Die alternierende Obhut benötigt vor allem gute Rahmenbedingungen

Der Bundesrat sieht keinen Handlungsbedarf bei der alternierenden Obhut: Die geltende Gesetzgebung ist ausreichend. Zu diesem Schluss kommt der Bundesrat in einem Bericht, den er an seiner Sitzung vom 24. April 2024 gutgeheissen hat. Die meisten Eltern können sich nach einer Trennung oder Scheidung über die Aufteilung der Kinderbetreuung einigen. Wie diese Aufteilung aussieht, hängt primär von den familiären Rahmenbedingungen und Lebensumständen ab.

Die alternierende Obhut ist eine Form der Kinderbetreuung, bei der die Kinder nach einer Trennung oder Scheidung abwechselnd bei beiden Elternteilen wohnen. Seit dem Inkrafttreten der Revision des Kindesunterhaltsrechts im Jahr 2017 muss im Streitfall das Gericht die Möglichkeit einer alternierenden Obhut zwingend prüfen, auch wenn diese Betreuungsform nicht von beiden Elternteilen gewünscht wird. Das Bundesgericht hat in seiner Rechtsprechung die Kriterien für die Anordnung der alternierenden Obhut in strittigen Fällen festgelegt.

Mit dem Postulat 21.4141 von Andri Silberschmidt hat das Parlament den Bundesrat beauftragt, die Praxis der erst- und zweitinstanzlichen Gerichte nach 2017 zu evaluieren und dabei den Fokus auf die Obhuts- und Besuchsregelung zu legen. Dazu wurden zwei interdisziplinäre Studien in Auftrag gegeben.

Rahmenbedingungen sind entscheidend

Die Studien machen deutlich, dass die Beteiligung beider Elternteile an der Betreuung der Kinder in den letzten Jahren zwar an Bedeutung gewonnen hat, dass aber die Betreuungsanteile noch immer ungleich verteilt sind. Aufgrund der anspruchsvollen Voraussetzungen, wie beispielsweise der Distanz zwischen den Wohnorten der Eltern oder den finanziellen Verhältnissen, entscheiden sich die Eltern überwiegend gegen die alternierende Obhut. Dies zeigt, dass für die Wahl der Betreuungsform und damit auch für den Entscheid, ob das Kind abwechslungsweise bei beiden Elternteilen wohnt, die konkreten Lebensumstände und die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen ausschlaggebend sind.

Die Studien zeigen auch, dass eine gleichmässig verteilte Kinderbetreuung nach der Trennung oder Scheidung der Eltern vor allem dort gelingt, wo die Eltern dieses Modell bereits während der Lebensgemeinschaft gelebt haben. Dies zu fördern, ist Aufgabe der Familien- und Kinderpolitik: Mütter und Väter benötigen gute Rahmenbedingungen, damit sich beide Elternteile um die Kinder kümmern können, auch wenn sie nicht mehr zusammenleben. Deshalb sieht der Bundesrat keinen gesetzgeberischen Handlungsbedarf bei der alternierenden Obhut. Vielmehr geht es darum, im Einzelfall diejenige Lösung zu finden, die dem Wohl der Kinder am besten entspricht. Aus diesem Grund lehnt der Bundesrat auch eine gesetzliche Verankerung der alternierenden Obhut zu gleichen Teilen als Regelfall ab.

Handlungsbedarf beim Familienverfahrensrecht

Prüf- und Handlungsbedarf sieht der Bundesrat aber in anderen Bereichen, die eng mit der Förderung der gemeinsamen Verantwortung der Eltern nach der Trennung oder Scheidung zusammenhängen. Zum einen sollen das Zusammenspiel von Obhut und Unterhalt sowie die Möglichkeiten einer allfälligen Vereinfachung der Unterhaltsberechnung analysiert werden. Zum andern hat das Parlament den Bundesrat mit einer Einschätzung beauftragt, wie das Familienverfahrensrecht verbessert werden könnte. Dabei geht es namentlich um die Frage, wie strittige Eltern bei der Organisation der gemeinsamen Elternschaft nach der Trennung oder Scheidung besser unterstützt werden können. Zu denken ist beispielsweise an die Integration von Instrumenten zur Konfliktdeeskalation im Verfahren, namentlich eine frühzeitige Mediation oder eine angeordnete Beratung. Der Bundesrat wird voraussichtlich Anfang 2025 einen Bericht für eine mögliche Revision des Familienverfahrensrechts vorlegen.

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«Aktives Nicht-Sparen»: Junge legen kein Geld mehr zur Seite

Klimawandel, politische Unruhen und Inflation: Zwei Nau.ch-Leserinnen erklären, warum sie ihr Geld lieber sofort ausgeben, anstatt es zu sparen.

Ferien auf Bali, ein neues Paar Schuhe oder mit Freunden «eis go zieh»: Junge Schweizerinnen und Schweizer lassen es sich gut gehen. Jedenfalls sieht es in den sozialen Medien ganz danach aus.Doch reisen, auswärts essen und shoppen – all das kostet viel Geld. Vor allem, wenn man es regelmässig macht. Entsprechend mickrig dürfte bei dem ein oder anderen also auch das Sparkonto ausfallen. Doch daran stören sich offenbar nicht alle.Denn während die einen beispielsweise aufgrund des Studiums nicht sparen können, tun es andere bewusst nicht. So auch Tanja O.* aus Winterthur.

«Kann mir sowieso nie ein eigenes Haus leisten»

«Ich würde sagen, dass ich aktiv nicht spare», sagt die 27-Jährige zu Nau.ch. Ausnahmen seien Reisen oder der Kauf von grösseren Sachen wie Möbeln. «Aber ich leg eigentlich nichts bei Seite ‹für den Fall›. Alles, was ich nach dem Zahlen von Miete, Versicherung und Rechnungen übrig habe, wird ausgegeben.» Auch in die Pensionskasse zahle sie nur ein, weil sie müsse. Und bei einem Wegzug würde sich die Zürcherin den Betrag sofort auszahlen lassen. «Grund dafür ist, dass ich eh der Meinung bin, dass die Zukunft nicht gut aussieht. Bezüglich Klimawandel vor allem», so Tanja. Sie wolle ihr Leben geniessen, solange das noch geht. Viel Geld gibt die Winterthurerin daher für ihre Miete aus. «Es ist mir wichtig, jetzt schon möglichst schön zu wohnen. Da ich mir sowieso nie ein eigenes Haus leisten kann.»

«Gedanken zu dritter Säule erscheinen mir sinnlos»

Ähnlich äussert sich auch Livia Z.* aus Basel. Die 26-Jährige erklärt im Gespräch: «Im Hinblick auf meine Zukunft finde ich es schwierig, einen Grund für viele Anlagen zu finden. Die Pensionskasse wird bis zu unserer Rente wohl eh aufgebraucht sein, vielleicht müssen wir bis 70 arbeiten.» Dass sie dieses Alter erreichen wird, glaubt Livia aber sowieso nicht. «Ich werde maximal 50 Jahre alt», ist sie sich sicher. Der Grund für ihre trüben Zukunftsaussichten? Der Klimawandel, politische Unruhen und die aktuelle Wirtschaftslage. «Gedanken zu einer dritten Säule scheinen mir daher sinnlos. Ich möchte nicht für eine Rente sparen, die ich nie so erleben werde, wie sie mir versprochen wird.» Die Vermögensberaterin Bente Roth widerspricht dieser Angst jedoch. Sie könne verstehen, dass das aktuelle Weltgeschehen frustrierend sei und die Jungen dem Ganzen pessimistisch gegenüberstehen. Aber: «Ich bin mir ziemlich sicher, dass die Schweizer Altersvorsorge auch in vielen Jahren noch so bestehen wird. Ob sie für jedermann ausreichend ist, ist allerdings eine andere Frage, die aber auch schon heute einige betrifft.»

Vermögensberaterin rät zu frühzeitigem Sparen

Roth empfiehlt daher allen, so früh wie möglich mit dem Sparen zu beginnen. Am besten mit einem Betrag, den man bereits am Tag, wenn der Lohn kommt, in Form eines Dauerauftrags investiert. Es muss die Summe sein, die «nicht wehtut». Schon mit sehr geringen Beträgen seien Investitionen möglich. «Je früher man anfängt und je länger man investiert, desto grösser ist die Chance für ein gutes ‹Pölsterli› im Alter.»Und was, wenn jemand bis zur Pension gar nichts zur Seite legt? «Dann kann es im schlimmsten Fall passieren, dass man in der Altersarmut landet und vom Staat abhängig ist.» Die Vermögensberaterin hat aber durchaus auch junge Kunden, wie sie weiter betont. Viele möchten demnach etwas anlegen, trauen sich aber nicht. «Oder sie haben Angst, weil sie nicht wissen, wie und wo sie anfangen sollen und wohin das Geld fliesst.» Es sei den Leuten aber durchaus bewusst, dass sie ihre Lücken – beispielsweise aufgrund der Teilzeitarbeit – füllen müssen. Ihr Fazit? «Das Thema Geld geht alle etwas an, egal welches Alter oder welcher Beruf.»

Experte: Generation Z hat anderen Bezug zu Geld

Rüdiger Maas von Generation Thinking erklärt auf Anfrage, warum sich das Sparverhalten der Generationen teilweise unterscheidet. «Insgesamt leben junge Menschen immer etwas mehr im ‹Hier und Jetzt›. Für die Generation Z spezifisch ist aber, dass sie die Welt, wie wir sie jetzt vorfinden, gar nicht anders kennt.» Viele Dinge seien also selbstverständlich, darunter beispielsweise ein eigenes Smartphone zu besitzen oder ein Haus zu erben. Dadurch haben jüngere Generationen einen anderen «Wert» zu Geld, so der Experte. Boomer hatten eine andere Erziehung, «da deren Eltern auch wegen der Kriegserklärung viel Entbehrlichkeit erleben mussten». Bei den Banken ist ein abnehmendes Interesse an Vorsorgethemen bislang nicht zu spüren. Auch jüngere Generationen würden sich dafür interessieren, heisst es beispielsweise bei Raiffeisen auf Anfrage. Ähnlich äussern sich auch die Valiant und die Zürcher Kantonalbank.

Weiterlesen - ein Beitrag von Aline Klötzli erschienen am 19.04.2024 auf nau.ch

Krankenkassen im Vergleich: So zahlen andere Länder ihre Gesundheitskosten

Andere Länder, andere Sitten – und auch andere Krankenkassensysteme. In der Schweiz muss die Bevölkerung einen grossen Teil der Gesundheitskosten aus dem eigenen Portemonnaie zahlen. Wie funktioniert das in anderen Ländern?

Die Schweiz ist europäische Spitzenreiterin: Kein anderes Land gibt pro Kopf so viel Geld für die Gesundheit aus. Und dafür greifen die Schweizer und Schweizerinnen auch tief in die Tasche. Rund ein Fünftel der Kosten müssen wir aus dem eigenen Sack bezahlen, das zeigen Zahlen der OECD. In anderen europäischen Ländern ist dieser Anteil deutlich tiefer. Woher kommen diese grossen Differenzen? Und wie funktioniert das Gesundheitssystem in anderen europäischen Ländern?

Staatliche Kasse in Dänemark

In Dänemark ist die ganze Bevölkerung in einer einzigen öffentlichen Krankenkasse versichert. Jeder kann sich grundsätzlich kostenlos behandeln lassen. Finanziert wird das über eine Einkommenssteuer – 84 Prozent übernimmt die Zentralregierung, den Rest die Gemeinden. Es gibt also keine Prämien oder Franchisen. Lediglich einige Behandlungen, wie zum Beispiel die Zahnpflege, zahlen die Dänen direkt aus dem eigenen Portemonnaie. Allerdings birgt das auch einige Einschränkungen für Patienten und Patientinnen: Sie können nicht einfach den Hausarzt wechseln, wie in der Schweiz. Teilweise gibt es lange Wartelisten für Behandlungen in Krankenhäusern. Auch in der Schweiz gewinnt die Forderung einer Einheitskasse an Boden: Laut einer repräsentativen Umfrage befürworten zwei Drittel eine Einheitskasse.

Billige Medikamente in Italien

Unser südlicher Nachbar finanziert die Gesundheitsversorgung ebenfalls hauptsächlich über Steuern. Viele medizinische Behandlungen und teure Medikamente erhält man praktisch umsonst. Ausserdem kann man sich für die Dienstleistungen von Privatspitälern versichern – zumindest, wer es sich leisten kann. Das italienische System ist zwar billig für die Bevölkerung, steht aber immer wieder unter Kritik: Wartelisten für Spitäler und Behandlungen sind teils lang, es gibt Qualitätsunterschiede zwischen den Regionen und Behandlungsmöglichkeiten zu Hause sind nur limitiert vorhanden.

Einkommensabhängige Prämien in Deutschland

Das deutsche System ist dem hiesigen am ähnlichsten. Rund 100 Krankenkassen konkurrieren als öffentlich-rechtliche Körperschaften miteinander. Sie sind durch Steuern und Beiträge von Arbeitnehmenden und Arbeitgebenden finanziert. Trotzdem zahlen die Deutschen weniger aus der eigenen Tasche als Schweizerinnen und Schweizer. Die Beiträge an die Krankenkassen sind im Unterschied zur Schweiz auch einkommensabhängig. In der Schweiz werden die Rufe nach einer Abschaffung der sogenannten Kopfprämie lauter – wer viel verdient, würde dann eine höhere Prämie zahlen. Wer will, kann sich in Deutschland privat versichern lassen. Zwar kostet das mehr, aber man erhält meist direkt einen Termin ohne Wartezeit.

Berufskategorien in Frankreich

Auch im Westen läufts ähnlich: Alle sind obligatorisch versichert. Es gibt allerdings verschiedene Krankenkassen für Angestellte, Landwirte, selbständig Erwerbende oder Beamte. Finanziert werden die Kassen durch Steuern, Abgaben und lohnabhängige Beiträge. Auch das französische System kennt also keine Kopfprämien, wie in der Schweiz. Aus dem eigenen Portemonnaie muss die Bevölkerung nur rund 8 Prozent der gesamten Kosten bezahlen, die jährlich pro Kopf ausgegeben werden.
 

Wartezeiten in Spanien

Die allermeisten Spanier und Spanierinnen haben Anspruch auf eine kostenlose Gesundheitsversorgung. Die wird über Steuern finanziert. Für ärztliche Behandlungen oder Krankenhausdienste fallen keine Kosten an. In der Praxis sieht das Ganze aber weniger rosig aus: Die Wartezeiten für Behandlungen, Termine und Operationen sind lang. Darum lassen sich immer mehr Spanierinnen und Spanier privat versichern. 
 

In anderen europäischen Ländern spielt die staatliche Finanzierung der Krankenkasse also eine viel grössere Rolle als in der Schweiz. Trotz unterschiedlicher Systeme – das Gesundheitswesen kränkelt überall wegen ähnlicher Gründe. Die Lebenserwartung steigt, und die Kosten ebenfalls. In der Schweiz muss die Bevölkerung dafür geradestehen.

Weiterlesen - ein Beitrag von Céline Zahno erschienen am 13.04.2024 auf blick.ch

Mutterschaftsentschädigung von Parlamentarierinnen: Änderung tritt in Kraft

Parlamentarierinnen, die während des Mutterschaftsurlaubs an einer Rats- oder Kommissionssitzung teilnehmen, an der sie sich nicht vertreten lassen dürfen, behalten künftig ihren Anspruch auf Mutterschaftsentschädigung. Der Bundesrat hat an seiner Sitzung vom 10. April 2024 die entsprechenden Ausführungsbestimmungen gutgeheissen und das Inkrafttreten per 1. Juli 2024 beschlossen.

Bislang haben Parlamentarierinnen ihren Anspruch auf Mutterschaftsentschädigung verloren, wenn sie während des Mutterschaftsurlaubs an Rats- oder Kommissionssitzungen teilgenommen haben. Die entsprechende Regelung in der Erwerbsersatzverordnung (EOV) passt der Bundesrat nun an.

Neu können Parlamentarierinnen im Mutterschaftsurlaub an Rats- und Kommissionssitzungen von Parlamenten (Legislative) auf Bundes-, Kantons- oder Gemeindeebene teilnehmen, ohne dass ihr Anspruch auf Mutterschaftsentschädigung endet. Voraussetzung ist allerdings, dass für die betreffende Sitzung keine Vertretungslösung vorgesehen ist.

Die betroffene Parlamentarierin muss der Ausgleichskasse eine Bescheinigung der zuständigen Stelle einreichen, wonach die Stellvertretung für die Sitzungen, an denen sie teilgenommen hat, nicht erlaubt war.

Diese Ausnahmeregelung fördert die Vereinbarkeit von Mutterschaft und parlamentarischem Milizmandat und stärkt das Schweizerische Milizsystem. Die Parlamentarierin, die sich im Mutterschaftsurlaub befindet, kann so ihren vom Volk erteilten Auftrag auch während des Mutterschaftsurlaubs ausüben und die Stärkeverhältnisse im Parlament bleiben trotz Elternschaft erhalten.

Der Bundesrat hat die entsprechende Änderung der Erwerbsersatzverordnung (EOV) gutgeheissen und setzt die neue Regelung per 1. Juli 2024 in Kraft.

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Neue Zahlen liegen vor: Wo in der Schweiz die Kaufkraft am höchsten ist

Im Vergleich zu Deutschland und Österreich haben die hiesigen Einwohner deutlich mehr Geld für Ausgaben und zum Sparen in der Hinterhand. Doch die regionalen Unterschiede in der Schweiz sind gross. Blick zeigt dir die kaufkraftstärksten Kantone und Bezirke.

Die Schweiz macht ihrem Ruf als reiche Nation weiterhin alle Ehre. So weist unser Land für dieses Jahr eine Pro-Kopf-Kaufkraft von knapp 50'000 Franken auf, wie aus den neusten Daten des Marktforschungsinstituts GfK hervorgeht. Definiert wird die Kaufkraft dabei als die Summe aller Nettoeinkünfte der Bevölkerung. Neben dem Einkommen zählt GfK auch Kapitaleinkünfte, Arbeitslosengeld, Kindergeld und Renten dazu. Konkret und in Euro angegeben kommt die Schweiz auf eine Kaufkraft je Einwohner von 52'566 Euro. Zum Vergleich: Österreich kommt auf 29'266 Euro. Und Deutschland liegt mit 27'848 Euro noch weiter zurück. Gleichsam ist Österreich im Vergleich der drei deutschsprachigen Ländern der Gewinner. Denn bei unserem östlichen Nachbarn stieg die Kaufkraft gegenüber 2023 um 6,7 Prozent. Die Schweiz verzeichnet bloss einen moderaten Kaufkraftzugewinn von 3,2 Prozent. Schlechter im Vorjahresvergleich steht Deutschland da mit einem Anstieg von 2,8 Prozent.

Die Innerschweizer Kantone liegen vorne

Insgesamt beläuft sich die Kaufkraftsumme der Schweiz auf 440,1 Milliarden Franken. Aufgeteilt auf die mehr als 8,8 Millionen Einwohner ergibt das eben durchschnittlich 49'921 Franken im Portemonnaie von Herr und Frau Schweizer für Ausgaben wie Miete, Bekleidung oder andere Lebenshaltungskosten. Aus der Kaufkraftstudie von GfK geht jedoch hervor, dass es nicht nur zwischen den Ländern grosse Differenzen gibt, sondern auch beachtliche regionale Unterschiede bestehen.

Beim Kantonsvergleich führen wie in den Vorjahren die steuergünstigen Kantone Zug, Schwyz und Nidwalden das Ranking der zehn kaufkräftstärksten Kantone an. Deutlich auf dem ersten Platz liegt dabei Zug mit einer Pro-Kopf-Kaufkraft von gut 82'000 Franken. Damit stehen den Menschen dort über 64 Prozent mehr als dem durchschnittlichen Schweizer für ihre Ausgaben und zum Sparen zur Verfügung. Im Vergleich zum Vorjahr gibt es 2024 eine Änderung im Ranking. Luzern schiebt sich dieses Jahr an Basel-Stadt vorbei und belegt nun den neunten Platz. Ebenfalls auffallend: Nur gerade acht der total 26 Kantone haben eine überdurchschnittliche Pro-Kopf-Kaufkraft. Bei mehr als zwei Dritteln der Kantone liegt das Ausgabepotenzial also unter dem Schnitt. Dies ist auf die Dominanz von Zug und Schwyz zurückzuführen, die den schweizweiten Durchschnitt nach oben ziehen. Im letztplatzierten Kanton Jura haben die Menschen eine Pro-Kopf-Kaufkraft von 41'819 Franken.

Viele Reiche wohnen am Zürichsee

Auf der feingliedrigen Bezirksebene werden die regionalen Kaufkraftunterschiede noch deutlicher. Spitzenreiter ist wie in den Vorjahren der Schwyzer Bezirk Höfe. Dort haben die Einwohner pro Kopf ein über 150 Prozent höheres Ausgabepotenzial als der Durchschnittsschweizer. Auf den Rängen zwei und drei folgen der Bezirk Meilen ZH und der Kanton Zug.

Am anderen Ende des Rankings befindet sich wie in den Vorjahren die Region Bernina GR: Hier haben die Einwohner eine Pro-Kopf-Kaufkraft von 36'649 Franken. Damit ist die Kaufkraft je Einwohner im Bezirk Höfe fast 3,5-mal so hoch wie in der Region Bernina. Fast alle Bezirke in den Top 10 befinden sich geografisch in der Nähe des Zürichsees und gehören zu den vier kaufkraftstärksten Kantonen. Einzige Ausnahme: der Bezirk Lavaux-Oron östlich von Lausanne am Genfersee, der aber einen Platz im Ranking zugunsten des Kantons Nidwalden verloren hat. Neueinsteiger in die besten zehn Bezirke ist der Bezirk Einsiedeln SZ auf Platz zehn.

Weiterlesen - ein Beitrag von Michael Hotz erschienen am 09.04.2024 auf blick.ch

Die Bevölkerung der Schweiz ist 2023 stark gewachsen trotz markantem Geburtenrückgang

2023 hat die ständige Wohnbevölkerung der Schweiz gegenüber dem Vorjahr zugenommen. Am 31. Dezember umfasste sie etwas mehr als 8 960 800 Personen. Bei den Einwanderungen wurde gegenüber 2022 ein deutliches Plus verzeichnet, was hauptsächlich mit den Personen aus der Ukraine zusammenhängt. Der bereits 2022 beobachtete Geburtenrückgang hielt an, gleichzeitig verringerte sich die Anzahl Todesfälle gegenüber dem Vorjahr. Auch die Zahl der Eheschliessungen und der Scheidungen nahm ab. Dies sind einige provisorische Ergebnisse für das Jahr 2023 der Statistik der Bevölkerung und der Haushalte sowie der Statistik der natürlichen Bevölkerungsbewegung des Bundesamtes für Statistik (BFS).

Am 31. Dezember 2023 umfasste die ständige Wohnbevölkerung der Schweiz 8 960 800 Personen, gegenüber 8 815 400 im Vorjahr (+145 400 Personen; +1,6%). Damit ist sie ist fast doppelt so stark gewachsen wie 2022 (+0,9%), womit das Wachstum so markant ausfiel wie seit Beginn der 1960er-Jahre nicht mehr. Ohne die Personen aus der Ukraine hätte sich die Bevölkerungszahl um 1,0% erhöht. Alle Kantone verzeichneten eine Zunahme. Das grösste Plus registrierten die Kantone Wallis (+2,4%) sowie Schaffhausen und Aargau (je +2,2%), am geringsten war der Anstieg in den Kantonen Jura (+0,9%), Neuenburg, Tessin und Appenzell Innerrhoden (je +1,0%).

Historisch hoher Wanderungssaldo

Nachdem sich die Einwanderung in den Pandemiejahren verlangsamt hatte, zog sie 2022 wieder an und nahm auch 2023 zu. Der Anstieg ist teilweise darauf zurückzuführen, dass die Personen aus der Ukraine seit 2023 zur ständigen Wohnbevölkerung zählen. 2023 wanderten insgesamt 263 800 Personen ein (+38,2% gegenüber 2022), davon waren 22 100 Schweizer Staatsangehörige und 241 700 Ausländerinnen und Ausländer. Bei 53 100 Eingewanderten handelte es sich um Personen mit Schutzstatus S aus der Ukraine (20,1% aller Einwanderungen). Die Auswanderungen gingen hingegen leicht zurück. 121 600 Personen verliessen die Schweiz (30 700 Schweizer Staatsangehörige und 90 900 ausländische Staatsangehörige). Das entspricht einem Minus von 0,5% im Vergleich zum Vorjahr. In der Folge stieg der Wanderungssaldo (Differenz zwischen Ein- und Auswanderungen) von 68 800 im Jahr 2022 auf 142 300 im Jahr 2023 (+106,9%). Dieser Saldo erklärt rund 95% des Bevölkerungswachstums im Jahr 2023 (gegenüber 90% im Vorjahr). In der Schweiz wurde noch nie zuvor ein so hoher Wanderungssaldo verzeichnet. Ohne die Personen aus der Ukraine hätte er bei 89 200 Personen gelegen und der Anstieg gegenüber 2022 hätte sich auf 29,6% beschränkt. Gegenüber 2022 wanderten im Jahr 2023 weniger Schweizer Staatsangehörige aus der Schweiz aus (-1,8%), aber mehr ein (+1,4%). Bei den ausländischen Staatsangehörigen legten die Einwanderungen deutlich zu (+43,0%), während die Auswanderungen gegenüber dem Vorjahr unverändert geblieben sind (0,0%). Der provisorische Wanderungssaldo der ausländischen Staatsangehörigen war somit 2023 positiv (+150 800 Personen), jener der Schweizer Bevölkerung hingegen negativ (-8600 Personen).

Einwanderung aus der Ukraine

Im Jahr 2022 flüchteten rund 62 700 Personen vor dem Krieg aus der Ukraine in die Schweiz. Die Anrechnung der Personen mit Schutzstatus S, die ein Jahr nach ihrer Einreise noch in der Schweiz wohnten, hat stark zum Anstieg des provisorischen Wanderungssaldos von 2023 beigetragen. Über ein Drittel (37,3%) dieses Saldos ist auf ihren Wechsel von der nichtständigen in die ständige Wohnbevölkerung zurückzuführen. Der grösste Teil des Wanderungssaldos (44,9%) entfällt auf die Staatsangehörigen aus EU- und EFTA-Ländern wobei deutsche, französische und italienische Staatsangehörige am stärksten vertreten waren. Gemäss den provisorischen Zahlen lebten 2023 insgesamt 2 416 400 Ausländerinnen und Ausländer in der Schweiz, was 27,0% der ständigen Wohnbevölkerung entspricht. Die ausländische Bevölkerung wächst schneller als die Schweizer Bevölkerung (+5,2% gegenüber +0,4%). Sie hat 2023 nahezu doppelt so stark zugenommen wie 2022 (5,2% gegenüber 2,3%). Ohne die Personen aus der Ukraine wäre die ausländische Bevölkerung um 2,9% gewachsen.

Markanter Geburtenrückgang

Nach den provisorischen Zahlen wurden 2023 in der Schweiz durchschnittlich 1,33 Kinder pro Frau geboren, so wenige wie noch nie zuvor. 2022 waren es noch 1,39 gewesen. Die Geburtenhäufigkeit ist seit zwei Jahren stark rückläufig. 2023 wurden in der Schweiz 79 800 Lebendgeburten verzeichnet. Das sind 2500 bzw. 3,1% weniger als 2022. Wird die Anzahl Geburten im Verhältnis zur Bevölkerung betrachtet, liegt die rohe Geburtenziffer seit zwei Jahren auf einem tiefen Niveau (2023: 9,0 Geburten auf 1000 Einwohner/-innen; 2022: 9,4). Der Geburtenrückgang gegenüber 2022 betrifft nahezu alle Kantone. Einzig Basel-Stadt, Uri, Jura, Obwalden, Luzern und Appenzell Innerrhoden bilden eine Ausnahme. 

Todesfälle wieder auf Vor-Corona-Niveau 

2023 sind in der Schweiz 71 700 Menschen gestorben, 2800 weniger als im Vorjahr (-3,7%). Die Anzahl Todesfälle verringerte sich in den meisten Kantonen, einzig in Glarus, Nidwalden, Aargau und Schaffhausen blieb sie insgesamt stabil. Die hohe Anzahl Todesfälle ist im Wesentlichen auf die Bevölkerungsalterung zurückführen; 88% der Todesfälle betrafen Personen ab 65 Jahren. Zwischen 2022 und 2023 stieg die Lebenserwartung bei Geburt der Männer von 81,6 auf 82,3 Jahre und jene der Frauen von 85,4 auf 85,9 Jahre (provisorische Zahl). Aus der tiefen Geburtenzahl und der weiterhin hohen Anzahl Todesfälle im Jahr 2023 resultierte ein Geburtenüberschuss (Differenz zwischen Geburten und Todesfällen) von 8200 Personen, der einen kleinen Teil (rund 5%) des Bevölkerungswachstums erklärt. In zwölf Kantonen starben mehr Menschen als Kinder geboren wurden: im Tessin, in Bern, Basel-Stadt und Basel-Landschaft, Graubünden, Neuenburg, Jura, Schaffhausen, Glarus, Solothurn, Nidwalden und Appenzell Ausserrhoden.

Weniger Eheschliessungen und Scheidungen 

2023 wurden 37 500 Ehen geschlossen, 3400 bzw. 8,3% weniger als 2022. Bei den Eheschliessungen zwischen Personen unterschiedlichen Geschlechts wurde ein Rückgang von 2100 Ehen gegenüber 2022 registriert. Darüber hinaus wurden rund 900 gleichgeschlechtliche Ehen geschlossen und 800 eingetragene Partnerschaften in eine Ehe umgewandelt. 2023 wurden 15 500 Scheidungen ausgesprochen; dies entspricht einer Abnahme um 4,3% im Vergleich zum Vorjahr. Darin sind erstmals auch Scheidungen gleichgeschlechtlicher Ehen enthalten (41). Bei Fortsetzung der 2023 beobachteten Trends ist davon auszugehen, dass rund zwei von fünf Ehen (38,0%) eines Tages mit einer Scheidung enden (provisorische Zahl).

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