Lohnungleichheit: Expertin fordert Neuausrichtung der Debatte

Die Debatte um Lohnungleichheit hat hierzulande jüngst für viel Aufsehen gesorgt: Eine Expertin schlägt sechs Massnahmen vor, um die Lohnschere zu schliessen. Die Debatte um Lohngleichheit und Diskriminierung hat jüngst reichlich Schwung erhalten. Nadine Hoch von der Eidgenössischen Kommission für Familienfragen schlägt Massnahmen vor. Die gesellschaftliche Wertehaltung müsse sich verändern, um die Lohnschere zu schliessen. Sie möchte die Debatte neu ausrichten: Weg von «Gender Pay Gap», hin zu «Child Penalty».

Die Debatte um die Lohnungleichheit hat hierzulande jüngst reichlich Schwung erhalten: Neue Grafiken des BFS zeigen auf, dass Frauen in Lohnfragen nicht systematisch diskriminiert werden. Die Lohnschere zwischen den Geschlechtern scheint sich bei der Berufswahl und insbesondere nach der Geburt des ersten Kindes zu öffnen. Ferner legt eine kontroverse neue Umfrage den Schluss nahe, dass viele Studentinnen andere Karriereambitionen haben als ihre männlichen Kommilitonen. Nadine Hoch von der Eidgenössischen Kommission für Familienfragen (EKFF) ist überzeugt: Die Debatte um Lohnunterschiede zwischen den Geschlechtern müsse eine andere Stossrichtung erhalten. Sie würde es begrüssen, wenn in einem ersten Schritt die Variable «Elternschaft» in die Untersuchung von Lohnungleichheit einfliessen würde. Auf diese Weise könne der damit verbundene Ausstieg aus der Erwerbstätigkeit und die daraus resultierenden Lohn- und Altersvorsorgeeinbussen untersucht werden.

Hauptproblem Gesellschaft: «Beginnt schon bei Farben von Kinderklamotten»

Ferner schlägt die Expertin sechs Massnahmen vor, um die Lohnschere zwischen Müttern und allen anderen («Child Penalty») zu schliessen: Als Erstes empfiehlt Hoch eine gesellschaftliche Wertediskussion über das Rollenverständnis von Eltern und die partnerschaftliche Teilung von Erwerbs- und Betreuungsarbeit.«Die Hauptproblematik liegt in der gesellschaftlichen Wertehaltung», erklärt die Geschäftsleiterin der EKFF. Heute würden Wertehaltungen, welche Lohnunterschiede befeuern, früh zementiert: «Das beginnt bei den Farben von Kinderklamotten.» Längerfristig sei darauf hinzuarbeiten, dass sich Männer und Frauen paritätischer auf alle Berufsgruppen verteilen und Erwerbs- und Betreuungsarbeit egalitärer aufteilen.

Individualbesteuerung, Kinderbetreuungsangebote und Tagesschulen

Als weitere Massnahme schlägt die Expertin eine Individualbesteuerung vor: «Heute lohnt es sich aufgrund der Steuerprogression für viele Paare schlicht nicht, wenn beide Partner hochprozentig arbeiten.» Basierend auf vorherrschenden Rollenbildern seien es dann meist die Frauen, die beruflich zurückstecken. Ein System der Individualbesteuerung könne hier Abhilfe schaffen, erläutert Hoch. In einem weiteren Schritt schlägt Hoch die Verbesserung der Verfügbarkeit von qualitativ guten und bezahlbaren Kinderbetreuungsangeboten vor: «Diese Angebote sind hierzulande ein riesiger Flickenteppich.» So unterscheiden sich deren Verfügbarkeit und Kosten von Kanton zu Kanton und Wohnort zu Wohnort. Überdies müsse sich auch bezüglich der Betreuungsarbeit die gesellschaftliche Wertehaltung verändern, um die Lohnungleichheit zu bekämpfen. «Erwerbstätigkeit mit Elternschaft zu kombinieren, sollte für beide Elternteile zur Selbstverständlichkeit werden.» Als vierte Massnahme schlägt Hoch die Umwandlung von Schulen in Tagesschulen vor: «Berufstätige Eltern stehen oftmals erneut vor einem Betreuungsdilemma, sobald ihre Kinder schulpflichtig werden.» Wenn Schulen flächendeckend eine Ganztagsbetreuung anbieten würden, könne die Vereinbarkeit von Beruf und Familie nachhaltig verbessert werden.

Mit Elternzeit und Aufklärungsarbeit gegen Lohnungleichheit

An fünfter Stelle nennt die Geschäftsleiterin der EKFF die Einführung einer Elternzeit: «Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist nach der Geburt nicht lange genug gewährleistet.» Nur 18 Prozent der Mütter kehren nach 14 Wochen Mutterschaftsurlaub an den Arbeitsplatz zurück. Diejenigen, die es sich leisten könnten, verlängern die Zeit zu Hause mit dem Familienzuwachs. Mit dem von der EKFF vorgeschlagenen Elternzeitmodell könne die Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und Familie für beide Elternteile verbessert werden. Schliesslich schlägt die Expertin ein Umdenken bei der Altersvorsorge, insbesondere bei der Pensionskasse vor. Da diese einzig auf der Erwerbstätigkeit aufbaue, hätten Menschen mit reduziertem Arbeitspensum einen klaren Nachteil.Davon sind Frauen stärker betroffen als Männer: «Rund 70 Prozent der Ergänzungsleistungen werden von Frauen beansprucht.» Auch hier brauche es Aufklärungsarbeit. Die Bevölkerung müsse wissen, wie lange und wie viel gearbeitet werden muss, damit das Geld im Alter zum Leben reicht.

Fokus auf «Child Penalty» statt «Gender Pay Gap»

Die Geschäftsleiterin der EKFF ist überzeugt, dass sich die Debatte um die Gleichstellung der Geschlechter und Lohnungleichheit verändern müsse: Anstelle von Lohndiskriminierung müsse über die paritätische Aufteilung von Erwerbs- und Betreuungsarbeit diskutiert werden. Anstatt des «Gender Pay Gap» müsse der Fokus auf die «Child Penalty» gelegt werden. Frauen und Männer fällen unterschiedliche Entscheidungen und setzen unterschiedliche Karriere- und Lebensschwerpunkte. Gesellschaftlich müsste folglich die Frage gestellt werden, wie damit umzugehen sei: Wie ändern sich Rollenbilder und Präferenzen mit Blick auf eine egalitäre Gesellschaft, ohne Zwang auszuüben?

Weiterlesen - ein Beitrag von Kaspar Schwarzenbach erschienen am 14.05.2023 auf www.nau.ch

Diese Unterschiede bestehen bei der Rollenverteilung zwischen Mama und Papa

Heute, am 14. Mai, ist Muttertag. Auf diesen können sich deutlich mehr Mütter freuen, als Männer auf den Vatertag am 4. Juni. Und auch bei der Rollenverteilung zeigt die Statistik deutliche Unterschiede zwischen den Geschlechtern.

Es gibt sie, die fortschrittlichen Kindergartenlehrpersonen, die ihre Kinder auch Vatertagsgeschenke basteln lassen. Meistens aber geht der Vatertag vergessen. Dabei steht der Muttertag alleine heute schräg in der Landschaft: Viele Väter beteiligen sich zu einem guten Stück an der Familienarbeit, manche leisten den Hauptpart. Und doch ist die Aufteilung in vielen Bereichen noch immer sehr traditionell. Zahlen und Fakten zu Müttern und Vätern.

  • Wie viele Mütter gibt es in der Schweiz?
  • Arbeiten Mütter weiterhin weniger auswärts?
  • Die unterschiedliche Beschäftigungssituation zeigt sich auch beim Lohn
  • Haus- und Familienarbeit bleibt Frauensache
  • In welchem Alter werden Frauen zum ersten Mal Mutter?
  • Warum feiern wir überhaupt einen Muttertag?
  • Wann ist Muttertag?
  • Seit wann gibt es den Vatertag?
  • Wie viele Kinder pro Familie bringen Geschenke heim?
  • Wie viele Kinder kommen durchschnittlich auf eine Frau?

Wie viele Mütter gibt es in der Schweiz?

Ganz genau lässt sich diese Zahl nicht eruieren. Auch das Bundesamt für Statistik (BFS) kann sie nur schätzen. Aus einer Erhebung zu Familien und Generationen aus dem Jahr 2018 geht hervor, dass der Anteil Mütter an allen Frauen ab 20 Jahren 65 Prozent beträgt. Hochgerechnet auf die aktuellsten Bevölkerungszahlen ergibt sich daraus: 2'873'400 Mütter in der Schweiz dürfen am Sonntag auf ein Geschenk hoffen. Gemäss der gleichen Hochrechnung gibt es in der Schweiz übrigens deutlich weniger Väter. Der Anteil an Vätern an allen Männern ab 20 Jahren beträgt 57 Prozent oder hochgerechnet 2'505'650 Väter. Eine soziologische Erklärung für den grossen Unterschied hat das BFS nicht. Es lasse sich bloss statistisch belegen, dass Frauen ganz einfach eher Mütter werden als Männer Väter. Das zeigt sich in allen Altersgruppen: Der Anteil Väter an allen Männern ist immer deutlich tiefer als der Anteil Mütter an allen Frauen.

Arbeiten Mütter weiterhin weniger auswärts?

Ja, und das deutlich. Zumindest im Sinne der Lohnarbeit. Fast jede sechste Mutter ist überhaupt nicht erwerbstätig. Bei Vätern ist es nur etwa jeder 27. Und Mütter, die arbeiten, tun das selten Vollzeit. Während über 80 Prozent der Väter Vollzeit angestellt sind, beträgt dieser Anteil bei Müttern nur gerade 17.5 Prozent. Noch deutlicher wird es, wenn das jüngste Kind noch sehr klein ist. Ist dieses zwischen 0 und 3 Jahre alt, arbeiten vier von fünf Vätern, die nicht alleinerziehend sind, Vollzeit. Bei Müttern ist es noch etwa jede Achte.

Die unterschiedliche Beschäftigungssituation zeigt sich auch beim Lohn

Was sich aufgrund der obigen Grafiken vermuten lässt, bestätigt sich: Frauen tragen im Schnitt deutlich weniger zum Haushaltseinkommen bei. Bei Paaren mit Kindern entfällt etwas mehr als ein Viertel des gesamten Haushaltseinkommens auf die Frau. Hat das Paar drei oder mehr Kinder, ist es gar nur ein Fünftel.

Haus- und Familienarbeit bleibt Frauensache

Das Gegenstück zur Lohnarbeit ist die Familienarbeit. Diese bleibt weiterhin oft Frauensache. Das zeigt sich bei der Kinderbetreuung. Auch die Hausarbeit wird immer noch überwiegend von Frauen erledigt, vor allem wenn Kinder im Haushalt sind.

In welchem Alter werden Frauen zum ersten Mal Mutter?

Das durchschnittliche Alter, in dem Frauen zum ersten Mal Mutter werden, wird immer höher. Lag es Anfang der 1970er-Jahre noch bei rund 25 Jahren, sind Frauen heute im Schnitt rund 31 Jahre alt, wenn sie zum ersten Mal ein Kind gebären. Bei Ausländerinnen liegt der Wert leicht darunter, bei Schweizerinnen leicht darüber. Betrachtet man bei den Frauen nicht nur das Alter bei der Geburt des ersten Kindes, sondern bei der Geburt aller Kinder, steigt das Durchschnittsalter auf 32.3. Bei den Männern wird sowieso nur das Durchschnittsalter bei allen Kindern berechnet. 2021 lag dieses bei 35.2 Jahren. Auch hier sind Schweizer leicht älter (35.3) als Ausländer (34.9).

Warum feiern wir überhaupt einen Muttertag?

Auch wenn es schon im antiken Griechenland und im römischen Reich Tage gab, an denen Mütter - oder meist eine konkrete, göttliche Mutter - gefeiert wurden, der moderne Muttertag entstand Anfang des 20. Jahrhunderts in den USA. Massgebend dafür verantwortlich soll Anna Marie Jarvis gewesen sein, die ihrer verstorbenen Mutter gedenken wollte. Aus einem Gedenkgottesdienst wurde eine wiederkehrende Andacht. Von der Kommerzialisierung des Feiertags distanzierte sich Jarvis aber deutlich. Floristen soll sie als «Banditen, Piraten, Erpresser, Kidnapper» beschimpft haben.

Wann ist Muttertag?

Hierzulande und in vielen anderen Ländern ist dafür der zweite Sonntag im Mai reserviert, dieses Jahr also der 14. Mai. Das ist jedoch nicht überall so. Irland und das Vereinigte Königreich beispielsweise begehen den Tag am vierten Fastensonntag, Frankreich am letzten Sonntag im Mai.

Seit wann gibt es den Vatertag?

In der Schweiz wird der Vatertag seit 2009 gefeiert, jeweils am ersten Sonntag im Juni. In Deutschland fällt er auf die Auffahrt, dort feiern die Väter mit einer gemeinsamem Männer-Ausfahrt allerdings eher sich selbst. Während in Österreich die Umsätze zur Feier des Vatertags schon zwei Drittel des Muttertags erreichen, wird der Tag in der Schweiz immer noch kaum beachtet und geht nicht selten vergessen. In manchen Ländern wird der Vatertag typischerweise am Josefstag im März gefeiert. In anderen jedoch analog zum amerikanischen Feiertag am dritten Sonntag im Juni: Der Ursprung soll im Jahr 1906 liegen, als eine Tochter namens Sonora Smart Dodd die Idee hatte, ihren Vater zu ehren. Ihre Mutter war bei der Geburt des sechsten Kindes gestorben und William Jackson Smart hatte das Neugeborene sowie die anderen fünf Kinder alleine auf einer Farm im Bundesstaat Washington aufgezogen.

Wie viele Kinder pro Familie bringen Geschenke heim?

In fast jeder zweiten Familie leben zwei Kinder. Drei und mehr Kinder sind nur in etwa jedem fünften Familienhaushalt zu Hause.

Wie viele Kinder kommen durchschnittlich auf eine Frau?

Auch bei der Geburtenziffer gibt es Unterschiede zwischen Schweizerinnen und Ausländerinnen. Während Erstere im Schnitt 1.42 Kinder gebären, liegt der Wert bei Letzteren bei 1.78. Zum sogenannten Ersatz der Elterngeneration ist beides deutlich zu tief. Dazu wären in der Schweiz 2.06 Kinder pro Frau nötig. Zusammengefasst kommen in der Schweiz pro Frau aber nur 1.52 Kinder zur Welt. Vergleicht man die Geburtenziffer der Schweiz mit jener der restlichen Welt, zeigen sich vor allem gegenüber den Ländern Afrikas grosse Unterschiede.

Weiterlesen - ein Beitrag von Ruben Schönenberger und Sabine Kuster / ch media

Frauen bewerben sich häufiger auf schlechter bezahlte Jobs

Neueingestellte Frauen verdienen im gleichen Beruf und mit ähnlicher Qualifizierung weniger als Männer. Diese Lohnlücke erklärt sich einer Untersuchung des Nürnberger Instituts für Arbeits- und Berufsforschung (IAB) zufolge fast zur Hälfte mit dem Bewerbungsverhalten: Frauen bewerben sich demnach seltener bei Betrieben mit höheren Löhnen und häufiger bei solchen mit niedrigeren Löhnen.

«Ihre Bewerbungsquote bei Hochlohnfirmen war um mehr als 25 Prozentpunkte niedriger als die der Männer», erklärte der IAB-Forscher Benjamin Lochner am Montag. «Bei den zehn Prozent der Betriebe mit den niedrigsten Löhnen bewarben sich im Mittel rund 55 Prozent Frauen und 45 Prozent Männer.»

Als wichtigen Grund für diese Schieflage nennt die Studie Flexibilitätsanforderungen, die in der Regel mit der Bezahlung ansteigen. Höher bezahlte Stellen erfordern demnach häufig längere Pendelstrecken zum Arbeitsort, mehr Flexibilität bei der Arbeitszeit, häufigere Dienstreisen und wechselnde Arbeitsorte - und je höher die Flexibilitätsanforderungen, desto höher der Männeranteil unter den Bewerbern. Die grössten Verdiensteinbussen haben laut IAB Mütter im Vergleich zu Männern und kinderlosen Frauen.

«Eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie, etwa durch flexiblere Arbeitsmodelle und mehr Kinderbetreuungsmöglichkeiten, sowie eine gerechtere Aufteilung der Sorge-Arbeit zwischen beiden Elternteilen könnte die individuelle Flexibilität erhöhen, was sich wiederum positiv auf das Bewerbungsverhalten und die Verdienstmöglichkeiten auswirken könnte», unterstrich Lochner. (saw/sda/afp)

Weiterlesen - ein Beitrag erschienen am 08.05.2023 auf www.watson.ch

Wer in die Armut rutscht, kommt schwer wieder raus

Eine Studie zeigt: Wer in der Schweiz einmal von Armut betroffen ist, kommt nur schwer davon los. Menschen, die in eine prekäre finanzielle Lage geraten, suchen sich oftmals nicht die Hilfe, die sie benötigen. Die Nichtregierungsorganisation ATD Vierte Welt (All Together for Dignity – Gemeinsam für die Würde aller) hat zwischen 2019 und 2023 eine Studie zum Thema Armut durchgeführt.

Unter dem Projektnamen «Armut – Identität – Gesellschaft» hat die internationale Non-Profit-Organisation ATD Vierte Welt zwischen 2019 und 2023 das Verhältnis zwischen Gesellschaft, Institutionen und Armutsbetroffenen erforscht. Die Studie wurde mit Unterstützung des Bundesamts für Justiz von Forschenden und Fachleuten der Sozialhilfe unter gleichberechtigter Beteiligung von Armutsbetroffenen durchgeführt.

Warum Betroffene auf Hilfe verzichten

Die Studie zeigt: Wer einmal in die Armut abrutscht, kommt nur schwer wieder raus. Manchmal über mehrere Generationen hinweg. «Es handelt sich um eine systemische und strukturelle Problematik. Die Menschen haben Mühe, aus dieser Abwärtsspirale auszubrechen», sagt Perry Proellochs, Redaktor von ATD Vierte Welt.

Grund seien Vorurteile: Sowohl das Potenzial als auch die Handlungsfähigkeit eines Menschen werde ausgeblendet. Schliesslich beantragten Betroffene etwa keine Sozialhilfe, auch, weil viele Sozialhilfe mehr als Almosen denn als Recht wahrnähmen. Eine Sichtweise, die Armutsbetroffene in die Rolle von Bittstellern dränge. Gemäss Proellochs schreibt die Gesellschaft Menschen, die in Armut leben, nach wie vor die Schuld an ihrer Situation zu.

Vorurteile über Armut

Gemäss Studie wird Armut allzu oft darauf reduziert, kein Einkommen zu haben und Rechnungen nicht bezahlen zu können. Tatsächlich greife Armut viel weiter. Sie beeinträchtige das soziale und kulturelle Leben einer Person. Diskriminierung und Ausgrenzung drängten Armutsbetroffene zusätzlich ins soziale Abseits.

Weiterlesen - ein Bericht von SRF erschienen am 08.05.2023

Studie zur Gleichstellung

Die meisten Studentinnen wollen einen erfolgreichen Mann statt Karriere machen. Zwei Forscherinnen führten im Auftrag der Uni Zürich eine Studie durch. Sie sollten herausfinden, weshalb es prozentual weniger Frauen in höheren Positionen an der Uni gibt als Studentinnen.

60 Prozent der Studierenden an der Uni Zürich sind weiblich. Bei den Professuren sind es nur 24 Prozent. Eine Studie untersuchte, weshalb Frauen an der Hochschule weniger Karrieren machen. Sie kam zum Ergebnis, dass Frauen das schlicht weniger wollen als Männer. Wirtschaftsprofessorin Margrit Osterloh und Soziologin Katja Rost untersuchten im Auftrag der Universität Zürich, weshalb Frauen in akademischen Spitzenpositionen stark untervertreten sind. Während fast 60 Prozent der Studierenden weiblich sind, werden sie zu nur 24 Prozent von Professorinnen unterrichtet.

«Leaky pipeline» nennt man das Phänomen, bei dem der Frauenanteil mit jeder höheren Hierarchiestufe abnimmt. Osterloh und Rost führten eine Umfrage an der ETH und Uni Zürich durch, um den Grund für das Phänomen zu finden. Knapp 10’000 Personen nahmen an der Studie teil. Das Ergebnis habe sie «schlichtweg umgehauen», sagt Osterloh gegenüber der «SonntagsZeitung». Der wichtigste Grund sei nämlich, dass Studentinnen keine oder nur geringe Karriereambitionen haben. Zudem sei ihr Familienbild nach wie vor eher konservativ geprägt. Sie bevorzugen einen Partner, der älter und erfolgreicher sei als sie. Wenn sie Mütter würden, wollen sie am liebsten Teilzeit arbeiten, während der Mann für das Haupteinkommen sorge.

In frauendominierten Fächern sind Frauen weniger erfolgreich

Interessant ist zudem, dass das Phänomen in frauendominierten Fächern weit stärker vertreten sei, als in männerdominierten. Gehören mehr als 70 Prozent der Studierenden in einem Studiengang dem gleichen Geschlecht an, sprechen die Studienautorinnen von frauen- oder männerdominierten Fächern. Zu Ersterem gehören beispielsweise Erziehungswissenschaften, Tiermedizin, Psychologie und Englisch. Männerdominiert sind Mathematik, Informatik und Physik. Ein Drittel aller Fächer ist geschlechtlich ausgeglichen, dazu gehören etwa Jura, Biologie oder Geschichte. Die Autorinnen gehen davon aus, dass Frauen in frauendominierten Fächern deshalb beruflich weniger erfolgreich sind, weil sie eher dem traditionellen Familienbild zugeneigt seien und deshalb weniger Karriereambitionen haben. Eine tatsächliche Diskriminierung konnten Osterloh und Rost an den Hochschulen nicht feststellen.

Bei Professuren soll das Los entscheiden, wer die Stelle kriegt

Trotzdem sehen sie Handlungsbedarf. Beispielsweise wäre es für Doktorandinnen mit Kindern eine grosse Hilfe, wenn die strikten Abgabefristen gelockert würden. Ausserdem schlagen sie ein neues Berufungsverfahren für Professorinnen und Professoren vor: Unter allen qualifizierten Bewerbungen soll das Los entscheiden. «Man weiss, dass sich viele Frauen nicht gerne dem Wettbewerb mit Männern aussetzen. Mit einem qualifizierten Losverfahren bewerben sich deutlich mehr Frauen und andere Minderheiten», so Osterloh zur «SonntagsZeitung». Osterloh findet weiter, es solle auf Aufklärung gesetzt werden: «Junge Frauen sollten wissen, was es für sie bedeuten kann, wenn sie sich finanziell abhängig vom Partner machen.» Bei einer Trennung und bei der Altersvorsorge könnten grosse finanzielle Kosten auf die Frauen zukommen.

Weiterlesen - ein Beitrag erschienen am 07.05.2023 auf www.20min.ch

Seco-Arbeitsmarktchef: Teilzeitarbeit ist ein Gewinn

Der Staat soll laut Seco-Arbeitsmarktchef die Arbeitszeiten nicht weiter regulieren - der Arbeitsmarkt funktioniere gut. Die Teilzeitarbeit sei ein Gewinn und kein Treiber für den Fachkräftemangel, so Boris Zürcher.

"Dank Teilzeit haben wir mehr Frauen im Arbeitsmarkt. Sonst hätten wir sie nicht", sagte der Leiter der Direktion für Arbeit beim Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) in einem am Donnerstag veröffentlichten Interview mit den Tamedia-Zeitungen. "Wir dürfen froh sein um jede Person, die überhaupt am Arbeitsmarkt partizipiert, auch wenn dies im Rahmen eines Teilzeitpensums ist. Die Alternative ist, dass sie nicht arbeitet. Das muss man sich immer wieder vergegenwärtigen."

Teilzeitarbeit sei zudem bisher immer als Mittel zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie propagiert worden, so Zürcher. Gerade für Frauen. "Dank Teilzeit können sie beides machen. Jetzt wirft man ihnen vor, sie seien arbeitsscheu. Übrigens auch den Männern, die nicht mehr 100 Prozent arbeiten wollen. Es geht schlussendlich um die Verteilung des Arbeitsvolumens im Haushalt."

Zürcher: Arbeiten lohnt sich in der Schweiz

Arbeiten lohne sich offensichtlich, da sonst nicht so viele Personen im Arbeitsmarkt drin wären. Das Arbeitsvolumen in der Schweiz wachse jährlich und es werde insgesamt mehr gearbeitet. "Aber weil die Beschäftigung laufend stark steigt, wird sie auch über immer mehr Köpfe verteilt, und deshalb wird pro Kopf tendenziell weniger gearbeitet", rechnete Zürcher vor.

Zürcher findet angesichts der Vollbeschäftigung auch die Kritik, das Bildungswesen produziere am Arbeitsmarkt vorbei, haltlos. "Wir produzieren offenbar an den viel gescholtenen Hochschulen Leute, die am Arbeitsmarkt gefragt sind." Gerade Akademikerinnen und Akademiker seien im Vergleich deutlich weniger arbeitslos, arbeiteten mehr und länger - über das Pensionsalter hinaus. Die höheren Einkommen führten zu mehr Steuereinnahmen.

Weiterlesen - ein Beitrag auf Swissinfo.ch erschienen am 4. Mai 2023