Umfrage zu Homeoffice

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Eine «ECO»-Umfrage bei Unternehmen zeigt: Die Produktivität leidet im Homeoffice nicht. Aber es ist anspruchsvoll. «Zuerst machte sich absolute Verzweiflung breit. Wir sind mit Krippe, Kindergarten, Hort und den eingespannten Grosseltern ziemlich durchgetaktet. Innerhalb weniger Stunden fielen sämtliche Optionen weg. Und ein Wochenende lang wussten wir nicht, was tun», erinnert sich Muriel Haunreiter an den Shutdown im März, als dieser ihr Familien- und Arbeitsleben komplett auf den Kopf gestellt hat. Inzwischen ist die Familie aber wieder in einem «guten Rhythmus».

Homeoffice ermöglicht konzentrierteres Arbeiten

Muriel Haunreiter arbeitet seit acht Jahren beim Versicherungskonzern Axa Schweiz. Ihr Unternehmen bietet Homeoffice schon seit mehreren Jahren an. Sie selbst nutzte es aber kaum. Das ist nun anders. «Man kann im Homeoffice extrem konzentriert arbeiten», sagt sie. Ein Vorteil: Sie hat dafür ein eigenes Arbeitszimmer. Anstrengend sei indes, wenn man den ganzen Tag lang Anrufe habe. Und die «Quick-Wins» würden fehlen, weil man sich nicht wie im Büro gegenübersitze, sagt Muriel Haunreiter.

Immer mehr Angestellte im Homeoffice

Das Wirtschaftsmagazin «ECO» hat rund 40 Unternehmen gefragt, wie viele ihrer Mitarbeiter derzeit ganz oder teilweise im Homeoffice arbeiten.

  • Bei Axa Schweiz sind es derzeit 80 Prozent.
  • Bei fünf weiteren angefragten Versicherungen (Bâloise, CSS, Helvetia, Mobiliar und Suva) arbeiteten zum Zeitpunkt der Umfrage mindestens 50 Prozent der Angestellten zuhause.
  • Die Zürcher Kantonalbank hatte ein Drittel im Homeoffice, Postfinance 60 Prozent und Raiffeisen Schweiz fast alle Mitarbeiter.

Umfrage Homeoffice

  • Von den 20 Swiss-Market-Index-Unternehmen gaben zehn an, mindestens 50 Prozent der Mitarbeiter im Homeoffice zu haben: Credit Suisse, Lonza, Nestlé, Novartis, Roche, Swiss Life, Swiss Re, Swisscom und UBS. Den höchsten Anteil haben Swisscom (70 Prozent), Novartis (75 Prozent) und UBS (80 Prozent).

Mit den steigenden Corona-Fallzahlen dürften sich diese Werte bei einigen Unternehmen noch deutlich erhöhen. Beim Krankenversicherer Helsana sind derzeit ein Drittel der Angestellten im Homeoffice. Christine Treml, Leiterin Personalentwicklung bei Helsana, erwartet, dass es bald deutlich mehr sein werden.

Produktivität stabil oder sogar höher

Auf die Produktivität habe sich Homeoffice bei Helsana bislang nicht negativ ausgewirkt. Darüber sei man positiv überrascht: «Zum Beispiel im telefonischen Kundendienst: Wir haben mehr Anrufe als beispielsweise letztes Jahr entgegennehmen können. Das heisst, wir sind produktiver geworden», sagt Christine Treml. Die meisten von «ECO» befragten Firmen machen eine ähnliche Erfahrung. Und: Die meisten Unternehmen kontrollieren die Angestellten im Homeoffice auch nicht. Christine Treml: «Wir glauben daran, dass ein Mitarbeiter seiner Verantwortung nachkommt, dass er sich organisiert, dass er seine Leistung wie bisher erbringt».

Homeoffice wird von der Ausnahme zur Regel

Axa Schweiz will Homeoffice auch nach der Pandemie weiter fördern. «Bei uns zählt der Beitrag und weniger der Ort, von wo er erbracht wird. Das heisst, wir ermöglichen auch in Zukunft Homeoffice. Aber nicht nur. Man kann bei uns auch weiter im Büro arbeiten, in einem Co-Working-Space, von unterwegs oder an einem anderen Ort», sagt Daniela Fischer, Personalchefin von Axa Schweiz. Mit der Coronakrise hat Homeoffice in der Schweiz einen Boom erfahren. Die Firmen sind und bleiben weiter gefordert. Und ebenso die Angestellten, die sich zuhause weiter organisieren müssen.

Tipps fürs Arbeiten von zuhause

«Was im Team schon immer schwierig war, wird im virtuellen Team doppelt schwierig», sagt Stephanie Schoss von der Universität St. Gallen. Sie forscht im Bereich «Behavioral Management und Entrepreneurship» und hat vor allem während des Shutdowns 350 Befragungen in virtuellen Teams durchgeführt. Online-Sitzungen sollten so klein wie möglich gehalten werden, dann seien sie effizienter. Ausserdem rät sie dazu: Angestellte müssten selbst mehr Verantwortung für sich übernehmen, und Vorgesetzte müssten Ziele viel klarer formulieren. Denn diese gingen beim virtuellen Arbeiten leicht verloren. Aus arbeitspsychologischer Sicht argumentiert Gudela Grote von der ETH ähnlich. Vorgesetzte müssten zudem Vertrauen haben in ihre Mitarbeiter. Nach ihren Untersuchungen sei das Vertrauen aber nur mässig vorhanden gewesen. Künftig müsse man sich folgende Frage stellen: «Wie schafft man den Raum für das Informelle, für die Zwischentöne?» Vorgesetzte sollten nicht nur auf Effizienz schauen. Sonst ginge vieles verloren. «Man könnte ja jedes Meeting so starten, dass man nicht sofort die Traktanden durchgeht, sondern: Jetzt machen wir ein bisschen Smalltalk. Das würde man ja sonst auch machen.»

 

Vereinbarkeit von Familie und Beruf belohnen: So werden die besten Arbeitgebenden in der Schweiz ausgezeichnet

Arbeits- und Vereinbarkeits-ExpertInnen von Initiativen, welche Best Practices im Bereich der Vereinbarkeit von Familie und Beruf prämieren, sind überzeugt: Bemühungen von Arbeitgebenden, ihren Mitarbeitenden attraktive Angebote zur Verfügung zu stellen, sollen auf jeden Fall belohnt werden. Anerkennung reiche jedoch nicht aus. Der Hebel für mehr Vereinbarkeitsmassnahmen liegt bei der Sensibilisierung der Arbeitgebenden für das Thema.

Mitarbeitende, die ihren Führungskräften vertrauen, stolz auf ihre Arbeit sind und Freude an der Zusammenarbeit mit ArbeitskollegInnen haben, schaffen die Voraussetzungen für eine hervorragende Arbeitsplatzkultur. Das ist das Credo der UnternehmensberaterInnen von Great Place to Work® Schweiz. Seit über 20 Jahren sammeln und analysieren sie Daten, um die Arbeitsplatzkultur von Privatunternehmen, Non-Profit Organisationen oder staatlichen Institutionen zu messen und auszuzeichnen. Mit einer anonymen Befragung aller Mitarbeitenden und einer Analyse der internen Prozesse und Massnahmen messen Sie die Grundlage einer hervorragenden Arbeitsplatzkultur: das Vertrauen. Vertrauen - vor allem zwischen Mitarbeitenden und Führungskräften - ermöglicht schnellere Entscheide, bezieht alle Mitarbeitende ein und fördert die Zusammenarbeit. So treibt Vertrauen auf der einen Seite Agilität und Innovation voran und bietet auf der anderen Seite einen wichtigen Nährboden für Massnahmen für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

Mit dem Prix Balance ZH werden die vereinbarkeitsfreundlichsten Arbeitgebende des Kantons Zürichs ausgezeichnet
Während Great Place to Work® seinen Schwerpunkt auf die Arbeitsplatzkultur legt, sind andere Auszeichnungen speziell darauf ausgerichtet, Unternehmen zu würdigen, die aktiv Vereinbarkeitsmassnahmen fördern. Dazu gehört der Prix Balance, der von der Fachstelle Gleichstellung des Kantons Zürich und in Zusammenarbeit mit Great Place to Work® verliehen wird. Helena Trachsel, Leiterin, erklärt: «Der Preis wurde 2011 gegründet, um Arbeitgebende, welche sich als vereinbarkeitsfreundliche Betriebe auszeichnen mit diesem Preis zu würdigen.»
Der Prix-Balance steht für einen wichtigen Aspekt der Gleichstellung. Die Teilnahme ist einfach: Unternehmensvertretende, beziehungsweise ihre Mitarbeitenden können online den Fragebogen in kurzer Zeit ausfüllen. Dieser wird von Great Place to Work® und der Fachstelle Gleichstellung nach einer angewandten Methodik erarbeitet und ergibt basierend auf einem wissenschaftlich fundierten Prinzip objektive Ergebnisse über die positiven Auswirkungen von Vereinbarkeitsmassnahmen. Durch die Teilnahme am Prix Balance haben Unternehmen die Möglichkeit, ihr Employer Branding zu stärken, mediale Sichtbarkeit zu erhalten und das Bewusstsein von Führungskräften und Mitarbeitenden zum Thema Vereinbarkeit zu fördern, indem die Bedürfnisse des Betriebes und die Bedürfnisse der ArbeitnehmerInnen in den Mittelpunkt gestellt werden. Selbst wenn der prestigeträchtige Preis nicht gewonnen wird; das Unternehmen bekommt die Möglichkeit geboten, ihre Angebote betreffend Vereinbarkeit beurteilen und sich beraten zu lassen.

Nationale Anerkennung der Familienfreundlichkeit von Arbeitgebenden dank dem Family Score von Pro Familia
Auf nationaler Ebene gilt die 2014 instituierte Auszeichnung von Pro Familia Schweiz als die prominenteste Initiative, welche vereinbarkeitsfreundliche Arbeitgebende honoriert. Ähnlich wie beim Zürcher Prix Balance, erfolgt die Messung über eine Mitarbeitendenumfrage, die auf drei Scores basiert: Erstens werden die Erwartungen der Mitarbeitende identifiziert; zweitens wird geprüft, ob die gewünschten Angebote innerhalb des Unternehmens bereits existieren; und drittens erfolgt eine Bewertung nach der eigens definierten Wichtigkeit. Natürlich soll dabei eine möglichst hohe Korrelation zwischen Erwartungen und Angeboten bestehen. Je besser die Übereinstimmung, desto höher der Family Score. Falls der Gesamtscore bei 60 Punkten von 100, oder darüber liegt, erhält das Unternehmen das Gütesiegel Family Score. Diejenigen Unternehmen die ein besonders gutes Resultat erreicht haben, werden zusätzlich mit dem Family Score Award ausgezeichnet, der in den vier Kategorien von Grossunternehmen, KMU, Verwaltungen und NPO verliehen wird. Philippe Gnaegi, Direktor von Pro Familia Schweiz, betont: «Der Family Score ist nicht primär dazu gedacht, Unternehmen zu beurteilen oder zu kritisieren, ganz im Gegenteil. Vielmehr dient er als Instrument zur Unterstützung von Unternehmen, um diesen bei der Umsetzung von Vereinbarkeitsmassnahmen zu helfen und konkrete Verbesserungsvorschläge aufzuzeigen.» Der Erhalt des Preises stellt eine prestigeträchtige Auszeichnung dar, doch er vermittelt auch eine wichtige Botschaft innerhalb des Unternehmens: «Die Unternehmen werden sich der Anforderungen ihrer Mitarbeitenden bewusst und ermutigt, sich zu verbessern», erklärt Philippe Gnaegi weiter.

Alle genannten Initiativen sind sich einig: Eine gelungene Vereinbarkeit von Familie und Beruf trägt nicht nur zu grösserer Zufriedenheit der Mitarbeitenden, einer höheren Arbeitsqualität und weniger Fehlzeiten bei, sondern steigert auch die Attraktivität der Arbeitgebenden und vereinfacht die Fachkräftesuche. Unternehmen müssen heute auf diese Bedürfnisse eingehen, die vor allem den jüngeren Generationen am Herzen liegen. Nur so werden sie in der Lage sein, sich weiterhin auf dem Arbeitsmarkt behaupten zu können.

Autorin: Camilla Lafranchi

 

So können sich KMUs den Sieg sichern: Die 15 Tipps und Tricks von profawo

  1. Mittels Datenerhebung quantifizieren, wie viele Mitarbeitende in welchem Ausmass Betreuungs- und Pflegearbeit leisten
  2. Kinderbetreuung und Angehörigenpflege zum Thema machen – Sensibilisieren, kommunizieren und Tabus brechen
  3. Individuelle Beratung zu Vereinbarkeitsthemen anbieten
  4. Unterstützung bei der Suche und Vermittlung von Betreuungsplätzen, Nannys oder Entlastungsdienste für Angehörige anbieten
  5. Bei der Ferienplanung die familiäre Situation berücksichtigen
  6. Ferienbetreuungsprogramme organisieren
  7. Schnelle und kompetente Lösungen in Notsituationen – wenn das normale Betreuungssystem nicht funktioniert - zur Verfügung stellen
  8. Finanzielle Beteiligung an Betreuungslösungen
  9. Flexible Arbeitszeitmodelle und Homeoffice anbieten – wenn nicht immer, dann zumindest in Notsituationen
  10. Teilzeitarbeit auf allen Hierarchiestufen ermöglichen und über gute Rollenvorbilder berichten
  11. Sensibilisierung und Training von Schlüssel- und Führungspersonen für Vereinbarkeitsthematiken
  12. Firmenanlässe für die ganze Familie (Tag der offenen Tür, Firmen-Ausflug, Weihnachtsbacken usw.)
  13. Bezahlter Sonderurlaub bei wichtigen Familienereignissen (Bsp. Einschulung, Abschlussfeiern, Aufführungen usw.)
  14. Unterstützung beim Wiedereinstieg nach der Babypause
  15. Familienfreundlichkeit im Leitbild und in den Werten verankern

Über profawo: Seit 1996 fördert profawo die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Als Bindeglied zwischen Arbeitgebenden und Arbeitnehmenden bietet profawo ein breites Dienstleistungsangebot im Bereich der familienergänzenden Kinder- und Angehörigenbetreuung. So entwickeln sie stetig neue Konzepte und Angebote rund um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf mit einem ausgewogenen Verhältnis von sozialen Komponenten und betriebswirtschaftlichen Aspekten.

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Erste Firmen zahlen Homeoffice-Prämie

Ein Beitrag erschienen am 07.10.2020 auf www.20min.ch

Geld fürs Arbeiten von zu Hause – das gibts nun bei einigen Firmen. Eine Homeoffice-Prämie bleibt aber vorerst die Ausnahme in der Schweiz. Bei Axa gibt es neu eine Homeoffice-Pauschale von 200 Franken pro Jahr. Novartis zahlt einen Einmalbetrag von 680 Franken. Ansonsten sind Homeoffice-Prämien aber nicht verbreitet in der Schweiz.

Wegen der Pandemie wird in vielen Firmen mehr von zu Hause aus gearbeitet. Für die Mitarbeiter kann das bedeuten, dass die Stromrechnung höher ausfällt und man vielleicht sogar zusätzliche Ausrüstung benötigt. Bei der Axa gibt es darum nun eine jährliche Homeoffice-Pauschale von 200 Franken, wie der «Blick» schreibt.

Dabei kommt es nicht darauf an, wie gross das Pensum der einzelnen Mitarbeiter ist oder wie oft pro Woche sie effektiv im Homeoffice verbringen. Laut dem Bericht bezahlt ausser Axa auch Novartis eine ähnliche Prämie. Dabei handelt es sich aber nicht um eine jährliche Pauschale, sondern um einen Einmalbetrag von 680 Franken.

Ansonsten gibt es aber noch eher wenige Firmen, die so einen Homeoffice-Zustupf bieten. Zwar zeigt eine Umfrage des Kaufmännischen Verbands, dass über 80 Prozent der Firmen während des Lockdown sicherstellten, dass die Grundinfrastruktur fürs Homeoffice vorhanden ist – etwa, indem Laptops zur Verfügung gestellt wurden. Aber lediglich 25 Prozent würden einen materiellen oder finanziellen Beitrag für Dinge wie Handy, Internet oder ergonomische Stühle leisten.

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Jetzt ist es Zeit für die Elternzeit – zum Vorteil für alle

Die Schweiz sagt mit mehr als 60% deutlich ja zum zweiwöchigen Vaterschaftsurlaub. Das zeigt, dass sich die Bevölkerung eine zeitgemässe Familienpolitik wünscht. Dazu gehört in einem nächsten Schritt die Einführung einer Elternzeit. Kinder- und Familienorganisationen, Wirtschaftsverbände, Angestellten- und Berufsverbände, Gewerkschaften und Vertreter*innen aus verschiedenen politischen Parteien sowie die ausserparlamentarischen Kommissionen für Frauen- und Familienfragen EKF und EKFF spannen nun zusammen, um der Elternzeit in der Schweiz zum Durchbruch zu verhelfen.

In Europa verzichtet kein anderes Land auf Elternzeit, und dies aus gutem Grund. Die positiven Auswirkungen der Elternzeit sind seit Jahren hinlänglich belegt, auch wissenschaftlich. Ihre Vorteile sind unbestritten. Bezahlte Elternzeit hat auf individueller wie auf gesellschaftlicher Ebene viele positive Effekte: So fördert sie die psychische und physische Gesundheit des Kindes und der Mutter und hilft Familien in der vulnerablen Phase nach einer Geburt. Elternzeit unterstützt aber auch die Wiederaufnahme der Berufstätigkeit vor allem der Mutter und fördert die volkswirtschaftliche Arbeitsproduktivität. Für diese positiven Effekte leistet bereits der heute angenommene Vaterschaftsurlaub einen wichtigen Beitrag. Eine Elternzeit sorgt dafür, dass diese Wirkung nachhaltig zum Tragen kommt. Von den Vorteilen der Elternzeit überzeugt sind verschiedene Kinder- und Familienorganisationen, Wirtschaftsverbände, Angestellten- und Berufsverbände, Gewerkschaften und Vertreter*innen aus unterschiedlichen Parteien sowie die ausserparlamentarischen Kommissionen EKF und EKFF. Sie verfolgen nun ein gemeinsames Ziel: Nach der Abstimmung zum Vaterschaftsurlaub wollen sie der Elternzeit in der Schweiz zum Durchbruch verhelfen.

Elternzeit erhöht die Chancen für eine gesunde Entwicklung für alle Kinder

Studien aus Nachbarländern belegen, dass die Elternzeit die psychischen Belastungen bei Müttern verringert und die Bindung zwischen beiden Elternteilen und dem Kind stärkt. Beides trägt zu einer verbesserten Resilienz der Kinder bei. Aus diesem Grund setzt sich Pro Juventute für bezahlte Elternzeit ein und stellt in ihrem Engagement das Wohl des Kindes in den Fokus. Alt-Nationalrätin und Stiftungsratspräsidentin von Pro Juventute, Barbara Schmid Federer, bringt es auf den Punkt: «Für uns hat eine Elternzeit in erster Linie das Kindswohl zum Ziel. Sie begünstigt die Entwicklung des Kindes in familiärer Geborgenheit vor allem in den wichtigen ersten Monaten. So trägt sie auch entscheidend, dazu bei, dass alle Kinder die gerechte Chance haben, gesund aufzuwachsen.».

Elternzeit stärkt und unterstützt die Familien in einer Phase, in der es nötig ist

Eine Elternzeit entlastet die Eltern in der vulnerablen Phase der Familiengründung und verbessert die Rahmenbedingungen für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Der Verlust der Zeitautonomie und die Anforderungen eines Neugeborenen bringen die Eltern an Belastungsgrenzen. Die Elternzeit gibt jungen Vätern und Müttern die Möglichkeit, sich in neuen Rollen zu finden und die bezahlte und unbezahlte Arbeit egalitärer aufzuteilen. Die Elternzeit schafft damit auch die Voraussetzung, dass Eltern die Verantwortung für die Erziehung der Kinder geteilt wahrnehmen können. «Elternzeit dient der Gesunderhaltung der Familie als System», betont Nationalrätin Valérie Piller Carrard, Präsidentin von Pro Familia Schweiz. «Sie entlastet die Eltern in der anspruchsvollen Phase der Familiengründung und verbessert die Rahmenbedingungen für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf».

Von guten Rahmenbedingungen für Familien profitieren alle

Die Gesellschaft und die Wirtschaft als Ganzes haben deshalb grosses Interesse daran, Rahmenbedingungen für junge Eltern zu schaffen, die es erlauben, ausgebildete Fachkräfte und namentlich junge Frauen in der Erwerbsarbeit zu halten. Die bezahlte Elternzeit begünstigt nachweislich die Wiederaufnahme der Erwerbsarbeit von Müttern nach der Geburt. Die gesamte volkswirtschaftliche Arbeitsproduktivität steigt mit der Einführung einer Elternzeit, das belegen Daten aus anderen Ländern. Es erstaunt deshalb nicht, dass die Elternzeit auch in der Job-Strategie der OECD eine wichtige Rolle spielt, wenn es darum geht, zusätzliche und attraktive Arbeitsplätze zu schaffen. Für die Schweiz hat die eidgenössische Kommission für Familienfragen (EKFF)  nachgewiesen, dass eine Erhöhung der Müttererwerbstätigkeit um lediglich 1 % bereits ausreichen würde, um eine 18- bis 20-wöchige Elternzeit vollständig zu refinanzieren. Elternzeit ist also eine Investition, die sich auch ökonomisch auszahlt.

  • Maya Graf, Ständerätin Grüne Partei Schweiz, Co-Präsidentin alliance F: «Für die Gleichstellung von Frau und Mann ist eine gleichverteilte Elternzeit unabdingbar.»
  • Patrick Robinson, Coordination romande des organisations paternelles CROP: «Die langjährige Erfahrung der skandinavischen Länder mit Mutterschafts-, Vaterschafts- und Elternzeit zeigt, dass eine bezahlte Elternzeit den grössten Nutzen bringt, wenn sie mindestens 6 Monate dauert, zwischen den Eltern gleichmäßig verteilt wird und nicht übertragbar ist. Dies gilt für den positiven Effekt auf die Entwicklung des Kindes, auf die gleichmäßige Verteilung von Berufs- und Familienleben zwischen den Elternteilen, auf die Umsetzung eines Kinderwunsches als auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten.»
  •  Ursula Häfliger, Geschäftsführerin die plattform: «Karriererisiken, die mit der Geburt eines Kindes verbunden sind, sollten, genau wie Rechte und Pflichten der Eltern, gleichmässig aufgeteilt sein. Dies fördert die Gleichberechtigung und mittel- und langfristig auch den Wiedereinstieg und die Integration der Mütter in den Arbeitsmarkt. Das grösste Fachkräftepotenzial der Schweiz, die Frauen, muss besser genutzt und gefördert werden.»
  • Yvonne Schärli, Präsidentin Eidgenössische Kommission für Frauenfragen EKF: «Ein wichtiger Schritt Richtung Normalität. Das Ziel muss eine Elternzeit sein, wie sie in vielen europäischen Ländern längst Standard ist.»
  • Nadine Hoch, Leitung Geschäftsstelle Eidgenössische Kommission für Familienfragen EKFF: «Während die Hälfte der OECD-Länder eine Elternzeitdauer von mindestens 43 Wochen gewährt, setzt sich die EKFF bereits seit 2010 mit ihrer Publikation «Elternzeit-Elterngeld» für ein moderates, an die Schweiz adaptiertes Elternzeit-Modell ein. 2018 hat eine von ihr beauftragte Analyse von 140 Studien aus umliegenden Ländern ihr 38-Wochen-Modell bestärkt: Ein optimal konzipiertes Elternzeitmodell ist nicht nur förderlich für Kind und Eltern, sondern hat auch einen volkswirtschaftlichen Nutzen.» Die EKFF führt am 24. November 2020 eine Tagung zur Elternzeit durch.
  • Oliver Hunziker, Dachverbandspräsident GeCoBi: «Wenn wir künftig mehr Gleichstellung zwischen den Geschlechtern wollen, müssen wir den Kindern vorleben, dass beide Rollen gleichwertig sind und beide Geschlechter für beide Rollen geeignet sind.»
  •  Kathrin Bertschy, Nationalrätin Grünliberale Partei Schweiz: «Damit Frauen und Männer gleiche Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben, braucht es eine Elternzeit zu gleichen Teilen, wenn beide erwerbstätig sind.»
  • Florence Brenzikofer, Nationalrätin Grüne Partei Schweiz: «Für die GRÜNEN ist klar: Eine anständige Elternzeit ist für die Schweiz sowohl ein gesellschaftlicher als auch ein wirtschaftlicher Gewinn. Denn die Vereinbarkeit von Beruf und Familie fördert die Gleichstellung und stärkt die Volkswirtschaft.»
  •  Jean-Daniel Strub, Präsident männer.ch: «Väter sind systemrelevant. Seit heute wissen wir: Das ist auch in der Schweiz Teil des gesellschaftlichen Selbstverständnisses.»
  •  Flavia Wasserfallen, Präsidentin Schweizerischer Fachverband Mütter- und Väterberatung und Nationalrätin: «Elternzeit lohnt sich nachhaltig, denn sie fördert die Gesundheit des Kindes, der Mutter und der Eltern-Kind-Beziehung ab Geburt. Und sie ermöglicht es, Betreuungs- und Erwerbsarbeit von Anfang an partnerschaftlich zu teilen, wie es sich junge Familien heute mehr denn je wünschen – unterstützen wir sie dabei!»
  • Regula Bühlmann, Zentralsekretärin Schweizerischer Gewerkschaftsbund SGB: «Das Ja zum Vaterschaftsurlaub zeigt, dass die Schweizerinnen und Schweizer nicht mehr in der gleichstellungspolitischen Steinzeit verharren wollen. Die Elternzeit ist deshalb der logische nächste Schritt.»
  • Valérie Piller Carrard, Nationalrätin und Präsidentin von Pro Familia Schweiz: «Elternzeit dient der Gesunderhaltung der Familie als System», betont. «Sie entlastet die Eltern in der vulnerablen Phase der Familiengründung und verbessert die Rahmenbedingungen für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf.»
  •  Barbara Schmid Federer, Alt-Nationalrätin und Stiftungsratspräsidentin von Pro Juventute: «Für uns hat eine Elternzeit in erster Linie das Kindswohl zum Ziel. Sie begünstigt die Entwicklung des Kindes in familiärer Geborgenheit vor allem in den wichtigen ersten Monaten. So trägt sie auch entscheidend, dazu bei, dass alle Kinder die gerechte Chance haben, gesund aufzuwachsen.»
  • Tamara Funiciello, Nationalrätin Sozialdemokratische Partei Schweiz und Co-Präsidentin der SP Frauen* Schweiz: «Kinder bekommen und grossziehen ist Arbeit. Die Elternzeit ist wichtig, weil sie diesen Umstand anerkennt und dieser Arbeit Raum gibt.»
  •  Oliver Hunziker, VeV-Präsident: «Kinder brauchen beide Eltern. Der Verband setzt sich für gemeinsame Elternschaft ein, zu jedem Zeitpunkt und in jeder Lebenssituation.»

Medienmitteilung vom 27.09.2020

Mehr Kitas, mehr Wirtschaftswachstum

Ein Beitrag erschienen am 13.09.2020 auf www.20min.ch

Eine Studie weist den volkswirtschaftlichen Nutzen von Frühförderung bei Kindern nach: Langfristig soll das Schweizer Bruttoinlandprodukt dadurch um jährlich rund 0,5 Prozent höher ausfallen. Auch Eltern und Kinder profitieren.

Eine Studie geht davon aus, dass sich mit Investitionen in den Ausbau der Frühförderung das Wirtschaftswachstum «merklich» steigert – rund 3,4 Milliarden Franken pro Jahr soll das BIP dadurch wachsen. Das BAK Economics untersuchte mit der Studie im Auftrag der Jacobs Stiftung die volkswirtschaftlichen Auswirkungen eines qualitativen Ausbaus von Kindertagesstätten (Kitas) und Tagesfamilien sowie von begleitenden Förderprogrammen für benachteiligte Kinder in der Schweiz. Als Erstes berichtete die «NZZ am Sonntag» davon.

Das BAK Economics untersuchte in der Studie die volkswirtschaftlichen Auswirkungen eines 10-jährigen Investitionsprogramms im Bereich der Kleinkinderbetreuung. Die Autoren kommen zum Schluss, dass sich zielgerichtete Investitionen in Förderangebote für Kinder zwischen 0 und 4 Jahren für den Staat bereits nach gut zehn Jahren lohnen. Durch die Weichenstellung in den ersten vier Lebensjahren würden Gemeinwesen, Eltern und Kinder gewinnen, unabhängig von ihrer Herkunft, Wohnort oder Einkommen.

Die BAK-Ökonomen unterscheiden mehrere positive volkswirtschaftliche Effekte. Die durch Frühförderung ausgebaute Erwerbstätigkeit der Eltern erhöhe das Einkommen und die Produktivität sowie die Kaufkraft und das Humankapital.

Weniger Sozialhilfe

Wer in den Genuss einer höheren Ausbildung komme, senke zudem Gesundheitskosten und beziehe seltener Sozialhilfe. Mehr Bildung bedeute letztendlich ein höheres Einkommenspotenzial (Bildungsrendite).

Mehr Investitionen in die Angebote der frühen Kindheit seien auch ein Beitrag an eine höhere Chancengerechtigkeit. Gerade benachteiligte Kinder würden von Frühförderung überdurchschnittlich profitieren. Damit die positiven volkswirtschaftlichen Effekte auch tatsächlich erzielt würden, müsse jedoch die Qualität der Betreuungsangebote hochgehalten werden.

Ausgangspunkt für die Studie war ein «Referenzszenario», das die heutigen Angebote im Frühbereich und deren Finanzierung abbildet. Aktuell stünden 67’000 Kinderbetreuungsplätze zur Verfügung. Dem wurden drei Ausbauszenarien gegenübergestellt – mit unterschiedlichen Auswirkungen auf die Kosten.

Höhere Staatsverschuldung und Einkommensteuern

Das «Investitionsszenario» geht davon aus, dass über einen Zeitraum von zehn Jahren insgesamt 21’000 neue Betreuungsplätze geschaffen werden. Zudem werden in diesem Szenario die Elternbeiträge für alle Betreuungsplätze, auch für bereits bestehende, reduziert. Dieses Szenario koste den Staat jährlich rund 794 Millionen Franken.

Zwei weitere Szenarien bauen auf dem «Investitionsszenario» auf. Hier seien zusätzliche Investitionen vorgesehen. Alle drei Ausbauszenarien gehen davon aus, dass die zusätzlichen Investitionen hälftig mittels Staatsverschuldung und Erhöhung der Einkommensteuer getragen werden, wie es weiter heisst.

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BAK Studie Politik der frühen Kindheit 2020 DEU
BAK Studie Politik der frühen Kindheit 2020 FRA

«Wir können uns zwei Wochen Vaterschaftsurlaub leisten»

Ein Beitrag von Daniel Graf erschienen am 01.09.2020 auf www.20min.ch

230 Millionen Franken würden zwei Wochen Vaterschaftsurlaub pro Jahr Schätzungen zufolge kosten. Das sollte uns eine gute Beziehung zwischen Vater und Kind nach der Geburt wert sein, findet Stéphane Rossini.

Rossini ist Direktor des Bundesamts für Sozialversicherungen. Im Live-Talk von 20 Minuten hat er sich den Fragen der 20 Minuten-Leserschaft gestellt. Hier die wichtigsten Erkenntnisse.

Für Rossini kommt die Abstimmung trotz Corona-Krise und sinkenden Einnahmen bei den Sozialwerken zum richtigen Zeitpunkt: «Die Erwartungen der Väter sind gross, die Geburt eines Kindes ist ein wichtiges Ereignis. Wir müssen den gesellschaftlichen Entwicklungen gerecht werden», sagt Rossini.

«Wir wollen die Vereinbarkeit von Beruf und Familie verbessern»

Er ist selber Vater. «Ich hatte nach der Geburt wenig Zeit, um präsent zu sein. Mit dem Vaterschaftsurlaub wollen wir die Vereinbarkeit von Beruf und Familie verbessern und Ungleichheiten verringern.» Derzeit haben die Unternehmen sehr verschiedene Regelungen. «Das geht heute nicht mehr», findet Rossini.

Die Schweizer Familienpolitik sei seit jeher keine einfache Aufgabe: «Im Vergleich mit anderen Ländern wie etwa Schweden steht die Schweiz oft nicht gut da. Dort ist die Familienpolitik viel öffentlicher, während sie in der Schweiz oft als Privatsache angesehen wird.» Auch der Föderalismus der Schweiz erschwere es oft, einheitliche Regelungen zu finden.

«Elternzeit steht nicht zur Debatte»

Auf die zwei Wochen sei man über einen politischen Prozess gekommen: «Die Volksinitaitive verlangte vier Wochen, das Parlament hat sich für den Gegenvorschlag mit zwei Wochen entschieden. Darüber stimmen wir aufgrund des Referendums nun ab.» Rossini hält eine gemeinsame Elternzeit für ein «interessantes Modell». Doch diese stehe im Moment nicht zur Debatte.

Rossini erinnert daran, dass die Väter während der zwei Wochen 80 Prozent ihres Lohnes erhalten würden. «Das kostet Schätzungen zufolge rund 230 Millionen Franken pro Jahr, welche über die Erwerbsersatzordnung finanziert werden sollen. Das können wir uns leisten», ist Rossini überzeugt. Durch den Vaterschaftsurlaub würden auch Schweizer KMU attraktiver: «Heute können sie es sich oft nicht leisten, ihren männlichen Angestellten nach der Geburt eines Kindes bezahlten Urlaub zu geben.»

«Im Vergleich zur AHV kostet der Vaterschaftsurlaub nicht viel»

Rossini vergleicht die 230 Millionen mit den 40 Milliarden, welche die AHV jährlich kostet: «Im Vergleich dazu ist es ein geringer Betrag. Wir müssten die Beiträge lediglich um 0,05 Prozent erhöhen. Auf 1000 Franken sind das 50 Rappen, welche zu gleichen Teilen von Arbeitgeber und Arbeitnehmer bezahlt würden», führt Rossini aus. «Das kann die Schweiz sich leisten.» Die administrativen Kosten würden dabei lediglich 2 bis 3 Prozent ausmachen.

Trotz Corona-Krise ist der Direktor des Bundesamts für Sozialversicherungen optimistisch: «Klar, die Corona-Krise hat uns hart getroffen. Wir gehen davon aus, dass auch die Jahre 2021 und 2022 noch schwierig werden. Danach hoffen wir, dass die Konjunktur wieder anzieht.» Wie alle anderen hofft auch Rossini, dass bald ein Impfstoff gefunden und die Pandemie überwunden werden kann.

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