft so düster?
Die Familien befürchten, dass die Kosten weiter ansteigen werden. Das betrifft sie sehr direkt und macht Angst. Probleme wie die Polarisierung der Gesellschaft, geopolitische Spannungen und selbst der Klimawandel werden zwar auch wahrgenommen, aber weniger bedrohlich für das unmittelbare Glück der Familie.

Können sich heute schlicht nicht mehr alle Menschen in der Schweiz Kinder leisten?
Im Moment scheint das der Fall zu sein. Niemand darf in die Armut abrutschen, wenn er Kinder hat. Einige Kantone versuchen, das über Familienergänzungsleistungen zu verhindern. Ich glaube, dass wir dafür sorgen müssen, dass die Grundversorgung auch für Familien bezahlbar bleibt, das Essen, die Energie, Medizin. Niemand soll auf medizinische Grundversorgung verzichten müssen, weil sie zu teuer ist.

Die Krankenkassenprämien steigen aber seit Jahren.
Es gibt Entlastungen für Familien, aber das reicht nicht. Für eine vierköpfige Familie ist der Anteil der Krankenkassenprämien an ihrem Budget oft immer noch viel zu hoch. Leiden Kinder unter der Armut, zieht das eine Negativspirale nach sich.

Wie entsteht diese?
Diverse Studien belegen, dass Kinder aus ökonomisch schwächer gestellten Familien mehr Mühe haben, gute Leistungen in der Schule zu erbringen, und sich öfter isolieren. Wenn es den Kindern nicht gut geht, steht es schlecht um die Zukunft der Schweiz. Die Familien brauchen jetzt Unterstützung.

Sie haben für die FDP Politik gemacht. Die bürgerliche Mehrheit im Parlament verhindert viele Vorschläge von links zur finanziellen Unterstützung der Familien …
Pro Familia ist eine politisch unabhängige Organisation. Ich denke aber nach wie vor ökonomisch und auch aus dieser Sicht kann ich sagen: Wenn wir jetzt Geld investieren in bezahlbare Kitas und Krankenkassenprämien und damit Familien entlasten, wird der «Return on invest» deutlich grösser sein.

Weiterlesen - ein Beitrag von Daniel Graf erschienen am 04.04.2023 auf www.20min.ch

«Ich wollte nicht auf der Strecke bleiben, nur weil das System familienfeindlich ist»

Frau Krause-Blouin, Sie geben per Ende März Ihren Posten als Chefredaktorin der «Annabelle» auf. In Ihrem letzten Editorial schreiben Sie als Grund: «Ich wollte mir beweisen, dass es geht: Kind und Karriere. Aber das Konzept funktioniert nicht wirklich.» Warum?

Ich sage nicht, dass Mütter nicht in einem 80- oder 100-Prozent-Pensum oder in einer Führungsposition arbeiten können. Ich sage nur, dass ich es nicht mehr möchte.

Weiterlesen auf www.tagesanzeiger.ch