Tessin gewährt Familien zwei Wochen Elternzeit

Mit 43 Ja- und 37 Nein-Stimmen stimmte der Tessiner Grosse Rat einer zweiwöchigen Elternzeit zu. Ursprünglich lag ein Vorschlag der SP auf dem Tisch, der den Mutterschaftsurlaub von 14 auf 20 Wochen anheben wollte. Mit dem jetzigen Kompromiss folgt die Kammer dem Gegenvorschlag der Kommissionsminderheit.

Die zweiwöchige Elternzeit, statt der Anhebung des Mutterschaftsurlaubs um sechs Wochen, ist die Konsenslösung aus einer Initiative des SP-Politikers Raoul Ghisletta. Er wollte den Mutterschaftsurlaub im Tessin von 14 auf 20 Wochen ausdehnen. Die Mehrheit der Kommission für Gesundheit und soziale Sicherheit lehnte die Initiative jedoch ab.

Auch Corona gab den Ausschlag

Nach einer Pattsituation im vergangenen Dezember, bei welcher der Rat der Mehrheitsvorlage mit 38 Ja- zu 38 Nein-Stimmen gegenüberstand, hat der Tessiner Grosse Rat nun den Gegenvorschlag der Kommissionsminderheit gutgeheissen. Dieser sieht anstelle einer Verlängerung des Mutterschaftsurlaubs um vier Wochen eine zweiwöchige Elternzeit vor. Die Wortführer der Kommissionsminderheit begründeten den Kompromiss unter anderem mit der angespannten wirtschaftlichen Situation des Kantons wegen der Coronavirus-Pandemie.

Vorreiter Genf

Vorbild für die Tessiner Lösung war der Kanton Genf. Dieser kennt seit dem Jahr 2000 einen 16-wöchigen Mutterschaftsurlaub. Der Westschweizer Kanton behielt diesen auch bei, als 2005 auf eidgenössischer Ebene ein 14-wöchiger Mutterschaftsurlaub eingeführt wurde.

Weiterlesen - Ein Beitrag erschienen am 25.01.2021 auf www.srf.ch

Einsamkeit im Homeoffice

Seit einer Woche gilt in der Schweiz die Homeoffice-Pflicht. Nicht für alle Betroffenen ist das gleichermassen erfreulich. Einige fühlen sich einsam. Arbeitspsychologe Martin Kleinmann plädiert für eine Fokussierung auf Lösungen statt auf Probleme – und für virtuelle Treffen mit Kollegen.

SRF News: Für viele ist Homeoffice eine psychische Belastung. Warum?

Martin Kleinmann: Die Arbeit im Büro bietet normalerweise ganz andere Möglichkeiten, als wenn man zu Hause vor dem PC sitzt. Dort hat man Kolleginnen und Kollegen, die man auch im Alltag schätzt. Und man hat durch unterschiedliche Tätigkeiten viel mehr Gelegenheiten, seine Zeit nicht nur vor dem Computer sitzend zu verbringen. Der zweite Punkt, der eine Rolle spielt, ist, dass die Abgrenzung zwischen Freizeit und Berufstätigkeit durch das Homeoffice sehr viel schwieriger ist, als das im Büro der Fall ist.

Aber im Homeoffice ist man doch flexibler, kann zum Beispiel über Mittag eine Wäsche machen. Weshalb sind trotzdem einige unglücklicher?

Man hat zuhause durchaus viele Möglichkeiten. Man kann ein Päuschen machen, wann man es möchte. Man kann die Wäsche machen, die Kinder abholen und dergleichen. Das sind Vorteile.

Abends noch an der Arbeit zu sitzen, kann auch erschöpfender sein, als es am Arbeitsplatz wäre.

Die Schwierigkeit ist aber, dass ich, wenn ich zu Hause arbeite, meist nicht so effizient bin, wie es im Büro der Fall ist. Dann kann es sein, dass Personen länger arbeiten, dass sie sich weniger abgrenzen von der Freizeit, dass sie abends noch an der Arbeit sitzen, und dass das deswegen auch erschöpfender sein kann, als es am Arbeitsplatz der Fall ist.

Was kann man als Arbeitnehmerin, als Arbeitnehmer, die oder der im Homeoffice arbeiten muss, tun, um weniger einsam zu sein?

Was sich vonseiten der Arbeitnehmenden, aber auch vonseiten der Chefs anbietet, ist, dass man sich neben den Arbeitsbesprechungen in gewissen Abständen trifft, um beispielsweise nur einen Schwatz zu halten, um eine Pause zu machen, um sich auszutauschen darüber, was man erlebt. Auch diese virtuelle Form, sich auszutauschen, hat eine verbindende Wirkung.

Aber es fühlt sich nicht gleich an, wenn man sich am Bildschirm sieht.

Nein, das ist nicht das Gleiche. Aber es ist besser, als wenn man es nicht macht. Eine Schwierigkeit besteht darin, dass man den Computer normalerweise als Arbeitsgerät sieht. Kleinere zwischenmenschliche Austausche, wie man sie bei der Arbeit hat, wo man guten Morgen sagt oder in der Pause kurz miteinander redet, fehlen. Deswegen ist es hilfreich, wenn man versucht, solche Begegnungszonen mithilfe des Computers herzustellen.

Gibt es noch andere Dinge, die Sie Arbeitnehmenden mitgeben würden?

Es gibt die sogenannte Resilienzforschung. Dabei geht es darum, wie Personen stabil bleiben, wenn sie mit Krisen zu tun haben. Und da gibt es ein paar Faktoren, die hilfreich sind. Zuversicht kann zum Beispiel eine Rolle spielen. Wenn man versucht, das Ganze lösungsorientiert zu gestalten, und sich auch Gedanken darüber macht, dass das eine oder andere vielleicht jetzt ein Problem ist, aber mittelfristig – das heisst in zwei, drei Monaten – vorbei ist. Und dass wir einfach akzeptieren müssen, so wie die Situation jetzt ist.

Virtuelle Treffen helfen dabei, gefühlsmässig stabiler zu bleiben, als wenn man ganz alleine ist.

Es empfiehlt sich, dass man das, was einem fehlt, nämlich Kontakte mit Freundinnen und Freunden, virtuell macht. Man kann sich so zum Kaffeetrinken oder auch abends auf ein Glas Wein treffen. Das hilft dabei, gefühlsmässig stabiler zu bleiben, als wenn man ganz alleine ist.

Weiterlesen und -hören - Ein Beitrag aus SRF4 News akutell vom 25.01.2021

Das rät die Expertin fürs Homeoffice in dieser «Ausnahmesituation»

Der Bundesrat schickte die Schweiz am Montag ins Homeoffice. Die Teleheimarbeit bietet Chancen, birgt aber auch Risiken. Arbeitspsychologin Michaela Knecht sagt, wie das erzwungene Dauer-Homeoffice gelingt.

Seit Montag sind über zwei Millionen Erwerbstätige ins Homeoffice verbannt. Die aktuellste Covid-19-Verordnung des Bundesrats schreibt Teleheimarbeit «wo möglich und mit verhältnismässigem Aufwand umsetzbar» vor. Im trauten Heim zu arbeiten, ist für Gewisse Usus. Das Gros der Gruppe, die nun zu Homeoffice gezwungen wird, tut dies normalerweise nur halbtage- oder tageweise. Gemäss Schweizerischer Arbeitskräfteerhebung des Bundesamts für Statistik arbeitete 2019 fast jeder vierte Erwerbstätige gelegentlich zu Hause. Gelegentlich bedeutete dabei mindestens einmal pro Monat. Das war vor der Pandemie. Dieser Anteil, der seit der Jahrtausendwende per se schon stetig anstieg, dürfte durch die Lehren des ersten Lockdowns zusätzlich beschleunigt werden. Und trotzdem: Das gesamte Pensum von heute auf morgen im Homeoffice zu verbringen, ist für die Mehrheit ungewohnt – und birgt Risiken.

Problem: Entgrenzung der Arbeit

«Homeoffice birgt die Gefahr von sozialer Isolation, weil der Kontakt mit den Kollegen reduziert wird und beispielsweise das gemeinsame Mittagessen und die gemeinsame Kaffeepause wegfallen», sagt Michaela Knecht. Sie ist wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Hochschule für Angewandte Psychologie der Fachhochschule Nordwestschweiz und Mitglied der Schweizerischen Gesellschaft für Arbeits- und Organisationspsychologie. Weil soziale Isolation eine Gefahr für unsere Gesundheit birgt, sei es wichtig, im Homeoffice auch bewusst Zeit für informellen Austausch einzubauen. «Beispielsweise virtuelle Kaffeepausen in sehr kleiner Runde, aber auch zu Beginn oder am Schluss von Sitzungen in grösserer Runde.»

Online-Kommunikation via Zoom könne die direkte Kommunikation in vielen Bereichen gut ersetzen. «Bei Online-Kommunikation steigt aber die Gefahr von Missverständnissen.» Es lohne sich, sich bewusst Zeit zu nehmen, um die Zusammenarbeit in dieser neuen Form zu reflektieren. «Es ist wichtig, Probleme in der aktuellen Situation anzusprechen. Dafür braucht es ein gutes Teamklima und Zeit», sagt Knecht, die die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben erforscht. Im Homeoffice bestehe die Gefahr der Entgrenzung der Arbeit, also dass man zu lange arbeitet und es nicht gelingt, Feierabend zu machen und abzuschalten. «Da hilft es, bewusst einen Übergang von der Arbeit ins Privatleben zu gestalten. Das kann durch definierte Zeiten, bewusste Kleidungswechsel oder kleine Rituale wie einen Spaziergang passieren.» Kurzum: Nehmen Sie sich Zeit, um über Ihre virtuelle Zusammenarbeit zu sprechen. So können Missverständnisse reduziert und Erwartungen an die Erreichbarkeit geklärt werden. Zudem sei es auch wichtig, während des Arbeitstags Strukturen zu schaffen mit einer klar abgegrenzten Mittagspause und bewussten Pausen über den Tag. «Das geht im Homeoffice oft vergessen.»

Nebst den Risiken biete die Teleheimarbeit aber auch grosse Chancen. «Das Homeoffice bietet grössere zeitliche Flexibilität, weil der oftmals anstrengende Pendelweg entfällt», erläutert Knecht. «Die gewonnenen zeitlichen Freiheiten sollte man bewusst nutzen.»

Die Ausnahmesituation verstärkt die Risiken

Möglichkeiten dazu sind: Später in den Tag starten und vorher noch Sport machen oder früher Feierabend machen, um so am Abend noch mehr Freizeit zu geniessen. Erwerbstätige sollten die Autonomie bewusst ausnutzen und ihre Arbeitszeiten im Rahmen der Möglichkeiten an ihre eigenen Vorlieben anpassen. Die Arbeit im Homeoffice und die damit verbundene grössere zeitliche Flexibilität könne auch die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben erleichtern. Homeoffice biete für viele Menschen mehr Raum, um in Ruhe zu arbeiten. Unterbrechungen durch Anfragen von Kollegen fallen weg. «Diese Ruhe kann helfen, um fokussiert an Themen zu arbeiten. Falls zu viele digitale Nachrichten ablenken, ist eine mögliche Strategie, die E-Mails bewusst nur einmal pro Stunde zu checken.» Schliesslich gibt Knecht – selber aktuell im Homeoffice – zu bedenken, dass wir uns der aktuellen Ausnahmesituation bewusst sein sollten. «Bei erzwungenem Dauer-Homeoffice sind die Risiken stärker ausgeprägt als bei ein bis zwei Tagen Homeoffice pro Woche, wo die Chancen stärker zum Tragen kommen.»

Erschwerend komme in der aktuellen Pandemie-Situation hinzu, dass viele Menschen nicht mehr ihren gewohnten Freizeittätigkeiten nachgehen, die ihnen sonst guttun. Auch die Kontakte in der Freizeit sind eingeschränkt. «Wir müssen davon ausgehen, dass viele Menschen momentan generell weniger positive Erlebnisse und vielleicht nicht mehr so viele Ressourcen haben, um mit Schwierigkeiten umzugehen.» Die Expertin rät zu Gelassenheit und Grosszügigkeit mit sich und anderen, wenn es beispielsweise mal zu Abstimmungsproblemen kommt. «Wir sind alle in einer nicht gewählten Ausnahmesituation.» Aus einer Studie ihres Teams wisse sie, dass Homeoffice besonders gut funktioniert, wenn es allgemein schon gut laufe bei der Arbeit. «Wenn hingegen bei jemandem schon vor der Homeoffice-Phase Probleme vorhanden sind, dann besteht die Gefahr, dass diese durch das Homeoffice nochmals verstärkt werden.» Hier seien neben jedem einzelnen auch Führungskräfte in der Pflicht, gut mit dem Mitarbeitenden in Kontakt zu bleiben und wahrgenommene Probleme rechtzeitig anzusprechen. Zusammenfassend plädiert Knecht dafür, die Freiheiten bewusst zu nutzen, die Erwerbstätige durch die Situation erhalten. Beispiele seien eine längere Mittagspause im Freien oder mehr bewusste Familienzeit zu Zeiten, an denen man sonst gar nicht daheim ist.

Weiterlesen - Ein Beitrag vom Philipp Kobel erschienen am 24.01.2021 auf www.nau.ch

Gleichstellungsgesetz: Neue Studie analysiert Rechtsprechung des Bundesgerichts

In 27 Prozent der Fälle wurden Beschwerden auf der Basis des Gleichstellungsgesetzes vor Bundesgericht gutgeheissen. Das zeigt eine Studie, die im Auftrag des Eidgenössischen Büros für die Gleichstellung von Frau und Mann durchgeführt wurde. Sie zeigt auch, dass zwei Drittel der Fälle Lohndiskriminierung betreffen. Mehr als die Hälfte aller Fälle stammen aus dem Gesundheits- oder Bildungswesen. Der Bericht empfiehlt unter anderem, den Arbeitnehmenden den Zugang zur Justiz bei Diskriminierungen im Erwerbsleben zu erleichtern.

Die Studie analysiert die 81 Urteile, die das Bundesgericht im Zeitraum zwischen 2004 und 2019 gestützt auf das Gleichstellungsgesetz gefällt hat. Zwei Drittel der Fälle betreffen Beschwerden wegen Lohndiskriminierung. Diese sind in 40 Prozent der Fälle erfolgreich. Beschwerden wegen sexueller Belästigung werden in 29 Prozent gutgeheissen. Bei diskriminierenden Kündigungen heisst das Bundesgericht 7 Prozent der Beschwerden gut. Dies bedeutet jedoch nicht immer, dass die arbeitnehmende Partei ihren Fall schliesslich auch gewinnt. Das Bundesgericht weist die Fälle nämlich häufig zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurück. 

Mehr als die Hälfte aller Fälle, mit denen sich das Bundesgericht befasste, betrafen Berufe im Gesundheits- oder Bildungswesen. In 63 Prozent der Urteile ging es um öffentlichrechtliche Arbeitsverhältnisse. Ob Personen in privatrechtlichen Arbeitsver­hältnissen das Risiko eines Arbeitsplatzverlustes als höher einschätzen und daher auf einen Weiterzug ans Bundesgericht verzichten, kann in der Studie nicht abschliessend beantwortet werden. Ebenso zeigt sich, dass meist Privatpersonen ans Bundesgericht gelangen - Verbände sind sehr zurückhaltend bei der Anwendung ihres Klagerechts.

Die im Auftrag des Eidgenössischen Büros für die Gleichstellung von Frau und Mann von der Universität Genf durchgeführte Studie ergänzt die Kenntnisse über die Gerichtspraxis zum Gleichstellungsgesetz. 2017 wurde bereits die kantonale Rechtsprechung untersucht.

Die Studie enthält verschiedene Empfehlungen. Sie zielen darauf ab, den Zugang zum Recht bei Diskrimi­nie­run­gen im Erwerbsleben zu verbessern und legen etwa nahe, das Verbands­kla­gerechts zu stärken oder die Beweislasterleichterung für Fälle von sexueller Be­lästigung und Anstellungsdiskriminierung erneut zu prüfen. Letzteres würde bedeuten, dass die Beschwerdeführenden die Diskriminierung lediglich glaubhaft machen, aber nicht beweisen müssen. Ebenso müsse die Weiterbildung von Richterinnen und Richtern, Anwältinnen und Anwälten sowie Mitgliedern von Schlichtungsbehörden verbessert und die Information der Öffentlichkeit über das Gleichstellungsgesetz verstärkt werden.  

Das Gleichstellungsgesetz trat 1996 in Kraft. Es verbietet Diskriminierungen aufgrund des Geschlechts im Erwerbsleben. Die tatsächliche Gleichstellung von Frau und Mann in der Arbeitswelt ist auch für den Bundesrat von hoher Priorität: Sie bildet einen der Schwerpunkte der nationalen Gleichstellungsstrategie, die dieses Jahr ver­abschiedet werden soll.

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Grosse Familien werden zur No-go-Zone: Das Besuchsverbot betrifft mehr als eine Million Menschen

Ab Montag dürfen Familien und Haushalte ab fünf Personen niemanden mehr einladen. Dies sei eine der wichtigsten Massnahmen gegen die Ausbreitung des Coronavirus, sagt ein Mitglied der Covid-19-Taskforce.

Manche Politiker sagen es nur unter vorgehaltener Hand. Andere sprechen es offen aus. Zum Beispiel Marcel Dettling, Mitglied des Parteileitungsausschusses der SVP. «Man merkt, dass die Mehrheit der Bundesräte keine Kinder haben. Sie wissen nicht, was eine Abschottung für die Familien bedeutet.» Als dreifacher Vater ist der Schwyzer SVP-Nationalrat direkt betroffen von einer Regel, die ab nächstem Montag gilt: Haushalte mit fünf und mehr Personen dürfen bis Ende Februar keinen Besuch mehr empfangen.

Das prominenteste «Opfer» dieser Massnahme ist Alain Berset. «Ich weiss genau, was das bedeutet. Mit drei Kindern haben wir keine Kontakte mehr in den nächsten Wochen. Das ist hart, aber es ist so», sagte der Gesundheitsminister am Mittwoch.

Bis anhin durften sich im privaten Rahmen zehn Personen treffen. Dem Vernehmen nach setze sich Berset für den Status quo ein. Doch offenbar brachte tatsächlich ein Ratsmitglied ohne Nachwuchs die 5er-Regel durch. Anders als während des Lockdowns im Frühling werden Kinder mitgerechnet. Bestehen bleibt die Empfehlung, dass sich bloss Personen aus zwei Haushalten treffen sollen.

Es ist also nicht die Zeit für Kindergeburtstagspartys und Briobahnnachmittage. Wer mit mehreren Geschwistern aufwächst, kann nur noch dann in der Wohnung mit Freunden spielen, wenn gleichzeitig genügend Geschwister und/oder die Eltern ausser Haus weilen. Wobei: Die Homeoffice-Pflicht wird die Präsenz Letzterer erhöhen.

Sozialleben wird eingeschränkt zu Gunsten der Virusbekämpfung

Die 5er-Regel betrifft in der Schweiz knapp 216000 Haushalte, wie ein Blick auf Zahlen des Bundesamtes für Statistik zeigt. Das entspricht zwar nur 5,7 Prozent aller Haushalte, doch darin leben immerhin fast 1,2 Millionen Menschen. Zu Gunsten der Pandemiebekämpfung müssen sie ihr Sozialleben stärker einschränken als Personen, die in kleineren Haushalten leben,

Entsprechend rege und kontrovers wird die Massnahme in den sozialen Medien diskutiert. «Bisschen nervts mich, dass wir als 5-köpfige Familie bis Ende Februar niemanden treffen dürfen (nicht mal Verwandte) und die Skiparty in der Bergen weiterrollt», schrieb ein Vater auf Twitter. Es sei schwer nachvollziehbar, dass Kinder mitgezählt würden, das erschwere vieles bei der Organisation eines coronakonformen Alltags. Die Aargauer Nationalrätin Marianne Binder (Die Mitte) wies darauf hin, dass sich das Leben für Patchworkfamilien verkomplizieren könnte.

Die meisten Ansteckungen mit bekanntem Ursprungsort geschehen im familiären Umfeld. Erschweren könnte die neue Restriktion deshalb auch das Leben des Coronavirus. Oder besser: dessen Ausbreitung. Davon überzeugt ist Nicola Low, Professorin für Epidemiologie an der Universität Bern und Mitglied der Covid-19-Taskforce des Bundes.

«Diese Regel macht sicher Sinn», sagte sie gegenüber dem Schweizer Radio und Fernsehen. Sie halte sie tatsächlich für eine der wichtigsten Massnahmen. Im privaten Rahmen komme es – anders als etwa in Schulen mit Schutzkonzepten – öfter zu näheren Kontakten. «Es geht darum, die Kontakte dort zu beschränken, wo es keine Schutzkonzepte gibt.» Wenn sich die Leute wirklich nur im engsten Kreis treffen würden, habe das Virus weniger Gelegenheit, sich zu übertragen.

Interessenvertreter von Familien reagieren relativ gelassen auf die neue Einschränkung. «Die Gesellschaft als Ganzes erlebt eine sehr schwierige Situation», sagt Philippe Gnaegi, Direktor von Pro Familia. Im Vergleich zum vergangenen März befänden sich die Familien aber in einer besseren Ausgangslage. «Die Schulen und die Kindertagesstätten bleiben flächendeckend geöffnet.» Zudem seien die Massnahmen befristet. Und mit dem Impfstart bahne sich langsam ein Licht am Ende des Tunnels an.

Nationalrat Candinas akzeptiert Regel «zähneknirschend»

Martin Candinas, Bündner Mitte-Politiker und dreifacher Familienvater, hätte die 5er-Regel zwar nicht erlassen. «Ich muss sie aber zähneknirschend akzeptieren», sagt er, der in den nächsten Wochen niemand bei sich zu Hause begrüssen darf. Er werde seinen Kindern im Schulalter nicht verbieten, mit Freunden zu spielen. «Selbstverständlich im Freien», ergänzt Candinas. Da er als Nationalrat oft in Bern weilt, eröffnet sich für seine Kinder immerhin zwischendurch die Möglichkeit, mit einem Gspänli in den geheizten vier Wänden zu spielen. «Insofern bin ich ein Glücksfall für meine Familie», sagt Candinas mit einem Augenzwinkern. Das gleiche Fazit gilt wohl auch für Alain Berset. Als oberster Virenbekämpfer des Landes dürfte der SP-Politiker mehr Zeit unter der Bundeskuppel verbringen als im trauten Heim im Kanton Freiburg.

Weiterlesen - ein Beitrag von Kari Kälin erschienen in der Aargauer Zeitung vom 15.01.2021

Homeoffice-Pflicht: Das müssen Arbeitnehmende wissen

Arbeiten zu Hause wird vorübergehend zur Pflicht. Was bedeutet das für die Angestellten?

Wer muss zu Hause arbeiten?
Ab Montag, 18. Januar muss überall dort von zu Hause aus gearbeitet werden, «wo dies aufgrund der Art der Aktivität möglich und mit verhältnismässigem Aufwand umsetzbar ist», sagt der Bundesrat. Es gibt also einen gewissen Spielraum für die Vorgesetzten.

Gibt es eine Entschädigung?
Anders als beim Lockdown im vergangenen Frühling ist diesmal in der Verordnung klar festgehalten: Es gibt für die Arbeitnehmenden keine Entschädigung, zum Beispiel für Strom, Miete oder Internet. Grund: Die Anordnung sei ja nur vorübergehend. Aber Spesen, die zur Erbringung der Arbeitsleistung nötig sind, muss der Arbeitgeber bezahlen. Denn diese Kosten fallen auch an, wenn jemand im Büro arbeitet. Hier geht es Beispielsweise um Kosten für Porto, Druckerpatronen oder Papier.

Kann ich trotzdem eine Entschädigung verlangen?
Fragen darf man immer! Wer ab dem 18. Januar im Homeoffice arbeitet und dafür grössere Auslagen hat, etwa für einen externen Bildschirm oder ein deutlich teureres, weil leistungsstärkeres Internet-Abo, für den lohnt es sich auf jeden Fall mit dem Chef oder der Chefin zu reden. Anders ist es für Angestellte, die schon bislang im Homeoffice gearbeitet haben. Dort gilt weiter, was mit dem Arbeitgeber vereinbart wurde.

Was tun, wenn man zu den gefährdeten Personen gehört und nicht im Homeoffice arbeiten kann?
Gefährdete Personen in Berufen, in denen die Schutzbestimmungen nicht umgesetzt werden können, müssen vom Arbeitgeber bei vollem Lohn von der Arbeitspflicht befreit werden. In diesen Fällen bestehe ein Anspruch auf den Corona-Erwerbsersatz.

Muss ich im Homeoffice eigentlich immer für die Vorgesetzten erreichbar sein?
Es gelten nach wie vor die vertraglich vereinbarten Arbeitszeiten. Auch im Homeoffice hat man Pausen zugute. Es lohnt sich aber, mit dem Arbeitgeber Präsenzzeiten abzumachen. Und zu vereinbaren, wie schnell man auf E-Mails reagieren soll. Der Arbeitgeber hat eine Fürsorgepflicht gegenüber seinen Angestellten: Wenn etwa die Anwesenheit von Kindern ungestörtes Arbeiten zu bestimmten Zeiten verunmöglicht, so ist hier vom Arbeitgeber ein gewisses Entgegenkommen zu erwarten.

Ein Beitrag von Peter Fritsche erschienen am 13.01.2021 auf www.srf.ch: Weiterlesen