Prämienentlastungs-Initiative: In diesen Kantonen profitiert man am meisten

Am 9. Juni entscheidet die Schweizer Bevölkerung über einen Prämiendeckel. Je nach Kanton hätte ein Ja ganz unterschiedliche Konsequenzen. Blick liefert eine Übersicht.

Die SP will die Krankenkassenprämien deckeln. Nicht mehr als zehn Prozent des verfügbaren Einkommens von Haushalten soll für Prämien draufgehen. Das fordert die Partei mit der Prämienentlastungs-Initiative, über die am 9. Juni abgestimmt wird. An einigen Orten dürfte die Initiative stärker polarisieren als an anderen. Denn: Nicht nur die Prämien fallen je nach Wohnort unterschiedlich aus, die Kantone greifen der Bevölkerung heute auch mit unterschiedlich hohen Prämienverbilligungen unter die Arme. Bei einem Ja zur Initiative würde also die Bevölkerung einiger Kantone mehr profitieren als anderer.

Neuenburger dürfen sich freuen

In den meisten Kantonen übersteigen die durchschnittlichen Prämien die 10-Prozent-Marke. Zum Beispiel für eine Familie mit zwei Kindern und einem Bruttoeinkommen von 80'000 Franken: In Basel-Stadt und Genf muss sie fast 19'000 Franken für die Prämien locker machen – also fast ein Viertel des Gehalts! Sogar nach Bezug der Prämienverbilligung muss die Familie je nach Kanton noch immer tief in die Tasche greifen. In Neuenburg etwa machen die restlichen Prämienkosten heute nach wie vor 18,3 Prozent des Einkommens aus, in Basel-Stadt 17,7 Prozent. Die Neuenburger und Basel-Städter profitierten damit mit Abstand am meisten von der Initiative. Die vierköpfige Muster-Familie würde in beiden Kantonen jährlich über 6000 Franken einsparen. Jedenfalls dann, wenn die Initiative so umgesetzt wird, wie die Initianten dies in ihrem Argumentarium wünschen (siehe Box).

Familie profitiert in den meisten Kantonen

Die Familie würde auch in den meisten anderen Kantonen entlastet, auch wenn sie ohnehin schon eine Prämienverbilligung erhält. Im Kanton Tessin zwar nur mit 524 Franken im Jahr, dafür würde sie aber mit den regulären Prämien jährlich satte 9000 Franken einsparen. Lediglich in sieben Kantonen übersteigen die Prämien nach Abzug der Verbilligungen die 10-Prozent-Marke nicht. Das sind hauptsächlich Innerschweizer Kantone und Graubünden. Dort hätte die Initiative also vor allem Auswirkungen für Familien, die bislang noch keine Verbilligungen erhalten haben.

Der Mittelstand profitiert

Wie sieht es bei anderen Haushaltsmodellen und Einkommen aus? Unter dem Strich zeigen Zahlen des Gewerkschaftsbunds für das Jahr 2023: Besonders dem Mittelstand würde die Initiative zugutekommen. Für Paare ohne Kinder steigt die Prämienlast bei einem Jahresbruttolohn von rund 60'000 Franken zum Beispiel bis zu 16 Prozent. Je höher das Einkommen, desto tiefer wird dann auch die Prämienlast. Aber momentan sinkt diese erst ab einem Einkommen von 120'000 Franken unter die 10-Prozent-Marke. Für Alleinstehende ohne Kinder würde sich die Initiative hingegen nur bis zu einem Jahresbruttolohn von rund 60'000 Franken im Jahr lohnen. Für die untersten Einkommen hätte die Initiative keine grossen Auswirkungen, da der Staat schon jetzt einen Grossteil der Prämienlast übernimmt.

Wer soll dafür zahlen?

Für die Entlastung der Haushalte würde vor allem der Bund in die Bresche springen. Er müsste den Grossteil der Kosten übernehmen, die über der 10-Prozent-Marke anfallen. An den Kantonen soll maximal ein Drittel hängenbleiben. Die Kantone Waadt und Genf würden von der neu organisierten Finanzierung massiv profitieren. Denn: Sie spendieren ihren Bevölkerungen schon jetzt hohe Verbilligungen und könnten neu einen grossen Teil dieser Kosten auf den Bund abwälzen. Andere Kantone würde ein Ja aber teuer zu stehen kommen. Und zwar denen, die sich bei Verbilligungen momentan wenig spendabel zeigen. Laut Berechnung des Bundesamts für Gesundheit für das Jahr 2020 müsste der Kanton Bern zum Beispiel zusätzlich rund 160 Millionen Franken hinblättern. Aber aufgepasst: Um die riesigen Mehrkosten zu stemmen, könnte der Bund Steuererhöhungen in Betracht ziehen, wie Regierung und Gegner der Initiative warnen. Und das würde dann trotzdem wieder bei den Haushalten zu Buche schlagen.

Weiterlesen - ein Beitrag von Céline Zahno erschienen am 06.05.24 auf blick.ch

«Mutter betreut, Vater zahlt» gilt noch heute: Warum Scheidung für Familien zur finanziellen Falle werden kann

Die Trennung ist für Vater und Mutter finanziell ein Unglück. Getrenntes Wohnen bietet zwar neue Lebensperspektiven, ist aber auch ein erhebliches finanzielles Risiko.

Eine Trennung verändert fast alles: Das Paar löst sich auf, ein neues Lebenskapitel beginnt. Doch Eltern bleiben Eltern, auch wenn die Liebe weg ist. Bei den 16 000 Scheidungen, die 2022 in der Schweiz gesprochen wurden, waren 13 000 Kinder betroffen. Scheidung ist Familiensache, die elterliche Fürsorge hört mit dem Ende der Partnerschaft nicht auf.

Die Trennung hat negative Auswirkungen auf die finanzielle Situation nicht nur des Paares, sondern der gesamten Familie. Denn über kurz oder lang verändert sich die Wohnsituation der Familienmitglieder. Oft zieht ein Partner aus, bald müssen zwei Haushalte finanziert werden. Die Wohnkosten schiessen in die Höhe, das Einkommen bleibt gleich.

Aber auch das Zusammenleben muss neu verhandelt und organisiert werden: Bei wem wohnen die Kinder? Wer übernimmt die Betreuung, und wer finanziert den Unterhalt?

Nicht nur die Wünsche und Verhandlungen zwischen den Ex-Partnern bestimmen das Ergebnis. Die spätere Wohnform hängt auch stark vom ökonomischen Status der Familie ab, sagt Nina Weimann-Sandig, Soziologin an der Evangelischen Hochschule Dresden.

Residenz: Relikt und Realität

Je grösser die Gehaltsunterschiede zwischen Mann und Frau, desto eher werde das Residenzmodell gelebt, sagt sie. In diesem wohnen die Kinder hauptsächlich bei einem Elternteil in Residenz – meist der Mutter – das andere Elternteil erhält ein Besuchsrecht.

Die traditionelle Rollenverteilung wird so auch nach der Trennung weitergelebt: Der Vater sorgt für das Haupteinkommen, die Mutter übernimmt den Grossteil der Kinderbetreuung und arbeitet Teilzeit. Gemäss Bundesamt für Statistik haben Männer in einem Haushalt mit Kindern ein durchschnittliches Pensum von 90 Prozent, Frauen eines von rund 50 Prozent.

Welche Wohnformen nach einer Trennung daraus resultieren, wird in der Schweiz nicht erhoben. Für Martin Widrig, Jurist und Experte für Familienfragen an der Universität Freiburg, ist das Residenzmodell hierzulande immer noch dominant.

Dabei wird politisch das Wechselmodell gefördert. Bei diesem Modell sollen sich Vater und Mutter die Betreuung der Kinder im Alltag in alternierender Obhut aufteilen. Wobei die Betreuung schon ab einem Betreuungsanteil von 30 Prozent als «geteilt» gilt. Männer können seit 2017 gerichtlich verlangen, dass die Möglichkeit alternierender Obhut nach einer Trennung geprüft wird. Gesetzlich verankert ist sie nicht. In der Realität leben die Kinder aber viel häufiger bei der Mutter als beim Vater. Nur rund ein Sechstel der Getrennten oder Geschiedenen teilt sich die Betreuung der Kinder auf.

Die Betreuungsform beeinflusst die Höhe des Unterhalts. Anwälte sprächen sich deshalb oft aus finanziellen Überlegungen gegen eine alternierende Obhut aus, sagt Widrig. Im Streitfall vor Gericht resultiere immer noch in mehr als zwei Drittel der Fälle das Residenzmodell, schätzt er. Wobei sich die grosse Mehrheit der Paare aussergerichtlich über ein Betreuungsmodell einigen könnten.

Bei kleineren Kindern kann das Residenzmodell sinnvoll sein, zumal die Hauptbezugsperson – meist die Mutter – auch nach der Trennung dieselbe bleibt. Manchmal ist das Modell auch unvermeidbar, wenn etwa jobbedingt eine grosse geografische Distanz zwischen den ehemaligen Partnern entsteht.

Doch besonders für die Frauen birgt die Residenz finanziell Gefahren. Viele getrennte Mütter arbeiten weiterhin Teilzeit, weil die übrige Zeit durch Kinderbetreuung ausgefüllt ist. Die Elternschaft wird aber nicht zwischen den Ex-Partnern geteilt. Die Hauptlast der Erziehungsarbeit liegt somit bei der Mutter. Das macht sie faktisch zu einer Alleinerziehenden. Hinzu kommt wegen ihres oft geringeren Einkommens das grössere Risiko, später an Altersarmut zu leiden.

Alternierende Obhut bloss ein Ideal?

Als zeitgemäss und «gesellschaftlich erwünscht» sehen deshalb viele die alternierende Obhut. In diesem Wechselmodell lösen sich die Eltern bei der Kinderbetreuung ab und partizipieren «gleichberechtigt» am Alltagsleben der Kinder.

Dabei sind zwar die Unterhaltsansprüche geringer, doch die alternierende Obhut sei im Sinne des Kindeswohls, glaubt Martin Widrig. Der Jurist hat in einer Studie gezeigt, dass sich Kinder in diesem psychisch gesünder entwickeln als unter der Obhut nur eines Elternteils.

Aber auch die Eltern können profitieren. Kinder zu betreuen, sei zwar schön, aber auch zeit- und kräfteraubend, sagt Widrig. «Nach einer Woche Familienleben sich auf das Berufliche oder das neue Single-Dasein zu konzentrieren, ist eine attraktive Perspektive.»

Es haben sich unterschiedliche Varianten der alternierenden Obhut entwickelt. Als «Ideal» wird eine 50:50-Betreuung gesehen, wochenweise abwechselnd oder Montag bis Mittwoch und Mittwoch bis Freitag mit alternierenden Wochenenden.

Wenn beide gut verdienen und auf Unterhaltsansprüche verzichten können, ist auch für die Soziologin Weimann-Sandig das Wechselmodell zu bevorzugen. Dabei stellt sie einen Stadt-Land-Graben fest. So sei in Deutschland in städtischen Gebieten und im Osten des Landes das Wechselmodell häufiger anzutreffen. In ländlichen, katholisch ge-prägten Gebieten wie Bayern gebe es hingegen eine klare Tendenz zum Residenzmodell.

Zudem hätten es auf dem Land getrennte Mütter schwerer, sich für eine alternierende Obhut zu entscheiden, weil sie eher dem «mom bashing» ausgesetzt seien: Frauen würden dafür kritisiert, lediglich eine «Teilzeit-Mutter» zu sein. In den Städten hingegen seien eher Unterschiede zwischen den Generationen zu beobachten. Je jünger die Familien, desto eher wird das alternierende Modell bevorzugt.

So auch in der Stadt und Agglomeration Zürich. Dort sei das Bedürfnis nach alternierender Obhut in den letzten Jahren stark gestiegen; auch wenn das nicht unbedingt die gelebte familiäre Realität von vor der Trennung widerspiegle, sagt die Juristin und Familienmediatorin Dina Aguilar Carrillo.

Die Umsetzung des Wechselmodells ist finanziell und organisatorisch jedoch anspruchsvoll. So müssen die getrennten Eltern miteinander kommunizieren können, um sich zu koordinieren. Zudem müssen nach der Trennung schnell zwei Wohnungen her, die geografisch nahe beieinander sind, damit die Kinder selbständig «pendeln» können. Das ist angesichts des angespannten Wohnungsmarkts in vielen Städten ein schwieriges und teures Unterfangen.

Luxus-Nest ist eine temporäre Lösung

In der Regel teurer als die alternierende Obhut ist eine Wohnform , die man als Nestmodell bezeichnet. Der Vorteil ist, dass die Kinder in der vertrauten Familienwohnung, dem Nest, bleiben. Die Eltern pendeln zwischen dieser und der eigenen, externen Wohnungen ausserhalb des Nests. Es braucht insgesamt also bis zu drei Wohnungen. Dieses Modell sei für die Getrenntlebenden eine hohe ökonomische Belastung und auch deshalb am wenigsten verbreitet, sagt Weimann-Sandig.

Beim Nestmodell stehen die Kinder im Vordergrund. Für die Eltern sei es aber sehr aufwendig. «Sie haben keinen Rückzugsort, leben aus dem Koffer», sagt Aguilar Carrillo. Das Nest sei deshalb meist ein zeitlich begrenztes Übergangsmodell, das selten über die Scheidung hinaus beibehalten werde. Erschwerend komme hinzu, dass es ein Nährboden für weitere Konflikte unter den Partnern bieten könne, etwa wenn es um die Führung des Haushalts gehe oder neue Geliebte ins Spiel kämen.

Das Nest muss finanziell aber nicht immer teurer sein als das Wechselmodell. Die Familienwohnung, in der die Kinder leben, braucht eine gewisse Grösse. Doch beschränken sich die Eltern auf eine oder zwei Satellitenwohnungen, etwa Studios oder WG-Zimmer, kann es günstiger sein als zwei grosse Wohnungen in der alternierenden Obhut. Hier ist der Erfindergeist der Eltern gefragt und ihre Bereitschaft, eine für sie und die Kinder passende Lösung zu finden.

Unterhalt: Frauen betreuen, Männer bezahlen

Wenig Erfindergeist gefragt ist beim finanziellen Aufkommen für die Kinder. Bis mindestens zum 18. Lebensjahr oder einer abgeschlossenen Erstausbildung sind die Eltern für ihre Kinder verantwortlich. Dabei muss der finanzielle Unterhalt der Kinder geregelt sein, erst danach wird der nacheheliche Unterhalt festgelegt, also etwa die Höhe der Alimente.

In der alternierenden Obhut wird das Ideal einer egalitären Aufteilung von Arbeit und Kinderbetreuung unter den Eltern angestrebt. Die Idee ist, dass wenn beide Elternteile gleich viel betreuen und verdienen, sie zu gleichen Teilen für den Unterhalt der Kinder aufkommen müssen. Doch mit der Realität hat das nicht viel zu tun.

Wie bei der Aufteilung der Kinderbetreuung spiegelt auch die Regelung des Unterhalts gesellschaftliche Muster. Nach einer Scheidung gehen Frauen typischerweise weniger einer Erwerbsarbeit nach und verdienen weniger als ihre Ex-Männer. Unterhaltspflichtig ist aber dasjenige Elternteil, bei dem die Kinder nicht schwerpunktmässig leben, und das sind meist die Väter.

Die Väter gingen derweil oft weiter ihrem bisherigen Vollpensum nach, um die durch die Trennung verursachten Mehrkosten abzufedern und einen Teil ihrer Betreuungspflichten durch Fremdbetreuung abzudecken, stellt Aguilar Carrillo fest. Aber auch wenn Väter die Hälfte der Betreuung übernähmen, müssten sie oft Unterhaltsbeiträge an die Mütter zahlen, weil sie mehr verdienten als diese.

Die Frauen stockten ihr Pensum oft maximal auf 80 Prozent auf, womit sie ihren eigenen Bedarf oft nicht selbständig decken könnten. So steckten manche getrennte Väter in der Situation, dass sie Vollzeit arbeiten, die Hälfte der Kinderbetreuung übernehmen sowie Unterhalt an die Ex-Partnerin zahlen müssten.

Weiterlesen - ein Beitrag von Eflamm Mordrelle erschienen am 06.05.2024 auf www.nzz.ch

Geldnot in Haushalten steigt: Budget-Beratungen am Anschlag

Immer mehr Personen suchen Rat zum Thema Budget. Denn die gestiegenen Kosten bringen immer mehr Haushalte in Bedrängnis. Das führt zu längeren Wartezeiten bei den Beratungsstellen.

Eine Person hat 20'000 Franken Schulden – kann monatlich aber nur 500 Franken abstottern. Eine andere Person ist seit kurzem in Rente und muss deshalb den Gürtel enger schnallen. Ein Paar kommt, um seine Dokumente und Zahlungsaufforderungen zu ordnen. Und ein Unternehmer muss den Covid-Kredit zurückbezahlen, kann sich das in der Selbstständigkeit aber nicht leisten. Sie alle haben die Moneythek – eine Beratungsstelle bei Geldfragen in Zürich – am selben Tag besucht. Ganz unterschiedlich sind ihre Schicksale. Aber: «Der Wunsch nach Kontrolle und danach, einen Überblick über die eigene Geld-Situation zu haben, ist bei allen gleich», sagt Simone Reiser (36) von der Moneythek. Denn die gestiegenen Kosten für Miete, Strom, Krankenkasse und Lebensmittel machen immer mehr Menschen zu schaffen. Und bringen die Beratungsstellen zunehmend an den Anschlag.

Einschneidende Massnahmen nötig

Das berichten die Schweizer Budgetberatungen in einer Umfrage von Blick. «Die meisten unserer Beratungsstellen sind stark ausgelastet», bestätigt Philippe Frei (39), Geschäftsführer des Dachverbands Budgetberatung Schweiz (DBBCH) mit 30 aktiven Mitgliedern. Das sorgt für längere Wartezeiten. Auch die Website des Dachverbands wird öfters aufgerufen als üblich, zudem greifen immer mehr Hilfesuchende zum Telefon. Seit Jahresbeginn zahlt man für die Krankenkassenprämien fast 9 Prozent mehr. Auch Strom kostet im Schnitt 32.14 Rappen mehr pro Kilowattstunde. Zudem zahlen die meisten wegen des gestiegenen Referenzzinssatzes mehr Miete. Die Löhne dagegen sind in vielen Branchen gleichgeblieben – real gar gesunken.

Philipp Frei: «Die Belastung unserer Klienten ist spürbar.»

Frei spricht im Gespräch mit Blick die Hilflosigkeit der Ratsuchenden an. «Sie haben nichts an ihrem Leben verändert – und stehen trotzdem Ende Monat mit weniger Geld da.» Bei vielen gehe es nicht darum, ob man beim Handyabo noch etwas Geld sparen kann. Sondern um einschneidendere Massnahmen. Etwa, ob man sich ein Auto als Familie noch leisten kann. Vor allem bei Personen, die vorher bereits ein knappes Budget hatten, wird es jetzt eng. Zum Teil ist die Sozialhilfe der einzige Ausweg. «Die Belastung unserer Klienten ist spürbar. Wir versuchen, ihnen eine gewisse Sicherheit zu geben», so Frei.

Direktabzüge würden helfen

Die steigende Belastung der Klienten bemerkt auch die Budget- und Schuldenberatung Aargau-Solothurn. «Viele Klientinnen und Klienten äussern, dass ‹alles teurer geworden ist› und dass sie mit dem bisherigen Einkommen heute nicht mehr zurechtkommen», heisst es auf Anfrage von Blick. Die Beratungsstelle hat dieses Jahr bereits über 60 Personen mehr geholfen als im gleichen Zeitraum im Vorjahr. Damit sich das wieder ändere, brauche es höhere Löhne sowie mehr bezahlbare Wohnungen. «Direktabzüge der Krankenkasse und der Steuern vom Lohn wären ebenfalls eine Entlastung und würde einer Verschuldung entgegensteuern», so die Geschäftsleiterin.

 Manuela Stirnimann: «Dann heisst es Leben mit Schulden oder am Existenzminimum.»

Auch in der Frauenzentrale Luzern steigt die Zahl der Beratungen – und das seit Jahren. Letztes Jahr besuchten 100 Personen mehr die Budgetberatung als 2020. In einigen Fällen können Budgetberaterinnen lediglich dabei unterstützen, die richtigen Prioritäten zu setzen und einen Umgang mit der Situation zu finden. «Dann heisst es leben mit Schulden oder am Existenzminimum», so die Budgetberaterin Manuela Stirnimann (46). Pro Jahr leistet die Frauenzentrale zwischen 50'000 und 80'000 Franken Soforthilfe für Personen in Notsituationen – finanziert durch Stiftungen. In Bern hat die Frauenzentrale ihre Kapazitäten wegen der steigenden Nachfrage bereits im November 2023 ausgebaut. «Viele wollen verhindern, dass sie in eine Schuldenspirale geraten», so die Geschäftsführerin. In Bern werden die Hilfesuchenden nach der Erstellung des Budgets auch bei der Umsetzung betreut. Dafür haben nicht alle Beratungsstellen Kapazität.
 

Beratung bald auch online

Weil die Budgetberatungen mit Einzelgesprächen kaum noch nachkommen, plant der DBBCH Onlinekurse. Als Erstes steht ein allgemeiner Budgetkurs auf dem Plan. Dort lernt man, wie man ein Budget erstellt und – noch wichtiger – wie man dieses einhält. Zudem gibt es auch Tipps und Tricks zum Sparen. Die Teuerung liegt aktuell bei 1,4 Prozent – also innerhalb des Zieles der Schweizerischen Nationalbank. Das reiche jedoch nicht, sagt Frei: «Wir müssen wegkommen von diesen abstrakten Zahlen wie der Teuerung. Wir von der Budgetberatung sehen täglich, was für eine Belastung die gestiegenen Kosten für die einzelnen Personen sind.»

Weiterlesen - ein Beitrag von Milena Kälin erschienen am 03.05.24 auf blick.ch

So viel Geld haben die Rentner in der Schweiz wirklich

Unter dem Strich bekommt ein Schweizer Rentner deutlich mehr Geld als eine Rentnerin. Und: Die Entwicklung bei der Altersarmut ist nicht erfreulich. Blick zeigt dir die Fakten zur Vorsorge in der Schweiz.

Beim Wissen über die Vorsorge besteht Handlungsbedarf. Denn der Bevölkerung fehlt die Detailkenntnis über die finanzielle Situation nach der Pensionierung, wie Raiffeisen in einer Studie nachweist. Nur jede fünfte nicht-pensionierte Person über 60 ist gut auf den Ruhestand vorbereitet. Blick wirkt diesem Trend entgegen – und zeigt wichtige Zahlen zur aktuellen Lage bei den Finanzen der Pensionierten. Im Fokus: die Jahresrenten und die Entwicklung über die Jahre. Und die Armutsquote im Rentenalter. 

So viel Geld haben die Pensionierten

Die AHV stand zuletzt mit der Abstimmung über eine 13. Rente gross im Fokus politischer Debatten. Sie stellt sicher, dass die Bevölkerung einen guten Grundstock fürs Leben im Alter hat – und sorgt für eine gewisse Gleichheit bei den Geschlechtern. So beträgt eine durchschnittliche Monatsrente in der Schweiz laut den aktuellsten Zahlen des Bundesamts für Statistik 1862 Franken für Männer und 1883 Franken für Frauen. Zieht man aber die Gelder aus der Pensionskasse (2. Säule) hinzu, stehen die Männer deutlich besser da. Die Rentner haben im Schnitt mit fast 30'000 Franken pro Jahr mehr als doppelt so viel Gelder aus der beruflichen Vorsorge zur Verfügung als die Rentnerinnen mit rund 11'500 Franken. Unter dem Strich kommen Männer auf eine Jahresrente von durchschnittlich 52'735 Franken, Frauen nur 35'442 Franken. Pro Monat sind es fast 4400 Franken respektive knapp 3000 Franken. 


Die Frauen holen nicht wirklich auf

Beim Blick auf die Entwicklung in den letzten Jahren zeigt sich: Der sogenannte Pension Gap – die Differenz bei den Jahresrenten zwischen den Geschlechtern – hält sich im Schnitt stabil bei rund 17'000 Franken, mit leichten Schwankungen nach oben und unten. Prozentual gesehen haben Frauen im Alter finanziell rund ein Drittel weniger als die Männer. Immerhin: Nachdem die Differenz drei Jahre lang bis 2020 angestiegen ist, ist sie im letzten erhobenen Jahr 2021 wieder gesunken.


So hoch ist die Altersarmut in der Schweiz

Eine Studie des Versicherers Swiss Life von 2022 wies aus, dass die Rentner im Durchschnitt wirtschaftlich gut dastehen – und insgesamt finanziell zufriedener sind als die Jüngeren. Aber: Armut gibt es auch unter Pensionierten. Laut dem BfS sind gut 15 Prozent von Altersarmut betroffen. Die Armutsgrenze betrug 2022 durchschnittlich 2284 Franken im Monat für eine Einzelperson. Heisst also: Wer im Pensionsalter weniger als diese Schwelle zur Verfügung hat, gilt als altersarm. Die Daten belegen: Auch von Armut sind Frauen stärker betroffen als Männer. Zudem steigt die Gefahr, unter die Armutsgrenze zu fallen, mit dem Alter an. Ausländer kämpfen besonders mit Altersarmut.


Keine positive Entwicklung der Armutsquoten

Die Massnahmen zur Bekämpfung der Altersarmut haben zuletzt nicht sonderlich gefruchtet. Zwar zeigt die Tendenz seit 2019 wieder leicht nach unten. Vor fünf Jahren war die Armutsquote bei Rentnern aber sprunghaft angestiegen. Deshalb liegen die Werte für 2021, das letzte Jahr mit ausgewiesenen Zahlen, über jenen von vor zehn Jahren – eine nicht gerade erfreuliche Entwicklung.

Weiterlesen - ein Beitrag von Michael Hotz erschienen am 02.05.2025 auf blick.ch

Inflation im April höher gestiegen als erwartet

Die Teuerung ist im April auf 1,4 Prozent angestiegen. Das geht aus neuen Zahlen des Bundesamtes für Statistik hervor. Im April betrug die Teuerung 1,4 Prozent. Als Grund sieht das Bundesamt für Statistik unter anderem höhere Preise für Pauschalreisen. Gestiegen sind auch Preise für Möbel oder Benzin, gesunken jene für Hotels.

Im März betrug die Inflation ein Prozent, im April ist sie auf 1,4 Prozent gestiegen im Vergleich zum Vorjahresmonat. Der Landesindex der Konsumentenpreise stieg im Vergleich zum März um 0,3 Prozent und beträgt nun 107,4 Punkte. Der Anstieg ist laut dem Bundesamt für Statistik auf verschiedene Faktoren zurückzuführen, unter anderem auf die höheren Preise für Pauschalreisen ins Ausland und für den Luftverkehr. Ebenfalls gestiegen sind die Preise für Möbel und Einrichtungszubehör sowie jene für Benzin. Die Preise für Hotellerie und Parahotellerie sind hingegen gesunken, ebenso wie jene für Gas.

Inflation höher als erwartet

Ökonomen gingen laut der Nachrichtenagentur Keystone-SDA davon aus, dass die Jahresinflation zwischen 1 und 1,2 Prozent liegen wird. Im Dezember lag sie noch bei 1,7 Prozent. Die Teuerung ist somit innerhalb der letzten drei Monate deutlich gesunken, was nicht erwartet worden war.

Weiterlesen - ein Beitrag von Justin Arber erschienen am 2. Mai 2024 auf 20min.ch

Stark angestiegen sind nur die Löhne der Topverdienenden

Es ist erst Frühling, doch die Gewerkschaften bereiten sich schon auf den Lohnherbst vor. Sie fordern deutlich mehr Lohn, und zwar für alle, nicht nur für Gutverdienende.

 Die Lohnschere habe sich bedenklich geöffnet, sagt der Chefökonom des Gewerkschaftsbunds, Daniel Lampart: «Leute mit unteren und mittleren Einkommen haben heute nach Abzug der Teuerung weniger Geld zum Leben als vor einigen Jahren. Umgekehrt ist es bei den Topverdienern steil aufwärts gegangen. Die haben bis zu 3000 Franken pro Monat mehr zur Verfügung, auch wenn man die Teuerung abzieht.» Alljährlich veröffentlicht der Gewerkschaftsbund seinen sogenannten Verteilungsbericht zu den Löhnen. Die jüngste Ausgabe zeigt: Die niedrigen und mittleren Löhne kamen – preisbereinigt, also real, nach Abzug der Teuerung – in den vergangenen zehn Jahren kaum vom Fleck. Zuletzt sind sie sogar gesunken.

Preisanstiege seit 2021

Allerdings hat das stark mit der Teuerung ab 2021 zu tun. Durch sie wurden die Lohnzuwächse auf dem Papier – je nach Branche – mehr oder weniger aufgefressen. Das hat kürzlich auch die Lohnstatistik des Bundes festgehalten. Seit der Covid-Pandemie und dem Ausbruch des Ukraine-Kriegs gingen die Preise markant nach oben, beispielsweise für Energie. Je nach Einkommenshöhe wirkt sich dies unterschiedlich aus. Die Teuerung trifft die Geringverdienenden besonders hart. Sie müssen – anteilsmässig – viel mehr Geld ausgeben für die Dinge des täglichen Bedarfs als die Top-Verdienenden. Darum fordert Gewerkschaftsökonom Daniel Lampart von den Arbeitgebern mehr Entgegenkommen. «Wir mussten in den letzten Jahren feststellen, dass die Lohnverhandlungen härter sind. Wir haben Arbeitgeber zum Beispiel im Baugewerbe, die sogar keinen Teuerungsausgleich mehr geben, obwohl es ihnen gut geht. Diese neue Härte macht uns grosse Sorgen. Wir werden uns jetzt in der Lohnrunde darauf vorbereiten. Aber das heisst, die Lohnverhandlungen sind nicht mehr wie früher, es herrscht ein anderer Ton.»

Rauerer Umgangston

Lampart erwartet einen heissen Lohnherbst. Darauf angesprochen, kontert sein Gegenüber, der Chefökonom des Arbeitgeberverbands, Simon Wey: «Ich habe diesen härteren Umgangston auch gehört. Trotzdem, die Firmen müssen zuerst immer auch das Geld erarbeiten. Die wirtschaftliche Situation muss es zulassen, und dann kann man auch höhere Löhne bezahlen.» Wey widerspricht Lampart auch bei der Analyse des Problems: Es fehle nicht am guten Willen der Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber: «Wir haben das Problem viel weniger bei den Lohnerhöhungen als bei der Teuerung. Und diese ist von den Firmen nicht wirklich zu beeinflussen, im Gegenteil, diese Teuerung drückt auch bei den Firmen auf die Marchen.» Dass aber unter den Reallohnverlusten vor allem jene leiden, die wenig verdienen, räumt auch der Arbeitgebervertreter ein. Dies ist unumstritten, im Gegensatz zur Frage, wie stark die Löhne nun steigen sollen. 

Rendez-vous, 29.04.2024, 12:30 Uhr
SGB-Verteilungsbericht