68 Prozent wünschen sich, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie voranzutreiben

Die Zeitschrift Annabelle hat über 6000 Frauen gefragt, wie gleichgestellt sie sich fühlen. Bei vielen Punkten tut sich ein Graben zwischen den Generationen auf. Am meisten Aufholbedarf sehen die Frauen bei der Gleichstellung im Beruf.

#MeToo, Frauenstreik, 50 Jahre Frauenstimmrecht in der Schweiz: Die Themen Gleichstellung, Lohndiskriminierung und Feminismus sind in den letzten Jahren wieder ganz oben auf die politische Agenda geklettert. Das Umfrageinstitut Sotomo hat im Auftrag der Zeitschrift «Annabelle» bei 6280 Schweizer Frauen nun den Puls gefühlt.

Leben sie aus ihrer Sicht in einer gleichberechtigten Gesellschaft? Wie verbreitet sind veraltete Rollenmodelle? Und was hat sich im Vergleich zur vorhergehenden Generation - beruflich, gesellschaftlich, sexuell - verbessert? Dies sind die wichtigsten Erkenntnisse.

Wie weit ist die Schweiz bei der Gleichstellung?

Im privaten und politischen Bereich sowie in der Öffentlichkeit sehen die befragten Frauen die Gleichstellung einigermassen verwirklicht. Grossen Handlungsbedarf sehen sie noch im Beruf: Nur vier Prozent der Befragten finden, dort sei die Gleichstellung sehr gut umgesetzt. Potential gibt es aber auch in den übrigen Bereichen Familie & Partnerschaft, Öffentlichkeit und Politik: So finden etwa nur 13 Prozent, dass die Gleichstellung im Privaten «sehr gut» umgesetzt sei. Es zeigt sich auch: Jüngere Frauen zeigen sich kritischer.

Wo besteht der dringendste Handlungsbedarf?

Dass viele Frauen sich im Beruf noch nicht gleichgestellt sehen, schlägt sich auch in den dringendsten Forderungen nieder. 85 Prozent finden, das drängendste Thema sei, dass gleiche Arbeit mit gleichem Lohn entlohnt wird. Danach folgt mit 69 Prozent die finanzielle Absicherung im Alter. Und auch die dritte Forderung betrifft den Beruf: 68 Prozent wünschen sich, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie voranzutreiben. Kontrovers schätzen die befragten Frauen das Mittel der Quoten zur Förderung der Frauen im Job ein. 48 Prozent sind dafür, 52 Prozent dagegen. Für Quoten sind mehrheitlich jüngere Frauen.

Wie viele Frauen bezeichnen sich als Feministin?

Ein Generationen-Graben tut sich bei der Frage auf, ob sich die Befragten als Feministinnen bezeichnen würden. Während bei den 16- bis 24-Jährigen 61 Prozent absolut oder «eher» zustimmen, sind es bei den älteren Generationen deutlich weniger. Die Forscherinnen und Forscher folgern daraus: «Bei den unter 35-Jährigen ist der Feminismus im Mainstream angekommen.»

Gendergerechte Sprache

Sind Politikerinnen mit gemeint, wenn es heisst, dass Politiker ein Corona-Hilfspaket fordern? Um diese Frage wird heftig gestritten. 26 Prozent der befragten Frauen finden es wichtig, geschlechtergerechte Sprache zu verwenden und fordern eine konsequente Umsetzung. 40 Prozent achten darauf nicht besonders. Auch hier sind es Frauen zwischen 16 und 34 Jahren, die sich deutlich stärker für das «Gendern» aussprechen (40 Prozent Anteil).

Diskriminierung am Arbeitsplatz

Haben Frauen und Männer die gleichen Chancen im Job? Nur 40 Prozent der Befragten können diese Aussage bei ihrem Arbeitgeber unterschreiben. 11 Prozent finden, sie würden aufgrund des Geschlechts am Arbeitsplatz Nachteile erfahren. Bei den negativen Erfahrungen werden am meisten sexualisierte Sprüche oder Witze (55 Prozent) genannt, danach folgt allgemein Diskriminierung aufgrund des Geschlechts und an dritter Stelle die Frage nach dem Kinderwunsch am Vorstellungsgespräch (28 Prozent).

Das nervt Schweizer Frauen

Auch Einstellungen zur Partnerschaft haben die Forscherinnen und Forscher erfragt. 42 Prozent der Befragten nervt es, dass sie die Hauptlast im Haushalt tragen und vieles an ihnen hängen bleibt. Der Haushalt sei der zentrale Reibungspunkt, so die Forscher. Vierzig Prozent stören sich weiter daran, dass ihr Partner oder ihre Partnerin nicht über Gefühle sprechen kann oder will. Für 27 Prozent hat zudem der Faktor «ist ständig am Mobile» Nerv-Potential.

Zufriedenheit mit dem eigenen Sex-Leben

29 Prozent der befragten Frauen geben an, sie seien mit ihrem Sexleben voll und ganz zufrieden. 27 Prozent können ihre Sexualität genau so ausleben, wie sie das wollen. Ein Viertel hätte gerne mehr Sex, acht Prozent anderen Sex. Im Vergleich zur Generation ihrer Mütter geben die Befragten an, dass sich bei der sexuellen Entfaltung einiges verbessert habe: 38 Prozent stimmen dieser Aussage zu. Trotzdem ist für viele Frauen Sexualität mit negativen Erfahrungen verknüpft. Drei Viertel geben an, schon mindestens einmal im Leben Sex gehabt zu haben, um jemanden einen Gefallen zu tun. Jüngere Frauen sind davon häufiger betroffen. Zudem hatten dreissig Prozent der befragten Frauen schon Sex ohne Einwilligung, nochmal so viele haben schon einmal sexuelle Gewalt erfahren.

Weiterlesen - ein Beitrag von Pascal Michel erschienen am 1. März 2021 auf www.20min.ch

Was Manager über die gezielte Förderung von Frauen denken

Viele ältere, ranghöhere Manager wollen Frauen fördern. Das zeigt Wirkung und ist sinnvoll, aber es bestehen Ambivalenzen.

Männliche Führungskräfte in Schweizer Unternehmen engagieren sich in der Förderung von Frauen. Das hat eine Umfrage unter knapp 1200 Führungskräften im Rahmen des Projekts «Leaders for Equality» der Universität St. Gallen ergeben. Die befragten Manager erkennen die Gefahr, dass vor allem Männer befördert werden, die der bestehenden Führungsriege ähneln, auch weil viele Frauen sich weniger stark für Führungsposten ins Spiel bringen. Diese Mechanismen aufzubrechen, ist das Ziel vieler männlicher Führungskräfte. Was braucht es dazu? Ganz klar muss der eigene Führungsauftrag ernster genommen werden, indem man auf Frauen direkt zugeht, Unterstützung anbietet, sie «ein bisschen mehr abholt, Bedürfnisse abklärt und die Frauen dann vielleicht mehr bei der Hand nimmt», wie ein Manager seine eigene Aufgabe formuliert.

Auswahl der Geförderten

Aber heisst «jemanden zu seinem Glück zwingen» nicht auch, dass man ihn oder sie bevormundet? Die in der Studie befragten Manager fragen sich, ob sie den Mitarbeiterinnen damit wirklich einen Gefallen tun. Besonders bei körperlich fragil wirkenden Frauen hat ein Manager «Angst, dass diese Person kaputtgeht» und fragt sich: «Wenn die als Frau allein im Führungsteam von sechzig Männern ist ... Überlebt die dann? Aber wenn man sie dann beschützen will, ist das noch viel schlimmer!»

Die männlichen Führungskräfte sehen hier sehr deutlich die Herausforderungen, die für Frauen bestehen können. Gleichzeitig ist ihnen klar, dass der Wunsch, jemanden beschützen zu wollen, bedeutet, davon auszugehen, dass die Person schwächer ist und sich nicht selbst behaupten kann.

Ein vergleichbares Dilemma sehen die Kadermänner darin, dass durch Frauenförderung implizit eine Festschreibung traditioneller Geschlechterbilder stattfindet: «Das ist möglicherweise der Alpha-Fehler. Weil es dann Männer sind, die Frauen zur Förderung auswählen und festlegen, was Förderung eigentlich bedeutet», ist ein Manager überzeugt. Besonders Mentoring wird in diesem Zusammenhang kritisch betrachtet, denn dahinter steht nach Meinung eines Mannes folgende Annahme: «Frauen sind halt nicht so selbstbewusst, deshalb muss man ihnen Mentoren zur Seite stellen – und dann wird das schon.»

Weiterlesen - ein Beitrag von Gabriele Schambach und Julia Nentwich erschienen am 28.02.2021 auf www.handelszeitung.ch

In diesen Branchen verdienen Frauen viel weniger als Männer

Der monatliche Bruttolohn bei Frauen ist im Schnitt immer noch wesentlich tiefer als bei Männern. Je nach Branche sind es im Schnitt bis zu 4300 Franken. Ein grosser Teil davon ist nicht objektiv erklärbar. 

  • Frauen erhalten im Schnitt 19 Prozent weniger Lohn als Männer.

  • Rund die Hälfte des Unterschieds lässt sich nicht mit Faktoren wie Position oder Dienstalter erklären.

  • Es dürfte sich um Lohndiskriminierung handeln.

  • Je nach Branche und Kaderstufe sind die Unterschiede besonders gross.

Die Lohnschere zwischen Mann und Frau schliesst sich nicht: Frauen verdienen im Schnitt 19 Prozent weniger als Männer, wie eine neue Auswertung des Bundesamts für Statistik zeigt. Laut der aktuellen Lohnstrukturerhebung haben Männer 2018 durchschnittlich 7968 Franken pro Monat verdient. Frauen hatten hingegen einen Bruttolohn von 6456 Franken. Das ist eine Differenz von 1512 Franken. Ein Teil dieser Lohnunterschiede lässt sich mit objektiven Faktoren wie beruflicher Stellung, Ausbildung und Branche erklären. Mit 45,5 Prozent bleibt aber immer noch fast die Hälfte des Defizits unerklärt – Frauen erhalten also ohne Begründung im Schnitt 686 Franken weniger Lohn im Monat.

Diskriminierung als einziger Grund

Diese nicht erklärbare Lohndifferenz gilt als potenzielle Diskriminierung: «Damit bleibt nur noch die Geschlechtsvariable übrig, die den immer grösser werdenden Unterschied erklärt», sagt Valérie Borioli Sandoz, Leiterin Gleichstellung bei Travailsuisse, zu 20 Minuten. Die Differenz ist innert zwei Jahren von 18,1 auf 19 Prozent gestiegen. Selbst in Branchen mit eher niedrigen Durchschnittslöhnen kommen Frauen teils auf über 600 Franken unerklärtes Lohndefizit. Im Detailhandel etwa sind es 624 Franken, weil der Anteil an der unerklärbaren Lohndifferenzen bei 57,4 Prozent liegt.

Weiterlesen - ein Beitrag von Raphael Knecht erschienen am 22. Februar 2021 auf www.20min.ch

Tag der Lohngleichheit 2021: Bis heute haben Schweizer Frauen gratis gearbeitet

Im privaten Sektor verdienen Frauen 14,4 Prozent weniger als Männer – und arbeiten damit eigentlich ein Siebtel des Jahres ohne Bezahlung. Je nach Wirtschaftsbranche gibt es aber grosse Unterschiede.

Seit dem 1. Januar erhalten alle Berufstätigen in der Schweiz selbstverständlich ihren Lohn. Streng genommen aber nur die Männer. Denn wenn man den Lohnunterschied von 14,4 Prozent zwischen den Geschlechtern berücksichtigt, müssen Frauen bis zum 20. Februar auf ihr Gehalt wartensie arbeiten also 51 Tage respektive ein Siebtel des Jahres gratis. Der sogenannte «Equal Pay Day» lässt sich anhand der neusten Daten des Bundesamts für Statistik berechnen. Demnach beträgt der Medianlohn von Frauen im privaten Sektor 5651 Franken pro Monat. Eine Hälfte verdient also weniger, die andere Hälfte mehr als diesen Betrag. Vor allem aber ist dieser Lohn 949 Franken oder besagte 14,4 Prozent tiefer als bei den Männern.

Im öffentlichen Sektor, wo die Löhne grundsätzlich höher sind, sieht es ein bisschen besser aus: Beim Bund, den Kantonen, Gemeinden und öffentlichen Anstalten wie Spitälern oder Universitäten beträgt der Unterschied 11,4 Prozent. Gesamtwirtschaftlich gesehen, sind es 11,5 Prozent. Gemäss diesem Wert haben die Frauen 41 Tage oder bis am 10. Februar gratis gearbeitet.

Wie man es dreht und wendet: Die Lohnungleichheit in der Schweiz ist nach wie vor ausgeprägt. Und zwar umso stärker, je höher die berufliche Stellung und das Anforderungsniveau ist. Bei Jobs ohne Kaderfunktion verdienen Frauen 7,6 Prozent weniger als Männer. Im untersten und unteren Kader nimmt die Verantwortung und damit auch die Lohndifferenz zu. Im oberen und mittleren Kader beträgt sie schliesslich über 18 Prozent.

Unabhängig von der Hierarchiestufe besteht der Geschlechterunterschied über alle Berufsgruppen hinweg – je nach Wirtschaftsbranche variiert er jedoch stark. Bei Finanzdienstleistungen, wie sie etwa Banken erbringen, liegt der Medianlohn von Frauen mehr als 30 Prozent unter demjenigen der Männer. Bei den Versicherungen und im Bereich Information und Kommunikation, zu dem die Medien gehören, ist der Gap ebenfalls gross.

Wesentlich tiefer sind die Lohndifferenzen im Gesundheitswesen und im Detailhandel. Auch hier verdienen Frauen aber über 14 Prozent weniger. Verhältnismässig kleine Unterschiede gibt es in der Gastronomie, bei Kurierdiensten und im Baugewerbe. Als Bürokräfte und kaufmännische Angestellte sind die Frauen punkto Einkommen gleichgestellt.

Ein Teil der Lohnunterschiede kann durch objektive Faktoren wie Bildungsniveau, Qualifikation, Anzahl Dienstjahre oder Ausübung einer Führungsfunktion erklärt werden. Frauen sind in anforderungsreicheren Positionen und in Kaderstellen schwächer vertreten, vor allem weil sie aus familiären Gründen längere Unterbrüche aufweisen als Männer. Das wirkt sich negativ auf die Berufserfahrung und die berufliche Stellung aus und schmälert ihre Verdienstchancen.

Nach der Geburt eines Kindes sind Frauen oft nicht mehr oder nur in einem reduzierten Pensum erwerbstätig. Verschiedene Studien zeigen, dass sie Lohneinbussen erleiden, sobald sie Mutter werden. Demgegenüber führt eine Vaterschaft für die meisten Männer zu einem Lohnanstieg. Frauen übernehmen häufiger Erziehungs- und unbezahlte Pflegeaufgaben in der Familie. Gleichzeitig arbeiten sie häufiger in Tieflohnbranchen und schlecht bezahlten Berufen als Männer.

Ein grosser Teil der Lohndifferenz ist nicht erklärbar.

Um diese strukturellen Unterschiede zu minimieren, bräuchte es eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie sowie eine gleichmässigere Aufteilung der Haus- und Erwerbsarbeit. Heute ist das noch längst nicht der Fall. In über 70 Prozent der Familien mit Kleinkindern wird die Hausarbeit hauptsächlich von der Frau übernommen. Und je älter das jüngste Kind, desto grösser ist das Ungleichgewicht zuungunsten der Mutter.

Abgesehen davon, ist ein grosser Teil der Lohndifferenz im Berufsleben nicht auf objektive Faktoren zurückzuführen. Eine Auswertung des Bundesamtes für Statistik ergab, dass der unerklärte Anteil im öffentlichen Sektor bei 35 Prozent liegt, im privaten Sektor sogar bei 43 Prozent. Hier handelt es sich um potenzielle Diskriminierung der Frauen.

Immerhin ist der Lohnunterschied zwischen den Geschlechtern in den letzten Jahren zurückgegangen. 2008 betrug er gesamtwirtschaftlich 16,6 Prozent. Mittlerweile sind es noch 11,5 Prozent.

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Neue Arbeitsformen: Wie arbeiten wir nach der Pandemie – und wo?

In der Pandemie haben viele von uns das Homeoffice kennengelernt. Werden wir nach Corona jemals in Büro zurückkehren?

Seit fast einem Jahr arbeiten viele von uns zu Hause. Dank digitaler Hilfsmittel wie Videokonferenzen funktioniert das besser, als wir uns das vor der Pandemie vorstellen konnten. Die Vorteile des Homeoffice liegen auf der Hand: Ohne Pendeln bleibt mehr Freizeit, gleichzeitig entlasten wir die Umwelt. Wir sind der Frage nachgegangen, was davon nach der Pandemie bleibt und welche Folgen das hat.

Arbeiten wir auch in Zukunft zu Hause?

Es herrscht Einigkeit: Das Homeoffice wird nicht einfach verschwinden. Studien des Immobilien-Beratungsunternehmens Wüest Partner kommen zum Schluss, dass sich der Anteil der Unternehmen mit Homeoffice von 12 Prozent (Stand vor Corona) auf 30 Prozent mehr als verdoppeln wird. Je nach der berücksichtigten Branche kommen andere Studien zu höheren Werten von bis zu 50 Prozent. Der Zustand, den wir während der Pandemie erleben und uns ins Homeoffice zwingt, ist allerdings eine Extremsituation. Expertinnen und Experten sind sich deshalb einig, dass die Zukunft der Büroarbeit hybrid ist: Weder werden wir fast ausschliesslich im Büro arbeiten wie vor Corona, noch bleiben wir fast immer zu Hause wie während der Pandemie.

Was bedeutet das für den Immobilienmarkt?

Auch hier gebe es einen Trend zur Flexibilisierung, sagt Patrick Schnorf von Wüest Partner. Während im traditionellen Modell Unternehmen einen leeren Büroraum für 5 bis 10 Jahre mieten und ihn selber einrichten, gehen immer mehr Firmen zu einem flexiblen Modell über: Sie beziehen von einem Anbieter fixfertige Arbeitsplätze und eine ganze Infrastruktur dazu – vom Bürotisch und -stuhl über Drucker und Kaffeemaschine bis zum Sitzungszimmer. Ein weiterer Vorteil: Mieter gehen dabei keine langfristigen Verpflichtungen ein. Bei Bedarf können sie schnell neue Arbeitsplätze dazu mieten oder wieder aufgeben, wenn das Geschäft schlecht läuft. Gerade in unsicheren Zeiten sei dieses Modell beliebt, sagt Andreas Widmer vom Coworking-Space West-Hive, der in der ganzen Schweiz 900 flexible Arbeitsplätze anbietet. Im Pandemie-Jahr konnte das Immobilien-Unternehmen bei den Kunden um 50 Prozent zulegen.

Verschwindet das klassische Büro mit langfristigen Verträgen?

Nicht alle Firmen steigen auf flexible Arbeitsplätze um. Unternehmen, die von der Pandemie profitierten, seien nach wie vor an klassischen Büroräumen mit langfristigen Verträgen interessiert, sagt Patrick Schnorf von Wüest Partner. Noch sei es jedoch zu früh, um den Einfluss der Krise auf den Immobilienmarkt abschliessend zu beurteilen. Klar ist: Nicht geeignet für den neuen Arbeitsalltag sind Grossraumbüros: «Ein einfaches Sitzungszimmer mit einem Tisch und einer Flasche Wasser genügt nicht mehr», so der Immobilien-Experte. Damit man auch Mitarbeiterinnen aus dem Homeoffice in eine Sitzung integrieren kann, braucht es Räume mit der Infrastruktur für Videokonferenzen.

Welche neuen Technologien können die Kommunikation im Homeoffice erleichtern?

Videokonferenzen, wie wir sie heute kennen, gibt es schon seit etwa zwei Jahrzehnten. Ein Blick in die Geschichte zeigt: Mit jeder Innovation wurde die Kommunikation sinnlicher: «Nach Briefen und dem Telegraphen kam das Telefon, dann die Video-Telefonie. Der nächste Schritt ist die Kommunikation im virtuellen, dreidimensionalen Raum», sagt der Informatiker Martin Oswald, der an der ETH Zürich zu 3D-Technologien forscht. Eine präzise Abbildung der Mimik und der Hände solle auch die Kommunikation im virtuellen Raum sinnlicher machen. Die technischen Grundlagen dafür stammen aus der Film- und Game-Industrie. Jetzt gehe es darum, die gleiche Qualität in Echtzeit zu erzielen, so Martin Oswald. Doch bis neue Kommunikationsformen breit akzeptiert sind, dauere es jeweils Jahre.

Lässt sich das soziale Miteinander des Büros aufs Homeoffice übertragen?

Chat- und Kollaborationssoftware wie Zoom, Teams oder Slack sorgen dafür, dass Besprechungen aus dem Homeoffice effizient ablaufen. «Allerdings fällt es den meisten Menschen schwer, über solche Technologien gesellige Interaktion herzustellen», sagt Simon Schaupp, der an der Universität Basel als Arbeitssoziologe forscht. Der direkte, ungeplante Austausch ist zentral für die Beziehung unter den Mitarbeitenden und für die Kreativität. Tools und Dienste, die diesen Austausch auch im Homeoffice möglich machen, sind während der Pandemie nicht entstanden. Das bilanziert Jens O. Meissner, der an der Hochschule Luzern als Dozent arbeitet und dort das Zukunftslabor leitet. «Aktuell leben wir in den Unternehmen kommunikativ auf Pump», meint Meissner. Das müsse irgendwann wieder aufgeholt werden: «Deshalb ist bald die Zeit, sich auch persönlich wieder zu sehen.» Bis es so weit ist, können technische Hilfsmittel zur Überbrückung dienen. Zum Beispiel virtuelle Chaträume, in denen sich die Angestellten zur Pause treffen wie im Büro zum Kaffeeklatsch. «Private Kommunikation kann man auch mit Online-Spielen fördern, die man während einer Pause zusammen mit Kolleginnen und Kollegen spielt», sagt Martin Oswald von der ETH Zürich.

Was sind die Nachteile dieser Entwicklung?

Im hybriden Büro, in dem ein Teil der Belegschaft zu Hause arbeitet und der andere vor Ort, wird viel mehr Kommunikation als heute elektronisch stattfinden – per E-Mail, auf einer Kollaborationsplattform oder im Videochat. Bei solcher Kommunikation fallen viele Daten an, die vom Unternehmen gesammelt und ausgewertet werden können. Simon Schaupp von der Universität Basel beobachtet, dass das heute schon geschieht: «Im Bürobereich werden gerade neue Formen von digitaler Arbeitskontrolle erprobt. Und zwar insbesondere durch die Analyse von Metadaten – wer mit wem telefoniert, wie lange diese Gespräche dauern, wer welchen Redeanteil hat und so weiter.» In diesem Bereich werde schon viel herumexperimentiert, um damit Produktivitätsprofile von Beschäftigten zu erstellen, weiss Schaupp. «Da stellen sich dann Fragen der Überwachung und der Arbeitsintensivierung.»

Darf der Chef meine Daten aus dem Homeoffice auswerten?

Eine personenbezogene Auswertung von Arbeitsdaten ist in der Schweiz nur erlaubt, wenn es zuvor Hinweise auf missbräuchliches Verhalten gegeben hat. So ein Schritt darf aber nur als allerletzte Massnahme ergriffen werden.

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Gütesiegel für familienfreundliche Unternehmen

Die Familienfreundlichkeit von Unternehmen gewinnt zusehends an Bedeutung ist mittlerweile für Unternehmen und Organisationen im Wettbewerb um qualifizierte Fachkräfte zu einem wichtigen Argument geworden.

Flexible Arbeitszeitmodelle, Teilzeitarbeit, Möglichkeit zum Homeoffice, Vaterschaftsurlaub, Aufstiegsmöglichkeiten für alle Mitarbeitenden oder Unterstützung bei der Pflege von Angehörigen sind gefragt. "Bei einer Stellenwahl wählen Stellensuchende - vorausgesetzt sie können wählen - vermehrt familienfreundliche Arbeitgeber. Die Work-Life-Balance ist gerade bei jungen Arbeitnehmenden ein äusserst wichtiger Faktor bei ihrer Wahl, oft noch weiter oben angesiedelt als der Lohn. Und zufriedene, engagierte und gesunde Arbeitnehmende sind wichtige Voraussetzungen für den Erfolg von Firmen", so Bernadette Mäder-Brüllhart, Vorstandsmitglied von Pro Familia Freiburg.

Kostenlos für Freiburger Unternehmen

Der Family Score ist eine wissenschaftlich erarbeitete Mitarbeiterumfrage und drückt mit einer Kennzahl zwischen 0 und 100 die Familienfreundlichkeit eines Arbeigebers aus. Falls der Gesamtscore bei 60 oder mehr Punkten von insgesamt 100 Punkten liegt, erhält das Unternehmen das Gütesiegel Family Score und gilt somit als familienfreundlicher Arbeitgeber. Anhand eines mehrsprachigen Fragebogens können Arbeitnehmende anonym ihre Erwartungen und Bedürfnisse in Bezug auf die Vereinbarkeit von Beruf und Familie mitteilen sowie das bereits vorhandene Angebot des Arbeitgebers oder der Arbeitgeberin bewerten. Zum Angebot für die Arbeitgeber gehören die Vorbereitungen und der Versand der Umfrage, eine Analyse der Resultate und die Ausarbeitung eines individuellen Berichts mit konkreten Verbesserungsvorschlägen. Der Family Score richtet sich an alle Mitarbeitenden, nicht nur an Eltern mit Kindern. Für Unternehmen mit Sitz im Kanton Freiburg ist die Teilnahme derzeit kostenlos. Interessierte können sich für detailierte Auskünfte und Anmeldungen bei Bernadette Mäder Brüllhart melden: Tel. 026 496 26 33 oder Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.. Weitere Inforamtionen zum Family Score unter www.profamilia.ch

Weiterlesen - ein Beitrag von Tanja Nösberger erschienen am 17.02.2021 in den Freiburger Nachrichten