So tief oder hoch ist das mittlere Reineinkommen in deinem Kanton

Die kantonalen Unterschiede bei den mittleren Haushaltseinkommen sind gewaltig: Der Spitzenreiter toppt das Schlusslicht um mehr als 60 Prozent. Eine Übersicht.

Immer mehr Haushalten in der Schweiz setzen die steigenden Kosten für Miete, Krankenkasse, Einkäufe oder Strom zu. Sparen wird gerade für Familien zur immer grösseren Herausforderung. Und Singles ziehen in den Städten aus Kostengründen vermehrt in Wohngemeinschaften. Eine wirkliche Besserung – gerade mit Blick auf die Gesundheitskosten oder Mieten – ist kaum in Sicht. Doch wie viel Einkommen haben die Haushalte überhaupt zur Verfügung? Die Unterschiede sind je nach Kanton gewaltig, wie eine Studie der Bank Cler vom April 2023 zeigt.* Das Wallis landet bei den mittleren Haushaltseinkommen am Schluss der Tabelle. Walliser Haushalte kommen auf ein Medianeinkommen von 42'400 Franken. Das Swiss Income Monitor beruht auf Basis von Daten der Eidgenössischen Steuerverwaltung, die Blick zur Verfügung gestellt wurden. Die Bank hat dabei die mittleren Reineinkommen der Haushalte verglichen. Hierfür werden von den Nettoeinkünften wie Löhnen, Renten, Alimente oder Kapitaleinkommen Kostenpunkte wie Steuern, Berufsauslagen, Schuldzinsen, Unterhaltsbeiträge oder Einzahlungen in die Säule 3a abgezogen.

Wallis holt auf, Tessin stagniert

Bei einem Walliser Haushalt bleiben nach dieser Rechnung 26 Prozent oder 11'200 Franken weniger in der Tasche als im Schweizer Durchschnitt. Das schwache Abschneiden des Kantons Wallis liegt an den überdurchschnittlich stark vertretenen Tieflohnbranchen wie dem Gastgewerbe. Doch das Wallis holt auf. So stiegen die mittleren Reineinkommen pro Haushalt im ausgewerteten Zeitraum zwischen 2007 und 2019 um 10,1 Prozent an. Das ist doppelt so viel wie im Kanton Basel-Landschaft und nur knapp weniger als in Zürich.

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Die Industrie gewinnt im Wallis zunehmend an Bedeutung – und hier fliessen üppigere Gehälter. In den letzten Jahren erlebte beispielsweise der Lonza-Standort in Visp einen gewaltigen Boom und dürfte gemeinsam mit anderen Firmen zu einem weiteren Anstieg der Haushaltseinkommen beigetragen haben. Auf dem zweitletzten Platz folgen die Tessinerinnen und Tessiner mit 44'600 Franken pro Haushalt. Auch im Südkanton sind Tieflohnbranchen stark ausgeprägt. Zudem drücken die vielen Grenzgänger sowie die enge Verflechtung mit dem Wirtschaftsraum Mailand das Lohnniveau nach unten. Im Gegensatz zum Wallis stagnierten die Haushaltseinkommen im Tessin zwischen 2007 und 2019.

Jeder zehnte Zuger Haushalt kommt auf 200'000 Franken

An der Spitze der Rangliste stehen die Kantone Zürich, Basel Landschaft und Zug. Zürcher Haushalte kommen auf ein Reineinkommen von 59'700 Franken. Industrie, Finanzplatz und IT-Firmen bezahlen oft hohe Saläre. Dass Basel-Landschaft knapp vor Zürich liegt, hat in einigen Gemeinden steuerliche Gründe. Eine grössere Rolle spielt aber der Traum vom Einfamilienhaus, der Personen mit hohen Einkommen anlockt, die beispielsweise in der Pharmaindustrie oder bei Versicherungen im Kanton Basel-Stadt ihr Brot verdienen. Das Steuerparadies Zug steht mit 68'400 Franken an der Spitze. Mit Blick auf die Top-Haushaltseinkommen klaffen die Lücken zwischen den Kantonen noch stärker auseinander. Im Wallis verdienen die obersten zehn Prozent der Haushalte im Median 106'200 Franken. In Zug sind es 199'900 Franken. Im Schweizer Schnitt kommen die obersten zehn Prozent auf 131'100 Franken.

Weiterlesen - ein Beitrag aktualisiert am 15.03.2024 auf blick.ch

Geldsorgen: Familien aus der Schweizer Mittelschicht droht die Armut

Mehr als die Hälfte der Schweizer Familien kommt mit ihrem Einkommen nur knapp über die Runden. Zu diesem Ergebnis kommt eine neue Studie. Die Geldsorgen gehen so weit, dass Eltern deswegen teilweise auf weitere Kinder verzichten. Pro Familia Schweiz und Pax haben zum zweiten Mal eine Studie zur Situation von Familien veröffentlicht. Die Ergebnisse zeigen, dass das Geld fehlt – auch in der Mittelschicht. Abstriche müssen vor allem bei Ferien und Restaurantbesuchen oder der Familienplanung gemacht werden.

Schweizer Familien haben immer weniger Geld zur Verfügung. Die Kosten steigen, während die Löhne stagnieren. «Längst müssen nicht nur Geringverdienende, sondern auch die Mittelschicht ihren Alltag anpassen», sagt Phillippe Gnaegi, Direktor von Pro Familia Schweiz. Eine von ihm geleitete Studie belegt diese Aussage nun mit Zahlen. Über die Hälfte der Befragten gibt an, dass ihr Einkommen nicht oder nur knapp zum Leben reicht. Sparen ist für beinahe ein Drittel kein Thema. «Muss ein Kind unvorhergesehen zum Zahnarzt, kann schnell einmal die Rechnung nicht bezahlt werden», sagt Gnaegi. Es droht die Schuldenfalle. Den Familien bereiten besonders die höheren Preise, die Inflation und steigende Krankenkassenprämien Kopfzerbrechen. In den Hintergrund geraten sind dagegen die Themen Klimawandel und Umweltschutz sowie die Energieversorgung.

Familien verzichten auf weitere Kinder

Um diesen finanziellen Engpässen entgegenzuwirken, denkt knapp die Hälfte der Familien darüber nach, ihr Arbeitspensum zu erhöhen. Und sie machen vor allem Abstriche bei Ferien, Restaurantbesuchen und Freizeitaktivitäten wie Kino und Museum (siehe Grafik unten). Oder sie verzichten sogar auf ein weiteres Kind. 15 Prozent der Befragten geben die Kosten als Hauptgrund an, keine weiteren Kinder zu haben. Für 26 Prozent sind die Kosten zumindest einer von mehreren Gründen.In diesem Sinne würden mehr finanzielle Ressourcen das Familienleben der meisten Befragten verbessern – vor allem für Alleinerziehende und Haushalte mit nur einem Einkommen. Die Antwort liegt mit deutlichem Abstand vor mehr Freizeit, weniger Stress, weniger Arbeitszeit, mehr Zeit für die Kinder und einer besseren Beziehung zum Partner oder der Partnerin.

Homeoffice erleichtert Vereinbarkeit von Familie und Beruf

In die Zukunft blicken die Befragten eher pessimistisch. 79 Prozent erwarten eine Verschlechterung der Situation für Familien im Allgemeinen. 43 Prozent fühlen sich im Fall eines Jobverlusts nicht ausreichend abgesichert. Auch die Caritas macht sich Sorgen. «1,25 Millionen Menschen in der Schweiz sind armutsgefährdet. Damit diese Zahl abnimmt, müssten nicht nur die Löhne, sondern auch die Prämienverbilligungen nach oben angepasst werden», sagt Niels Jost. Es gibt aber auch versöhnliche Ergebnisse. 65 Prozent sind zufrieden mit der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Die Zufriedenheit nimmt mit höherem Einkommen tendenziell zu und ist bei Familien mit Kleinkindern zwischen null und drei Jahren durchschnittlich niedriger. Die Möglichkeiten, Arbeitszeiten flexibel einzuteilen und aus dem Homeoffice zu arbeiten, tragen am meisten dazu bei, dass sich Familie und Beruf vereinbaren lassen.

Weiterlesen - ein Beitrag von Carolin Teufelberger erschienen am 14.03.2024 auf 20min.ch

Schockierende Zahlen zum Mittelstand: Die Hälfte aller Familien kommt nur knapp über die Runden

Das Schweizer Familienbarometer 2024 zeigt: Immer mehr Familien bis weit in den Mittelstand steht das Wasser bis zum Hals. Blick schlüsselt die Umfrage im Detail auf.

Diese Umfrage schockiert: Eine Mehrheit der Familien in der Schweiz ist gemäss eigener Angaben in finanzieller Not – und einer erdrückend hohen Zahl fehlt der Glaube, dass sich die Situation in den nächsten Jahren zum Positiven ändert. Das zeigt das repräsentative Familienbarometer 2024. Aber 2100 Familien füllten dafür zwischen dem 8. und dem 18. November 2023 einen Online-Fragebogen aus. Bereits vor einem Jahr war die Umfrage durchgeführt worden, die aktuellen Ergebnisse zeigen, wie stark Inflation, steigende Krankenkassenprämien, Wohn- und Betreuungskosten die finanzielle Situation von Familien verschärft haben.

Im Detail: 79 Prozent der landesweit befragten Familien fürchten, in den nächsten drei Jahren werde sich die Situation für sie eher oder stark verschlechtern. Das sind 11 Prozent mehr als vor einem Jahr. 52 Prozent der Familien – über alle Einkommen hinweg – sagen, ihr Familienbudget reiche nicht oder nur knapp. Für vier von zehn Familien ist die finanzielle Lage mit ein Grund, um auf mehr Nachwuchs zu verzichten. Blick hat die Umfrageergebnisse im Detail ausgewertet. Sie bergen gesellschaftspolitischen Zündstoff. Denn die finanziellen Sorgen betreffen längst nicht mehr nur die tiefen Einkommen – sie haben weite Teile des Mittelstands erfasst: Selbst mit einem Familieneinkommen von monatlich 8400 bis 10'000 Franken brutto (101'000 bis 120'000 pro Jahr) sagen über ein Drittel der Befragten, am Ende des Monats bleibe wenig übrig. 

Gemäss Pro Familia ist der Anteil von Familien, deren Haushaltseinkommen nicht oder nur knapp reicht, in der italienischen Schweiz, in der Romandie, bei Einelternhaushalten und bei Einkommen bis CHF 100'000 besonders hoch. Für Philippe Gnaegi (62), Direktor von Pro Familia, dem Dachverband der Schweizer Familienorganisation, sind die Resultate ein Alarmzeichen: «Wenn im reichsten Land der Welt, fast 80 Prozent aller Familien derart pessimistisch in die Zukunft schauen, müssen wir uns etwas überlegen.» Die Sorgen spiegeln sich im Sparbüchlein: 30 Prozent der befragten Familien sagen, sie können am Ende des Monats nichts auf die Seite legen, über zwei Drittel der Befragten höchstens 500 Franken. Es gibt auch das andere Ende der Skala: 9 Prozent haben monatlich mehr als 2000 Franken auf der hohen Kante. Durch die Schweiz zieht sich ein neuer Graben, zwischen jenen, die sorgenfrei leben – und einer breiten Bevölkerungsschicht, die am Ende des Monats zittern muss. Pro-Familia-Chef Gnaegi sagt: «Wer nur ganz wenig auf die Seite legen kann, für den ist bereits eine unvorhergesehene Zahnarztrechnung ein fundamentales Problem.»

Der Einkommensgraben könnte zum politischen Faktor werden. Bereits in den Resultaten zur Abstimmung für eine 13. AHV hatte sich gezeigt: Gemeinden mit überdurchschnittlich reichen Einwohnern stimmten gegen den Sozialausbau, arme und Mittelstandsgemeinden zum Teil sehr deutlich dafür – und zwar unabhängig davon, ob es sich dabei um ein ländlich geprägtes Dorf mit der SVP als stärkste politische Kraft handelt – oder um eine arme Stadt, die mehrheitlich links wählt. Diese Entwicklung ist im Hinblick auf die Prämien-Entlastungs-Initiative der SP vom 9. Juni höchst relevant – und dürfte dem bürgerlichen Nein-Komitee und FDP-Präsident Thierry Burkart (48) kalten Schweiss den Rücken runter treiben. Die Initiative schreibt vor, dass die Prämien maximal 10 Prozent des verfügbaren Einkommens betragen dürfen. Die Mehrkosten in Milliardenhöhe müssten Bund und Kantone berappen. Gemäss Bundesrat käme dies vor allem dem Mittelstand zugute – ärmere Haushalte erhalten bereits heute Prämienvergünstigungen. Das Familienbarometer legt nun offen: Für alle Familien unabhängig vom Einkommen ist die Krankenkasse die Sorge Nummer 1. 

Und weite Teile der Bevölkerung scheinen zumindest offen für einen Eingriff durch die Politik. 51 Prozent der Befragten im Familienbarometer finden, die Politik müsse sich auf die Kostenreduktion der Krankenkassenprämien fokussieren. Doch die finanziellen Nöte verschieben in der Schweiz nicht nur politische Grenzen. Sie sorgen auch dafür, dass die Leute ihre Pensen hochschrauben. 49 Prozent überlegen, den Beschäftigungsgrad aufgrund der finanziellen Situation der Familie zu erhöhen. Gleichzeitig deuten Zahlen darauf hin, dass Eltern die Betreuung ihrer Kinder überdenken – um Kita-Kosten zu sparen. So gaben letztes Jahr 50 Prozent der Eltern an, ihre Kinder fremdbetreuen zu lassen. 2024 sind es noch 37 Prozent. Gnaegi sagt dazu: «Wir haben noch nicht genügend Daten. Aber es deutet einiges darauf hin, dass Familien ihre Kinder aus der Kita nehmen – um Geld zu sparen.»

Gnaegi hält diese Entwicklung – sollte sie sich bestätigen – für tiefgreifend: «Das könnte bedeuten, dass Frauen aus finanziellen Gründen wieder stärker zu Hause bleiben. Das wäre volkswirtschaftlich verheerend – die Wirtschaft leidet schon jetzt unter Fachkräftemangel.» Pro-Familia-Chef Gnaegi sieht politisch dringenden Handlungsbedarf: «Die Schweiz muss sich fragen, ob sie eigentlich eine Familienpolitik macht, die diesen Namen verdient. Wir müssen schleunigst aufwachen.» Zumindest eine gute Nachricht gibt es zum Schluss aus dem Kreis der Familie: 80 Prozent sind mit ihrem eigenen Familienleben zufrieden. Immerhin das. 

Weiterlesen - ein Beitrag von Benno Tuchschmid erschienen am 14.03.2024 auf www.blick.ch

Viele Schweizer Familien leben mit knappem Budget

Vielen Familien in der Schweiz fehlt das Geld, wie das neue Familienbarometer des Dachverbands der Familienorganisationen Pro Familia zeigt. Die einen Eltern wollen ihr Arbeitspensum erhöhen. Andere verzichten auf weitere Kinder. Solange der finanzielle Druck bei der Kinderbetreuung nicht nachlässt, werden jedoch nur wenige tatsächlich mehr arbeiten.

Bei vielen Familien in der Schweiz ist das Geld knapp oder es reicht nicht. Das zeigt das sogenannte Familienbarometer von Pro Familia, dem Schweizer Dachverband der Familienorganisationen. Die diesjährige Umfrage zeigt auch, dass die finanzielle Lage von Familien in der Romandie und im Tessin besonders angespannt ist – und dass Familien aufgrund des knappen Geldes auf weitere Kinder verzichten. Darüber hinaus überlegt sich fast die Hälfte der befragten Familien, das Arbeitspensum zu erhöhen – doch geht das? Laut Philippe Gnaegi, dem Direktor von Pro Familia, durchaus: «Der Arbeitsmarkt ist bereit, diese Leute aufzunehmen. Und ich glaube auch, dass diese Personen arbeiten wollen.» Doch es gebe ein Problem, denn Familien mit knappem Budget würden ihr Pensum nur dann erhöhen, wenn die externe Kinderbetreuung – etwa Hort und Kindertagesstätte – bezahlbar sei. Für Gnaegi gäbe es dafür eine Lösung: Wenn Familien wie bereits in Österreich, Deutschland und Frankreich bei der Kinderbetreuung weniger bezahlen müssten. Zu diesem Zweck hat die SP denn auch die «Kita-Initiative» lanciert und eingereicht. Die Stimmberechtigten werden also über eine bezahlbare Betreuung abstimmen. Der Bundesrat lehnt die Initiative aus Kostengründen ab. Rasche Verbesserungen sind demnach nicht zu erwarten.

Nur wenige arbeiten wirklich mehr

Simon Wey ist Ökonom beim Arbeitgeberverband und sagt, ihn überrasche der hohe Anteil jener Familien, die ein höheres Arbeitspensum in Betracht ziehen, nicht. Er erwarte aber, dass nur wenige tatsächlich mehr arbeiten würden und werden. Denn: Bisher habe es sich für diese Eltern auch nicht gelohnt. Laut Wey erhöhen am Ende nur ganz bestimmte Familien ihr Arbeitspensum tatsächlich. «Das sind in der Tendenz Familien, die finanziell wirklich auf dem Zahnfleisch laufen. Familien, die im Niedriglohnbereich arbeiten, und wahrscheinlich weniger Familien des Mittelstandes, die höhere Einkommen generieren», sagt Wey weiter. Auch für den Ökonomen ist klar, dass nur dann substanziell mehr Mütter und Väter ihre Arbeitspensen erhöhen, wenn die Kinderbetreuung bezahlbar ist. Das Familienbarometer hat über 2000 Familien gefragt, ob sie ihr Leben, so wie sie es führen, auch bezahlen können – und laut dem Ergebnis reicht das Einkommen für mehr als die Hälfte der Familien nur knapp oder gar nicht, wie Gnaegi von Pro Familia betont. Und klar ist auch: Der finanzielle Druck wird in Zukunft nicht kleiner.

Weiterlesen - ein Beitrag von Matthias Baumer erschienen am 14.03.2024 auf www.srf.ch

Die finanzielle Situation für Familien verschärft sich weiter

Wie geht es Familien in der Schweiz? Die Lage ist angespannt, sagt das Familienbarometer 2024. Die Studie untersucht, was Familien bewegt. Besonders finanzielle Probleme bereiten grosses Kopfzerbrechen. Die steigenden Gesundheitskosten, Mieten und die Inflation setzen Haushaltsbudgets noch mehr unter Druck als im Vorjahr.

Vielen Familien in der Schweiz bleibt Ende des Monats kaum mehr Geld. Eine Situation, die sich im Vergleich zum Vorjahr nochmals verschärft hat. Zu diesem Schluss kommt das Familienbarometer 2024. Mit der jährlich erhobenen Umfrage fühlen die Versicherungsgesellschaft Pax und Pro Familia Schweiz Familien den Puls.Die weiterhin steigenden Preise treffen Familien hart. So reicht für 52 Prozent das Einkommen nur knapp oder gar nicht. Besonders die finanzielle Situation bei Familien in der Westschweiz und im Tessin ist häufig angespannt. Die Gesundheit und die damit verbundenen Ausgaben bereiten den Befragten die grössten Sorgen, gefolgt von Mietkosten, Bildung und der Inflation. Gerade Geringverdienende geraten oft in eine Negativspirale: Je geringer das Einkommen, umso stärker die finanziellen Herausforderungen für Familien. Zudem zeigen die Ergebnisse über alle Regionen hinweg, dass nicht nur Familien mit tieferem Einkommen, sondern auch solche aus der Mittelschicht mit einem knapperen Budget haushalten müssen. Aus finanziellen Gründen verzichten Familien zuerst auf Ferien, dann auf Restaurantbesuche. Auf Platz drei folgen Freizeitaktivitäten wie Ausflüge, Kino oder Museumsbesuche.

Weniger Kinder wegen steigender Kosten

Rund jede zweite Familie (49 Prozent) überlegt sich deshalb, das Arbeitspensum zu erhöhen. Die angespannte finanzielle Lage beeinflusst auch die Familienplanung. Für vier von zehn Familien sind die Kosten sogar ein Grund, keine weiteren Kinder zu bekommen.«Die zweite Ausgabe des Familienbarometers zeigt, dass die angespannte finanzielle Situation der Familien zunehmend Auswirkungen auf verschiedene Bereiche des Familienlebens und das Verhalten hat, sagt Philippe Gnaegi, Direktor von Pro Familia Schweiz. Das bedeutet zum Beispiel auch Folgendes: Für Mütter und Väter, die mehr arbeiten müssen, um über die Runden zu kommen, wird es noch schwieriger, Kinderbetreuung und die Pflege von Angehörigen unter einen Hut zu bringen. Auch ist der Anteil von Familien, die ihr Kind nicht extern betreuen lassen, von 37 Prozent auf 50 Prozent angestiegen. Es liegt gemäss der Studie der Schluss nahe, dass sich viele Mütter und Väter nicht mehr leisten können, ihr Kind etwa in die Kita zu geben.

Zufrieden mit Familienleben trotz trüber Zukunftsaussichten

Auch wenn 79 Prozent davon ausgehen, dass sich ihre Situation in den nächsten drei Jahren verschlechtern wird, gibt es auch Positives zu berichten. Trotz der finanziellen Herausforderungen sind die befragten Familien mit ihrem eigenen Familienleben insgesamt leicht zufriedener als im Vorjahr.

Auf einen Blick: Die wichtigsten Aussagen

Geldthemen rücken noch stärker in den Fokus

Finanzielle Probleme belasten Familien in der Schweiz noch stärker als im Vorjahr. Am meisten beschäftigen sie die Krankenkassenprämien, gefolgt von der Inflation. Die Themen Gesundheit sowie Klimawandel und Umweltschutz haben dagegen an Relevanz eingebüsst.

Die finanzielle Situation von Familien verschärft sich

Für mehr als die Hälfte (52 Prozent) reicht das Einkommen nur knapp oder gar nicht. Im Vorjahr betrug der Wert immerhin erst 47 Prozent. Der Anteil von Familien, die angeben, gar kein Geld (30 Prozent) oder höchstens 500 Franken pro Monat (37 Prozent) sparen zu können, nahm zu.

Unterschiede zwischen Romandie, Tessin und Deutschschweiz

Die finanzielle Situation ist bei Familien in der Westschweiz und im Tessin angespannter als in der Deutschschweiz. Zudem zeigen die Ergebnisse über alle Regionen hinweg, dass nicht nur Familien mit tieferen Einkommen, sondern auch jene aus der Mittelschicht weniger Geld in der Kasse haben.

Mehr Unterstützung aus Politik gewünscht

Die Befragten wünschen sich von der Familienpolitik, dass sie die Kosten der Krankenkassenprämien reduziert und Familien finanziell unterstützt.

Kostendruck verhindert Familienwachstum

Für vier von zehn Familien ist das noch teurer gewordene Leben in der Schweiz ein Grund, keine weiteren Kinder zu bekommen.

Die Hälfte der Familien möchte Arbeitspensum aufstocken

Rund die Hälfte (49 Prozent) denkt darüber nach, den Beschäftigungsgrad zu erhöhen, um ihr Familieneinkommen zu sichern oder zu erhöhen. Bei 35 Prozent der Befragten spielt ein Elternteil mit dem Gedanken, mehr zu arbeiten, bei 14 Prozent sind es beide Elternteile.

Zufriedenheit mit dem Familienleben bleibt hoch, Erwartungen an die Zukunft pessimistisch

Vier von fünf Familien in der Schweiz sind mit ihrem aktuellen Familienleben zufrieden, was ein leichter Anstieg gegenüber dem Vorjahr bedeutet. Gleichzeitig haben sich die Erwartungen zur künftigen Entwicklung der Situation für Familien in der Schweiz stark eingetrübt: 79 Prozent der Befragten rechnen über die nächsten drei Jahre mit einer Verschlechterung.

Die Mehrheit ist zufrieden mit der Vereinbarkeit

63 Prozent sind mit der Vereinbarkeit von Beruf und Familienleben zufrieden – gleich viele wie im Vorjahr. 65 Prozent beurteilen die vom Arbeitgeber ergriffenen Massnahmen zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie als positiv. Weiter verbessern liesse sich die Vereinbarkeit durch flexiblere Arbeitszeiten und Homeoffice.

Mehr Eltern betreuen Kinder aus Kostengründen zuhause

Der Anteil von Familien, die keine externe Kinderbetreuung in Anspruch nehmen, ist von 37 Prozent auf 50 Prozent angestiegen, was gemäss Studie mit den damit verbundenen Kosten zusammenhängen könnte. 

Weiterlesen - ein Beitrag erschienen am 14. März 2024 auf fritzundfraenzi.ch

Eltern wollen Arbeitspensen aufstocken

Schweizer Familien ächzen unter steigenden Kosten. Viele drehen jeden Franken um – oder erhöhen das Arbeitspensum, damit am Ende des Monats etwas mehr übrig bleibt. Das ungenutzte Arbeitskräftepotenzial, gerade bei Müttern, ist gross.

Des einen Leid ist des anderen Freud: Auf der einen Seite sind da die Familien, die derart unter hohen Mietpreisen und steigenden Krankenkassenprämien leiden, dass die Hälfte gemäss dem neuen Familienbarometer über höhere Arbeitspensen nachdenken muss. Auf der anderen Seite die Arbeitgeber, die bei der Suche nach qualifiziertem Personal beinahe verzweifeln – und jede Pensumerhöhung mit Freude zur Kenntnis nehmen. «Die Möglichkeit, das Pensum aufzustocken, ist so gut wie selten zuvor», sagt Michael Siegenthaler (38). Er forscht an der Konjunkturforschungsstelle (KOF) der ETH Zürich zum Schweizer Arbeitsmarkt. «Bei vielen Firmen rennt man damit offene Türen ein.» Wer beim bisherigen Arbeitgeber nicht aufstocken kann, hat auf dem Stellenmarkt gute Chancen, einen neuen Job mit höherem Pensum zu finden. 300'000 bis 500'000 Arbeitskräfte – je nach Schätzung – werden der Schweizer Wirtschaft aufgrund des demografischen Wandels bereits in wenigen Jahren fehlen. Da sind Teilzeitler, die ihre Pensen erhöhen wollen, gerne gesehen.

Teilzeitnation Schweiz

Die Schweiz gehört europaweit zu den Spitzenreitern punkto Teilzeitarbeit: 37 Prozent der Erwerbstätigen in der Schweiz arbeiten laut Zahlen des Bundesamts für Statistik in einem Teilzeitpensum. Anfang der 90er-Jahre waren es noch 25 Prozent. Sind wir im Vergleich zu unseren Nachbarländern arbeitsfaul? Mitnichten! Dass immer mehr Menschen Teilzeit arbeiten, hängt vielmehr mit der zunehmenden Arbeitsmarktbeteiligung der Frauen zusammen. Vor wenigen Jahrzehnten lautete das typische Schweizer Familienmodell noch: Vater, 100 Prozent erwerbstätig. Mutter, 0 Prozent erwerbstätig. Die Erwerbsquote der Geschlechter gleicht sich seither an. Dabei stocken die Frauen ihre Pensen stärker auf, als die Männer sie ihrerseits reduzieren. Unter dem Strich arbeiten Paar-Haushalte heute mehr als noch vor 20 Jahren. Das gilt sowohl für Paare mit Kindern als auch für solche ohne Nachwuchs.

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Dass die Arbeitspensen tendenziell steigen, hängt nicht nur mit dem Kostendruck zusammen, der auf den Familien lastet. Sondern auch mit dem steigenden Bildungsniveau: Immer mehr Frauen in der Schweiz haben einen tertiären Bildungsabschluss, also ein Uni- oder Fachhochschuldiplom. Je höher das Bildungsniveau, desto weniger werden traditionelle Familienformen gepflegt und desto grösser ist die Erwerbsbeteiligung. «Es rücken immer mehr Frauen nach, die nicht ‹nur› 40 Prozent arbeiten wollen, sondern lieber 80 Prozent», erklärt Siegenthaler von der KOF.

Es gibt allerdings weiterhin Luft nach oben bei der Arbeitsmarktbeteiligung von Frauen. Knackpunkt ist die Vereinbarkeit. In der Schweiz sind die Kita-Kosten im europäischen Vergleich gemäss einer Seco-Studie hoch. Das schafft Anreize, mit tieferem Pensum zu arbeiten, statt die Kinder fremdbetreuen zu lassen – auch das förderte das Familienbarometer zutage.

Weiterlesen - ein Beitrag von S. Frattaroli, Stv. Wirtschaftschefin, erschienen am 14.03.2024 auf blick.ch