Pandemie hat Gleichstellung um Jahrzehnte zurückgeworfen

Der Gender-Gap-Report des WEF kommt zu einer ernüchternden Erkenntnis: Corona drehte das Rad der Zeit zurück.

Die Coronakrise hat Frauen weltweit härter getroffen als Männer. Frauen haben häufiger den Job verloren, ihr Einkommen ging stärker zurück und sie mussten eher einen Karriereknick verkraften als Männer. Und nun machen sie nur langsam Fortschritte – trotz der wirtschaftlichen Erholung. Die Co-Autorin des Berichts, Silja Baller, beschreibt es so: «Der diesjährige Bericht zeigt, dass sich der Arbeitsmarkt sehr ungleich erholt.» Die Frauen hätten den verlorenen Boden nicht wieder gutmachen können. Das habe die Gleichstellung um eine ganze Generation zurückgeworfen. Der kleine Fortschritt im letzten Jahr sei im Vergleich zum Rückschritt in der Pandemie marginal.

Gemessen wird die Gleichstellung der Geschlechter in vier Themenbereichen: Gesundheit, Bildung, Politik und wirtschaftliche Chancen. Die Krise hat die Frauen vor allem bei den wirtschaftlichen Chancen zurückgeworfen. Das hat zwei Gründe: Erstens arbeiten Frauen weltweit öfter im Dienstleistungssektor und dieser war in der Pandemie besonders stark von Einschränkungen betroffen. Zweitens sind vor allem Frauen eingesprungen, als die Kinder wegen Schul- und Kita-Schliessungen nach Hause geschickt wurden. Das gilt auch für die Schweiz. Insgesamt schneidet die Schweiz zwar nicht schlecht ab, sie liegt auf Rang 13 von 146 untersuchten Ländern. Vor allem bei der wirtschaftlichen Gleichstellung harzt es aber. Da liegt die Schweiz auf Rang 47. Bei der Arbeitsmarktbeteiligung haben Schweizer Frauen noch viel Potenzial. Und während die Frauen in vielen anderen Ländern im letzten Jahr wieder aufgeholt haben, gab es in der Schweiz in diesem Bereich sogar einen kleinen Rückschritt. Das erstaunt Janine Dahinden, die Präsidentin der Schweizerischen Gesellschaft für Geschlechterfragen, nicht. Je gleichstellungsfreundlicher die Strukturen vor der Pandemie waren, umso rascher holen die Frauen jetzt wieder auf. Dazu gehörten zum Beispiel die Infrastruktur für Kinderbetreuung und jene für die Betreuung älterer Menschen – und da gehört die Schweiz nicht zu den Spitzenreitern. Die Professorin der Universität Neuenburg weist darauf hin, dass die Schweiz, was Betreuungsarbeit betrifft, schon sehr ungleich gestartet sei. Während Mütter ihren Kleinkindern rund 60 Prozent ihrer gesamten Arbeitszeit widmen, sind es bei den Vätern nur 20 Prozent. Diese Asymmetrie habe sich in der Pandemie verschärft. bDas wirke sich natürlich darauf aus, wie stark sich Frauen im Job engagieren könnten. Es müsse sich ganz grundsätzlich etwas ändern, findet Dahinden. «Solange die Idee vorherrscht, dass sich die Frau um Kinder, Eltern und Grosseltern kümmern muss, kommen wir nicht weiter. Es braucht ein radikales Umdenken.»

Ein langer Weg

Das gilt sowohl für die Hochqualifizierte im Homeoffice wie auch für die Migrantin, die in einem Privathaushalt arbeitet und ihren Job verloren hat. Beide haben wegen der Pandemie massive finanzielle Einbussen zu verkraften. Auch langfristig. Die eine leidet unter einem Karriereknick, die andere muss sich ihre Selbständigkeit wieder neu aufbauen. Wie sich die Gleichstellung langfristig entwickle, sei schwierig zu sagen, findet Silja Baller vom WEF. «Was man aber sagen kann, ist, dass mit der Vielzahl an Krisen das Risiko für Rückschritte grösser wird.» Klar ist: Es wird noch Jahre dauern, bis die Gleichstellung von Frau und Mann erreicht ist.

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Weiterbildungen für alle – nicht nur für Hochqualifizierte

Wer die Weiterbildung am meisten braucht, kann sie sich oft nicht leisten. Die Gewerkschaften sehen auch den Staat in der Pflicht.

In der Pflege, im Klassenzimmer, in Restaurants, auf der Baustelle und in der Informatik-Branche: Fachkräfte sind gesucht wie nie zuvor, aber die Anforderungen sind hoch und verändern sich laufend. Damit die Erwerbstätigen mit dem Wandel in der Arbeitswelt Schritt halten können, fordert Travailsuisse eine Weiterbildungsoffensive. Nicht nur Hochqualifizierte sollen sich weiterbilden können, sondern alle, fordert der Dachverband der Arbeitnehmenden. Lernen – ein Leben lang. Das ist heute nötig, um auf dem Arbeitsmarkt zu bestehen. Gabriel Fischer, Leiter Bildungspolitik bei Travailsuisse, fordert darum: «Es braucht eine gesamtgesellschaftliche Anstrengung, um die Arbeitnehmenden fit zu machen für den Arbeitsmarkt der Zukunft.» Weiterbildungen sollen für alle zugänglich sein. Dazu brauchen die Arbeitnehmenden mehr Zeit und mehr Geld. Auch Valentin Vogt, Präsident des Arbeitgeberverbands, ist für mehr Weiterbildung. Er sieht Arbeitgeber und Arbeitnehmende gemeinsam in der Pflicht. «Zum einen gibt es Qualifizierungen, die man direkt im Beruf anwenden kann. Hier werden die Arbeitgeber sicher helfen», sagt Vogt. Daneben gebe es aber auch allgemeine Höher-Qualifizierungen. «Hier geht es darum, dass man Modelle findet, mit denen man die Kosten und die Zeit teilt.»

Die Bildungsschere öffnet sich

Der Zugang zu Aus- und Weiterbildung sei aber nicht für alle gegeben, erklärt Gabriel Fischer von Travailsuisse: «Wir stellen fest, dass die Arbeitgeber zwar sehr wohl in gut qualifizierte, männliche Vollzeit-Arbeitnehmende investieren und sie bei Aus- und Weiterbildungen unterstützen.» Bei tiefer qualifizierten Frauen in Teilzeitanstellungen sehe es aber sehr viel schlechter aus: «Hier gibt es Diskriminierungseffekte. Und damit öffnet sich die Bildungsschere immer weiter.» Ein Blick in die Weiterbildungsstatistik zeigt: Hochqualifizierte besuchen viel häufiger Weiterbildungen und werden eher von ihren Arbeitgebern unterstützt. Ganz anders bei Arbeitnehmenden ohne Berufsabschluss: Sie können viele Weiterbildungen gar nicht besuchen, weil sie dazu zuerst einen Berufsabschluss bräuchten.

Viel Potenzial bei Niedrigqualifizierten

Gerade bei dieser Gruppe sieht eine neue Studie der Berner Fachhochschule Potenzial: 300'000 Niedrigqualifizierte könnten einen Berufsabschluss nachholen. Aber nur die wenigsten tun dies auch. Die Arbeitgebenden würden schon Hand bieten, auch bei Niedrigqualifizierten, meint Valentin Vogt vom Arbeitgeberverband. «In unserem Betrieb haben wir zum Beispiel jemanden, der eine Lehre nachgeholt hat, während er gearbeitet hat», sagt Vogt. «Das haben wir voll und ganz unterstützt. Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. Wir Arbeitgebenden helfen sicher dabei, diese Höherqualifizierung zu unterstützen.» Es brauche mehr Unterstützung, fordert Travailsuisse. Von den Arbeitgebern aber auch vom Staat. Damit es sich alle leisten können, sich weiterzubilden. Jetzt muss man sich nur noch darüber einigen, wer bezahlen soll.

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Grüne wollen mehr Urlaub für Eltern von Zwillingen

Wer Zwillinge oder gar Drillinge gebärt, soll mehr Mutterschaftsurlaub erhalten. Über diese Idee eines Grünen wird der Nationalrat entscheiden müssen. Ein Grünen-Politiker will den Mutterschafts- und Vaterschaftsurlaub verlängern. Insbesondere nach der Geburt von Zwillingen oder Drillingen soll die Auszeit länger sein. Das empfiehlt die Internationale Arbeitsorganisation: Mehrere Länder haben dies umgesetzt.

Die Schweiz gewährt Müttern 14 Wochen, Vätern zwei Wochen Urlaub nach der Geburt eines Kindes. Nun fordert ein Nationalrat der Grünen, Fabien Fivaz (NE), mehr. Vor allem mehr Urlaub, wenn mehr Kinder auf einmal geboren werden. Fivaz hat kürzlich eine parlamentarische Initiative eingereicht, welche die Dauer des Mutterschafts- und Vaterschaftsurlaubs verlängern will. Allgemein, aber insbesondere bei Mehrlingsschwangerschaften, weil diese zunähmen. Dies sei im Einklang mit den Empfehlungen der Internationalen Arbeitsorganisationen (ILO), so Fivaz auf Anfrage von Nau.ch.

Frankreich verdoppelt und verdreifacht den Mutterschaftsurlaub

Nebst ihrer Verordnung über Mutterschaftsschutz hat die ILO vor über zwanzig Jahren zusätzliche Massnahmen empfohlen. Durchlebt eine Frau eine Mehrlingsschwangerschaft, so soll sie Anspruch auf eine Verlängerung ihres Urlaubs erhalten. Die ILO macht jedoch keine genaueren Angaben zur Dauer dieser Verlängerung; die Mitgliedsstaaten sind hier frei. So macht es auch Fabien Fivaz: «Es wird Aufgabe der Kommission sein, zu bestimmen, um wie viel der Mutterschaftsurlaub idealerweise verlängert werden sollte.» Weil aber Zwillingsgeburten häufiger Frühgeburten sind und Komplikationen mit sich zögen, schweben Fivaz acht zusätzliche Wochen vor. Das sei aktuell die maximale Verlängerung des Mutterschaftsurlaubs im Falle einer Hospitalisierung des Kindes, sagt der Neuenburger. Es könnten aber durchaus auch mehr sein: «In Frankreich wird der Urlaub mehr als verdoppelt: 34 Wochen statt 16 bei Zwillingen, 43 Wochen bei Drillingen. In Belgien gilt bei Mehrlingsschwangerschaften 17 statt 15 Wochen.»

Vaterschaftsurlaub auch im Visier

Die Auszeit für Eltern von Zwillingen oder Drillingen soll aber nicht nur aufgrund von Komplikationen gelten. «Die Arbeitslast wird mit mehreren Kindern multipliziert», so Fivaz. Er habe auch Kontakt mit Eltern gehabt, die Mehrlingsschwangerschaften durchgemacht hätten. «Sie haben darauf hingewiesen, dass dies sehr schwierig sei.» Deswegen soll auch der Vaterschaftsurlaub verlängert werden, wie im Initiativtext von Fivaz steht: «Denn es ist klar, dass die Pflege von Neugeborenen beiden Elternteilen obliegt.» Eine andere Empfehlung der ILO ist die Verlängerung des allgemeinen Mutterschaftsurlaubs auf 18 Wochen. Stand 2022 haben 52 Länder diese Empfehlung umgesetzt, wie in einem Bericht steht. Zudem soll den Müttern frei zustehen, wann sie ihre nicht-obligatorische Auszeit (acht Wochen von 14) nehmen wollen: Vor oder nach der Geburt.

Weiterlesen - ein Beitrag von Elisa Jeanneret erschienen am 03.07.2022 auf www.nau.ch

 

Sommerlektüre für die Flexibilität der Arbeitswelt von morgen

Die Ferienzeit naht. Für viele ist es der ideale Zeitpunkt, sich endlich wieder einmal in ein gutes Buch zu vertiefen – am Strand, in den Bergen oder zuhause im Garten. Wenn Du auf der Suche nach einem guten Sachbuch bist, dann kann ich Dir die Lektüre «Familienpolitik in der Schweiz» von Philippe Gnaegi und Co-Autorin Nadine Hoch wärmstens empfehlen. Warum lege ich Dir ein 400-seitiges Werk über das Konzept der Familien ans Herzen, das sich im Laufe der Zeit unter dem Einfluss der Gleichstellung der Geschlechter, den neuen Bedürfnissen des Arbeitsmarktes und der individuellen Selbstverwirklichung laufend verändert hat? Weil das Thema hochaktuell ist. Es geht um veränderte Familienmodelle, um Unterbrüche in Berufslaufbahnen, Fachkräfteknappheit und Anforderungen an den modernen Arbeitgeber. Das Buch hat mich inspiriert, viele Erkenntnisse aus meinem Alltag bestätigt, neue Aspekte beleuchtet und mich zum Nachdenken angeregt. 
 
Familienpolitik in der CH d 2021
Gnaegi, Dozent an den Universitäten Freiburg und Neuenburg, und Hoch, Geschäftsleiterin der Eidgenössischen Kommission für Familienfragen, zeigen, wie sich bezüglich Familie sowie Gleichstellung von Mann und Frau über die vergangenen Jahrzehnte vieles entwickelt hat. Zentral war hierbei stets das Ineinandergreifen von Familie, Behörde und Arbeitgebern. Auch die Integration der Frauen am Arbeitsmarkt hat in diesem Zeitraum einen gewaltigen Sprung nach vorne gemacht. Es hat lange Zeit gedauert. Doch in den zurückliegenden Jahren sind auf dem Weg zu einer ausgewogeneren Geschlechterdurchmischung auch in den Führungsgremien grosse Fortschritte erzielt worden. Für Arbeitgeber ist es an der Zeit, einen weiteren Schritt nach vorne zu machen.


Arbeitgeber sind stark gefordert, was ich auch in meinem beruflichen Alltag spüre. Fachkräfte sind rar, und die Rekrutierung sowie das Halten von Toptalenten wird zusehends zu einer Herausforderung. Die Ansprüche an die Arbeitgeber haben zugenommen: Oftmals geht es dabei um die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Sie ist im 21. Jahrhundert längst nicht mehr nur ein legitimer Wunsch von Müttern. Auch Väter streben vermehrt danach, Familienpflichten wahrzunehmen. Und es ist nicht nur das Vor- und Grundschulalter, also eine vergleichsweise kurze Zeitspanne, während der Frauen und Männer auf flexible Arbeitsmodelle angewiesen sind. Auch vorher und nachher ist der Wunsch nach individualisierten Anstellungsbedingungen gross – sei es, weil eine Weiterbildung ansteht, man sich einen lange gehegten Traum erfüllen möchte und dafür mehr Freizeit benötigt oder die Eltern Pflege bedürfen.

Die heutige Familie besteht aus mehreren Generationen, manchmal vier oder mehr, schreiben die beiden Autoren. Betreuende Angehörige erbringen hierbei Pflege- und Betreuungsleistungen, die Milliarden von Franken kosten. Die Gesellschaft der Mehrgenerationen ist eine Herausforderung, der sich auch Unternehmen nicht entziehen können. Gefragt sind Rahmenbedingungen, die es unter anderem auch erleichtern, dass betreuende Angehörige Leistungen innerhalb der Familien erbringen.

Die Generallösung, «one size fits all», gibt es hierbei nicht. Die individuellen Vorstellungen, Bedürfnisse und betrieblichen Möglichkeiten gehen weit auseinander. Stichworte sind Teilzeit-Pensen, Elternzeit, Jobsharing, Home-Office, Sabbatical, flexible Jahresarbeitszeit oder Freitage zur Betreuung von Angehörigen. Eine Kosten-Nutzen-Analyse zeigt, dass betriebliche Massnahmen zugunsten von Beschäftigten mit oder auch ohne Familienpflichten vor allem den Arbeitgebern einen grossen Nutzen bringen. Sie sind zugleich unabdingbar, um für Arbeitskräfte attraktiv zu bleiben und im Wettkampf um Talente zu bestehen.  

Gnaegi und Hoch haben ein Buch geschrieben, das mit seiner Aufarbeitung der Schweizer Familienpolitik, ein hochrelevantes Thema beleuchtet. Familie ist durch Familienvielfalt abgelöst worden, lautet hierbei ihre Konklusion. Aufgelöst hat sie sich jedoch nicht. Denn auch heute noch erfüllt die Familie eine wesentliche soziale und wirtschaftliche Funktion. Sie leiste einen grundlegenden Beitrag zur Absicherung jedes einzelnen Mitglieds, sind auch die Autoren überzeugt. Ähnlich bedeutsam und vielfältig sind auch die Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt: Ein Business-Titel, den ich Dir als Sommer-Lektüre ans Herz lege.

Ich wünsche erholsame Sommertage und eine inspirierende Lektüre,

Guido Schilling - Managing Partner
schilling partners ag

Das Buch ist erhältlich bei Orell Füssli.

 

Die Ehe für alle tritt in Kraft Das müssen homosexuelle Paare jetzt wissen

Ab Freitag, 1. Juli, gibt es in der Schweiz die Ehe für alle. Auch homosexuelle Paare können nun heiraten – mit allen Rechten und Pflichten, die auch heterosexuelle Ehepaare haben. Blick zeigt die wichtigsten Änderungen.

Endlich! Für viele Schwule und Lesben beginnt am 1. Juli ein neuer Lebensabschnitt: Nun dürfen auch sie heiraten und gelten vor dem Gesetz als Eheleute. Bisher konnten sie nur eine eingetragene Partnerschaft eingehen. Die Ehe bedeutet auch zusätzliche Rechte und Pflichten. Das sind die wichtigsten Änderungen:

Unterschied bei Eingetragene Partnerschaft Ehe
Zivilstand In eingetragener Partnerschaft           Verheiratet
Ordentl. Güterstand Gütertrennung Errungenschaftsbeteiligung
Gemeinsame Adoption Verboten Erlaubt
Co-Elternschaft ab Geburt Nicht möglich Für Mutter und Co-Mutter
Witwen-/Witwerrenten               nur Witwerrente Für Frauen Witwenrente, für Männer Witwerrente
Einbürgerung Ordentlich Erleichtert

Zivilstand: Während bis jetzt im Pass «in eingetragener Partnerschaft» vermerkt wurde, steht nun «verheiratet». «Das kann insbesondere bei Reisen in weniger fortschrittliche Länder ein Vorteil sein», sagt Karin von Flüe (59). Die Rechtsanwältin arbeitet als Beraterin und Redaktorin beim «Beobachter» und hat gerade einen Leitfaden zur Ehe mit besonderer Berücksichtigung auf gleichgeschlechtliche Paare geschrieben. «Denn mit ‹eingetragene Partnerschaft› war auf den ersten Blick klar, dass man homosexuell ist.»

Güterstand: Bei eingetragenen Partnerschaften gilt Gütertrennung. Das heisst: Jeder hat sein Vermögen. Als Eheleute ist jetzt der normale Güterstand die Errungenschaftsbeteiligung. Was während der Dauer der Ehe aus Einkommen erspart wird, gehört beiden. «Bedeutsam wird das allerdings nur im Fall einer Scheidung», so von Flüe. «Dann wird aufgeteilt.» Sie rät: «Wer das nicht will, muss in einem Ehevertrag weiterhin die Gütertrennung festlegen.»

Adoption: Eheleute dürfen gemeinsam adoptieren – gelten dann also beide als Eltern. Bei eingetragenen Partnerschaften ist das nicht möglich. Für gleichgeschlechtliche Paare war bis anhin nur die Stiefkind-Adoption möglich.

Elternschaft: Bekommt das Ehepaar ein Kind, gelten lesbische Eheleute künftig beide als Eltern mit allen Rechten und Pflichten. Bei homosexuellen Männern ist das weiterhin nicht möglich, weil die Leihmutterschaft in der Schweiz verboten ist. Allerdings: Lässt ein Paar ein Kind im Ausland austragen, kann der nicht leibliche Vater dieses dann als Stiefkind adoptieren.

Witwenrente: Bislang erhielten Männer wie Frauen in eingetragener Partnerschaft nur eine Witwerrente, wenn der Partner oder die Partnerin verstarb. Auf diese hat nur Anspruch, wer Kinder unter 18 Jahren hat. Die Witwenrente hingegen erhalten heterosexuelle Ehefrauen, wenn sie Kinder – unabhängig vom Alter – haben oder älter als 45 Jahre und mindestens 5 Jahre verheiratet waren. Nun ändert sich das: Homosexuelle Ehepartnerinnen erhalten neu ebenfalls die grosszügigere Witwenrente. Schwule weiterhin nicht. «Hier besteht klar eine Diskriminierung von Männern – egal, welche sexuelle Orientierung sie haben», sagt von Flüe.

Einbürgerung: Wie bei heterosexuellen Ehepaaren kann sich der ausländische Lebenspartner jetzt erleichtert einbürgern lassen. Die erleichterte Einbürgerung ist in der Regel einfacher und günstiger als die ordentliche.

Die Ehe kostet 75 Franken

Und was, wenn ein Paar, das bisher in einer eingetragenen Partnerschaft lebt, nun die Ehe eingehen will? «Man kann die Partnerschaft einfach in eine Ehe umschreiben lassen», sagt von Flüe. Dazu muss man sich beim Zivilstandsamt melden. Die Kosten für die Umschreibung betragen 75 Franken. Als verheiratet gilt man dann ab dem Tag der Umschreibung. «Wer aber eine Hochzeitszeremonie will, kann die ebenfalls nachholen und ganz einfach einen Termin auf dem Zivilstandsamt machen», so die Expertin.

Weiterlesen - ein Beitrag erschienen am 01.07.2022 auf www.blick.ch

 

Wachsende Zustimmung: Die Viertagewoche auf dem Prüfstand

Gemäss einer neuen Studie befürworten auch immer mehr KMU die Viertagewoche. Was macht deren Beliebtheit aus?

Der Gastronomie fehlt das Personal, tausende von Stellen sind offen. Die Gäste wären da, doch die Restaurants können nicht das volle Angebot machen. Auch in anderen Branchen fehlen aktuell unzählige Fachkräfte. Als Massnahme gegen den Fachkräftemangel wird in verschiedenen Ländern vermehrt eine Viertagewoche eingeführt. Nun zeigt eine neue Studie der AXA, dass sich die Viertagewoche auch bei Schweizer-KMU immer grösserer Beliebtheit erfreut. 10 Prozent der KMU würden einer Einführung einer Viertagewoche stark zustimmen, 28 Prozent würden eher zustimmen. Insgesamt stehen also 38 Prozent der befragten KMU einer Viertagewoche positiv gegenüber, bei den grossen sind es sogar 43 Prozent. 236 KMU wurden befragt.

Ein Betrieb, welcher die Viertagewoche bereits umgesetzt hat, ist das Hotel Hirschen in Langnau. Das Team arbeitet 10.5 Stunden am Tag. Die Arbeitswoche dauert hier aber nur 4 Tage. Das Modell kommt gut an. «Bei mir ist es so aufgeteilt, dass ich Sonntag und Montag freihabe. Einen Tag in der Woche ist ebenfalls arbeitsfrei, da schaue ich für das Kind. Für mich passt es so», sagt Chefkoch Nuno Vaz. Die gleiche Arbeitszeit verteilt auf einen Tag weniger: Für den gelernten Koch und Geschäftsführer Kevin Weyermann ist die Viertagewoche immer schon ein Wunschmodell gewesen. «Wir wollten unseren Betrieb für die Arbeitnehmenden attraktiver machen. Zusammen sind wir dann auf die Viertagewoche gekommen.»

Frage der Vereinbarkeit?

Obwohl jetzt täglich 10.5 Stunden gearbeitet werden muss, scheint der Beruf attraktiver zu sein. «Wir haben eine Stelle gesucht, welche wir schnell wieder mit einer sehr guten Fachkraft besetzen konnten.» Die Viertagewoche ohne Arbeitszeitverkürzung beim Hotel geht auf, weil neuerdings die sogenannte Zimmerstunde am Nachmittag wegfällt. 3 Stunden, die für Vorbereitungsarbeiten genutzt werden können und sonst oft verlorene Zeit waren, wie Vaz erklärt. Dem Arbeitsmodell skeptisch gegenüber ist Johann Weichbrodt. Der Organisationspsychologe forscht seit 10 Jahren zu flexiblen Arbeitsmodellen. «Zum einen ist aus vielen Studien bekannt, dass ab der 9. Stunde Arbeitszeit pro Tag Fehler häufiger werden und mehr Unfälle produziert werden.» Ein zweites Problem sehe er bei der Frage der Vereinbarkeit: «Ein solches Modell funktioniert nur, wenn jemand anders zu Hause die Arbeit macht. Meistens ist es dann die Frau, welche daheim alles auffängt. Meine Befürchtung wäre, dass die klassische Rollenverteilung mit diesem Modell zementiert wird.»

Ebenfalls die Viertagewoche eingeführt, aber mit Arbeitszeitverkürzung, hat das 25hours-Hotels in Zürich. Bereits die Hälfte der 160 Angestellten arbeiten im neuen Modell. «Vorher hat man theoretisch 42 Stunden in der Woche gearbeitet, nun arbeiten wir 37.5», erklärt Senior Bartender Julian Ritter. Das Personal freut sich, und auch für den Hoteldirektor geht die Rechnung auf, obwohl die Personalkosten jetzt höher sind. Die Viertagewoche in der Hotelkette wurde aus der Not geboren, aus Personalnot. «Wir können nicht alle Zimmer verkaufen, uns geht Umsatz verloren. Als Arbeitgeber müssen wir attraktiver werden, darum haben wir die 4-Tage-Woche gewählt.»Der Branchenverband Gastrosuisse empfiehlt seinen Betrieben, neue Arbeitszeitmodelle zu prüfen. Es gebe aber keine Patentlösung. Im Landgasthof Hirschen jedenfalls scheint sich das Viertagewoche-Modell zu bewähren.

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