Bald soll es in Zürich nur noch Tagesschulen geben

Die Schulen in der Stadt Zürich sollen in Tagesschulen überführt werden. Eine Abstimmung darüber ist für 2022 geplant. Die Schulen in der Stadt Zürich sollen in zwei Jahren in Tagesschulen überführt werden. Eine Abstimmung darüber ist für 2022 geplant. Die Mittagsgebühr wird auf neun Franken erhöht.

Geht es nach dem Zürcher Stadtrat und der Schulpflege, sollen ab dem Schuljahr 2023/24 alle Schulen in freiwillige Tagesschulen überführt werden. Eine entsprechende Weisung wurde dem Gemeinderat übergeben, wie der Stadtrat am Mittwoch in einer Mitteilung schreibt. Über die flächendeckende Einführung der Tagesschule ist im nächsten Jahr eine Abstimmung geplant. Die Umsetzung dauert voraussichtlich sieben Jahre.

Das Modell, das seit sechs Jahren erprobt wird, bewähre sich, heisst es. Zwei externe Evaluationen zeigten, dass die Tagesschule bei Eltern, Personal und Kindern eine hohe Akzeptanz geniesse. «Die Eltern nennen die Vereinbarkeit von Familie und Beruf als wichtigen Grund für die Teilnahme. Die Lehrpersonen sehen neue Möglichkeiten zur Beziehungsgestaltung mit den Kindern. Die Kinder schätzen das Zusammensein und die vielfältigen Angebote.»

Betreuung bis 15.30 Uhr

2016 startete das Pilotprojekt «Tagesschule 2025» mit sechs Schulen. Seit 2019 kamen weitere 24 Pilotschulen dazu, nachdem das Volk dazu deutlich Ja gesagt hatte. In der Tagesschule bleiben die Schülerinnen und Schüler über Mittag vor Ort, wenn sie auch am Nachmittag in der Schule sind. Sie erhalten in der 80-minütigen Pause eine warme Mahlzeit. Neben den bewährten Kernelementen sollen offene und unentgeltliche Betreuungsangebote am Nachmittag von Unterrichtsschluss bis 15.30 Uhr hinzukommen.

Die Ausweitung der Angebote kostet Geld. Deshalb wird der Einheitstarif angepasst, wie der Stadtrat schreibt. «Für Familien mit tiefer wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit beträgt der Mindesttarif 4.50 Franken, der Maximaltarif für die gebundenen Mittage wird neu neun Franken betragen.» Die Kosten für die Betreuungsleistungen werden vollumfänglich von der Stadt übernommen. Heute betragen die Kosten zwischen 4.50 und 6 Franken.

«Zürich in Vorreiterrolle»

Die SP Stadt Zürich begrüsst die flächendeckende Einführung der Tagesschulen, wie es in einer Mitteilung heisst. «Einmal mehr nimmt die Stadt Zürich so in einem zentralen politischen Bereich eine Vorreiterinnenrolle ein.» Tagesschulen erhöhten die Chancengerechtigkeit und erleichterten die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Gleichzeitig sei für die Partei klar, dass die Tagesschule für die Eltern kostenlos sein müsse. Die Erhöhung der Mittagsgebühr sei für die SP deshalb abzulehnen. Zudem sollen die Betreuungsangebote bis 18 Uhr verlängert werden.

Weiterlesen - ein Beitrag von Thomas Mathis erschienen am 14.04.2021 auf www.20min.ch

Schweizer Angestellte fühlen sich überarbeitet und erschöpft

Viele soziale Bindungen am Arbeitsplatz gingen in der Krise verloren. Vor allem junge Angestellte trifft es besonders hart – sie kämpfen auch um ihre psychische Gesundheit. Chefs fühlen sich dagegen grösstenteils wohl. In der Krise haben viele Arbeitskräfte mehr geleistet als sonst. Nun fühlen sie sich überlastet. Besonders junge Menschen leiden. Den Chefs geht es hingegen eher gut.

Homeoffice hat für viele Arbeitskräfte einschneidende Job-Veränderungen mit sich gebracht. Eine jährliche Studie von Microsoft Schweiz zeigt nun, dass sich viele Schweizer Arbeitskräfte überlastet fühlen. Besonders junge Menschen trifft es hart. Marc Holitscher, National Technology Officer bei Microsoft Schweiz, erklärt die Hintergründe und sagt, wie es weitergeht:

Angestellte sind erschöpft

59 Prozent der Schweizer Befragten fühlen sich überarbeitet und 41 Prozent fühlen sich erschöpft. 33 Prozent der Schweizer Arbeitnehmenden sagen, dass ihr Unternehmen in dieser Zeit zu viel von ihnen verlangt. Dabei handle es sich nicht nur um subjektive Wahrnehmung, sagt Holitscher zu 20 Minuten: Die weltweite Produktivität sei im vergangenen Jahr messbar gestiegen. Arbeitnehmende mussten im vergangenen Jahr also mehr leisten. Ein Fünftel der Schweizer Befragten hat dabei den Eindruck, dass sich ihr Arbeitgeber nicht um ihre Work-Life-Balance kümmert. Das muss sich ändern, sagt Holitscher: «Der wichtigste Faktor ist aus unserer Sicht die Kulturveränderung.» So seien etwa klare Grenzen zwischen Arbeit und Privatleben zu setzen – «die verschwimmen im Homeoffice oft.»

Junge Menschen trifft es am härtesten

Besonders die Generation Z – also bis circa 24-Jährige – kämpfen mit Defiziten beim Wohlbefinden und ihrer psychischen Gesundheit. 70 Prozent der Schweizer Befragten in dieser Altersgruppe sagen, dass sie in der momentanen Lage «bloss ums Überstehen kämpfen». In der Schweiz ist das noch ausgeprägter als weltweit. Dass es junge Arbeitskräfte stärker trifft, könnte daran liegen, dass diese Menschen oft alleinstehend sind und teils auch alleine wohnen. «Die Isolation ist schon schlimm genug», so Holitscher. Zudem handle es sich oft um Berufseinsteiger – bei der digitalen Einführung von neuen Mitarbeitern sei es schwierig, zwischenmenschliche Kontakte zu knüpfen. Firmen seien nun gefordert, diese Prozesse zu verbessern.

Chefs kommen glimpflich davon

Im Gegensatz zu den Angestellten geben 74 Prozent der Schweizer Führungspersonen an, dass es ihnen insgesamt gut geht. Auch sind die Führungskräfte mit den Beziehungen zu den direkten Teams (79 Prozent) und ihren Vorgesetzen (77 Prozent) zufriedener als ihre Angestellten. Eine mögliche Erklärung für die Kluft beim Wohlbefinden der Führungspersonen und Angestellten ist laut Holitscher, dass Entscheidungsträger meistens sozial besser gestellt seien. Viele seien etwa verheiratet und stünden generell fester im Leben als etwa ein Berufseinsteiger der Generation Z. «Das bringt eine gewisse Krisenresistenz mit sich».

Homeoffice wird nur teilweise geschätzt

Obwohl die Arbeit von Zuhause einer der Gründe für die Probleme ist, wollen 71 Prozent der befragten Schweizer Arbeitnehmenden auch in Zukunft Homeoffice machen. Das soll aber nicht heissen, dass man die ganze Woche von Zuhause aus arbeitet, sondern ein hybrides Modell wird bevorzugt. Denn über 70 Prozent wollen nach der Pandemie mehr Zeit physisch mit ihren Teams verbringen. Lose soziale Bindungen am Arbeitsplatz seien massiv zurückgegangen, so Holitscher: «Die Beziehungen haben gelitten und man möchte sie wieder aufbauen.» Ein hybrides Arbeitskonzept, bei dem Angestellte teils von zuhause und teils im Büro arbeiten, sei darum in vielen Jobs unausweichlich. Für die Studie wurden weltweit 30’000 Personen befragt, 1004 davon aus der Schweiz.

Weiterlesen - ein Beitrag von Raphael Knecht erschienen am 08.04.2021 auf www.20min.ch

Elternzeit in der Schweiz - Neue Kostenschätzung von 15'000 Franken pro Kind

Die Eidgenössische Kommission für Familienfragen EKFF hat die Kosten ihres Elternzeitmodellvorschlags neu berechnen lassen. Sie kommt auf eine maximale Investition von 15'000 Franken pro Kind, respektive 1,3 Milliarden Franken pro Jahr. Die Berechnung basiert auf jährlich 88'500 geborenen Kindern und einem Erwerbsersatz von 80%. Die Summe ergibt sich bei einer Inanspruchnahme ähnlich derjenigen wie in Island und Norwegen. In diesen beiden Ländern nehmen Mütter 92% der für sie verfügbaren und Väter zwischen 74 und 86% der für sie reservierten Zeit in Anspruch.

Die EKFF engagiert sich seit vielen Jahren für die Einführung einer nationalen Elternzeit. Zusätzlich zu 14 Wochen Mutterschafts- und 2 Wochen Vaterschaftsurlaub schlägt die EKFF 22 Wochen Elternzeit vor, um einen grösstmöglichen Nutzen für die Gesundheit aller Familienmitglieder, für die Gleichstellung der Geschlechter, für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie für die Bildungsrendite der Mütter zu ziehen. Von den 22 Wochen des EKFF-Elternzeitmodells sind sechs Wochen für den Vater reserviert. Die restlichen 16 Wochen können die Eltern frei unter sich aufteilen. Je nach Aufteilung variieren die Kosten beträchtlich: Ein durchschnittlicher Bezugstag der Mutter schlägt mit 127 zu Buche, beim Vater mit 161 Franken.

Für möglichst realistische Szenarien der Inanspruchnahme (Bezugsdauer und Bezugsquote) von Elternzeit gemäss dem EKFF-Vorschlag wurde auf Länder mit ähnlichen Modell-Mechanismen zurückgegriffen (Erwerbsersatzhöhe, reservierte Anteile für Väter, Bezugsflexibilität). Dazu gehören Norwegen und Island. Auf das Modell der EKFF übertragen entspricht die Inanspruchnahme bei Müttern 15 der 16 maximal verfügbaren Wochen und bei Vätern knapp 5 der für sie reservierten Wochen. Die Kosten belaufen sich bei dieser Inanspruchnahme auf rund 1,3 Mia CHF pro Jahr.

Die Kosten für den heutigen Mutterschafts- und Vaterschaftsurlaub, mit Daten aus dem Jahr 2019 berechnet, liegen bei rund 1 Mia CHF pro Jahr. Sie werden über die obligatorischen Versicherungsbeiträge der Erwerbsersatzordnung EO abgedeckt.

Die EKFF befürwortet eine paritätische Aufteilung der 16 frei zu verteilenden Wochen auf je 8 Wochen auf Mutter und Vater. Wenn Väter zusätzlich den für sie reservierten Anteil beziehen wie die Väter in Norwegen und Island, so belaufen sich die Kosten auf maximal 1,49 Milliarden Franken pro Jahr. Dies entspricht 17'000 Franken pro Kind.

Publikation «Berechnung der Kosten für eine Elternzeit»

Dürfen Firmen ihre Angestellten im Homeoffice überwachen?

Mit Überwachungs-Tools können Unternehmen prüfen, wie lange ihre Mitarbeitenden zuhause vor dem Computer sitzen und welche Arbeiten sie erledigen. Das ist aber nur unter gewissen Bedingungen erlaubt. Die Überwachung von Mitarbeitenden im Homeoffice unterliegt strengen Regeln. Novartis hat ein Tool eingeführt, das Computerdaten auswertet. Sie werden aber anonym verwendet und nie einzeln ausgewertet, teilt Novartis mit. Eine individuelle Überwachung von Mitarbeitenden ist in der Schweiz verboten.

Im Homeoffice sind die Angestellten ausser Sichtweite ihrer Chefs und Chefinnen. Doch mit Überwachungstools am Computer lassen sich die Angestellten auch aus der Ferne kontrollieren. Ein französisches Unternehmen geht noch einen Schritt weiter. Dessen Überwachungssoftware für die Kamera merkt, ob jemand isst, sich vom Laptop entfernt oder ein zweites Gesicht vor dem Bildschirm erscheint. Auch in der Schweiz sind Mitarbeitende im Homeoffice nicht völlig unbeobachtet. Zum Beispiel bei Novartis. Wie das Pharmaunternehmen gegenüber 20 Minuten bestätigt, hat es das Microsoft-Tool Workplace Analytics eingeführt. Das Tool verwendet gemäss einem Novartis-Sprecher nur anonymisierte Metadaten aus Outlook. «Es zeigt, inwiefern die Mitarbeitenden mit anderen Beteiligten zusammenarbeiten und sich auf individuelle Arbeiten konzentrieren», sagt ein Sprecher zu 20 Minuten.

Drei Prozent wollten das Tool nicht

Das Tool stellt auch fest, wann sich die Mitarbeitenden aus den Arbeitsprogrammen ausloggen. Gemäss dem Sprecher sei dem Unternehmen eine gesunde Work-Life-Balance der Angestellten wichtig. Er betont, dass niemals individuelle Daten überprüft werden und immer alle Daten zusammen analysiert werden, zum Beispiel als Ergänzung der Mitarbeiter-Umfrage. Die Angestellten von Novartis konnten selber entscheiden, ob das Tool bei ihnen eingeführt werden sollte. Drei Prozent von ihnen hätten sich dagegen entschieden, sagt der Sprecher.

Ist die Überwachung im Homeoffice legal?

Doch die Vorgesetzten dürfen ihre Mitarbeitenden nicht nach Belieben kontrollieren. «Der Überwachung von Arbeitnehmenden im Homeoffice sind durch das Arbeitsrecht, Datenschutzrecht und auch Strafrecht enge Grenzen gesetzt», sagt Rechtsanwalt Boris Etter zu 20 Minuten. Die Überwachung müsse für das Arbeitsverhältnis erforderlich sowie verhältnismässig sein. Bei einem Fahrer eines Geldtransports beispielsweise könne die Überwachung zulässig sein, weil seine Sicherheit und die der Ware im Vordergrund stehe. «Doch eine allgemeine Verhaltenskontrolle wie eine Kamera, die Mitarbeitende im Homeoffice ständig filmt, ist verboten», sagt Etter. «Zudem ist jegliche Überwachung zeitlich zu begrenzen.»

Unia empfiehlt Vertrauen statt Kontrolle

Für die Unia ist Überwachung nicht der richtige Weg: «Überwachung gewährleistet nicht, dass die Leute ihre Arbeit machen», sagt Unia-Mediensprecher Philipp Zimmermann zu 20 Minuten. «Wenn jemand im Homeoffice statt zu arbeiten stundenlang draussen das schöne Wetter geniesst, merkt man das auch sonst.» In jedem Fall solle sich ein Unternehmen fragen, ob eine Überwachung wirklich etwas bringt oder einfach ein unangenehmes Arbeitsklima schafft. «Gerade in einer Zeit, in der wir auf Distanz bleiben müssen, ist es für ein Unternehmen umso wichtiger, im Zweifelsfall das persönliche Gespräch zu suchen, statt die Angestellten auch noch digital zu überwachen»», sagt Zimmermann.

Zuhause produktiver als im Büro?

Bei einer Umfrage von Xing gaben fast zwei Drittel der Befragten an, im Homeoffice mehr zu arbeiten als im Büro. Doch diese gesteigerte Produktivität gilt vor allem für sie selbst. Zwei Drittel aller Befragten gaben an, mehr zu schuften als die Kolleginnen und Kollegen. Doch nicht bei allen führt das Homeoffice zu einem Produktivitäts-Feuerwerk, knapp jeder Zehnte gab an, zuhause weniger zu erledigen.

Weiterlesen - ein Beitrag von Janine Gloor erschienen am 3. April 2021 auf www.20min.ch

Die Schweiz liegt bei der Gleichstellung hinter Ruanda

Das Weltwirtschaftsforum hat die Gleichstellung der Geschlechter untersucht. Die Schweiz macht dabei in einigen Punkten eine gute Figur. In anderen aber auch weniger. Die Schweiz belegt auf dem Gleichstellungs-Index des WEF neu Rang 10. Im Vergleich zum Vorjahr hat sie einen deutlichen Schritt nach vorne gemacht. Es gibt aber auch einige Punkte, bei denen sie noch Nachholbedarf hat.

Die Schweiz liegt im Gleichstellungsindex des WEF auf Rang 10 von 156. Das schreibt das Weltwirtschaftsforum in der neusten Version des Global Gender Gap-Reports, der am Dienstag veröffentlicht wurde. Es ist das erste Mal, dass die Schweiz es in die Top-10 des Rankings geschafft hat. Im vergangenen Jahr lang sie noch auf Platz 18.

 

Laut dem WEF hat die Schweiz bis 2020 79,8 Prozent ihrer Geschlechterungleichheit abgebaut. Im Vergleich zum Vorjahr ist das eine Verbesserung um 1,9 Prozentpunkte. Zurückzuführen ist diese Zunahme in erster Linie auf die politische Ebene. Im untersuchten Zeitraum ist die Frauenquote im Parlament deutlich angestiegen.

Aufholbedarf hat die Schweiz in der wirtschaftlichen Teilhabe der Frauen: Hier liegt sie auf Rang 39 hinter Ländern wie Portugal (38) oder Albanien (35). Als Gründe dafür gibt der Bericht vor allem die geringe Anzahl weiblicher Führungskräfte und den hohen Anteil der Frauen an, die in Teilzeit arbeiten. Negativ wirke sich auch der vergleichsweise kurze Mutterschaftsurlaub und der erst kürzlich beschlossene Vaterschaftsurlaub auf das Resultat aus.

Noch über 135 Jahre bis zur globalen Gleichstellung

Zudem weist die Schweiz laut dem Report bei der Bildung (Rang 80) und im Gesundheitswesen (Rang 128) Schwächen auf. Hier stellt die Studie aber deutlich kleinere Unterschiede zwischen den verschiedenen Ländern fest. Bei der Gesundheit teilen sich beispielsweise 29 Länder den ersten Rang. «Der Geschlechterunterschied bei der Bildung und im Gesundheitswesen ist fast geschlossen», schreiben die Autorinnen und Autoren.

In globaler Hinsicht habe die Schliessung des sogenannten Gender-Gaps im Vergleich zum Report von 2020 einen Rückschritt gemacht. Insbesondere in grossen Staaten sei die Gleichstellung weniger stark vorangetrieben worden. Sollte die Entwicklung gleichbleibend voranschreiten würde es laut dem Report noch über 135 Jahre dauern, bis eine weltweite Gleichstellung der Geschlechter erreicht sei.

Weiterlesen - ein Beitrag von Nicolas Saameli erschienen am 31. März 2021 auf www.20min.ch

 

Pandemie wirft Gleichstellung um eine Generation zurück

Gender Gap Report des WEF: Die Corona-Krise verzögert den Fortschritt bei der Geschlechtergleichstellung um Jahrzehnte. Wieso die Pandemie Frauen am meisten getroffen hat.

Das Corona-Jahr 2020 hat die Gleichstellung von Frauen und Männern um Jahrzehnte zurückgeworfen. Das geht aus dem Gleichstellungsindex des WEF hervor. Die Schweiz verbesserte sich allerdings deutlich und stieg in die Top Ten auf. Schon 2019 rechnete das WEF damit, dass es bei gleichbleibenden Trends 95 Jahre bis zu Gleichstellung dauern würde. Nach den verheerenden Entwicklungen des Corona-Jahres sind es nun 135,6 Jahre. Frauen seien weiter mit Hürden im Wirtschaftsleben und bei der politischen Beteiligung konfrontiert. Es bleibe für viele eine Herausforderung, mit Familie im Berufsleben zu bleiben. 

Die Pandemie habe Frauen besonders getroffen, weil sie überdurchschnittlich in Branchen tätig seien, die von Einschränkungen betroffen gewesen seien, so das WEF. Zudem seien Haushalt sowie Kinder- oder Seniorenbetreuung überproportional an Frauen hängen geblieben. Deshalb seien mehr Investitionen im Pflegebereich nötig. Die Politik müsse sicherstellen, dass Männer und Frauen gleichermassen Pflegeaufgaben übernehmen könnten. Es müsse mehr Weiterbildung für Frauen im mittleren Abschnitt ihrer Karriere geben und Vorgaben, die Diskriminierung bei Anstellung und Beförderung verhindern.

Weiterer Nachholbedarf in der Schweiz

Zum zwölften Mal in Folge blieb Island an der Spitze der weltweiten Rangliste der Geschlechtergleichheit. Dahinter folgen Finnland, Norwegen, Neuseeland und Schweden, dann Namibia, Ruanda, Litauen und Irland. Litauen machte dabei einen Riesensprung vom 25. Rang im letzten auf den 8. Rang in diesem Jahr. Die Schweiz vervollständigt die Top 10 und verbesserte sich damit um acht Plätze. Dieses Ergebnis ist vor allem auf die Fortschritte auf politischer Ebene und insbesondere auf die Erhöhung der Anzahl der ins Parlament gewählten Frauen zurückzuführen. Bei der beruflichen Teilhabe und den wirtschaftlichen Chancen hat die Schweiz noch Nachholbedarf und fällt um fünf Plätze auf Rang 39. Der Bericht verweist auf die geringe Zahl weiblicher Führungskräfte, die Tatsache, dass viel mehr Frauen als Männer in Teilzeit arbeiten, und die unzureichende Dauer von Mutter- und Vaterschaftsurlaub. Bei der Bildung liegt die Schweiz auf Platz 80, bei der Gesundheit auf Platz 128.

Weiterlesen - ein Beitrag publiziert am 31. März 2021 auf www.tagesanzeiger.ch