Nationalräte gehen Flohnerleben im Homeoffice an den Kragen

Ist das Schweizer Arbeitsrecht flexibel genug für Homeoffice? Ein wiederbelebter Korrektivvorschlag der Liberalen spaltet die Gemüter. Es gibt verschiedene Meinungen darüber, ob Menschen im Homeoffice weniger effektiv arbeiten. Oft agieren sie aber zu flexibleren Zeiten. Damit verbunden stellt sich auch die Frage, ob das Schweizer Arbeitsgesetz dieser modernen Flexibilität auch genügend Rechnung trägt. Ein liberaler Vorstoss im Nationalrat soll das Gesetz entsprechend anpassen, Linke sehen darin einen Angriff auf den Arbeitnehmerschutz.

Netflix schauen, Powernaps, Wäsche waschen: Es gibt durchaus Arbeitnehmer, die sich während des Homeoffice anderen Dingen widmen, als sie sollten. Eine Studie besagt, dass die Produktivität in den eigenen vier Wänden um rund 15 Prozent sinke. Andere wiederum behaupten, sie seien zu Hause umso effektiver. Die Wahrheit wird irgendwo in der Mitte liegen. Wie Andrea Schwarzenbach, stv. Leiterin Ressort Arbeitsmarkt und Arbeitsrecht beim Schweizerischen Arbeitgeberverband (SAV), erklärt, setze dies viel Vertrauen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber voraus. Ausserdem forderten aber auch viele Arbeitnehmer flexiblere Arbeitszeiten: «Eine gute Vereinbarkeit der Arbeitszeit mit privaten Verpflichtungen geht zudem mit einer höheren Zufriedenheit der Arbeitnehmer einher.»

Parlamentarische Initiative 16.484

Der Frage, ob das Schweizer Arbeitsrecht dieser Flexibilität genügend Rechnung trägt, hat sich die Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrats (WAK-N) angenommen. In einer Medienmitteilung vom Dienstag heisst es, man habe die Arbeit an der parlamentarischen Initiative 16.484 wiederaufgenommen.Zudem habe die Kommission mit 17 zu sieben Stimmen einem Antrag zugestimmt, wonach für Arbeitnehmende, die ihre Arbeitszeiten zu einem namhaften Teil selber festsetzen können, «der Zeitraum der Tages- und Abendarbeit verlängert werden und für Sonntagsarbeit, die zu Hause erbracht wird, keine Bewilligung nötig sein soll.»

Konsequentere Flexibilität gefordert

Heisst übersetzt:  Wer im Homeoffice arbeitet und während des Tages seine Arbeit für private Zwecke unterbricht, soll gesetzlich nicht mehr eingeschränkt sein, die Arbeit zu einem anderen Zeitpunkt nachzuholen. Dies forderte der heutige FDP-Boss Thierry Burkart bereits im Jahr 2016. Konkret geht es um den gesetzlichen Zeitrahmen, in der Arbeitnehmende im Homeoffice ihren Job verrichten dürfen. So darf heute eine Arbeitskraft im Homeoffice nur innerhalb eines Zeitrahmens von 14 Stunden arbeiten.

Arbeitszeitrahmen auf 17 Stunden

«Wenn die Arbeit um sieben Uhr aufgenommen wird, darf ab 21 Uhr nicht mehr gearbeitet werden. Einem Arbeitnehmenden, der um 18 Uhr sein Kind in der Krippe abholt, ist es daher nicht erlaubt, am Abend, nachdem das Kind ins Bett gegangen ist, beispielsweise noch dringende E-Mails abzuarbeiten», argumentierte Burkhart damals. Damit erschwere das geltende Recht die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Für Menschen, die ihre Arbeitszeiten selber festsetzen können, wollen die Liberalen deshalb den täglichen Arbeitszeitrahmen auf 17 Stunden ausbauen. Konkret: Bis um Mitternacht solle die Person arbeiten dürfen – auch wenn sie gleichentags schon um sieben Uhr angefangen hatte. Und eben auch der Sonntag soll als Ausweichmöglichkeit vereinfacht werden.

«Skandalöser Vorstoss»

«Wenn jemand im Homeoffice arbeitet und es der Beruf zulässt, soll es aber ein persönlicher Entscheid sein, wann die Arbeit erledigt wird», führt FDP-Nationalrat und WAK-Mitglied Marcel Dobler aus. Die heutige Gesetzgebung sei hier nicht mehr zeitgemäss: «In der Praxis beachten bereits heute viele Arbeitnehmende diese Regelungen nicht und verstossen gegen das Arbeitsgesetz.» Der Arbeitgeberverband begrüsse den Schritt, heisst es. Die Linke sieht derweil einen überdimensionierten Angriff auf das Arbeitsrecht. Der arbeitsrechtliche Schutz zu Arbeitszeiten und im Homeoffice würde so praktisch abgeschafft, stellt sich der Gewerkschaftsbund (SGB) in einer Mitteilung gegen den «skandalösen Vorstoss». Und dies in Zeiten explodierender Zahlen von Arbeitnehmenden, die wegen Stress und Vermischung von Arbeit und Freizeit einen Burn-out erlitten. Und: «Der SGB wird solche Wild-West-Verhältnisse bekämpfen.» Statt Abbau brauche es einen besseren Schutz im Homeoffice und aller Arbeitnehmenden. Balthasar Glättli, Nationalrat Grüne und aktueller Vertreter von Franziska Ryser in der WAK-N, ergänzt: «Leider haben die Befürworter der Initiative nicht im Ansatz aufgezeigt, wie sichergestellt werden kann, dass die Arbeitszeiten nur wirklich selbstbestimmt und nicht auf Druck des Arbeitgebers flexibilisiert werden.» Dauernde Erreichbarkeit stresse und sei schlecht für die Gesundheit und senke darum auch die Produktivität.

Freiheit für Arbeitnehmer oder für Arbeitgeber?

«Wir alle dürfen schon immer mehr arbeiten, als wir müssen», ordnet Arbeitspsychologin Gudela Grote von der ETH Zürich ein. Der Vorschlagstext wolle diese Freiheit allerdings festschreiben, was aber in Realität vor allem dazu führen würde, dass wir dann nicht mehr nur dürften, sondern auch müssten. Grote: «Es geht es also am Ende um die Freiheit der Unternehmen und nicht der Beschäftigten, erweiterte Arbeitszeiten zu fordern.»

Weiterlesen - ein Beitrag von Silvan Haenni und Daniel Trüssel erschienen am 14.02.2024 auf www.20min.ch

Krankenkassenprämien: Jeder 20. landet auf der schwarzen Liste

Im Tessin können jedes Jahr bis zu 7000 Personen ihre Krankenkassen-Rechnung nicht mehr zahlen – und erhalten nur noch im Notfall medizinische Hilfe. Auch in anderen Kantonen wird die schwarze Liste mit Prämiensündern immer länger.

Die Zahl der Menschen, die ihre Krankenkassen-Rechnung nicht mehr zahlen können, steigt. In den Kantonen Tessin, Thurgau, Aargau und Luzern stehen so viele Menschen wie noch nie auf der schwarzen Liste, wie die Zeitungen von Tamedia berichten. Für die Betroffenen bedeutet das, dass die Krankenkasse nur noch im Notfall zahlt. Am höchsten ist die Zahl der Prämiensünder im Tessin. Jede 20. Person im Südkanton steht inzwischen bei der Kasse in der Kreide. Jedes Jahr werden laut der Sozialversicherungsanstalt des Kantons 6000 bis 7000 Personen zahlungsunfähig. Auch in den anderen Kantonen, die noch schwarze Listen führen, werden diese jährlich länger. Wobei die Zunahme deutlich kleiner ist als im Tessin.

Hohe Prämien, tiefe Löhne

Ein Grund für den Negativrekord im Tessin dürfte sein, dass die Prämien dort extrem hoch sind. 430 Franken zahlt eine Tessinerin oder ein Tessiner im Mittel jeden Monat. Nur in Basel-Stadt und Genf sind die mittleren Prämien noch höher. Zum Vergleich: Appenzeller müssen im Mittel gerade einmal 246 Franken berappen. Dies wiederum liegt mitunter daran, dass im Tessin anteilsmässig am meisten Seniorinnen und Senioren leben. Im Kanton sind ausserdem überdurchschnittlich viele arme Menschen zu Hause und die Löhne sind tiefer als im Rest der Schweiz. «Dass im Tessin so viele Menschen die Krankenkassenprämie nicht bezahlen können, erstaunt mich angesichts dieser Umstände nicht», sagt der Tessiner SP-Nationalrat Bruno Storni (69) gegenüber den Tamedia-Zeitungen.

Umstrittene Praxis

Schwarze Listen säumiger Prämienzahlender sind umstritten. Viele Kantone haben sie in den vergangenen Jahren abgeschafft. Die Liste habe keine abschreckende Wirkung, so ein Argument. Zudem kann sie tragische Folgen haben. Im Kanton Graubünden ist Ende 2017 ein Mann an einer Begleiterkrankung von Aids gestorben – die Krankenkasse hatte sich, weil er auf der schwarzen Liste stand, geweigert, eine Therapie zu zahlen. Besonders in der Kritik stand, wenn Kindern die medizinische Behandlung verweigert wurde. Der Thurgau war der letzte Kanton, der auch Minderjährige auf der schwarzen Liste führte. Seit 2020 ist das nicht mehr der Fall. Anläufe linker Politiker, schwarze Listen für Prämiensünder schweizweit komplett zu verbieten, sind bisher gescheitert. 

Weiterlesen - ein Beitrag erschienen am 12.02.2024 auf www.blick.ch

So funktioniert die Viertagewoche beim Haustechniker Steger

Bei der Haustechnikfirma Steger in Aadorf TG wird pro Woche vier Tage gearbeitet – zum vollen Lohn. Die Angestellten freut es. Auch der Chef sieht praktisch nur Vorteile – er musste aber auch Konsequenzen ziehen.

Betritt man die Haustechnikfirma Steger in Aadorf TG, denkt man nicht, dass im Betrieb 120 Personen arbeiten. Einige sitzen in hellen Büros vor Bildschirmen, andere hantieren in der Werkstatt mit Blech und Schweissbrenner. «Im Betrieb arbeiten rund 35 Personen, der Rest ist auf der Baustelle», erklärt Jürg Widerin (64), Inhaber und CEO der Haustechnik-Firma. Diese bietet neben Heizungs- und Sanitärinstallationen auch einen 24-Stunden-Service. Blick besucht die Firma – aber nicht an einem Freitag, denn dann arbeitet hier niemand. Seit November 2022 setzt Steger auf die Viertagewoche. Nach zehn Monaten war klar, dass die Firma am neuen Arbeitszeitmodell festhält.

Doch den freien Arbeitstag zum gleichen Lohn gibt es nicht umsonst. «Unsere Mitarbeiter müssen bereit sein, in diesen vier Tagen mehr zu leisten. Wir sind bereits von 40 auf 38 Stunden die Woche runter», so Widerin. Die Angestellten von Steger arbeiten pro Tag 9,5 Stunden. Die fünf Prozent weniger Arbeit machen die Angestellten mit Effizienz wett – und mit sinkenden Betriebskosten. Anstatt fünf- geht es nur noch viermal pro Woche auf die Baustelle.

Deutlich mehr Bewerbungen

Der CEO wollte mit der Viertagewoche den Arbeitsplatz wieder attraktiver machen. Das scheint geglückt: «Früher haben wir innerhalb eines halben Jahres ein bis zwei gute Bewerbungen erhalten. Mittlerweile sind es zwei bis drei pro Woche», erklärt Widerin. Seit der Einführung der Viertagewoche hat er über zehn Personen eingestellt. Beim Start des neuen Modells war etwa ein Fünftel der Belegschaft zuerst skeptisch. «Mittlerweile sind über 95 Prozent der Angestellten begeistert und wollen das Modell nicht mehr verlassen», so der CEO. Auch Blick hört sich bei den Angestellten um: Lüftungsspengler Muralis T. (52) nutzt den freien Tag gerne für Termine. «Ich bin am Montag erholter», sagt Andrea Ledergerber (57) aus der Administration. «Wir haben bewusst den Freitag gestrichen – denn das ist in der Baubranche der unproduktivste Arbeitstag der Woche», erklärt Widerin weiter. Der Grossteil der Steger-Kundschaft war dabei verständnisvoll. Aber keine Regel ohne Ausnahmen: «Wenn es auf einer Baustelle am Freitag unbedingt etwas braucht, machen wir das», erklärt Widerin. Dafür seien einige Angestellte auch dankbar – dank Überstunden können sie dann länger Ferien machen. Die Service-Angestellten des 24-Stunden-Service arbeiten ebenfalls vier Tage die Woche.

Trickserei lohnt sich nicht

Dabei halten sich aber nicht alle an die neuen Vorschriften: «Wir haben zwei Angestellte entlassen und zwei weitere verwarnt», so Widerin. Sie hätten falsche Zeiten aufgeschrieben – und nicht 9,5 Stunden pro Tag gearbeitet. «Es gibt immer solche, die nicht korrekt aufschreiben. Jetzt kontrollieren wir aber besser.» Bei den meisten Angestellten hat sich die Viertagewoche aber positiv ausgewirkt. «Wir haben deutlich weniger Kurzabsenzen», so Widerin. Sprich: Seine Leute sind weniger oft krank. Fast 40 Angestellte fehlten 2023 zudem keinen einzigen Tag. Widerin ist überzeugt, dass die Viertagewoche auch für andere Firmen etwas ist: «So ein Projekt kann jeder machen. Jeder muss es aber für seinen Betrieb anpassen.» Er erhält viele Anfragen von Firmen, die sich dafür interessieren.

Weiterlesen - ein Beitrag von Milena Kälin und Siggi Bucher erschienen am 12.02.2024 auf www.blick.ch

So kommen Frauen zu einer besseren Rente

Bei der Altersvorsorge kommen Frauen viel schlechter weg als Männer. Was sie tun können.

Die schlechte Nachricht zuerst: Der extreme Unterschied hat strukturelle Gründe, die nur die Politik beseitigen kann. Das schweizerische System der Altersvorsorge baut auf einer möglichst lückenlosen Beschäftigung auf, möglichst vollzeitig. Wer nicht nach diesem Schema lebt, und das sind nun mal mehrheitlich Frauen, spart weniger oder gar kein Kapital in der Pensionskasse an. Das rächt sich im Alter. Die gute Nachricht: Jede kann etwas dagegen tun. Allerdings je nach persönlicher und finanzieller Situation unterschiedlich viel. Was dabei wichtig ist:

Das gilt bei der AHV

Hier ist die Ungerechtigkeit am kleinsten, das System sorgt automatisch für einen Ausgleich, weil zum Beispiel auch die Jahre der Kinderbetreuung angerechnet werden, ohne dass frau dafür Beiträge bezahlen muss. Die Höhe der ausbezahlten AHV-Renten unterscheidet sich denn auch nur unwesentlich je nach Geschlecht. Frauen beziehen insgesamt sogar 55 Prozent der Summe aller Renten, obwohl Männer rund zwei Drittel der Beiträge leisten. Das liegt unter anderem an den Renten für Verwitwete. Wichtig ist, dass im Alter zwischen 21 und 64 Jahren keine Beitragslücken entstehen, dass also in jedem Jahr AHV-Beiträge einbezahlt werden – auch dann, wenn man nicht oder nur wenig erwerbstätig ist. Verheiratete haben hier einen Vorteil: Wenn der Ehepartner arbeitet und AHV-Beiträge bezahlt, ist der nicht erwerbstätige Partner in der Regel mitversichert. Beitragslücken führen zu einer lebenslangen Kürzung der Rente, das wirkt sich viel stärker aus als eine nicht ganz so hohe Rente, weil man weniger verdient als andere. Tipp: Erkundigen Sie sich bei der AHV, ob Sie solche Beitragslücken haben. Wenn sie in den letzten fünf Jahren entstanden sind, kann man sie nachträglich schliessen.

Vorsorge bei der Pensionskasse (PK)

Für Frauen ist die berufliche Vorsorge die grösste Baustelle, weil sich die Höhe des Einkommens direkt auf die Höhe der späteren Rente auswirkt. Dazu kommen systemische Ungerechtigkeiten: Wer weniger als rund 22’000 Franken pro Jahr und pro Arbeitgeber verdient, ist meist gar keiner PK angeschlossen und erhält im Alter überhaupt keine berufliche Rente. Auch Teilzeitbeschäftigte werden bestraft, weil die untersten 25’000 Franken des Lohns gar nicht zählen für die PK (sogenannter Koordinationsabzug). Je tiefer das Pensum, desto negativer wirkt sich das aus. Wer sich den Arbeitgeber aussuchen kann, sollte jenen wählen, der eine fortschrittliche PK hat. Das heisst: am besten ganz ohne Koordinationsabzug oder mit einem, der je nach Beschäftigungsgrad variiert. Wer mehrere Teilzeitstellen hat, kann entweder bei der BVG-Auffangeinrichtung oder vielleicht bei einer der beteiligten PK die Gesamtsumme der Einkommen versichern. Dadurch erhöht sich die spätere Rente enorm. Tipp: Erhöhen Sie wenn immer möglich Ihr Pensum auf mindestens 50, besser 70 Prozent. Nur so ist es realistisch, im Alter auf eine Rentenhöhe zu kommen, von der es sich leben lässt.

Private Vorsorge mit der Säule 3a

Die beste Variante, um Vorsorgelücken zu schliessen – wenn man es sich leisten kann. Je weniger Geld aus AHV und PK zu erwarten ist, desto wichtiger wird die private Vorsorge. Entweder ganz individuell mit Geld auf dem Sparkonto. Oder über die subventionierte Säule 3a, bei der via Steuerabzug der Staat rund einen Viertel bis einen Drittel bezuschusst. Wer einer PK angeschlossen ist, kann pro Jahr maximal 7056 Franken in die Säule 3a einzahlen. Wer keiner PK angehört wie Selbständigerwerbende oder Teilzeitbeschäftigte mit tiefem Lohn, kann 20 Prozent des Nettoeinkommens einzahlen, höchstens aber 35’280 Franken. Bei Verheirateten ist es zulässig, dass ein Partner die Beiträge für den anderen bezahlt. Aber Achtung: Wer gar kein Erwerbseinkommen hat und auch nicht beim RAV als stellensuchend gemeldet ist, darf nicht in die Säule 3a einzahlen. Hier bleibt nur das Sparkonto. Tipp: So früh wie möglich anfangen, in der Säule 3a fürs Alter anzusparen. Wenn immer möglich, den Maximalbetrag einzahlen. Je länger es noch dauert bis zur Pensionierung, desto eher kommen 3a-Wertschriftendepots mit Aktien in Frage. Lassen Sie sich beraten, zum Beispiel beim Beobachter-Beratungszentrum.

Altersvorsorge nach einer Trennung

Hausfrauen oder teilzeitbeschäftigte Frauen verlassen sich finanziell oft auf ihren Partner – das rächt sich, wenn es zur Trennung oder Scheidung kommt. Bei verheirateten Paaren gibt es dann immerhin einen Vorsorgeausgleich: Die während der Ehejahre angesparten Gelder in der AHV, in der Pensionskasse und in der Säule 3a werden hälftig geteilt, unabhängig davon, wer wie viel einbezahlt hat. Konkubinatspaare sollten diesbezüglich selbst aktiv werden, und zwar während der harmonischen Zeiten: Erstens den Partner in der eigenen PK anmelden – in der Regel wird verlangt, dass man mindestens fünf Jahre zusammenwohnt, bevor der Konkubinatspartner einem Ehepartner gleichgestellt wird. Zweitens in einem Vertrag fair regeln, was passiert, falls man sich trennt: Wer zahlt wem wofür wie viel und wie lange? Tipp: Lassen Sie sich fachlich beraten, bevor Sie einen solchen Konkubinatsvertrag aufsetzen, um ungewollte Folgen zu vermeiden. Sonst muss zum Beispiel der profitierende Partner plötzlich Schenkungssteuern bezahlen.

Weiterlesen - ein Beitrag erschienen am 10.02.2024 auf www.blick.ch

Die Sozialausgaben sind 2022 in der Schweiz und in Europa gesunken

Die Ausgaben für Sozialleistungen beliefen sich 2022 in der Schweiz auf 207,8 Milliarden Franken, was gegenüber 2021 einem realen Rückgang um 4,2 Milliarden Franken (-2,0%) entspricht. Auch in den meisten anderen europäischen Ländern waren die Sozialausgaben rückläufig (Median: -3,5%). Vor dem Hintergrund der Covid-19-Pandemie hatten sie 2020 einen historischen Höchststand erreicht. Die nun beobachtete Abnahme lässt sich weitgehend mit der wirtschaftlichen Erholung nach der Pandemie und der Teuerung infolge des Ukrainekriegs erklären. Dies zeigen die neusten Ergebnisse des Bundesamtes für Statistik (BFS).

Zwei Faktoren trugen massgeblich dazu bei, dass die Sozialausgaben 2022 in der Schweiz und in Europa rückläufig waren: Einerseits erholte sich die Wirtschaft weiter von den Auswirkungen der Covid-19-Pandemie, wodurch die Sozialausgaben im Bereich Arbeitslosigkeit sanken. In der Schweiz verringerten sich die Ausgaben in diesem Bereich infolge des Rückgangs bei den Kurzarbeitsentschädigungen (KAE) und Corona-Erwerbsausfallentschädigungen um 7,4 Milliarden Franken nach der Pandemie. Andererseits führten der Ukrainekrieg und die angespannte Situation auf den Energie- und Lebensmittelmärkten zu einem allgemeinen Preisanstieg, was den Realwert der an die Haushalte gezahlten Sozialleistungen schmälerte. Besonders hoch war die Teuerung in den osteuropäischen Ländern mit zweistelligen Inflationsraten. Trotz dieser rückläufigen Trends fielen die Sozialausgaben in Europa 2022 um 5,5% höher aus als vor der Covid-19-Pandemie. In der Schweiz belief sich die Differenz auf 6,7%.

Rückgang der Sozialausgaben im Gesundheitsbereich in Europa

Mit dem Ende der Pandemie im Jahr 2022 schrumpften die Sozialausgaben für die Gesundheit in den meisten europäischen Ländern, so auch in Frankreich (-0,7%), Deutschland (-1,7%) und Italien (-4,0%). In der Schweiz war das Gegenteil der Fall: Die Sozialleistungen im Gesundheitsbereich nahmen gegenüber 2021 um 2,1 Milliarden Franken bzw. 3,2% zu. Dies wurde insbesondere durch die steigenden Ausgaben der obligatorischen Krankenversicherung und zunehmende krankheitsbedingte Absenzen am Arbeitsplatz beeinflusst. Der Anstieg der Sozialleistungen für die Gesundheit wurde durch den starken Rückgang der Leistungen in Zusammenhang mit Tests und Impfungen gebremst, die nahezu auf das Vor-Corona-Niveau sanken.

Aufnahme von Geflüchteten in Europa

Die Wanderungsbewegungen aus der Ukraine und anderen Regionen der Welt schlagen sich in der Entwicklung der Sozialausgaben der Kategorien Wohnen und soziale Ausgrenzung nieder. Zu letzterer gehört die Unterstützung der am stärksten benachteiligten Personen, einschliesslich der Geflüchteten. Die Ausgaben in den Bereichen Wohnen und soziale Ausgrenzung stiegen gegenüber 2021 sprunghaft an, insbesondere in vielen ost- und südeuropäischen Ländern wie beispielsweise Lettland (+82,2%), Portugal (+59,1%) und Tschechien (+46,2%). Auch in der Schweiz wurde ein Anstieg verzeichnet (Wohnen: +4,3%, soziale Ausgrenzung: +10,5%). Dennoch sind die Sozialausgaben in diesen Bereichen gegenüber den Gesamtausgaben für Sozialleistungen eher marginal (Schweiz: 3,5%; Europa: 3,0%; Median).

Hohe Sozialausgaben in wirtschaftlich erfolgreichen Ländern 

Die Sozialleistungen in Europa beliefen sich 2022 auf 14 000 Schweizer Franken in Kaufkraftparitäten (CHF KKP) und pro Kopf (Median). Im europäischen Vergleich fielen die Sozialausgaben der Schweiz hoch aus (23 800 CHF KKP pro Kopf), vergleichbar mit anderen wirtschaftlich erfolgreichen Ländern wie Österreich, Deutschland und Dänemark (23 600, 23 000 bzw. 22 500 CHF KKP pro Kopf). Die Sozialleistungen der Schweiz lagen mit 26,6% des BIP um 3,4 Prozentpunkte höher als der Median Europas (23,2% des BIP). In Prozent des BIP waren die Ausgaben für Sozialleistungen in den Nachbarländern höher als in der Schweiz (Frankreich: 32,2%; Österreich: 29,7%; Italien: 29,6%; Deutschland: 29,2%).

Weiterlesen

Geschlecht muss in Studien und Statistiken des Bundes besser berücksichtigt werden

Das Wissen über Geschlechtereffekte und geschlechtsspezifische Unterschiede in Studien und statistischen Daten des Bundes muss verbessert werden. Der Bundesrat hat in seiner Sitzung vom 31. Januar 2024 Richtlinien verabschiedet, in denen das Vorgehen und die Voraussetzungen für die Berücksichtigung des Geschlechts in Studien und Statistiken des Bundes festgelegt sind.

Die Studien des Bundes berücksichtigen das Geschlecht nicht ausreichend. Zu diesem Schluss kommt ein Bericht von PrivatePublicConsulting, der vom Eidgenössischen Büro für die Gleichstellung von Frau und Mann (EBG) in Auftrag gegeben wurde. Der Bericht und eine vom Bundesamt für Statistik (BFS) durchgeführte Bestandsaufnahme zur Berücksichtigung der Variable Geschlecht in den Bundesstatistiken zeigen zudem, dass die zuständigen Einheiten innerhalb der Bundesverwaltung nicht über die nötigen Instrumente verfügen, um zu beurteilen, wann und wie das Geschlecht erhoben werden muss.

Um diese bestehenden Lücken zu schliessen, hat der Bundesrat Richtlinien verabschiedet, die am 1. März 2024 in Kraft treten werden. Diese Richtlinien regeln die Berücksichtigung des Geschlechts in den Studien und Statistiken des Bundes. Das Ziel ist es, das Wissen und Verständnis für geschlechtsspezifische Auswirkungen zu verbessern und statistische Daten nach Geschlecht besser zu erheben und zu verarbeiten. Mit den neuen Richtlinien wird die Motion 20.3588 Herzog Eva «Verbesserung der Datenlage bezüglich Auswirkungen auf die Geschlechter» umgesetzt. Diese beauftragt den Bundesrat sicherzustellen, dass alle massgeblichen Statistiken und Studien des Bundes nach Geschlechtern aufgeschlüsselt beziehungsweise deren Auswirkungen auf Frauen und Männer untersucht und dargestellt werden. Die Umsetzung der Motion ist auch eine Massnahme der Gleichstellungsstrategie 2030.

Um die Verwaltungseinheiten bei der Überprüfung der Relevanz des Geschlechts bei Studien und Statistiken zu unterstützen, stellt das EBG ein Hilfsmittel und Leitfragen bereit. Diese werden ab dem 23. Februar 2024 auf der Webseite des EBG zur Verfügung stehen.  

Weiterlesen