Zwei Wochen Vaterschaftsurlaub: «Ein erster Schritt»

Ein Beitrag erschienen am 07.08.2020 auf www.srf.ch

Ein zweiwöchiger Vaterschaftsurlaub, so kurz er auch sein möge, ist für das Komitee «Vaterschaftsurlaub jetzt» ein erster Schritt in die richtige Richtung in der Gleichstellungspolitik. Das Fernziel bleibe eine Elternzeit, wie es sie etwa in Deutschland gibt, erklärten die Befürworter bei der Eröffnung der Ja-Kampagne.

Angesichts moderner Familienmodelle sei es höchste Zeit, dass die Schweiz einen gesetzlich geregelten Urlaub einführe, sagte Travail-Suisse-Präsident Adrian Wüthrich.

«Familienpolitisches Entwicklungsland»

Der Walliser SP-Nationalrat Mathias Reynard kritisierte, die Schweiz sei das einzige Land in Europa, das keinen Vaterschaftsurlaub und keine Elternzeit kenne. «Die Schweiz ist ein familienpolitisches Entwicklungsland», sagte auch die St. Galler Nationalrätin Susanne Vincenz-Stauffacher.

Den Vaterschaftsurlaub brauche es für eine faire Arbeitsteilung zwischen den Geschlechtern in Haus- und Erwerbsarbeit, argumentierte die Baselbieter Ständerätin Maya Graf (Grüne).

Der Bündner CVP-Nationalrat Martin Candinas erklärte: «Die ersten Wochen nach der Geburt sind einmalig und entscheidend für den Beziehungsaufbau zwischen Kind und Eltern.» Vaterschaft in der Schweiz dürfe nicht länger so behandelt werden wie ein Wohnungsumzug. Der Kompromissvorschlag sei pragmatisch und finanzierbar.

Finanzierung wie bei Mutterschaftsurlaub

Eine Volksinitiative wollte ursprünglich einen vierwöchigen Urlaub einführen. Das geänderte Erwerbsersatzgesetz, das am 27. September an die Urne kommt, ist ein vom Parlament verabschiedeter indirekter Gegenvorschlag zum Volksbegehren «Für einen vernünftigen Vaterschaftsurlaub – zum Nutzen der ganzen Familie».

Die Initianten zogen ihr Begehren unter der Bedingung zurück, dass die Gesetzesgrundlage für den zweiwöchigen Vaterschaftsurlaub in Kraft tritt.

Das ist deshalb umstritten, weil SVP-Vertreter und Jungfreisinnige das Referendum dagegen ergriffen haben. Sie sehen keinen Grund dafür, dass Väter nach der Geburt eines Kindes bezahlten Urlaub erhalten sollen. Kritisiert werden die «Gratis-Ferien», die alle mit Lohnabzügen finanzieren müssten.

Initiative für Elternzeit in der Pipeline

Gemäss der Abstimmungsvorlage könnten Väter in den ersten sechs Monaten nach der Geburt des Kindes zwei Wochen bezahlten Urlaub nehmen. Dieser würde wie der Mutterschaftsurlaub über die Erwerbsersatzordnung (EO) finanziert. Die geschätzten Kosten belaufen sich auf rund 229 Millionen Franken pro Jahr. Dafür sollen 0.06 zusätzliche Lohnprozente je hälftig bei Arbeitgebern und Arbeitnehmern erhoben werden.

Das vom Arbeitnehmerverband Travail Suisse angeführte Ja-Komitee zur Vorlage ist breit abgestützt. Es sitzen Vertreter aller grossen Parteien darin.

Bereits gibt es Pläne für eine neue Volksinitiative, die eine längere Elternzeit verlangt, welche die Eltern zu einem Teil frei unter sich aufteilen könnten. Linke hatten sich im Parlament für ein solches Modell ausgesprochen. Dieses stösst auch bei Mitte-Politikern auf Zustimmung. Ob und wann daraus eine Volksinitiative wird, ist aber noch offen.

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Wie viel dich der Vaterschaftsurlaub kostet – und 5 weitere Antworten zur Vorlage

Ein Beitrag von Dennis Frasch erschienen am 29.07.2020 auf www.watson.ch

Am 27. September stimmt die Schweizer Stimmbevölkerung über den zweiwöchigen Vaterschaftsurlaub ab. Befürworter wollen die Schweiz aus der familienpolitischen Steinzeit führen, Gegner finden die Vorlage asozial, weil dadurch mehr Lohnabzüge entstehen.

Worum geht es bei der Vorlage?

Am 27. September 2020 stimmt die Schweiz über einen zweiwöchigen Vaterschaftsurlaub ab. Väter sollen den Urlaub in den ersten sechs Monaten nach der Geburt ihres Kindes beziehen können. Die zwei Wochen können auch auf einzelne Tage aufgeteilt werden.

Anspruch darauf haben alle Väter, die bei der Geburt ihres Kindes angestellt oder selbstständig erwerbend sind oder Taggelder der Arbeitslosen-, der Krankenpflege- oder Invalidenversicherung beziehen.

Wie beim Mutterschaftsurlaub auch würde das Vorhaben über die Erwerbsersatzordnung (EO) finanziert. Auch die Entschädigung soll gleich hoch ausfallen: 80 Prozent des durchschnittlichen Erwerbseinkommens, höchstens aber 196 Franken pro Tag.

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Homeoffice wirkt positiv: Weniger Stress, mehr Produktivität

Ein Beitrag von DPA erschienen am 22.07.2020 auf www.nau.ch

Als die Corona-Pandemie über Deutschland hereinbrach, mussten Millionen Beschäftigte von heute auf morgen ins Homeoffice umziehen. Inzwischen wollen viele gar nicht mehr zurück ins Büro. Doch bei den Arbeitgebern gibt es auch Zweifel.

Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der Krankenkasse DAK. Danach wollen 76,9 Prozent der Beschäftigten, die erst seit der Corona-Krise regelmässig von der eigenen Wohnungen aus arbeiten, diese Arbeitsform auch in Zukunft - zumindest teilweise - beibehalten.

Der psychischen Gesundheit der Beschäftigten scheint die Heimarbeit laut dem Papier gut zu bekommen: Fühlten sich vor der Pandemie 21 Prozent der Beschäftigten regelmässig gestresst, waren es während der Corona-Krise laut DAK-Studie nur noch 15 Prozent. Der Anteil der Erwerbstätigen, die nie oder nur gelegentlich gestresst waren, stieg unterdessen von 48 auf 57 Prozent.

Für die Untersuchung hatten die Forschungsinstitute IGES und Forsa vor und während der Pandemie jeweils rund 7000 Beschäftigte befragt. Von denjenigen, die mittlerweile regelmässig im Homeoffice arbeiten, sagten 56 Prozent, sie seien dort produktiver als im Büro. Zwei Drittel erklärten zudem, sie könnten Beruf und Familie besser miteinander vereinbaren.

DAK-Vorstandschef Andreas Storm räumte ein, wegen der Schliessung von Schulen und Kitas sei das Homeoffice vor allem für junge Familien eine besondere Belastung gewesen. Trotzdem falle das Fazit unter dem Strich positiv aus - vor allem, weil sich die Eltern ihre Arbeitszeit zu Hause besser einteilen können.

Tatsächlich war es in der Studie gerade die Gruppe der 30- bis 39-Jährigen, die überdurchschnittlich häufig die bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie als Vorteil der Heimarbeit benannte. Schon in ver vergangenen Woche war das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung zu dem Ergebnis gekommen: «Mehr Homeoffice bedeutet grössere zeitliche Flexibilität und damit auch eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf.»

Der Deutsche Industrie- und Handelskammertags (DIHK) bremst die Euphorie der Beschäftigten allerdings ein wenig. «Wir haben auch gemerkt, dass wir vieles doch mobil erledigen können, was wir bis dahin nicht für denkbar gehalten haben», räumte DIHK-Präsident Eric Schweitzer ein. «Allerdings dürfen wir uns nicht der Illusion hingeben, unser komplettes Wirtschaftsleben von Zuhause aus erledigen zu können», sagte er der Deutschen Presse-Agentur. «Die meisten Unternehmen lassen sich auf Dauer nicht vom Rechner aus steuern.»

Die Flexibilität im Homeoffice hat auch der DAK zufolge Nachteile. Denn fast jeder Zweite vermisst laut der Studie die klare Trennung zwischen Job und Privatleben. Bei den 18- bis 29-Jährigen bemängelt das sogar eine Mehrheit von 52 Prozent. Drei Viertel der Befragten fehlt zudem der direkte Kontakt zu den Kollegen. Eine Untersuchung der Universität Koblenz hatte kürzlich sogar ergeben, dass sich jeder Fünfte im Homeoffice einsam und sozial isoliert fühlt.

Die Bilanz der DAK fällt daher auch etwas gemischt aus. «Von zu Hause aus zu arbeiten, senkt nicht nur die Ansteckungsgefahr vor Virusinfektionen, sondern zahlt sich auch für das seelische Gleichgewicht aus», sagte Storm. Die positiven Erkenntnisse müsse man für die Zukunft nutzen - «ohne die negativen Aspekte des Homeoffice zu übergehen, die es ebenfalls gibt».

Tatsächlich dürfte das Homeoffice die Corona-Krise überdauern - nicht nur wegen der positiven Erfahrungen vieler Beschäftigten. Nach einer Befragung des Münchner Ifo-Instituts gehen auch 54 Prozent der Unternehmen davon aus, dass diese Arbeitsform dauerhaft zunimmt. Trotz aller Skepsis rechnet auch DIHK-Präsident Schweitzer damit, dass sich die Arbeitswelt in diesem Bereich verändert: «Wir werden nicht wieder in die Zeit von vor Corona zurückkehren.»

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Anteil der Beschäftigten im Homeoffice durch Corona mehr als vervierfacht

Ein Beitrag erschienen am 14.07.2020 auf www.nau.ch

Studie zu Auswirkung auf Familien und Arbeitswelt in Deutschland vorgestellt: Während der Corona-Krise hat sich der Anteil der Beschäftigten im Homeoffice in Deutschland mehr als vervierfacht.

Im Lockdown-Monat April erhöhte er sich auf 23 Prozent oder knapp ein Viertel, wie aus einer am Dienstag vorgestellten Studie des Wiesbadener Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung hervorgeht. 2018 arbeiteten demnach lediglich 5,3 Prozent der Beschäftigten hierzulande mindestens die Hälfte ihrer Arbeitstage in den eigenen vier Wänden.

Vor der Corona-Pandemie habe Deutschland dabei in Europa lediglich im Mittelfeld gelegen, erklärte das Institut. In den Niederlanden und Skandinavien hätten Berufstätige schon davon fast ein Drittel ihrer Arbeitszeit im Homeoffice verbracht. Nach Corona rechnete es nun aber auch in der Bundesrepublik mit dauerhaften Veränderungen.

Die Erfahrungen im Lockdown würden voraussichtlich «langfristig zu einer neuen Balance von An- und Abwesenheit am Arbeitsplatz führen», erklärte Institutsdirektor Norbert Schneider. Dies biete Vorteile etwa mit Blick auf Flexibilität und bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie sowie geringeren Zeitaufwand für das Pendeln.

Auf der anderen Seite seien die Voraussetzungen für Arbeitnehmer genau in den Blick zu nehmen. Nicht jeder habe zu Hause optimale Rahmenbedingungen für Homeworking-Modelle. Eine Pflicht dazu dürfe es deshalb nicht geben, mahnte Schneider. Auch die Verfügbarkeit von Breitband-Internet im ländlichen Raum spiele dabei eine Rolle.

Laut Untersuchung gehen 42 Prozent der Beschäftigten davon aus, dass zumindest gelegentliches Arbeiten von zu Hause für sie selbst möglich wäre. Es hängt aber unter anderem auch von der Branche ab.

Die Studie basiert dem Institut zufolge auf wöchentlichen Befragungen von 3600 Menschen zu ihrer aktuellen Situation im Lockdown. Der Anteil von Eltern, die diese Zeit als sehr belastend empfanden, war dabei mit mehr als 50 Prozent deutlich höher als unter Kinderlosen. Bei alleinerziehenden Müttern war die Quote mit 60 Prozent noch höher.

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Schlechterbehandlung von Müttern ist zulässig

Ein Beitrag von Claudia Blumer erschienen am 15.07.2020 auf www.tagesanzeiger.ch

Das Bundesgericht weist die Beschwerde einer Mutter ab: Sie hatte Betriebszulagen gefordert, wie sie beim Militärdienst gewährt werden.

Das Erwerbsersatzgesetz regelt den Lohnausfall bei Militärdienst – und seit 2005 auch bei Mutterschaft. Doch es gibt Ungleichheiten: Während Militärdienstleistende neben dem Lohnersatz von 80 Prozent auch Kinderzulagen, Betriebszulagen und bei Bedarf Betreuungszulagen bekommen, ist für Mütter nur der Lohnersatz vorgesehen. Und auch dieser kann variieren: Das Taggeld für Dienstleistende beträgt maximal 245 Franken, jenes bei Mutterschaft maximal 196 Franken.

Gegen eine dieser Ungleichheiten hat sich eine Juristin aus Zürich gewehrt. Sie hat die Betriebszulage eingefordert, mit denen selbstständig Erwerbende einen Teil ihrer Fixkosten, die sie während der Erwerbspause weiterhin haben – beispielsweise für die Geschäftsmiete oder für Mitarbeiterlöhne –, bezahlen können. Doch die Juristin wurde abgewiesen, zuerst von der Zürcher Ausgleichskasse, dann vom Zürcher Sozialversicherungsgericht und nun, mit Urteil vom 22. Juni, das am Mittwoch publiziert wurde, auch vom Bundesgericht.

Laut Bundesgericht gibt es keinen Anspruch auf Gleichbehandlung während Mutterschaft und Militärdienst. Die selbstständige Rechtsanwältin mit eigener Praxis hatte nach der Geburt ihres Kindes Anfang 2018 die Betriebszulagen beantragt, im Herbst 2019 stützte das Sozialversicherungsgericht den ablehnenden Entscheid.

Parlament wollte bei Müttern sparen, bei Soldaten nicht

Aus dem Wortlaut im Gesetz lasse sich kein Anspruch auf Gleichbehandlung ableiten, heisst es im Bundesgerichtsurteil. Im Gegenteil: Es entspreche dem Willen des Gesetzgebers, bei Mutterschaft keine Betriebszulagen zu gewähren, was die Kommission damals, 2002, ausdrücklich und mit Blick auf die Kosten entschieden habe.

Zudem seien der Erwerbsausfall bei Mutterschaft und jener bei Militärdienst zwar im selben Gesetz geregelt – doch die Sachverhalte könnten dennoch unterschiedlich sein, schreibt das Gericht und argumentiert mit biologischen Gründen: Nur eine Frau könne Mutter werden und nur eine leibliche Mutter die Erwerbsersatzentschädigung erhalten. Männer seien deswegen noch nicht diskriminiert. Umgekehrt sei es zulässig, dass Müttern eine Betriebszulage vorenthalten bleibe, die Militärdienstleistende bekommen. Über die teilweise anderslautende Lehre setzt sich das Bundesgericht ausdrücklich hinweg.

Anwältin Fanny de Weck, welche die Mutter in dem Prozess vertritt, ist enttäuscht von dem Entscheid. «Das Gericht hätte eine Diskriminierung selbstständiger Mütter beseitigen können, hat es aber nicht gemacht.» Leider drücke sich das Bundesgericht in Grundrechtsfragen regelmässig und nehme sich aus der Verantwortung mit dem Verweis auf die Politik. «Es geht hier aber nicht nur um eine politische Frage, sondern es ist aus unserer Sicht klar verfassungswidrig und verstösst auch gegen die Menschenrechtskonvention, dass Mütter und Militärdienstleistende nicht dieselben Ansprüche haben. Der Gesetzgeber wollte bei Müttern sparen, nicht aber bei selbstständigen Dienstleistenden.» Ihre Klientin behalte sich deshalb den Weiterzug an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Strassburg vor, sagt de Weck.

Bundesrat ist am Zug

Tatsächlich hat das Bundesgericht die Beschwerde nicht nur abgeschmettert, sondern fordert die Politik fast schon dazu auf, zu handeln. Im Urteil verweist das Gericht auf zwei zu diesem Thema hängige Motionen von Nationalrätin Min Li Marti und der ehemaligen Ständerätin Liliane Maury Pasquier (beide SP), Letztere wurde übernommen von Elisabeth Baume-Schneider. Die Motionen verlangen eine Anpassung des Erwerbsersatzgesetzes und die Aufnahme der Betriebszulage für Mütter. Das Bundesgericht hat der Frage zudem offensichtlich eine grosse Bedeutung beigemessen, indem es per Fünfer- statt Dreiergremium entschieden und eine Medienmitteilung dazu publiziert hat. Urteil: 9C_737/2019

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Pro und Contra Vaterschaftsurlaub

Ein Beitrag erschienen am 14.07.2020 auf www.aargauerzeitung.ch

SP-Nationalrätin Yvonne Feri ist für den zweiwöchigen Vaterschaftsurlaub, SVP-Nationalrätin Sandra Sollberger lehnt ihn ab.

Pro: «Vaterzeit für einen guten Start ins Familienleben»

Veränderte Lebens- und Familienformen verlangen nach Anpassungen in der Ausgestaltung der Sozialsysteme in der Schweiz. Viele Paare teilen sich heute die Erwerbs- und Kinderbetreuungsarbeit. Das System der sozialen Sicherheit, dem das Modell des berufstätigen Mannes und der haushaltführenden Frau zugrunde liegt, muss diesen gesellschaftlichen Wandel nachvollziehen. Mit einem Ja zum Vaterschaftsurlaub können wir einen bedeutenden Schritt in der Weiterentwicklung unseres Sozialsystems machen.

Mit Umsetzung der Mutterschaftsentschädigung vor fünfzehn Jahren wurde endlich der Tatsache Rechnung getragen, dass immer mehr Frauen erwerbstätig sind. In diesem Herbst gilt es, das verstärkte Engagement von Vätern bei der Kinderbetreuung mit der Einführung eines Vaterschaftsurlaubs familienpolitisch anzuerkennen. Von der sehr bescheidenen zweiwöchigen Vaterzeit profitieren viele: die Kinder, die Familien, die Väter, die Mütter, die KMU. Nach der Geburt eines Kindes organisieren sich Familien neu.

Sind Väter in dieser wichtigen Phase präsent, entwickeln sie eine intensivere Beziehung zu ihren Kindern und beteiligen sich auch längerfristig stärker an der Familienarbeit. Die Nähe und die Verfügbarkeit der Väter tun den Kindern gut. Neben einer engen Bindung sind positive Effekte u. a. auf die kognitive, soziale und emotionale Entwicklung der Kinder wissenschaftlich nachgewiesen. Und den Müttern vereinfachen es aktive Väter, weiterhin berufstätig zu sein.

Viele Arbeitgebende haben die Bedeutung familienfreundlicher Arbeitsbedingungen erkannt. Während grössere Firmen bereits heute Vaterschaftsurlaube anbieten, müssen KMU auf eine staatliche Regelung hoffen, da ihnen die finanziellen Möglichkeiten für eigene Lösungen fehlen. Indem wir am 27. September dem konservativ-bürgerlichen Referendum eine Abfuhr erteilen und den zweiwöchigen Vaterschaftsurlaub annehmen, sagen wir Ja zu einer modernen und kindeswohlorientierten Familienpolitik, Ja zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie und Ja zur Förderung der Erwerbstätigkeit von Frauen.

Contra: «Keine zusätzliche Belastung durch teuren Vaterschaftsurlaub»

Der Papi-Urlaub schafft neue Ansprüche und hohe Kosten für die Allgemeinheit. Bezahlen müssen es dann alle: Jung und Alt, Grosseltern, Eltern und Kinderlose, Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Wir müssen uns bewusst sein, dass infolge der Corona-Krise bereits hohe, ungedeckte Mehrausgaben auf uns alle zukommen. Alle unsere Sozialwerke sind finanziell am Anschlag.

Die aktuelle Wirtschaftskrise verschärft die Lage drastisch. Die Arbeitslosenversicherung und die Sozialhilfe werden in den nächsten Monaten noch stärker unter Druck kommen, als sie es ohnehin schon waren. Gleichzeitig sind auch die Invalidenversicherung und die Altersvorsorge immer noch sanierungsbedürftig. Es geht um Milliarden, die fehlen. Als Finanzpolitikerin ist mir nicht mehr wohl dabei, wie die Sozialausgaben ins Unermessliche wachsen. Sie belaufen sich auf rund 200 Milliarden Franken jährlich und sind seit 2010 um 40 Milliarden Franken gewachsen. Und just in diesem Moment soll ein neues Sozialwerk, der Vaterschaftsurlaub, eingeführt werden? Das geht für mich nicht auf.

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