Kampagne zum Schutz der Kinder-Privatsphäre im Internet

Die Privatsphäre von Kindern braucht auch im Internet Schutz. Fotos von nackten oder spärlich bekleideten jungen Mädchen oder Buben oder Abbildungen von unvorteilhaften Momenten können lang anhaltenden Schaden anrichten oder Gefahr bringen, wie eine Kampagne warnt. Die nationale Plattform "Jugend und Medien" des Bundesamtes für Sozialversicherungen (BSV) führt dazu einen Aktionsmonat durch. Auf @insta4emma begleiten die Userinnen und User von Instagram die siebenjährige Emma - und werden durch ihre Posts zur Reflexion über ihr eigenes Verhalten in sozialen Medien angeregt, wie es in einer Mitteilung des BSV vom Donnerstag heisst.

Der Aktionsmonat will auf humorvolle Art und durch einen Perspektivenwechsel die Sinne schärfen. Im Fokus steht die Frage, wie Eltern, Grosseltern und andere Bezugspersonen Fotos und Videos von Kindern in sozialen Netzwerken veröffentlichen können, ohne deren Privatsphäre zu verletzen. Der Schutz der Persönlichkeit und der eigenen Privatsphäre sei ein Recht, das Menschen ab ihrer Geburt zustehe, betont das BSV. Und den Erwachsenen komme eine Schlüsselrolle zu, wenn es um den Daten- und Persönlichkeitsschutz von Kindern geht.

Einverständnis nötig

Das Bundesamt für Sozialversicherungen weist zunächst auf das Recht am eigenen Bild hin. Alle abgebildeten Personen müssten mit der Aufnahme und Veröffentlichung einverstanden sein - auch die eigenen Kinder. Abgeraten wird auch davon, Fotos oder Videos zu posten, auf denen die Kinder nackt oder spärlich bekleidet sind oder von peinlichen oder unvorteilhaften Situationen, auch wenn diese im Moment lustig erscheinen. "Fragen Sie ihr Kind, sobald es alt genug ist, ob es mit der Veröffentlichung eines Fotos oder Videos einverstanden ist", empfiehlt das BSV. Gewarnt wird auch vor der Veröffentlichung von persönlichen oder sensiblen Daten mit einem Foto oder Video. Bespiele sind: vollständige Vornamen und Namen, Adresse und Geburtsdatum. Dadurch könnten Rückschlüsse auf Aufenthalts- oder Wohnort gezogen werden.

Privatsphäre-Schutz überprüfen

Nur Leute, die die Eltern kennen, sollten Fotos oder Videos von Kindern sehen. "Überprüfen Sie regelmässig die Privatsphäre-Einstellungen der von Ihnen genutzten Social-Media-Dienste", rät das Bundesamt für Sozialversicherungen. Insta4Emma ist ein Projekt der Fachhochschule Graubünden und konzentriert sich auf den Aspekt des "Sharenting", einer Wortschöpfung aus den englischen Begriffen "share" (teilen) und "parenting" (Erziehung/Elternschaft), wie das BSV schreibt. Das Projekt setzt dafür auf einen Perspektivenwechsel und lässt einen Monat lang die siebenjährige Emma Schnappschüsse aus dem Alltag ihrer Eltern, Verwandten und Bekannten auf Instagram posten. Dass die Aufnahmen, die Emma lustig findet, für die Erwachsenen nicht immer vorteilhaft sind, soll die Userinnen und User zur Reflexion anregen und für einen bewussten, verantwortungsvollen Umgang mit privaten Inhalten sensibilisieren.

Weiterlesen - ein Beitrag erschienen am 07.10.2021 auf www.swissinfo.ch

Covid-19-Pandemie: Lebensbedingungen verschlechtern sich vor allem bei Jungen und Personen mit niedrigen Einkommen

Die Covid-19-Pandemie wirkte sich in der ersten Hälfte des Jahres 2021 nur wenig auf die allgemein hohe Zufriedenheit mit den persönlichen Beziehungen und dem eigenen Gesundheitszustand aus. Dennoch waren 11,3% der Bevölkerung aufgrund der Pandemie mit Einkommenseinbussen konfrontiert; insbesondere jene, die schon vor der Krise benachteiligt waren. Vor allem Junge berichten von einem negativen Einfluss der Covid-19-Pandemie auf ihre Stimmungslage. Dies zeigen die neuesten Ergebnisse des Bundesamtes für Statistik (BFS) anhand experimenteller Daten der Erhebung über die Einkommen und Lebensbedingungen (SILC) 2021.

20% der Bevölkerung lebten in der ersten Hälfte des Jahres 2021 in einem Haushalt, dessen gesamtes Einkommen nach eigener Einschätzung in den letzten 12 Monaten gesunken ist. Mehr als die Hälfte davon (11,3%) gaben die Covid-19-Pandemie als Begründung hierfür an. Die Pandemie führte besonders häufig zu Einbussen bei Personen, die im Bereich Gastgewerbe und Beherbergung tätig sind (35,5%), sowie bei Personen mit niedrigen selbsteingeschätzten Einkommen (19,5%) und auch bei ausländischen Personen (16,7%). Beschäftigte in der öffentlichen Verwaltung oder im Bereich Erziehung und Unterreicht waren dagegen weniger betroffen (4,2% bzw. 8,2%).

Dennoch nahm der Anteil Personen, die leicht oder sehr leicht über die Runden kommen, zwischen 2019 und 2021 von 48,4% auf 57,9% zu, was sich neben einem allgemeinen Rückgang des Konsums unter anderem auch mit einem häufigeren Verzicht auf Freizeitaktivitäten (z.B. Restaurantbesuche, Sport oder kulturelle Aktivitäten) in dieser Zeitspanne erklären lässt.

Stimmungslage besonders bei den Jungen verschlechtert

Die Gesundheitskrise hat auch negative Folgen auf die psychische Gesundheit der Bevölkerung in der Schweiz: 40,2% gaben in der ersten Hälfte des Jahres 2021 an, dass sich die Covid-19-Pandemie negativ auf ihre Stimmungslage ausgewirkt hat. Der Anteil war besonders hoch bei Personen zwischen 16 und 24 Jahren (55,1%), Personen mit einer tertiären Ausbildung (44,8%) und den Personen mit einem höheren selbsteingeschätzten Einkommen (45,1%). Dagegen hatte die Gesundheitskrise weniger negative Auswirkungen auf die Stimmungslage der Personen in dünn besiedelten Gebieten (36,4%) und Personen über 65 Jahren (26,0%).

Knapp die Hälfte der Bevölkerung konnte von Zuhause aus arbeiten

Fast 50% der erwerbstätigen Bevölkerung hatten seit Beginn der Pandemie immer oder zumindest zeitweise die Möglichkeit, Zuhause zu arbeiten. Aber auch hier zeigen sich grosse Unterschiede zwischen den Bevölkerungsgruppen. Während 67,7% der Personen mit Tertiärabschluss und 72,3% der Personen mit höherem selbsteingeschätzten Einkommen deutlich häufiger immer oder zeitweise im Homeoffice arbeiten konnten, war dies nur bei 39,9% der ausländischen Staatsbürgerinnen und -bürger, bei 31,7% der Personen mit einem niedrigen selbsteingeschätzten Einkommen und bei 16,6% der Personen ohne nachobligatorische Ausbildung der Fall.

Arbeitsplatzsicherheit wieder gestiegen

Zu Beginn der Gesundheitskrise wurden aber auch Sorgen bezüglich der künftigen finanziellen Situation geäussert, insbesondere eine deutlich geringere Arbeitsplatzsicherheit. Nach einem starken Rückgang der subjektiven Einschätzung der Arbeitsplatzsicherheit während des partiellen Lockdowns im Jahr 2020 ist diese 2021 wieder gestiegen: Der Anteil der erwerbstätigen Bevölkerung, die das Risiko, den Arbeitsplatz zu verlieren, als sehr gering einschätzt, stieg von 53,5% während des partiellen Lockdowns auf 60,5% im Jahr 2021 an, blieb jedoch signifikant unter dem Niveau von 2019 (64,6%). 

Die subjektive Arbeitsplatzsicherheit erlangte bei den Personen mit Schweizer Nationalität, Tertiärabschluss und einem hohen selbsteingeschätzten Einkommen beinahe wieder das Niveau von vor der Gesundheitskrise. Dagegen wurde dieses Niveau bei den Personen mit ausländischer Nationalität, den französischsprachigen Personen und den Personen mit einem niedrigen selbsteingeschätzten Einkommen deutlich nicht wieder erreicht.

Zufriedenheit ging bisher nur leicht zurück 

Seit Beginn der Gesundheitskrise nahm der Anteil Personen, die sich ständig oder häufig glücklich fühlen, signifikant ab und betrug in der ersten Jahreshälfte 2021 noch 73,9% (gegenüber 79,2% vor dem partiellen Lockdown 2020). In der gleichen Zeit sank der Anteil Personen mit einer sehr hohen Zufriedenheit mit dem jetzigen Leben von 40,7% auf 36,6%. Dagegen veränderte sich die allgemein hohe Zufriedenheit mit den persönlichen Beziehungen und dem wahrgenommenen Gesundheitszustand der Bevölkerung in der Schweiz kaum.

Vertrauensgewinn in die Politik flacht 2021 leicht ab

Das Vertrauen der Bevölkerung in das politische System ist in der Anfangszeit der Covid-19-Pandemie deutlich gestiegen. Der Anteil Personen mit hohem oder sehr hohem Vertrauen in das politische System in der Schweiz stieg von 47,5% vor dem partiellen Lockdown auf 54,0% während des partiellen Lockdowns an. Dieser Vertrauensgewinn in das politische System flachte im ersten Halbjahr 2021 zwar wieder leicht ab, blieb aber auf einem höheren Niveau als noch vor dem Beginn der Gesundheitskrise.

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«Die Jugendlichen wurden durch Corona richtig ausgebremst»

Die Pandemie kann eine gesunde psychische Entwicklung junger Menschen beeinträchtigen. Dies hat die Unicef in einem Bericht festgestellt. Das gilt auch für die Schweiz, wie Dagmar Pauli, Psychiaterin und stellvertretende Klinikdirektorin der Kinder- und Jugendpsychiatrie Zürich, festhält. Wichtig sei, dass Eltern nicht in den Ratschlagmodus geraten, wenn sie merken, dass es ihrem Kind psychisch nicht gut geht.

SRF News: Wie hat sich die Pandemie auf die psychische Gesundheit der Jugendlichen ausgewirkt?

Dagmar Pauli: Wir sehen ganz grosse negative Auswirkungen der Coronapandemie auf junge Menschen, das ist in der Schweiz auch so. Gerade in dieser Altersgruppe hat sich Corona besonders stark ausgewirkt. Die Heranwachsenden sind in einem Alter, in dem man sich mehr nach aussen wenden möchte. Man wird unabhängig vom Elternhaus, will die Welt entdecken. Beziehungen zu Gleichaltrigen werden immer wichtiger. Häufig ist es die abenteuerliche Zeit im Leben. Jetzt wurden die Jugendlichen richtig ausgebremst. Viele konnten wichtige Erfahrungen nicht machen. Ich denke da an die 18. Geburtstagsfeier, Schulabschlussfeier, Auslandsaufenthalt, die erste Reise alleine und so weiter. Und das hat vielen aufs Gemüt geschlagen.

Gibt es mehr Fälle?

Ja. Wir beobachten, dass ein Anstieg von Anmeldungen psychisch kranker Kinder und Jugendlicher stattgefunden hat und weiter stattfindet, auch bei den Notfällen. Daher kann ich bestätigen, was die Studie herausgefunden hat. Gegen einen selbst gerichtete Probleme wie Depression, Selbstverletzung, Suizidalität haben stark zugenommen. Jugendliche, die auch vorher schon nicht so ein gutes Selbstwertgefühl hatten, die vielleicht ängstlich waren, eher schon ein bisschen dazu tendiert haben, sich zurückzuziehen, sind dann durch dieses Zurückwerfen durch die Coronasituation noch stärker beeinträchtigt und dann häufig auch psychisch krank geworden. Es gibt Jugendliche, die vor dem Lockdown schon ängstlich waren, und jetzt können sie ihre Angst nicht mehr überwinden. Dann kommt es zu Schulabsentismus. Viele konnten sich gar nicht mehr überwinden, zur Schule zu gehen.

Meistens leben die betroffenen Kinder und Jugendlichen bei ihren Eltern. Was sollen sie tun, wenn sie depressives Verhalten erkennen?

In Familien, die Schwierigkeiten mit den heranwachsenden Jugendlichen haben, kann man sich in der Regel gegenseitig ausweichen. Die Jugendlichen gehen mehr raus, können Probleme, die sie mit den Eltern nicht besprechen können, mit Gleichaltrigen besprechen. Doch das alles fiel während der Pandemie weg. Das heisst: Besonders belastet sind die Familien, in denen sowieso schon viele Konflikte stattgefunden haben. Wir müssen diese Familien unterstützen. Doch wie kann man als Eltern damit umgehen, wenn sich Jugendliche zurückziehen und weniger Lebensfreude haben? Das Erste ist, zuzuhören, ins Gespräch zu kommen, festzustellen, was los ist. Dann kann man vorsichtig versuchen, sie zu ermutigen, sich wieder mehr nach aussen zu wenden. Oft geht man zu schnell in den Ratschlagmodus über: «Ja, mach doch mal, du musst halt mehr...» Wenn wir sehen, dass sie wirklich stecken bleiben, sollte man mit den Jugendlichen zusammen in eine Beratungsstelle gehen oder fachliche Hilfe beiziehen. Das Gespräch führte Isabelle Maissen

Weiterlesen - ein Beitrag erschienen am 05.10.2021 auf www.20min.ch
So wirkt sich die Pandemie auf Kinder und Jugendliche aus: Studie der Unicef (engl.)

 

Baubranche will Frauen mit Teilzeit zum Büezen ködern

Teilzeit arbeitet auf dem Bau fast niemand. Das will das Projekt Teilzeitbau ändern. Zwei Malergeschäfte haben so Teilzeitstellen geschaffen und erzählen von ihren Erfahrungen. Auf dem Bau arbeitet fast niemand Teilzeit. Das kostet der Branche viele Fachkräfte. So sind etwa 40 Prozent der Malerlehrlinge Frauen. Bereits nach wenigen Jahren legt aber fast die Hälfte von ihnen den Pinsel zur Seite und wechselt den Job. Jede zehnte vollzeitbeschäftigte Person in der Maler- und Gipserbranche würde aber sofort auf eine Teilzeitstelle wechseln, wie Umfragen zeigen. Das will das Projekt Teilzeitbau nun ermöglichen. Seit drei Jahren fördert es gezielt Teilzeitstellen im Maler- und Gipsergewerbe. Mit Erfolg, wie erste Zahlen zeigen: 2017 gab es nur 638 Teilzeitjobs in der Branche, 2019 waren es schon 785 und im Jahr 2020 schliesslich 1115 Teilzeitstellen.

Firmen kennen Möglichkeiten nicht

Oft fehle es aber an Ideen und Vorbildern: «Jobsharing beispielsweise ist in den Baubranchen wenig verbreitet», so Rimml. Deshalb haben die Projektverantwortlichen in Zusammenarbeit mit Pilotbetrieben des Maler- und Gipsergewerbes Hilfsmittel erarbeitet. «Wir zeigen den Firmen dann die Möglichkeiten auf, wie Teilzeitarbeiten möglich wird.» Es handele sich dabei um organisatorische und rechtliche Hilfsmittel, beispielsweise einen Musterarbeitsvertrag und Checklisten. Diese werden im November allen Maler- und Gipser-Firmen in der Deutschschweiz zur Verfügung gestellt.

Teilzeit macht Baubranche attraktiver für Frauen

Teilzeitarbeit ist überall möglich, bestätigt auch Personalexpertin Daniela Frau von der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften ZHAW: «Das ist eine Einstellungssache.» In der Baubranche sind Teilzeitjobs aber noch nicht weit verbreitet. «Viele Unternehmen haben darum Angst, dass sie zu viel investieren und es dann doch nicht funktioniert», so Frau. Gerade in der Baubranche sei Teilzeit aber wichtig. Denn noch immer arbeiten mehr Männer als Frauen auf dem Bau. «Mit mehr Teilzeitstellen könnten die Branche für Frauen interessanter werden», erklärt Frau. Zudem wollen auch immer mehr junge Männer Teilzeit arbeiten können. Nun sei es die Aufgabe grösserer Firmen, mutig voran zu gehen. «Denn grosse Unternehmen haben mehr Ressourcen und können in ein neues Teilzeit-Arbeitsmodell investieren», erklärt Frau. Zudem hätten Grossfirmen eine Vorbildfunktion und animierten Kleinbetriebe nachzuziehen.

Das ist das Projekt Teilzeitbau

Das Projekt Teilzeitbau wurde 2018 vom Schweizerischen Maler- und Gipserunternehmer-Verband, den Gewerkschaften Unia und Syna sowie dem Verein Pro Teilzeit ins Leben gerufen. Finanzielle Unterstützung erhält das Projekt zusätzlich vom Eidgenössischen Büro für die Gleichstellung von Frau und Mann (EBG). Ziel ist es, Teilzeitarbeitsmodelle in allen Schweizer Baubranchen einzuführen und somit zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie und der Gleichstellung von Mann und Frau im Erwerbsleben beizutragen. Dass sich gerade die Baubranchen schwertun mit Teilzeitarbeit, liegt vor allem an den Unternehmen: «Vielerorts heisst es einfach: Das geht nicht», sagt Projektleiterin Barbara Rimml zu 20 Minuten. Die Unternehmen könnten es sich nicht vorstellen oder hätten Angst vor zu viel Mehraufwand und negativen Reaktionen der Kundschaft. «Doch mit der richtigen Organisation und Kommunikation ist Teilzeitarbeit überall möglich», erklärt Rimml. Das würden alle Unternehmen sagen, die es versucht hätten. Hinzu kämen auch Vorteile für die Firmen: «Sie können gute und motivierte Fachkräfte behalten.»

Weiterlesen - ein Beitrag von Barbara Scherer erschienen am 05.10.2021 auf www.20min.ch

Diese Branchen sind besonders geizig beim Vaterschaftsurlaub

Gewerbe, Gesundheitssystem und Kantone geben jungen Vätern nur das gesetzliche Minimum an freien Tagen nach einer Geburt. In anderen Branchen bekommen Väter fast einen Monat frei. Travail Suisse findet das nicht richtig. Bei Travail Suisse gehen immer wieder Meldungen ein von Männern, denen der Vaterschaftsurlaub gekürzt oder gar gestrichen wird. Jetzt zeigt eine Studie, dass je nach Branche die Papi-Zeit länger oder kürzer ausfällt. Wie lange der Vaterschaftsurlaub ist, hängt von den finanziellen Mitteln der Betriebe ab.

Seit Anfang Jahr haben junge Väter Anrecht auf zehn Tage Vaterschaftsurlaub. Mit den Wochenenden reicht das für 14 Tage Ferien. Viele Unternehmen geben Vätern aber freiwillig mehr Zeit nach einer Geburt. So gibts in der IT- und Kommunikationsbranche sowie in der Pharmaindustrie durchschnittlich 30 bis 31 freie Tage. Geizig sind hingegen Gewerbe wie etwa das Bau- und das Handwerk sowie das Gesundheitswesen. Dort erhalten Väter meist nur zehn bis elf freie Tage, wie eine aktuelle Studie vom Gewerkschaftsdachverband Travail Suisse zeigt. Auch kantonale Angestellte erhalten fast überall nur das gesetzliche Minimum. «Die Bedürfnisse der jungen Arbeitnehmenden werden in diesen Branchen missachtet», sagt Thomas Bauer, Leiter Sozialpolitik bei Travail Suisse. Zudem werde ungenügend über den Vaterschaftsurlaub informiert: So wüssten viele Arbeitnehmende nicht, wie viele freie Tage ihnen zustehen. «Wir haben Meldungen von Männern erhalten, denen bei der Arbeit gesagt wurde, sie hätten keinen Anspruch auf Vaterschaftsurlaub», sagt Bauer zu 20 Minuten. Betroffen seien meistens temporär Angestellte. Die Arbeitgebenden spielen dann mit dem Anrecht auf Entschädigung, erklärt Bauer. Denn nur Väter, die vor der Geburt mindestens neun Monate AHV-versichert waren und mindestens fünf Monate lang erwerbstätig waren, bekommen im Vaterschaftsurlaub 80 Prozent ihres Lohnes. Doch Anrecht auf Papi-Zeit haben laut Bauer alle erwerbstätigen Männer.

Chef gibt nur fünf statt zehn Tage frei

Damit nicht genug: Manche Arbeitgebenden kürzen jungen Vätern auch einfach die freie Zeit. «Bei uns haben sich Männer gemeldet, denen der Chef gesagt hat, sie dürften sich nur fünf statt zehn Tage frei nehmen», sagt Bauer. Das sei nicht legal. In gewissen Unternehmen durften Mitarbeitende den Vaterschaftsurlaub zudem nicht direkt nach der Geburt nehmen, weil im Geschäft zu viel los war. Auch das sei nicht richtig, so Bauer. «Ein Mann musste den Vaterschaftsurlaub sogar nach zwei Tagen abbrechen und wurde ins Geschäft zurückbeordert.»

Kündigung beim Vaterschaftsurlaub möglich

Dass sich viele Männer den Vaterschaftsurlaub kürzen, verschieben oder gar streichen lassen, hängt wohl auch damit zusammen, dass es bei Vätern keine Kündigungssperrfrist gibt. Anders ist es beim Mutterschaftsurlaub: Arbeitgebende können Frauen ab dem Zeitpunkt der Empfängnis bis 16 Wochen nach der Geburt nicht kündigen. Gegen diese Ungleichheit hat die Grünen-Nationalrätin Greta Gysin eine Motion eingereicht. Diese sieht vor, dass der Vaterschaftsurlaub ebenfalls eine Sperrfrist erhält und auch beim Tod des Kindes zur Anwendung kommt. Denn es dürfe nicht sein, dass junge Väter aus Angst vor einer Kündigung den Vaterschaftsurlaub nicht beziehen.

Firmen verstossen gegen das Gesetz

Unternehmen, die den Vaterschaftsurlaub kürzen oder gar streichen, verstossen gegen das Gesetz. Das muss auf keinen Fall akzeptiert werden, sagt Personalexperte Werner Raschle, Inhaber und CEO des Personalvermittlers Consult & Pepper. Den Betroffenen rät Raschle, zuerst das Gespräch mit den Vorgesetzten zu suchen: «Der Hinweis, dass das nicht legal ist, kann oft schon viel bewirken.» Kommt es zu keiner Einigung, sollte das HR eingebunden werden. Funktioniert auch das nicht, bleibt nur noch der Gang zum Arbeitsgericht.

Länge des Urlaubs ist finanzielle Frage

Dass manche Branchen nur das gesetzliche Minimum für den Vaterschaftsurlaub erlauben, habe finanzielle Gründe, so Raschle. «Es geht heute in den meisten Fällen darum, Arbeitnehmende zu gewinnen und dann auch zu halten. Dafür steht den Firmen aber unterschiedlich viel Geld zur Verfügung», erklärt Raschle. Gerade in der Informatikbranche herrsche aber Fachkräftemangel. Dort setzten die Firmen darum stärker auf Teilzeitarbeit und grosszügigen Vaterschaftsurlaub, um gutes Personal anzuziehen. Denn das ist laut Raschle «ein echtes Bedürfnis bei jungen Vätern». Dass Angestellte bei Kantonen keinen grosszügigen Vaterschaftsurlaub erhalten, liege ebenfalls am Budget: «Kantone richten sich nach einem meist engen, politisch vorgegebenen Budget», erklärt der Personalexperte.

Weiterlesen - ein Beitrag von Barbara Scherer erschienen am 01.10.2021 auf www.20min.ch

KV-Lehrlinge sollen in Zukunft einen Tag im Homeoffice arbeiten

Die Corona-Krise hat das Arbeitsalltag nachhaltig verändert. Homeoffice wird auch in Zukunft fester Bestandteil sein. Darauf sollen KV-Lernende nun besser vorbereitet werden. Homeoffice war im Lockdown für viele KV-Lehrlinge eine Herausforderung. Das zeigt eine Umfrage von KV Schweiz. Deshalb sollen bald neue Regeln und Strategien fürs Homeoffice gelten.

Die Corona-Pandemie hat das Arbeiten im Homeoffice in vielen Branchen etabliert. Für KV-Lehrlinge war die Fernausbildung aber schwierig. Mühe hatten besonders Lehrlinge im ersten Lehrjahr, die noch keine grossen Erfahrungen auf dem Arbeitsmarkt sammeln konnten. Wie eine Umfrage des Kaufmännischen Verbands Schweiz bei 721 Ausbildnern und Ausbildnerinnen ergab, empfanden 66 Prozent die Betreuung der Lernenden im Homeoffice als Herausforderung. Mehr als die Hälfte berichtet auch von Motivationsproblemen bei den Lehrlingen.

Besonderer Schutz für Lehrlinge im Homeoffice

Homeoffice werde in kaufmännischen Berufen aber auch in Zukunft gefragt sein, teilt der Branchenverband mit. Das betreffe auch die Lehrlinge. Für diese seien aber Betreuung und Schutz besonders wichtig. Deshalb fordert der Verband auch für Lehrlinge einen Tag Homeoffice pro Woche und schlägt dafür neue Regeln und Strategien vor (siehe Box).

Box: Diese Regeln sollen für Lehrlinge im Homeoffice gelten

  • Klare Rahmenbedingungen für Arbeitszeit, Erreichbarkeit, zu nutzende Tools usw.

  • Regelmässiger Austausch zwischen Lernenden und Ausbildenden etwa mit einem Videocall bei Beginn und gegen Ende der Arbeit.

  • Einhaltung der üblichen Arbeitszeiten, wie im Büro.

  • Besonders auf das Wohlbefinden der Lernenden achten. Sollten Lernende sich im Homeoffice nicht wohlfühlen, müssen sie die Möglichkeit haben, regulär im Büro zu arbeiten.

  • Lehrlinge sollen PC etc. wie bei allen Arbeitnehmenden vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellt bekommen. Dafür sollen Ausbildner vor dem ersten Tag im Homeoffice die Infrastruktur prüfen und auch Tipps fürs ergonomische Arbeiten geben.

Die Beschränkung auf einen Tag sei nötig, da die Lernenden auf einen engen Austausch mit ihren Ausbildnerinnen und Ausbildnern angewiesen sind, sagt eine Sprecherin von KV Schweiz. Ausserdem seien die Lernenden schon an einem bis zwei Tagen pro Woche in der Berufsfachschule. Ab dem dritten Lehrjahr seien in Ausnahmefällen aber auch zwei Tage Homeoffice pro Woche möglich. Der Bundesrat solle nun Bericht erstatten, ob eine Anpassung des Arbeitsgesetzes und der entsprechenden Verordnungen angesagt ist. Denn für Jugendliche unter 18 Jahren gilt ein besonderer Schutz, der auch im Homeoffice garantiert sein soll.

Homeoffice-Empfehlung erst ab dem zweiten Lehrjahr

Der Homeoffice-Vorschlag kommt gut an. «KV-Lernende wollen ebenso Homeoffice, das ist ihnen sehr wichtig», sagt der Lehrbetriebs- und Lehrlingsberater Peter Heiniger zu 20 Minuten. Viele Firmen, die er berät, hätten gute Erfahrungen damit gemacht. Es sei auch ein Zeichen des Respekts. «Damit setzt man gegenüber Auszubildenden ein klares Signal, dass man ihnen Verantwortung und dieselben Möglichkeiten wie allen Büroangestellten geben will.» Allerdings sei Homeoffice erst ab dem zweiten Lehrjahr zu empfehlen, «wenn ein gewisses Vertrauensverhältnis zwischen Berufsbildnern und Lehrlingen besteht», sagt Heiniger. Eine Firma habe letztes Jahr einen Versuch mit Erstjahr-Lernenden mit ernüchterndem Ergebnis gemacht: «Viele der jungen Menschen waren überfordert oder nutzten die Situation zu ihren Gunsten aus», so Heiniger. Homeoffice sei übrigens gerade im KV-Bereich einfacher umzusetzen als gedacht. «KV-Lernende haben oft Eltern, die auch im Büro arbeiten. Dabei erfahren sie im Austausch rasch, was für produktive Homeoffice-Tage speziell beachtet werden muss», sagt Heiniger.

Weiterlesen - ein Beitrag von Fabian Pösch erschienen am 18.09.2021 auf www.20min.ch